Thea Dorn - Die Unglückseligen
Nach einem recht unterhaltsamen Einstieg entpuppt sich dieser Roman von Thea Dorn mehr und mehr als total überladenes und uberambitioniertes Werk. Es mag auch nicht weiter verwundern das die Schwerpunkte hier keinesfalls in Richtung SF gesetzt werden, obwohl es natürlich nach modernem Verständnis ein SF Roman oder doch zumindest ein Phantastischer Roman ist. Anderswo war zu lesen es handle sich um eine moderne Auseinandersetzung mit dem Faust-Stoff.
Wie dem auch sei. Die Grund-Story ist eigentlich ziemlich schnell erzählt und hätte sich die Autorin darauf beschränkt wäre der Roman vermutlich nicht besonders länger als eine Novelle geworden. Die Mikrobiologin Johanna forscht nach Lebensverlängerung und trifft auf einen Mann der behauptet seit über 240 auf Erden zu wandeln. Es handelt sich selbstverständlich um einen deutschen Physiker denn nur so kann die Autorin eines Ihrer Hauptanliegen rüberbringen, nämlich uns zu beweisen wie gut Ihre Fertigkeiten im Bereich des Verfassens von Literatur im Sprachduktus der Deutschen Romantik sind. Denn Sie läßt in weiten Passagen des Romanes Ritter in gedrechselt verschwurbeltem Deutsch das wohl um 1800 so geläufig war in Erinnerungen schwelgen die manchesmal etwas über sein Leben berichten aber allzuoft auch schwer zu kontextuieren sind. Im weiteren Verlauf der Handlung versucht Johana nun von Ritter dem Unsterblichen das Geheimnis der Unsterblichkeit zu erfahren. Man macht Experimente mit Strom die mißlingen, Johana bleibt sterblich,woraufhin sich Johana auf Teufelsberschwörungen verlegt. ( der Leser nimmt diesen Sprung nur verblüfft zur Kenntnis ) Wie vorherzusehn scheitert auch dies - Johanna drifftet daraufhin ab in den Wahnsinn kommt in eine Heilanstalt und geht am Ende des Romans mit Ritter gemeinsam ins Wasser, denn irgendwie hat sich vom Leser weitestgehend unbemerkt eine romantische Beziehung zwischen Johanna und Ritter entwickelt.
Thea Dorn wendet sich als Erzähler in Passagen auch direkt an den Leser, zitiert historische Schriften, läßt tatsächlich auch eine Fledermaus berichten oder den Teufel persönlich erzählen. Alles dies ist für mich irgendwie zu abstrus gewesen. Mit zunehmender Dauer des Romans werden diese Passagen auch leider immer umfangreicher und unfokussierter, sodas der Drang querzulesen oder zu überblättern nahezu unwiderstehlich wird. Sie läßt auch Menschen aus Bayern in Mundart reden und Leute aus den USA die in kleineren Nebenrollen auftreten durchweg in englisch. Hat mir weniger gefallen. All diese Stilmittelchen machen letztlich die Lektüre nur unnötig sperrig.
Rein inhaltlich darf man sich natürlich auch Fragen ob es logisch ist einen Menschen der seit 240 Jahren lebt in seiner ursprünglichen Mundart reden und denken zu lassen. Er hat ja schliesslich nicht in einer Zeitkapsel gesessen, sondern soll die Zeit von 1776 bis heute durchlebt haben. Auch kennt er sich mit modernem Zeugs wie Computer etc nicht aus. Ich halte das für Mumpitz. Hieran wird überdeutlich das es der Autorin ja lediglich darum ging Deutsche Sprache der Romantik in den Fokus zu stellen. Inhaltlich macht das keinen Sinn. Wie man überhaupt sagen muss das der Roman unter SF Aspekten wie leider so häufig bei sogenannter "Literarischer SF" einfach nur erbärmlich ist. Die Auseinandersetzung mit dem ewigen Leben - die daraus entstehenden philosopischen, ethischen, rein technischen Fragen wurden doch in der SF schon häufig sehr gut beleuchtet. In Thea Dorns Roman fragt man sich immer wieder, wieso Johanna eigentlich so besessen davon ist, das Leben von Menschen derart zu verlängern oder gar auf ewig auszudehnen. Man hat ja nicht einmal das Gefühl Sie beschäftigt sich auch nur eine Millisekunde mit der Frage ob eine solche Unsterblichkeit überhaupt erstrebenswert ist. Lediglich bei Ritter wird dies auf typisch verschwurbelte "hochliterarische" Weise verhandelt. Es ist aber durchaus schwer dies als heute lebender Mensch aus den Texten verfasst in historischem Stil zu entschlüsseln.
Fazit. Kein Roman der für SF Leser explicit interessant wäre. Größtenteils anstrengend zu lesen, sehr überdehnte abschweifungen und Rückblenden mit minimaler Grundhandlung.
Bearbeitet von Amtranik, 26 August 2016 - 12:51.