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Multikulti in der Science Fiction


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102 Antworten in diesem Thema

#31 Naut

Naut

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Geschrieben 15 November 2005 - 08:39

Vielleicht: Alle wollen Frieden, Essen und SEX!  :confused:

Bis auf die Pilze und Schwämme :wub:
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#32 Beverly

Beverly

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Geschrieben 15 November 2005 - 08:49

Vielleicht: Alle wollen Frieden, Essen und SEX!  :confused:

Bis auf die Pilze und Schwämme :wub:

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Es gibt Pilze, die 13 Geschlechter haben. Da muss bezüglich Sex doch sehr viel los sein.

#33 Jürgen

Jürgen

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Geschrieben 15 November 2005 - 08:52

@DibooIch kann deine Reaktion auf Beverly´s Posting nicht so ganz nachvollziehen.Da steht nämlich nichts falsches !Die pervesen Auswüchse des Neo-Liberalismus bekommen wir doch tagtäglich zu spüren. Es geht doch überhaupt nicht mehr um den Menschen, sondern ausschließlich um Begriffe wie Rendite, Gewinnmaximierung und meinem "Lieblingsbegriff" Share Value Holder.Langfristiges Denken ist doch längst durch kurzfristiges Handeln ersetzt worden und gepaart mit Inkompetenz führt uns dieser Weg geradezu in die Katastrophe.Das Zitat " Der Kapitalismus ist die schlechteste Gesellschaftsform, die es gibt... aber die einzige, die funktioniert" hat weiterhin seine Gültigkeit, weil der Faktor Mensch jede andere Form eines Gesellschaftssystems zum scheitern verurteilt.Damit der Kapitalismus aber funktioniert, muß er die Gesellschaft unterstützen, nicht gegen die Gesellschaft agieren. Das tut er aber derzeit und Dank unseres Sozialsystems werden die schlimmsten Folgen kaschiert. Wenn der Staat aber mangels Steuereinnahmen das System nicht mehr finanzieren kann, werden wir hier Unruhen bekommen, die die Strassenschlachten in Frankreich wie Sandkasten-Spiele aussehen lassen werden. Dazu muß man kein großer Prophet sein.Beverly hat Recht, wenn sie darauf hinweist, das die Gesetze des Neo-Liberalismus an jeder (Wirtschaft)Ecke heruntergebetet werden. So etwas nennt man Indoktrination, ein Element, das mit dem Stalinismus eng verbunden ist.Ich sehe da wirklich nichts unwahres an Berverlys Argumentation und selbst wenn man den subjektiven Faktor eines Postings bedenkt, ist die Beobachtung von ihr ziemlich treffend und logisch nachvollziehbar.Deshalb verstehe ich dein Posting nicht :wub:

Bearbeitet von Jürgen, 15 November 2005 - 08:54.

Aus dem Weg! Ich bin Sys-Admin...

#34 Naut

Naut

    Semantomorph

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Geschrieben 15 November 2005 - 08:55

Vielleicht: Alle wollen Frieden, Essen und SEX!  :confused:

Bis auf die Pilze und Schwämme :wub:

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Es gibt Pilze, die 13 Geschlechter haben. Da muss bezüglich Sex doch sehr viel los sein.

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Cool! :blink:
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#35 Beverly

Beverly

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Geschrieben 15 November 2005 - 09:00

Hinsichtlich mancher Strukturmerkmale - an jeder Ecke stehen die ideologischen Bauchredner des Systems, eine Mittelschicht gibt es nicht mehr - ähnelt es sogar sehr dem Stalinismus.

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Wow!
Doch, es ist tatsächlich besser, wenn ich mir jetzt meine Rauhfasertapete anschaue.
Ein derartiger Abgrund an Dummheit, gepaart mit Dummheit, ist mir bisher selten begegnet. Da bleibt mir nur Fassungslosigkeit.

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Das Zauberwort heißt "Rentierkapitalismus".

"Kapitalismus", da die Produktionsmittel in Privatbesitz sind.

"Rentier", da Einkommen nicht aus eigener Arbeit - sei es als Arbeiter oder Unternehmer - sondern leistungslos aus irgendwelchen Pfründen als Manager, Funktionär, Spekulant kommt. Die Fettschicht der Ausgesorgt-Habenden, die alles ersticken.
Und diese Rentiers-Schicht unterscheidet sich in ihrer Mentalität eben nicht von der Nomenklatura in staatssozialistischen Systemen. Deshalb haben viele der einen "gesunden" Kapitalismus tragenden, unternehmerischen Schichten eine immer größere Distanz zum "real existierenden Kapitalismus". Politisch äußer sich das darin, dass sie den angeblich "Wirtschaftsfreundlichen" etablierten Parteien die kalte Schulter zeigen. Einer von ihnen hat geschrieben, der deutsche Mittelstand werde die Globalisierung nicht überleben.
Es ist daher nicht einmal ein Konflikt Kapitalisten vs. Sozialisten, sondern der Kapitalismus selbst bricht auseinander.

#36 Diboo

Diboo

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Geschrieben 15 November 2005 - 09:29

@Diboo

Ich kann deine Reaktion auf Beverly´s Posting nicht so ganz nachvollziehen.

Da steht nämlich nichts falsches !

Da steht sehr viel Falsches.

Deshalb verstehe ich dein Posting nicht

:wub:

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Ich werde hier - das hat sich schon in der Vergangenheit als weitgehend sinnlos erwiesen - keine Grundsatzdiskussion zu diesem Thema anzetteln. Es sind bemerkenswerterweise gerade die lautesten Kritiker des "Neo-Liberalismus" (irgendwer wird mir sicher mal erklären, was daran so neo sein soll), die sich durch bemerkenswertes Halb- bzw. Nichtwissen in grundsätzliche ökonomische Zusammenhänge auszeichnen und - so viel zum Thema Indoktrination - auch nur das Nachbeten, was ihnen die linken Schalmeienspieler vorsingen. Das darin konzentrierte Gutmenschentum ist mittlerweile dermaßen von sich und seiner moralischen Überlegenheit überzeugt, dass jede Gegenargumentation ein Kampf gegen Windmühlenflügel wäre, vor allem dann, wenn die Diskutanten - wie Beverly - offenbar auf dem mentalen Stand eines 16jährigen Jusomitgliedes (oder wahlweise eines 78jährigen PDS-Altkaders) stehen geblieben sind.
Was mich mehr wurmt, als die Tatsache, dass es Leute gibt, die solche Ansichten haben, ist diejenige, dass all jene, die den moralischen Zeigefinger erheben, in diesem Forum offenbar gleich als argumentativ überzeugend wirken, ohne dass sie auch nur ansatzweise um einen reality check gebeten werden. Und wenn sie behaupten, einen solchen zu liefern, handelt es sich im Regelfalle um eine dermaßene Verdrehung von Tatsachen, dass einem Angst und Bange wird.
Angesichts der Tatsache, dass selbst die aktuelle Große Koalition, wenn ich mir deren Vereinbarungen so ansehe, von A bis Z den Sozialismus predigt, sollte mich das nicht wundern. Eigentlich sollte es mich nicht einmal mehr ärgern. Aber so bin ich eben.

"Alles, was es wert ist, getan zu werden, ist es auch wert, für Geld getan zu werden."
(13. Erwerbsregel)

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#37 Diboo

Diboo

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Geschrieben 15 November 2005 - 09:30

Es ist daher nicht einmal ein Konflikt Kapitalisten vs. Sozialisten, sondern der Kapitalismus selbst bricht auseinander.

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Interessanterweise bricht exakt gar nichts auseinander. Aber dass Du es gerne so hättest, will ich Dir gerne glauben.

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#38 Jürgen

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Geschrieben 15 November 2005 - 09:57

@Diboo

Also das Posting ist jetzt nicht dein Ernst, oder ?

Du wirfst Beverly (bzw. mir) vor, keine Fakten oder Erklärungen zu bringen, aber dein Beitrag strotzt nur so von Vorurteilen und (total falschen) Anschuldigungen.

Ich fürchte, ich muß dich maßlos enttäuschen, aber ich selbst sehe mich als Konservativer im politischen Bereich.
DAS BEDEUTET ABER NICHT, DAß ICH MEINE AUGEN VOR DEN LAUFENDEN ENTWICKLUNGEN VERSCHLIESSE !!!

Gerade als Konservativer bin ich natürlich darauf bedacht, Werte zu erhalten und einen "sozialverträglichen", im Sinne von sozialverantwortlichen, Kapitalismus zu unterstützen.
Das ist aber mittlerweile ein schwieriges Unterfangen, weil die jungen und dynamischen Betriebswirte, die unsere Wirtschaft steuern, ausser amerikanischen Wirtschaftparolen nichts im Kopf haben... ja sogar noch schlimmer, sie haben selbst die einfachsten Grundsätze einer freien Marktwirtschaft nicht kapiert.
Wäre es anders, müsste mir mal jemand erklären, warum das Wort "Binnenmarkt" in deren Terminologie überhaupt nicht mehr vorkommt.

Ist denn Deutschland als Verbraucher mittlerweile so uninteressant, daß sich niemand mehr darüber Gedanken macht ?

Und denken wir doch mal global... sind die Inlandsmärkte in den USA oder GB so stark, weil die Masse der Bevölkerung nicht seit 10 Jahren auf effektive Einkommenszuwächse verzichten muß ?

OOOOOhhhhh... ich glaube, die letzte Aussage will niemand hören, weil sie nun überhaupt nicht in die Sichtweise des Neo-Liberalismus passt.

Übrigens... der Begriff Neo-Liberalismus ist wirklich gut erklärt auf ca. 20000 Seiten im Netz nachzulesen.

update: Was dein Kommentar zur großen Koalition angeht... da halte ich es wie mein persönlichen Freund (noch aus Berliner Zeiten) Richard von Weizäcker.
Zitat: Je länger ich darüber nachdenke, desto besser gefällt mir das Wahlergebnis
Es ist Zeit, etwas in dieser Gesellschaft zu verändern, ber bitte so, das die Gesellschaft auch etwas davon hat... nicht nur 1% der Bevölkerung.

Bearbeitet von Jürgen, 15 November 2005 - 10:08.

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#39 Diboo

Diboo

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Geschrieben 15 November 2005 - 10:03

Ich fürchte, ich muß dich maßlos enttäuschen, aber ich selbst sehe mich als Konservativer im politischen Bereich.
DAS BEDEUTET ABER NICHT, DAß ICH MEINE AUGEN VOR DEN LAUFENDEN ENTWICKLUNGEN VERSCHLIESSE !!!

Ich bin kein Konservativer. Und ob Herz-Jesu-Sozialismus oder der marxistischer Prägung, ist mir im Grunde gleich.

Und denken wir doch mal global... sind die Inlandsmärkte in den USA oder GB so stark, weil die Masse der Bevölkerung nicht seit 10 Jahren auf effektive Einkommenszuwächse verzichten muß ?

Interessanterweise sind dies Einkommenseffekte, die erst möglich waren, nachdem Frau Thatcher ein paar Jahre mit dem eisernen Besen gekehrt hat. Auch der Kapitalismus kann natürlich nur verteilen, wenn etwas zum Verteilen da ist, und nicht vorher alles vom Staat oder anderen Klientelinteressen aufgesogen wird. Und es gibt keinen schlechteren Ökonomen als den Staat.

OOOOOhhhhh... ich glaube, die letzte Aussage will niemand hören, weil sie nun überhaupt nicht in die Sichtweise des Neo-Liberalismus passt.

Doch, ich will sie gerne hören. Gerade die Zerschlagung der Gewerkschaftsdominanz in Großbritannien war ausgesprochen heilsam für die anhaltend positive ökonomische Entwicklung dort. Sie hat nicht unwesentlich zur Kaufkraftsteigerung beigetragen.

Übrigens... der Begriff Neo-Liberalismus ist wirklich gut erklärt auf ca. 20000 Seiten im Netz nachzulesen.

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Blödsinn, es gibt keinen "Neo"-Liberalismus. Was heute Liberalismus ist, haben Frederic Bastiat, Ben Franklin und andere bereits vor Hundert Jahren programmatisch festgehalten. Das Gedächtnis der meisten Menschen ist nur zu kurz, und dann ist es plötzlich alles ganz neu...

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#40 Jakob

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Geschrieben 15 November 2005 - 10:56

Ich will mal nicht weiter zum Gegenseitigen Angepisse beitragen, sondern nur meine Position zur entbrannten Debatte noch mal knapp zusammenfassen - und um zu klären, dass ich mich hier keinesfalls als Apologet des Kapitalismus gebärden will.

ZUm "gesunden" und "ungesunden" Kapitalismus:

Jürgen schrieb:

Die pervesen Auswüchse des Neo-Liberalismus bekommen wir doch tagtäglich zu spüren. Es geht doch überhaupt nicht mehr um den Menschen, sondern ausschließlich um Begriffe wie Rendite, Gewinnmaximierung und meinem "Lieblingsbegriff" Share Value Holder.

und

Damit der Kapitalismus aber funktioniert, muß er die Gesellschaft unterstützen, nicht gegen die Gesellschaft agieren

Das Problem bei dieser Argumentation: Es gibt nicht "Gesellschaft" und "Kapitalismus", sondern eine kapitalistische Weltgesellschaft. Mit Marx: Der Kapitalismus stellt eine Formtotalität dar, und die Analyse des Kapitalismus ist ein Blickwinkel - und ganz sicher nicht der einzig sinnvolle - auf die Prozesse in dieser Gesellschaft. Das Kapital ist ebenso nicht das Geld auf den Konten von Finanzmagnaten, sondern Der Prozess seiner (des Kapitalis) Inwertsetzung. In diesem Sinne sind alle am Produktionsprozess beteiligten Individuen in ihrer Funktion als am Produktionsprozess beteiligte Teil des Kapitals - also so ziemlich die ganze Gesellschaft. Es gibt in diesem Sinne kein "Außerhalb" des Kapitalismus (wenn man von irgendwelchen winzigen Gemeinden absieht, die -vielleicht - tatsächlich vollständig vom globalen Kapitalverwertungsprozess ausgeschlossen sind), schon gar nicht würde die "Gesellschaft" dieses Außerhalb sein.
Damit ist auch klar, dass es im Kapitalismus niemals "Um den Menschen geht", sondern immer um den Inwertsetzungsprozess des Kapitals - das heißt aber nicht, dass für den Menschen bei dieser Dynamik nicht auch etwas herausspringt - das Kapital braucht Rechtsstaatlichkeit, um die Verträge zu garantieren, und es braucht die formale Gleichheit (natürlich bei faktischer Ungleichheit) der Individuen, um den Markt aufrechtzuerhalten. Das sehe ich durchaus als historische "Fortschrittsprozesse" an gegenüber dem feudalen Willkür- und Traditionsrecht.
Der versuche, einen "gesunden" Kapitalismus einzurichten gab es viele udn unterschiedlichster Art - in den USA stellte der New Deal der 30er einen relativ freundlichen, kosmopolitischen Versuch dar, während zeitgleich in Deutschland der Nationalsozialismus ebenfalls versuchte, Kapital und Arbeiterklasse zu versöhnen - allerdings unter dem Vorzeichen einer ideologischen Wahnprojektion, die "Die Juden" mit dem "raffenden", also "bösen" Kapital identifizierte und deshalb millionenfachen Mord beging. Diese Unterscheidung zwischen "raffendem" und "schaffendem" Kapital ist übrigens der Kernpunkt nationalsozialistischer Ideologie, und sie wird heute leider von vielen Linken fortgeschrieben, in dem glauben, es handele sich bei ihr um Kapitalismuskritik. Kapitalismuskritik muss sich aber, wenn sie ernstzunehmen sein soll und nicht reaktionären Ideologien in die Hände spielen will, aufs Ganze richten. Sie darf nicht behaupten, dass die Widersprüche des Kapitalismus sich aussöhnen ließen, wenn die Kapitalisten und Politiker sich nur vernünftiger verhalten würden, sondern sie muss begreifen, dass die kapitalistische Gesellschaft selbst in ihrer Totalität das unvernünftige ist.

Die von mir so abgelehnte Einheit der "Kultur" ist übrigens in ihrer heutigen Form kein "Gegenpol" zum "fortschrittlichen" Kapitalismus, sondern Teil seines widersprüchlichen Ausdrucks. Der Aufstieg "nationaler Kultur", verbinden mit der diskursiven Konstruktion ethnischer Einheiten, ist historisch eng verbunden mit dem Aufstieg des Kapitalismus - in England kann man im 16. Jahrhundert z.B. die Gleichzeitigkeit von frühkapitalistischer Wollproduktion und den ernsthafteren Versuchen zur Vereinheitlichung der englischen Sprache beobachten. Diese Vereinheitlichung hat mit der Notwendigkeit der Etablierung eines Binenmarktes zu tun, der sich gleichzeitig von Außenmärkten abgrenzt. Diese Zweiteilung in Binnen- und Außenmärkte ist bis heute zentral für den Kapitalismus. Die Konstruktion "nationaler Kulturen" ist historisch gesehen fast immer die nachholbewegung zu Veränderungen der Produktion. Ich gehe davon aus, dass alle Kulturen, auch vor dem Kapitalismus, durch politische Vereinheitlichungen/Aufsplitterungen zustandekommen und dass sie eben keinen Eigenwert haben.
Das Verlangen nach einer "Kultur", um Individualität zu mAusdruck zu bringen, sehe ich in erster Linie als Ausdruck einer "Ich-Schwäche", die durch das Unbewusste Wissen um die eigene Überflüssigkeit im Kapitalverwertungsprozess hervorgerufen wird (Jeder und Jede ist im Kapitalismus ersetzlich, da für den Inwertsetzungsprozess nicht als Individuum, sondern nur als Funktionsträger interessant). Die Angst, kein Individuum zu sein, wird durch Anrufung einer Äußeren Instanz - der Kultur - kompensiert, die einen mit positiven Seinsmerkmalen ausstattet. Diese Anrufung - die sich z.B. auch an die Familie richten kann - scheint an einen Raum der "Geborgenheit" außerhalb des Kapitalismus zu appelieren, bewegt sich aber tatsächlich streng innerhalb der von ihm gesetzten Notwendigkeiten. Diese Anrufungen haben - mal wieder - im zweiten Weltkrieg gewissermaßen ihre "Nützlichkeit" für den Kapitalprozess unter Beweis gestellt: der durch den völkischen Wahn der deutschen Bevölkerung ausgelöste Krieg sorgte immerhin für einen dringend nötigen Kapitalvernichtungsprozess. Der Massenmord an den europäischen Jüdinnen und Juden lässt sich so einfach freilich nicht erklären - da müsste man schon in die Tiefen des ideologischen Vernichtungswahns absteigen ...
Kapitalismuskritik ist schön und gut, aber die Erfahrung des Nationalsozialismus hat gezeigt, dass sie bitte nicht vereinfacht und ideologisch verkürzt stattfinden darf - weil das nämlich die ersten Schritte in Richtung einer "reaktionären Aufhebung des Kapitalismus" sind (Aufhebung im dialektischen Sinne, d.h. auch "Bewahrung"), wie sie im NS versucht wurde. Dagegen würde ich die Lehren der kritischen Theorie halten: die Kapitalismuskritik kann sich nicht auf die Instanz der Kultur berufen, und sie kann sich ebensowenig auf ein "Erwachen des Bewusstseins der Arbeiterklasse" verlassen - sie muss vielmehr rein negativ sein und sagen, warum die gesellschaftlichen Verhältnisse in ihrer Gesamtheit unerträglich sind.

Und da ich gerade so schön in der Emphase bin: Für den Kommunismus! ;)
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#41 Diboo

Diboo

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Geschrieben 15 November 2005 - 11:13

verlassen - sie muss vielmehr rein negativ sein und sagen, warum die gesellschaftlichen Verhältnisse in ihrer Gesamtheit unerträglich sind.

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Was bedeutet, dass sie eine normative Setzung, vulgo: Ein Glaubensbekenntnis zu verteidigen hat. Denn was auch immer "unerträglich", dürfte ja wohl tatsächlich vom "Blickwinkel" abhängig sein.

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#42 Jürgen

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Geschrieben 15 November 2005 - 11:29

@JakobDas ist eine wirklich schön geschriebene Abhandlung der Geschichte des Kapitalismus.Leider trägt er kaum zur Klärung des Themas bei.Aber ist ja auch egal... so ein Thema kann man gar nicht in einem Forum ausdiskutieren. Dafür gibt es Cafe´s oder gute Kneipen.Und bei allem Disput... da gehe ich doch lieber mit Diboo ein Bier trinken und wir unterhalten uns über Klima, Gott und Science Fiction.Es gibt gerade bei politischen Themen Fakten, die vollkommen untypisch für das Wort "Fakt" je nach Ausleuchtung des Themas eine andere Bedeutung und Aussagekraft erhalten.Das ist übrigens der Hauptgrund, warum ich nicht Member in einem politischen Board bin... ich würde nirgendwo richtig reinpassen und einer Aufforderung nach Linientreue inklusive Abschalten der Hirnfunktionen nie nachkommen.Da mache ich mir doch lieber ausschweifende Gedanken über Lebewesen mit 13 Geschlechtern :-D
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#43 Diboo

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Geschrieben 15 November 2005 - 11:32

Da mache ich mir doch lieber ausschweifende Gedanken über Lebewesen mit 13 Geschlechtern :-D

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Das ist eine Kompromissformel, mit der ich leben kann.

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#44 Beverly

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Geschrieben 15 November 2005 - 11:58

bemerkenswertes Halb- bzw. Nichtwissen in grundsätzliche ökonomische Zusammenhänge auszeichnen und - so viel zum Thema Indoktrination - auch nur das Nachbeten, was ihnen die linken Schalmeienspieler vorsingen

Ich glaube Schalmeienspieler würden mich kalt lassen, selbst wenn mir die Linken besser gefallen als die Rechten. Was mich beim Kapitalismus auf die Palme bringt, ist die Art, wie er mit immer höhrem Tempo auf der Stelle tritt. Tagaus, tagein immer wieder miese Lebenserfahrungen, die man sehr wohl diesem System zuordnen kann. "Das gab es auch im Sozialismus", werden vielleicht einige sagen. Streite ich nicht ab, meine These ist ja, dass es zwischen den Systemen Parallelen gibt.

#45 Jürgen

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Geschrieben 15 November 2005 - 12:13

@Diboo

Das ist eine Kompromissformel, mit der ich leben kann.

EY !... so leicht kommst du da nicht raus ! Da muß jetzt ein Pamphlet her (Ich hasse das Wort, wenn man grad in ein Brötchen gebissen hat) Also... wir brauchen einen einprägsamen Schlußsatz, in dem die Begriffe "Kapitalismus, Globalisierung, große Koalition und 13 Geschlechter" vorkommen. Für dich als Schriftsteller doch wohl keine unlösbare Aufgabe, oder ? ;)
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#46 Diboo

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Geschrieben 15 November 2005 - 12:17

Also... wir brauchen einen einprägsamen Schlußsatz, in dem die Begriffe "Kapitalismus, Globalisierung, große Koalition und 13 Geschlechter" vorkommen.

Für dich als Schriftsteller doch wohl keine unlösbare Aufgabe, oder ? 

;)

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Ich bin der Auffassung, dass heißer und feuchter Tentakelsex, möglichst auch mit und zwischen 13geschlechtlichen intelligenten Pilzsorten, egal ob bezahlt oder aus Spaß oder aus beidem, gerade in einer stellarisierten galaktischen Gemeinschaft am ehesten auf Grundlage einer kapitalistischen Gesellschaftsordnung zu realisieren ist, und bin jederzeit bereit, dieses Argument durch andauernde Kopulation mit den großbusigen Vampirjungfrauen von Wega III unter Beweis zu stellen, sozusagen als symbolische Sehr Große Koalition.

Bearbeitet von Diboo, 15 November 2005 - 12:18.

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#47 Diboo

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Geschrieben 15 November 2005 - 12:20

Was mich beim Kapitalismus auf die Palme bringt, ist die Art, wie er mit immer höhrem Tempo auf der Stelle tritt. Tagaus, tagein immer wieder miese Lebenserfahrungen, die man sehr wohl diesem System zuordnen kann. "Das gab es auch im Sozialismus", werden vielleicht einige sagen. Streite ich nicht ab, meine These ist ja, dass es zwischen den Systemen Parallelen gibt.

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Dann scheinen sich Deine Lebenserfahrungen von den meinen durchaus zu unterscheiden, und während ich nicht die Auffassung vertrete, dass die meinen das Maß aller Dinge zu sein haben, scheinst Du aus den Deinen eine politische Erlösungsnachricht generiert zu haben, mit der Du aber Deine Umwelt insofern in Ruhe lassen solltest, als dass sie nicht zur kollektiven Enteignung jener führt, die andere Lebenserfahrungen gemacht haben und mit dem Kapitalismus sehr glücklich sind. Das scheint mir nämlich die Gefahr Deiner Ideologie zu sein. Mein Liberalismus kommt hingegen gut damit zurecht, wenn Du eine basisdemokratisch-feministische Landbaukommune aufbaust und Dich den ökonomischen Zwängen entziehst.

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#48 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 15 November 2005 - 14:13

@Jakob: Auch von mir danke für die Aufklärung über Marxsche Argumentation zu was genau Kapitalismus enthält und was nicht. Natürlich ist grundsätzlich ein Meta-Argument wie "das kann man nicht trennen / gegenüber stellen" auch eigentlich erstmal wieder mit normalen Argumenten zu begründen (das aber dann wirklich in einem anderen Thread, bitte!)...;)

Nur an einer Stelle folge ich nicht ganz:

Das Verlangen nach einer "Kultur", um Individualität zu mAusdruck zu bringen, sehe ich in erster Linie als Ausdruck einer "Ich-Schwäche", die durch das Unbewusste Wissen um die eigene Überflüssigkeit im Kapitalverwertungsprozess hervorgerufen wird (Jeder und Jede ist im Kapitalismus ersetzlich, da für den Inwertsetzungsprozess nicht als Individuum, sondern nur als Funktionsträger interessant). Die Angst, kein Individuum zu sein ...

Gerade der seit fast einem Jahrhundert fortschreitende extreme Individualismus der westlichen Gesellschaft ist für mich deren besonderes Merkmal, mit all seinen Nach- und Vorteilen fürs gemeinschaftliche Leben. Praktisch jedeR von uns lebt heute allein in relativ großem Luxus. Freunde / Solidargemeinschaften sind zwar eher futsch dadurch, aber dafür hat man ja das Board... ;) (Individualismus scheint mir also in anderen politischen Systemen eher unterdrückter zu sein.)

@Diboo: Dein tentakeliger Endsatz ist großartig! Weniger großartig finde ich Sprüche in die Richtung "wenn du nur Dummes zu sagen hast, sag gar nichts" - was dumm ist oder nicht, möchte ich für meinen Teil bitte NACH einigermaßen ausführlichen Postings zu Sache (!) entscheiden dürfen. Und nicht plakativ vorher. Bleib also bitte sachlich; für mich ist Nicht-"Angepisse" eine zentrale Tradition dieses Boards.

/KB

Yay! SF-Dialog Mitte Juni...
'König': Was war diese andere Frage noch, Abner?

Raddampfer-Eigner: Ich werde diese Sache [um dir zu helfen] nicht alleine angehen. Ich erzähl' das zusätzlich noch...

'Killer-Queen': (ruckartig dem  'König' zugewandt) Nein! Dieser eine war schon schlimm genug, wir dürfen ihm nicht erlauben das noch weiter zu verbreiten. Sie werden uns umbringen.

Raddampfer-Eigner: Die Hölle nochmal, mam'selle, hatte nicht vor irgend 'ne Anzeige in den True Delta zu setzen deswegen, capiche?

(2 vermeintliche Vampire vs. ob deren wahren Wesen schlimm erschrockenen - aber robusten - bisherigen Geschäftspartner, grob übersetzt aus Fevre Dream, im Bantam-Books-Verlag, Sn. 221 & 222, by Martin)


#49 Jakob

Jakob

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Geschrieben 15 November 2005 - 15:05

Ich bin jedenfalls auch für Pilze und Tentakel - ist doch schön, dass sich zumindest die meisten auf der Ebene der Phänomene einig sind ;) Danke fürs dran erinnern ...@yiyippeeyippeeyay:Auf deinen Einwand kann ich jetzt leider nicht reagieren, da müsste ich erstmal ausführlich überlegen od du recht hast oder ich oder ob das irgendwie dialektisch zu vermitteln wäre ... aber war ja jetzt auch genug Theorie für einen Thread!
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#50 Peter D

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Geschrieben 15 November 2005 - 17:34

Volkswirtschaft/Weltwirtschaft ist ein Thema, das sehr kompliziert ist.Nichtsdestotrotz natürlich ein wichtiger Faktor, wenn es um Kultur geht.Was mich schon seit geraumer Zeit beschäftigt, ist die Frage, was in Zukunft mit den ganzen "nutzlosen" Menschen passieren wird und wann die Entwicklung zum Stillstand kommt.Im Moment ist es ja so, daß es x0 Personen gibt, die produzieren und x0+x1 Personen, die konsumieren. Die x1 sind arbeitslos. Ihre potentielle Kapazität wird dank optimierter Produktionsmethoden nicht gebraucht. Ihr Lebensunterhalt wird vom Sozialsystem getragen. Das ist aber kein besonders stabiler Zustand. Wenn die Kaufkraft von x1 wegfällt, sinkt der Bedarf für Produkte, und auch ein Teil von x0 wird arbeitslos. Dasselbe Problem, eine Stufe schlechter. Perpetuum mobile des Abstiegs.Irgendwie habe ich manchmal die Befürchtung, daß uns das sehr bald in eine globale Depression ziehen wird, die sich gewaschen hat. Solange, bis irgendwann der Punkt erreicht ist, daß doch wieder jede Arbeitskraft gebraucht wird. Oder bis die Politik eingreift. Nur wie tut sie das?Hinzu kommen dann so kleine Brandbeschleuniger wie die Erdölverknappung, die unmittelbar bevorsteht.Ich habe keine Ahnung, was die Zukunft bringt. Aber möglich ist so ziemlich alles.Peter

#51 Lomax

Lomax

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Geschrieben 15 November 2005 - 22:39

Die Sache wird auch dadurch noch komplizierter, dass selbst scheinbare Wahrheiten durchaus hinterfragbar sind. Beispielsweise die, dass "x1 Personen dank optimierter Produktionsmethoden nicht mehr gebraucht werden"; oder das der Gesamtbedarf sinkt, wenn die Kaufkraft von x1 sinkt. Diese Sicht der Dinge bringt zwei Grundannahmen ins Spiel, die durchaus hinterfragbar sind: Dass nämlich der Gesamtbedarf eine Funktion ist, die nur von x1 und x0 abhängt; und dass, trotz gleichbleibendem erwirtschaftetem Ertrag (denn man erinnere sich, x1 wurde ja freigesetzt, weil durch optimierte Produktion derselbe Ertrag mit der geringeren Personenzahl x0 erwirtschaftet werden konnte) x1+x0 plötzlich zusammen einen geringeren Ertrag in den Wirtschaftskreislauf einbringen können als vorher und somit ein Teil des gleichbleibenden erwirtschafteten Ertrags spurlos verschwindet :smokin: Ich persönlich denke, dass es für die Volkswirtschaft letztlich wichtiger ist, wie viel Leistung in produktive Tätigkeiten fließt als die Tatsache, wie viele Leute irgendeine Beschäftigung haben und wie viele nicht. Sprich: Der Beamte, der bezahlt wird, um eine Vorschrift umzusetzen, die nicht die Wertschöpfung der Wirtschaft fördert, sondern sie vielleicht sogar bremst, entzieht dem System mehr Kaufkraft, als der Arbeitslose, der vielleicht auch nicht zur Wertschöpfung beiträgt, dafür aber auch nur einen kleineren Anteil an den volkswirtschaftlichen Werten verzehrt. Aber viel entscheidender ist die Tatsache, dass, wenn die oben zitierten Grundannahmen nicht stimmen, die ganze Gleichung eine andere Dynamik bekommt und keinsfalls die skizzierte lineare Entwicklung einschlagen muss. x1 könnte auch einfach eine Manövriermasse betriebswirtschaftlicher Entitäten sein, die je nach Bedarf unterschiedlich genutzt wird, aber deren Existenz insgesamt durchaus einen wirtschaftlichen Nutzen für am Wertschöpfungsprozess beteiligte Einheiten haben kann.Punkt zwei ist die unmittelbar bevorstehende Erdölverknappung, die scheinbar offensichtlich ist. Auch da habe ich allerdings Daten gesehen, die eine andere Deutung zulassen. So ist beispielsweise ein Teil der Erdölverknappung nicht auf eine Verknappung des Rohstoffs zurückzuführen, sondern auf einen Engpass in den Raffineriekapazitäten. Der Aufbau solcher Kapazitäten kostet Zeit, und daher wird dieser Engpass sich kurzfristig nicht beheben lassen. Aber: Es wird durchaus moniert, dass die Erdölkonzerne auch in der langfristigen Planung nicht auf einen Ausbau der Raffineriekapazitäten setzt, der der gegenwärtigen Erwartenslage entsprechen würde. Sprich: Die Erdölkonzerne rechnen langfristig offenbar nicht damit, dass die gegenwärtige Knappheit von Dauer ist. Ich sehe das anders, aber andererseits sitzen in den Konzernen Spezialisten, und sie setzen viel Geld auf ihre Prognosen. Ich nehme diese Signale also durchaus ernst.Ferner habe ich erst vor wenigen Monaten einen Artikel gelesen, demzufolge die gegenwärtige Erdölverknappung teilweise rein politische Gründe hat: Eine langfristig geplante Erschließung neuer Ressourcen konnte in der Praxis aus verschiedenen Krisensituationen heraus nicht stattfinden. Beispiel Irak, in dem der Ausbau der Förderung in den Jahren zwischen den Kriegen praktisch zum Erliegen kam. Auch das legt nahe, dass die "unmittelbar bevorstehende Erdölverknappung" noch keinesfalls zwangsläufig ist (nun ja, je nachdem, wie man "unmittelbar" definiert :blink: ). Im Moment lässt der Vergleich von Ressourcen, Nachfrage und der rein technischen Möglichkeit, die Verfügbarkeit zu erweitern, durchaus den Schluss zu, dass eine rasche politische Stabilisierung in gewissen strategisch wichtigen Regionen der Erde mittelfristig durchaus noch die Schere zwischen Angebot und Nachfrage wieder zusammenführen kann. Wie groß die Chancen darauf sind, mag sich nun jeder selbst ausrechnen.Drittens und letztens ist die gegenwärtige Ölkrise für sich genommen noch relativ klein - im Vergleich zu den richtigen Ölkrisen schlägt die Erhöhung der Ölpreise, prozentual gesehen, längst nicht so heftig auf die Volkswirtschaften durch wie in den 70ern. Und auch das hat die westliche Welt überlebt. Noch besteht eine Chance, dass die Erdölverknappung durch geeignete Maßnahmen in einen kontrollierten, langfristigen Strukturwandel umgeleitet werden kann. Wird also eine lapidare Einschätzung als "Brandbeschleuniger" einem Faktor gerecht, der selbst wiederum in zahllose Abhängigkeiten eingebettet ist? Vielleicht. Aber es ist noch lange nicht geklärt, welcher Brand da beschleunigt wird, und was auf den so gerodeten Flächen vielleicht wachsen wird.
"Modern Economics differs mainly from old Political Economy in having produced no Adam Smith. The old 'Political Economy' made certain generalisations, and they were mostly wrong; new Economics evades generalisations, and seems to lack the intellectual power to make them." (H.G. Wells: Modern Utopia)

#52 Beverly

Beverly

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Geschrieben 16 November 2005 - 08:18

Ich glaube, dass sich die Diskussion immer mehr vom Thema "Multikulti in der SF" entfernt, OHNE das es in irgendeiner Weise produktiv ist.Wenn Dibbo hier schon Anfälle kriegt, weil er meint, ich würde PDS-Parolen nachplappern, was soll ich dann erst sagen?? Sorry, aber ihr redet euch ein System schön, das nicht einmal mehr etwas mit PRODUKTIVEN, KREATIVEN Kapitalismus zu tun hat.Es sind nur noch Kostensenker, Entlasser, Abzocker und Kriminelle am Werk! So glaube ich, dass die Menschheit noch für Jahrhunderte Kohlenwasserstoffe oder auch Kohle verfeuern kann und die Knappheit nur künstlich erzeugt wird, um die Verbraucher zu schröpfen.Die Arbeitslosigkeit ist deshalb so hoch, weil die Verbrecher in den Notenbanken das bewusste bedruckte Papier künstlich verkanappen und damit ABSICHTLICH ganze Volkswirtschaften in den Ruin treiben.Es sind keine "Unternehmer" im Sinne des fortschrittlichen Kapitalismus mehr am Werk, sondern auf IMHO abslichtlich herbeigeführter Volksverdummung, Massenarmut und Obrigkeitsstaat beruhende feudalistische Herrschaftstraditionen werden aufgegriffen und fortgeführt.Ihr solltet euch mal Roman in der Art von EINE HANDVOLL VENUS UND EHRBARE KAUFLEUTE zu Gemüte führen, dann wisst ihr, in welcher Welt wir leben.Damit sind wir zwar wieder mitten in den Tiefen der Grundsatzdiskussion, aber ihr habt es so gewollt.

#53 Naut

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Geschrieben 16 November 2005 - 08:44

So glaube ich, dass die Menschheit noch für Jahrhunderte Kohlenwasserstoffe oder auch Kohle verfeuern kann und die Knappheit nur künstlich erzeugt wird, um die Verbraucher zu schröpfen.

Bisher fand ich Deinen Idealismus ja noch ganz sympathisch, aber wenn Du diesen Schwachsinn ernsthaft glaubst, tust Du mir Leid. Und ja, diese Diskussion bewegt sich mittlerweile in völlig abseitigen Bahnen.
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#54 Peter D

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Geschrieben 16 November 2005 - 09:21

Nein, so abseitig sind die Bahnen nicht. Kultur und Wirtschaft hängen eng zusammen, es ist kein Zufall, daß wir in der Wirtschaft gelandet sind; wenn wir da so unterschiedliche Vorstellungen haben, werden wir im noch komplexeren Thema Kultur noch viel weniger auf einen gemeinsamen Nenner kommen. Laßt uns also noch ein wenig bei der Wirtschaft bleiben, ich antworte gleich auf Lomax' Beitrag.Wenn der Admin es für richtig hält, wird er den Thread splitten. Wenn nicht, auch gut.Peter

#55 Beverly

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Geschrieben 16 November 2005 - 09:45

Nein, so abseitig sind die Bahnen nicht. Kultur und Wirtschaft hängen eng zusammen, es ist kein Zufall, daß wir in der Wirtschaft gelandet sind; wenn wir da so unterschiedliche Vorstellungen haben, werden wir im noch komplexeren Thema Kultur noch viel weniger auf einen gemeinsamen Nenner kommen. Laßt uns also noch ein wenig bei der Wirtschaft bleiben, ich antworte gleich auf Lomax' Beitrag.

Wenn der Admin es für richtig hält, wird er den Thread splitten. Wenn nicht, auch gut.

Peter

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Es ist nur so, dass die Diskussion in einer Sackgasse gelandet ist. Was einige hier "Wiertschaft" zu nennen beliben, ist für mich ein totaitäres System, das by the way die Sphäre "Kultur" erstickt.
An einem Tochterstrang über Kapitalismus und "Wirtschaft" habe ich daher kein Interesse, weil es da weiter in die Sackgasse geht.

Die Szenarien kultureller Vielfalt in der SF gehen übrigens meines Erachtens davon aus, dass Wirtschaft zwar wichtig, aber nicht allmächtig ist.
So ist die klinfonische Kultur vom Standpunkt der Kostensenker aus maßlos ineffizient. All das Eisen, was die mit sich rumtragen ist doch unnütz. Viele Bräuche und Verhaltensweisen von ihnen sind vermutlich ökonomisch schädlich. Sie machen auch Bekanntschaft mit nicht zu leugnenden ökonomischen Zeängen, als ihr Mond Praxis explodiert und sie danach wohl auf wirtschaftlichen Zwängen die Konfrontation mit der Föderation aufgeben müssen.
Im Star-Trek-Universum stehen nicht etwa sie Ferenghi, sondern die Borg für die Kultur von Konstensenkung und Effizienz.

Kultur lässt sich daher eben nicht so einfach auf "die Wirtschaft" reduzieren, sonst hätten z. B. alle Völker mit Jäger- und Sammer-Wirtschaft ein und dieselbe Kultur. Das Sich-Reduzieren auf ökonomischen "Sachzwänge" ist im Gegenteil das Ende jeder Kultur.

#56 Beverly

Beverly

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Geschrieben 16 November 2005 - 09:53

So glaube ich, dass die Menschheit noch für Jahrhunderte Kohlenwasserstoffe oder auch Kohle verfeuern kann und die Knappheit nur künstlich erzeugt wird, um die Verbraucher zu schröpfen.

Bisher fand ich Deinen Idealismus ja noch ganz sympathisch, aber wenn Du diesen Schwachsinn ernsthaft glaubst, tust Du mir Leid. Und ja, diese Diskussion bewegt sich mittlerweile in völlig abseitigen Bahnen.

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Ich halte es für naiv, zu glauben, dass die Energiekonzerne die von ihnen kontrollierten Märkte nicht so manipulieren, wie es ihnen in den Kram passt. Dafür gibt es IMHO viele Beispiele, egal ob die Verbraucher geschröpft werden oder z. B. die Saudis mal den Ölpreis so lange fallen ließen, bis Algerien dadurch an seinen Exporten nichts mehr verdiente.

Wobei steigende Preise für fossile Energiequellen dann konstruktiv wären, wenn dadurch CO2-freie, regenerative Energiequellen konkurrenzfähig wären und weiter wachsen würden. Nur habe ich diesbezüglich kein Vertrauen in Politik und Wirtschaft.

Ach ja, als nächstes werden sie uns eine Wasserkanppheit wie auf Arrakis einreden wollen, alldiweil die Erde zu 70 Prozent von Wasser bedeckt ist und von den Polen Jahr für Jahr Eisberge mit Süßwasser abbrechen. Pläne, diese Einberge z. B. zur arabischen Halbinsel zu schaffen, hat es schon in den 1970er Jahren gegeben.

#57 Jakob

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Geschrieben 16 November 2005 - 10:14

Ist es nicht echt langsam Zeit, die "Wirtschaftsdiskussion" zu beenden? Ich weiß, das ist leicht gesagt, wenn man selbst seinen Senf dazugegeben hat und sich guten Gewissens zurücklehnen kann, aber ehrlich gesagt finde ich den momentanen Stil schwer erträglich. Ich zumindest gehe davon aus, dass ich diejenigen, die eher an der von mir als "verkürzten" bezeichneten Kapitalismuskritik interessiert, hier nicht von meinem Standpunkt überzeugen kann, und das gleiche wird denen auchn icht bei mir gelingen - schon gar nicht mit Formulierungen wie "ich halte es für naiv" oder "Ich zumindest verschließe nicht die Augen davor, dass..." (bin jetzt zu faul, die stellen zum genauen zitieren rauszusuchen). Mal ehrlich: wahrscheinlich "verschließt" niemand hier willentlich die Augen, weil er Angst vor der Wahrheit hätte, und wahrscheinlich hält sich sogar die allgemeine Naivität hier in Grenzen. Wir betrachten ganz einfach die Verhältnisse und ziehen unterschiedliche Schlüsse, gestützt von den jeweiligen Gesellschaftstheorien, denen wir anhängen (und ich bin der Meinung, dass so ziemlich jeder Mensch, wissentlich oder unwisentlich, irgendeiner Gesellschaftstheorie anhängt). Ich kann vielleicht die Auffassung anderer nicht mal teilen und nicht mal wirklich respektieren, aber ich kann zumindest zur Kenntnis nehmen, dass ich sie hier und jetzt nicht ändern kann - und muss sie demzufolge auch nicht virtuell mit dem Immergleichen beschallen.
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#58 Peter D

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Geschrieben 16 November 2005 - 10:33

Die Sache wird auch dadurch noch komplizierter, dass selbst scheinbare Wahrheiten durchaus hinterfragbar sind.

Vorneweg: Ich denke, wir alle hier haben unser Wissen nur aus zweiter bis x-ter Hand. Dessen müssen wir uns bewußt bleiben. Es kann also sein, daß auch ich vielleicht das eine oder andere sage, was euch schwachsinnig vorkommt, weil ihr einen anderen Wissensstand habt.

Beispielsweise die, dass "x1 Personen dank optimierter Produktionsmethoden nicht mehr gebraucht werden";

Nun, früher gab es mehr Anwendungsmöglichkeiten für menschliche Arbeitskraft, vor allem die menschliche Muskelkraft. Mit der Zunahme von Maschinen und automatisierten Verfahren sind diese Arbeitskräfte überflüssig geworden. Unglückseligerweise gehören diese Maschinen, die die Arbeitskraft ersetzen, nicht den Menschen, deren Arbeitskraft ersetzt worden ist. Sie sind somit überflüssig geworden. Aber sie sterben nicht weg, das Sozialsystem fängt sie auf. Man kommt im Land immer noch ganz gut über die Runden. Keiner muß hungern, keiner muß unter der Brücke schlafen. Ergo wird das, was die x1 Personen an Leistung anzubieten haben, nicht gebraucht. (Daß es Leistungen gibt, nach denen Nachfrage besteht, die aber die x1 Personen aus den verschiedensten Gründen nicht erbringen können oder wollen, will ich dabei mal ganz außen vor lassen.) In gewisser Weise besteht insofern schon lange ein gewisser "Halbkommunismus". (Kommunismus = jeder arbeitet nach seinen Fähigkeiten, jeder kriegt was nach seinen Bedürfnissen). D.h. ganzheitlich betrachtet, sind alle Menschen versorgt, und wer "leistungsunfähig" ist, "braucht" nicht zu arbeiten. (Daß viele Ressourcen inzwischen im Ausland produziert werden, lassen wir jetzt auch mal außen vor. Jessas, ist das alles kompliziert.) Wo ich gelegentlich in Gedankenspielen (wenn ich zuviel Zeit zum Nachdenken habe) den Hebel ansetze, ist, daß die Arbeitslosen einen geringeren Lebensstandard haben als die mit Beschäftigung. Warum kann man ihre brachliegene Produktionskapazität nicht dazu verwenden, ihren eigenen Standard zu heben? Jetzt mal wild rumgesponnen: Man gebe ihnen ein Stück Land, wo sie sich selbst eine Stadt bauen und sich selbst versorgen dürfen, mit ihrer eigenen Hände Fleiß. Woran die Spinnerei scheitert, sind letztlich zwei Dinge: a) Um komplexere Güter als Lehmhütten und Rüben zu erzeugen, führt heutzutage kein Weg dran vorbei, sich in die schon bestehende Wirtschaft zu begeben. Aber das Augangsproblem ist ja gerade, daß diese Leute der schon bestehenden Wirtschaft nichts geben konnten, deswegen wollte ich sie ja in die Autarkie auslagern. :smokin: Die Leute, die ich auslagern wollte, sind hoffnungslos unterqualifiziert für alles. Bis auf einige wenige Ausnahmen. (Hier kommt der verkomplizierende Faktor Bildung ins Spiel)

oder das der Gesamtbedarf sinkt, wenn die Kaufkraft von x1 sinkt.

Na ja, wenn die x1 kein Geld mehr haben, können sie sich auch nichts kaufen, und der Bedarf für die von x0 produzierten Güter sinkt.

Diese Sicht der Dinge bringt zwei Grundannahmen ins Spiel, die durchaus hinterfragbar sind: Dass nämlich der Gesamtbedarf eine Funktion ist, die nur von x1 und x0 abhängt; und dass, trotz gleichbleibendem erwirtschaftetem Ertrag (denn man erinnere sich, x1 wurde ja freigesetzt, weil durch optimierte Produktion derselbe Ertrag mit der geringeren Personenzahl x0 erwirtschaftet werden konnte) x1+x0 plötzlich zusammen einen geringeren Ertrag in den Wirtschaftskreislauf einbringen können als vorher und somit ein Teil des gleichbleibenden erwirtschafteten Ertrags spurlos verschwindet :huh:

Lomax, es reicht nicht, zu sagen, welche Funktion die Grundannahme repräsentiert, du mußt auch ein Gegenmodell vorbringen. ;) Das mit dem Verschwinden des Ertrags ist dem Halbkommunismus zu verdanken, im Vollkommunismus bzw. in der Planwirtschaft bestünde das Problem nicht. Der Mechanismus ist dieser: - x1 wurde freigesetzt. - x1 hat nicht weniger Bedarf als vorher, aber weniger GELD. - x1 kann sich nicht mehr leisten, was früher möglich war. - Die von x0 produzierten Güter können nicht mehr zu 100% abgesetzt werden. - Die Produktion wird zurückgefahren. Also: Die Güter sind da, der Bedarf auch. Trotzdem findet das eine nicht mehr zum anderen, denn x1 verlieren die "moralische Berechtigung", diese Güter zu bekommen. Scheiße, wa? Das politische System, die Gesinnung oder wie auch immer, blockiert diesen Kanal. Rein theoretisch käme dieser Vorgang nicht in Gang, wenn x1 auch als Arbeitslose so viel verdienen, wie zur Zeit der Vollbeschäftigung. In der Praxis würde dann natürlich keiner mehr arbeiten wollen und alles bricht zusammen, hehe. Deswegen funktioniert der Vollkommunismus nicht, egal was seine Anhänger predigen.

Ich persönlich denke, dass es für die Volkswirtschaft letztlich wichtiger ist, wie viel Leistung in produktive Tätigkeiten fließt als die Tatsache, wie viele Leute irgendeine Beschäftigung haben und wie viele nicht.

siehe oben.

Sprich: Der Beamte, der bezahlt wird, um eine Vorschrift umzusetzen, die nicht die Wertschöpfung der Wirtschaft fördert, sondern sie vielleicht sogar bremst, entzieht dem System mehr Kaufkraft, als der Arbeitslose, der vielleicht auch nicht zur Wertschöpfung beiträgt, dafür aber auch nur einen kleineren Anteil an den volkswirtschaftlichen Werten verzehrt.

Auch ein Faktor, aber ein in dieser Diskussion zu vernachlässigender. Fehler werden immer und überall gemacht. Es macht nur der keine Fehler, der nicht arbeitet. Was will man daran ändern, was darüber reden?

Aber viel entscheidender ist die Tatsache, dass, wenn die oben zitierten Grundannahmen nicht stimmen, die ganze Gleichung eine andere Dynamik bekommt und keinsfalls die skizzierte lineare Entwicklung einschlagen muss. x1 könnte auch einfach eine Manövriermasse betriebswirtschaftlicher Entitäten sein, die je nach Bedarf unterschiedlich genutzt wird, aber deren Existenz insgesamt durchaus einen wirtschaftlichen Nutzen für am Wertschöpfungsprozess beteiligte Einheiten haben kann.

Das scheint das ersehnte Gegenmodell zu sein, aber ich habe kein Wort verstanden. :blink:

Punkt zwei ist die unmittelbar bevorstehende Erdölverknappung, die scheinbar offensichtlich ist. Auch da habe ich allerdings Daten gesehen, die eine andere Deutung zulassen. So ist beispielsweise ein Teil der Erdölverknappung nicht auf eine Verknappung des Rohstoffs zurückzuführen, sondern auf einen Engpass in den Raffineriekapazitäten.

Siehe meinen allerersten Absatz. Vielleicht ist es ja so. Was ich gelesen habe, ist, daß Erdöl anfangs unter Druck steht und von selber aus der Quelle sprudelt. Nach einer Weile muß man ein wenig tricksen, um es aus der Erde zu locken (pumpen, verdrängendes Wasser reinkippen), und lange bevor das Öl in der Quelle alle ist, ist die Förderung so aufwendig, daß sie nicht mehr rentabel ist und die Quelle wird aufgegeben. Und vor DEM Effekt stehen angeblich die meisten Ölquellen aller Länder. Angeblich.

Noch besteht eine Chance, dass die Erdölverknappung durch geeignete Maßnahmen in einen kontrollierten, langfristigen Strukturwandel umgeleitet werden kann.

Fürwahr. Leider reagieren Menschen immer erst im allerletzten Augenblick; siehe das Computerproblem mit der vierstelligen Jahreszahl. Man könnte meinen, das Milleniumsproblem wäre überraschend gekommen. Peter

#59 Beverly

Beverly

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Geschrieben 16 November 2005 - 11:55

Ist es nicht echt langsam Zeit, die "Wirtschaftsdiskussion" zu beenden?

Ja. Wir sollten die Diskussion lieber von der Kultur als eigenständiger Sphäre aufziehen, von der in vielen SF-Werken ausgegangen wird.

#60 Diboo

Diboo

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Geschrieben 16 November 2005 - 12:42

Ja.

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"Alles, was es wert ist, getan zu werden, ist es auch wert, für Geld getan zu werden."
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