George R. Stewart - Leben ohne Ende
Ein dystopischer Roman von 1949, in dem der Hauptprotagonist, welcher als Einzelgänger für längere Zeit in der Wildnis war, eine für über 99 % der Bevölkerung tödliche Seuche überlebt und fortan nur begleitet von einem Hund, der ihm zulief, durch die verwaisten Vereinigten Staaten irrt auf der Suche nach und dem Anschluss an andere Menschen. Er reist zunächst von West nach Ost und dann wieder zurück. Findet auch die ein oder anderen Menschen, Einzelgänger, kleine Gruppen, arme Schwarze aus der Unterschicht in Arkansas, weiße Oberschicht in New York City, die jedoch nur flüchtige Begegnungen unterschiedlicher Qualität und Intensität bleiben werden. Bis er schließlich von der Ostküste zurück in Kalifornien einer Frau begegnet, die ihn und seinen Vierbeiner in ihrem Haus aufnimmt. Im Laufe der Zeit gesellen sich andere hinzu, er zeugt Kinder, man wird eine richtige kleine Gemeinschaft. Bemerkenswert fand ich an diesem Werk, dass der Hauptprotagonist hier alles andere als der strahlende Superheld ist, wie man es für Romane aus dieser Zeit eher vermuten würde, sondern eher ein Träumer, der sich viel vornimmt, ohne die Kraft zu haben, es auch umzusetzen. Erstaunlicherweise geht Stewart schon 1949 davon aus, dass die Überlebenden sich viel zu lange von den Überresten der untergegangenen Zivilisation versorgen, anstatt frühzeitig und ernsthaft eigenen und neues aufzubauen. Im Roman verlassen sich die Überlebenden tatsächlich fast 2 Jahrzehnte im Wesentlichen auf das, was sie plündern und sind alles andere als reine Selbstversorger. Ich denke ich wäre da weitaus pessimistischer und denke nicht das es so lange möglich wäre wesentlich vom vergangenen zu zehren. Wir begleiten Isherwood Williams letztlich bis an sein Lebensende, das zugleich auch das Romanende markiert. Vieles passiert, Schicksalsschläge, Veränderungen und immer wieder erfährt der Leser auch von den hochtrabenden Plänen, die Ish hat/hatte, ohne letztlich die Kraft aufzubringen diese auch umzusetzen. Das macht ihn sehr menschlich und zu einem Typen wie du und ich. Nicht jeder ist zu einem Anführer geboren, auch wenn Williams in der Gemeinschaft durchaus so etwas wie eine Respektsperson ist, geht es nicht so weit, dass er die Geschicke der Gruppe letztlich wesentlich steuern oder gar nachhaltig beeinflussen könnte. Das wirkte schon sehr realistisch.
Lesetipp von Jakob. Vielen Dank. Ich habe es nicht bereut und es sehr gerne gelesen. Sehr schöne Atmosphäre.
Ivan Ertlov - Stargazer: Das letzte Artefakt
Ich habe mit diesem Roman von Ivan Ertlov eine weitere Wissenslücke gefüllt, denn es war mein erster dieses Autors.
Der Schreibstil ist flapsig humoristisch, mit dem Hang zu zeitweiligen Ãœbertreibungen. Ja, der Grad vom guten Gag zum flachen
Kalauer ist bisweilen sehr schmal. Stargazer hat viel von einer Space Opera in Popcorn-Unterhaltungsmanier. Leicht und schnell runterzulesen. Ein bisschen habe ich den Ertlov Roman hier in Gedanken mit dem prämierten Auftaktroman der Skier Welten von Dirk van den Boom gedanklich verglichen. Das Szenario ist entfernt ähnlich, zumindest mit der Rolle der Menschheit als eher unwichtige Hinterbänkler des Ganzen und es handelt sich ebenfalls um den Auftaktband einer Reihe. Die in Stargazer vorkommende Heldenreise hatte auch gewisse Ähnlichkeiten mit einem weiteren Boom Roman, nämlich dem Auftakt von D9E, mit allerdings deutlich skurrilerem Personal.
Alles in allem würde ich aber sagen, dass zwischen dem vorliegenden Roman und "Prinzipat" schon noch ein deutlicher Qualitätsunterschied liegt. Ertlov schreibt gefällig, manches Mal vielleicht einen Ticken zu unbeschwert und das macht man nicht nur an dem ein oder andern misslungenen Kalauer fest. Mir hat gerade durch den Stil ein wenig der nötige Ernst gefehlt, die potenziell durchaus episch angelegte Story richtig zu goutieren. So bleibt unterm Strich für mich am Ende zwar ein guter, ein unterhaltsamer Roman aus der Sparte Space Opera, ganz so wie man den heute schreiben können sollte, also mindestens, mit Ideen, interessantem Personal, dem entsprechenden Technofirlefranz damit das ganz den SOW bekommt und nicht so wirkt als könnte es auch hier bei uns um die Ecke spielen, aber dann doch ohne das sich über das übliche heraushebende gewisse etwas. Ein solider Roman der sparte Space Opera.
Tony Gonzales - Eve: Templer Eins
Da ist für meinen Geschmack die Space Opera von Eve was Anspruch, Komplexität und Plot-Ausarbeitung angeht schon noch einen Tacken epischer und anspruchsvoller als das vorher gelesene Stargazer. Auch wenn ich von den leider nur 3 erschienen Werken Templer Eins vermutlich als schwächstes bezeichnen würde, bleibt es immer noch Unterhaltung auf sehr gutem Niveau. Die Storyline ist ähnlich kompliziert wie im Erstling ohne ganz die Dichte und Geschlossenheit zu erreichen. Es endet es mit der Aussicht auf Fortsetzung, die ja dann niemals kam. Keine Sorge, es ist kein wirklicher Cliffhanger oder eine Geschichte ohne Abschluss, man merkt dem Stoff aber
an, dass da durchaus noch so einiges geplant gewesen sein könnte. Sehr schade, dass die Reihe offenbar nicht genügend Leser gefunden hat seinerzeit, um die Reihe fortzusetzen.
Adrian Tchaikovsky - Portal der Welten
Seit seinem hervorragenden und ausgezeichneten Roman "Kinder der Zeit" freue ich mich auf jeden neuen Roman von Tchaikovsky. Diesmal also Parallelwelten. Der vorliegende Roman breitet ein Parallelweltszenario auf der Erde aus, indem er aus des Autors Fachgebiet der Zoologie, Entstehung der Arten, abgeleitet dem Leser alternativ Erden vorstellt, die entstanden wären, wäre es in den verschiedensten Erdzeitaltern vom Edicarium übers Kambrium bis zum Pleistozän zu gänzlich anderen evolutionären Entwicklungen gekommen. Da gibt es ein Planetenumspannendes Lebewesen, das quasi seit dem Edicarium unentwegt den Planeten beherrscht ebenso, wie Rattenwesen, die sich auf der kompletten Erde ungebremst ausgebreitet haben und an ihrem Kinderreichtum ersticken bis zu den vielfältigsten Szenarien, welche der Autor immer jeweils den Kapiteln, die im hier und jetzt spielen voranstellt. Leider gelingt es nicht gänzlich diese Komplexität befriedigend in die in der Jetztzeit Agenten artige Handlung einzuweben. Die Stärken des Autors und des Romanes liegen meiner Meinung nach ganz klar beim Ausdenken der verschiedenartig verlaufenden Evolution der alternativ Erden. Der eigentliche Plot um Wissenschaftler, Geheimdienste, Ganoven und ganz normale Menschen, die in den Strudel der Ereignisse geraten, kann bisweilen verwirren und der Spannungsbogen ist nicht immer gelungen. Der dicke Roman mit über 600 Seiten hat durchaus seine Längen. Unter dem Strich ist es eine interessante Variation des Parallelwelten-Genres, nicht immer einfach zu lesen, aber jederzeit interessant.
Bearbeitet von Amtranik, 12 Dezember 2021 - 09:04.