Ich halte ja den Hyperion Kantos von Simmons für die beste jemals geschriebene Science Fiction. Ilium und Olympos mochte ich auch sehr gern, wenn auch die Geschichte deutlich kleiner angelegt war. Verrückte Idee, die wahrscheinlich nur ein Dan Simmons so glaubhaft und faszinierend vor seinen Lesern ausbreiten kann.
Die Hyperion Gesänge sind in vielerlei Hinsicht *MEIN* Goldstandard für Science Fiction die Anspruch UND Unterhaltung bietet. Umso ärgerlicher, wie sehr sich Simmons mit "Flashback" selbst ins Aus geschossen hat.
Aktuell gelesen:
Die Instabil Reihe hat einen besonderen Platz in meinem Herzen - ich glaube, Band 1 war damals mein "Erstkontakt" mit deutschsprachiger unterhaltsamer Low-Fi-Sci-Fi, also vielleicht nicht dem McDonalds, eher so dem Vapiano der futuristischen Unterhaltungsliteratur. Ohne allzu viel Anspruch flott heruntergeschrieben, noch flotter gelesen. Band 4 riss mich nicht mehr vom Hocker, da war ich dann von anderen Autorinnen und Autoren sprachlich und inhaltlich zu verwöhnt, um es noch "toll" zu finden. Gute Unterhaltung war es aber auf jeden Fall.
Mit Band 5 habe ich nun das angeblich endgültige Finale durch, und mein 100% wienerisches Fazit lautet "Jo, eh".
Macht Laune.
Wird von Siggi getragen.
Langeweile kommt nicht auf.
Kein Jahrhundertwerk, kein Kandidat für irgendwelche Preise, wissenschaftlicher Anspruch ist auf NULL. Aber es liest sich gut, und bietet rundum gelungene Unterhaltung. Kann man entsprechend geneigtem Publikum empfehlen.
Vom Finale immer weiter entfernt scheint die Avatar-Reihe:
Der inzwischen achte Band (und damit die 7. Fortsetzung von "Mutation") steht aktuell auf Amazon bei 4,8 oder 4,9 von 5, aus 50 Bewertungen. Das ist rekordverdächtig, aber ist es auch berechtigt? Vielleicht. Weltenriss ist wieder eine abgeschlossene Geschichte, eine erstklassige Story, spannend erzählt, mit Charakteren, Dialogen und Erotik vom Feinsten. Eigentlich müsste man alles daran hochjubeln, aber ...
... ein Element der Story existiert einzig und allein, um noch weitere fünf oder zehn Bücher zu ermöglichen. Das wird nicht einmal versteckt oder beschönigt. John mag über 80 Jahre alt sein, Alice an die Siebzig (und ihr Bewusstsein weit über 100), und man hätte es beim Schwanengesang aus Band 7 belassen können. Eigentlich auch beim Finale aus Band 6 oder 5. Aber nein, Ertlov schickt sie in eine Runderneuerung und schabt von ihren "objektiven" 50-60 Jahren physiologisch 10-20 runter. Damit haben wir nach Gouch-Stasis und Zeitreisen schon die dritte Lebensverlängerung zwecks weiterer Fortsetzungen. Wie dem angekündigten Band 9.
Nicht falsch verstehen, ich halte die Avatar Reihe weiterhin und unvermindert für genial, in fast allen Belangen besser als alles anderen deutschsprachigen Langzeitreihen, inklusive Stargazer. Meiner subjektiven Meinung nach sogar durchdachter, epischer und vor allem menschlicher als Expanse. Aber die gleichbleibende oder sogar sich steigernde Qualität kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier eine Kuh gemolken wird. Wieder und wieder und wieder.
Zähneknirschend uneingeschränkte Empfehlung. Vielleicht auch deswegen, weil Ertlov die durch eine empathisch-männliche Perspektive reflektierte Sexualität von Frauen besser schreibt wie fast alle Autoren, und sogar die weibliche Sexualität aus weiblicher Perspektive besser hinbekommt (siehe Generation 23, Brennende Kolonie) als die meisten Autorinnen, und ich gerne ein Abenteuer aus der Perspektive von Alice lesen würde. Vielleicht Band 10 oder 11 dann?