China Miéville - Der Eiserne Rat
#1
Geschrieben 01 Mrz 2006 - 00:18
(Georg Christoph Lichtenberg)
#2
Geschrieben 07 Mrz 2006 - 16:41
#3
Geschrieben 07 Mrz 2006 - 16:57
R. Scott Bakker
"We have failed to uphold Brannigan's Law. However I did make it with a hot alien babe. And in the end, is that not what man has dreamt of since first he looked up at the stars?" - Zapp Brannigan in Futurama
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#4
Geschrieben 08 Mrz 2006 - 08:44
#5
Geschrieben 08 Mrz 2006 - 11:30
R. Scott Bakker
"We have failed to uphold Brannigan's Law. However I did make it with a hot alien babe. And in the end, is that not what man has dreamt of since first he looked up at the stars?" - Zapp Brannigan in Futurama
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#6
Geschrieben 08 Mrz 2006 - 15:30
Aufregend wie unterschiedlich die Meldungen bisher sind, obwohl: täusch ich mich, oder sind im GuG die Eindrücke solche der Ratlosigkeit und ›Verstimmtheit‹.
Ausnahme freilich Jakob: Du kennst Dich deutlich besser als ich aus, wie man all diese ideologisch-politischen Felder, Spannungen und Stränge im Auge behält und kannst entsprechend klarer Eindrücke formulieren. RESPEKT!
†” Ich steh ein bischen vor dem IC-Panorama, wie die Opfer aus PSS vor den ausgebreiteten Slake-Moth-Flügeln. (Bugs Life/Das Große Krabbeln: »I can't help it. It's so beautiful.«)
Für die »The Scar«-Freunde vielleicht eine kleine Hilfe: In den New Crobuzon-Abschnitten um Ori taucht die Figur des Spiral Jacob auf. Dieser Kerl ist ein ehemaliger Kaffeehaus-Kumpel von Tanner Sack, den Remade-Protag aus »The Scar«.
Aufregend finde ich auch, daß einige von Euch z.B. »The Scar« hochwertschätzen, aber bei IC abwinken. Gerade die große Unterschiedlichkeit der drei Bas-Lag-Romane finde ich sehr reizvoll. So fällt mir auf, daß IC der kürzeste der drei Bas-Lag-Romane ist, aber am meisten Zeitraum und Handlung umspannt.
Zugegeben: die dramaturgische Beschleunigung im Verlauf der drei Bücher †” vom halben Jahr in PSS, über ein Jahr in TS bis zu einem ca. 20-Jahre-Zeitraum in IC †” ist leichter zu verkraften, wenn man die Bücher in ihrer Erscheinungsreihenfolge ließt.
Dann: in PSS und TS wird linear erzählt. IC macht nun was, das ich besonders mag: es sträubt sich gegen lineare Einheit von Zeit und Raum. Die üblichen Orientierungensroutinen von ›geraden Erzählstrukturen‹ greifen nicht wirkich. Ich mag das, denn ich fühl mich zugleich ›tiefer‹ in den Strudel der unmittelbaren Ereignisse hineingestoßen UND werde herausgefordert, mir einen ›Blick von Außen/Oben auf die Handlung‹ aufrechtzuhalten. Zugleich homöopathische und allotopische Effekte, eben ›maximal‹. †” Ich geb zu: ›Kunst‹ die so arbeitet IST erstmal ehr anstrengender als ›glattere‹ Werke. Ich bin nicht so überheblich zu behaupten, daß solche postmodernen Attribute und Eigenschaften wie Nonlinearität & Fragmentarisierung ein Werk automatisch gehaltvoller, besser machen. Aber diese ›modernen‹ und ›postmodernen‹ Methoden reizen mich halt ungemein.
†” Beispiel aus der Filmwelt: Man denke an Terry Gilliam Einteilung von Künstlern in die Kubrik- und die Spielberg-Schublade. Kubriks Filme stellen mehr Fragen (oder stauen mehr Spannungen) als sie beantworten (oder Spannung aufgelößt werden); Spielbergs Filme lösen am Ende die wichtigsten Fragen und härtesten Spannungen ›harmonisch‹ auf.
Immerhin geht es in IC viel um Dinge wie Verwirrung, Vermengung & Vermischung und unvorhergesehene Reaktionen & Auswirkungen. Diese Themen kann man ›lediglich‹ beschreibend behandeln, oder man kann versuchen, durch die Art und Weise der Aufbereitung z.B. ›Verwirrung‹ als Stimmung beim Leser zu evozieren. Das ist heikel, denn instinktiv wehrt man sich ja eigentlich gegen Verwirrtwerden. †” Aus dem 2005-LZ-Jahr fand ich z.B. »More Than Human« in dieser Hinsicht außergewöhnlich & gelungen ›mutig‹. Sprachlich, ›perspektivisch‹ und dramaturgisch ebenfalls ein ganz schön harter Brocken, aber ebenso wie IC eben lohnenswerte ›Avantgarde‹.
Wie auch andere derzeit aufsteigende Autoren (ich sag nur: VanderMeer) kennt und verwendet Miéville solche Techniken wie ›layering‹, was man auf Deutsch schlicht ›Vielschichtigkeit‹ nennen könnte. Tonfall, Themen und Bilder aus unterschiedlichsten Quellen werden Schicht für Schicht, Fitzel für Fitzel vermengt.
Nun ist Literatur mit solchen Ambitionen ähnlich gefährtet wie entsprechende Malerei oder Musik. Wo besonders große Buntheit angestrebt wird, läuft man Gefahl ›grey matter‹ anbzuliefern (siehe z.B. einige Bilder der Pointillisten oder Futuristen).
Strukturell und dramaturgisch ist IC für mich AUCH ein buntes Potpourrie von Kniffen, die den Leser vor den Kopf stoßen. Vielleicht erklärt ja mein Sternzeichen (Widder), daß ich solche Anrempelungen durch Kunstwerke/Unterhaltungsprodukte sehr spaßig finde (wenn sie gut gemacht sind :-)
†¢†¢†¢
Homosexualität. †” Mit ists herzlich wurscht, wer die Figuren einer Liebesgeschichte sind (ich hatte zuletzt auch keine Hemmungen mich von der extremen Romanze in »King Kong« anfixen zu lassen, bis hin zum Kloß im Hals und wässrigen Augen). Ich komm ursprünglich aus der Richtung Splatter, Monster, Äktschn und Härte ect pp ff., und empfinde seit einigen Jahren Sentimentalität, Romanze und Idyllik usw. als meinen ›neuen Hardcore‹. Also immer her mit solchen intelligenten und geschickten Herausforderungen auf diesem Gebiet.
IC nimmt sich ja das Western-Genres zur Brust, wie schon PSS entsprechend sich des großstädtischen Monsterthrillers und TS der See- und Spionage-Abenteuer angenommen hat. Und zum Verwesen und Weiterblühen des Western-Genres gehört nun mal auch, z.B. die Facetten der ›innigen Männerbündelei‹ näher zu beleuchten.
†” EMPFEHLUNG: Die sehr feine HBO-Serie »Deadwood« gucken und sich von ihr das Westerngenre ›updaten‹ lassen (Entwarnung: Dort in Season 1 keine Schwulen, aber viel physische & psychische Härte und Gewalt. Aufgemerkt: Sechs der zehn Scriptschreiber sind Frauen!).
Über die Sexualität von Autoren zu spekulieren ist interessant, meistens aber eigentlich müßig (<= ›müßig‹ nicht nur negativ gemeint). Freilich läse sich z.B. »Der Name der Rose« ›anders‹, wenn Eco ein Schwuler wäre und kein verheirateter Familienmensch. Aber etwaige Leseunterschiede- und Lesefärbungen ob des Wissens um die Sexualität des Autoren beruhen mMn ehr auf lesereigenen Gedankenspielen und Empfindungstaumeleien.
Als Hetero finde ich die geschilderten Intimitäten (so mit Hinternanbieten) zwischen Männern schon ›verstörend‹ †” ich muß meine Phantastie und Hineinversetzungswut ein bischen zähmen, damit ich mir den Männersex nicht zu intensiv vorstelle. Der Blick durch die Homobrille auf Liebe, Sex und Intimität kann, gut gemacht, sehr erfrischend sein (ich erleb das derzeit bei »Six Feet Under« auf DVD).
Immerhin schwelen seit Menschengedenken Spannungen (sozusagen ein ›Kulturkampf‹) zwischen den solitären und dyadischen Vorstellungen vom ›ganzen Menschen‹ (siehe Platons getrenntes hermaphroditische Kugelwesen). Ist der ›ganze Mensch‹ allein zu betrachten, als selbstständiges weibliches oder männliches Einzelwesen? Oder läßt erst eine Zweiheit †” aus Mann und Frau, Adept und Meister, Herr und Knecht, Mutter und Kind, Krieger und Feind †” die Idee des Humanen Wirklichkeit werden? (Ich denke, beide Verfassungen sind ›legetim‹, und die Vermittlung zwischen beiden ist die Kunst.)
Wie aber Cutters Sehnsucht dargestellt wird, überzeugt mich. Als eigentliche ›Spitze‹ aber lese ich die Masturbationsszenen in IC von Cutter, in TS von Bellis. Zum einen berühren die mich nun wirklich peinlich. Rattern ist wohl universell, sozusagen der ›Unisex‹ unter den intimen Handlungen. Andererseits fällt es mir entsprechend leichter, mich in die Figur hineinzuversetzten. Solch ›intime Einblicke‹ in eine Figur bekommt man in der (Mainstream-)Genre-Phantastik nicht so oft. †” Nun könnte man behaupten, Miéville beutet in IC Homoertik aus, will Bedeutung, Tiefe und Relevanz heischen. Den Eindruck hab ich allerdings nicht.
Kurz: Wie auch schon in TS bietet für mich IC eine der aufwühlensten Intim- und Sehnsuchtsgeschichten (vulgo: Romanzen), die ich bisher so gelesen hab. Die tiefste ›Sex- oder gegenseitige Infektions-Beziehung‹ liefern dabei der (weibliche) Kontinent und die (männliche) Metropole selbst, personifiziert in den Nebenfiguren Ann Hari und Weather Wrightby.
Andere tiefe Eindrücke auf ähnlichen Wellenlänge hab ich z.B. bei Byatt (»Besessen«), Orwell (»1984«), Ruff (»Ich und die anderen«), Dörrie (alle Kurzgeschichten) oder John Irving und Helmut Krausser erlebt.
Aber Romanze ist (für mich) in IC dem größeren Thema ›revolutionär-entdeckerische Inbrunst‹ untergeordnet. Man könnte auch sagen, daß IC eine nicht ehr unbequeme Abrechnung mit den heroischen Ambitionen ›große Taten vollbringen‹ ist. Dabei versucht der Roman selbst eine ›große Tat‹ zu sein, so ambitioniert er daherkommt. Hybrisalarm ist also durchaus angebracht. Aber der Adrenalinschub wenn die Sirenen heulen, ist mir in diesem Fall eben willkommen.
Grüße
Alex / molosovsky
Bearbeitet von molosovsky, 08 Mrz 2006 - 15:38.
MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.
Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.
#7 Gast_Jorge_*
Geschrieben 08 Mrz 2006 - 17:42
Yep, diese Serie kann man wirklich nur wärmstens empfehlen, sie bietet neben einer interessanten Handlung und Charakteren auch einen tiefen Einblick in die "Blumigkeit" der amerikanischen Sprache("Motherfucker", "Cocksucker" etc. , also unbedingt im Original mit Untertiteln anschauen). Zurück zum Thema: Vor "Der eiserne..." lese ich erst noch "Die Narbe/Leviathan"; deshalb meine Eindrücke erst Mitte/Ende des Monats.†” EMPFEHLUNG: Die sehr feine HBO-Serie »Deadwood« gucken und sich von ihr das Westerngenre ›updaten‹ lassen (Entwarnung: Dort in Season 1 keine Schwulen, aber viel physische & psychische Härte und Gewalt. Aufgemerkt: Sechs der zehn Scriptschreiber sind Frauen!).
#8
Geschrieben 08 Mrz 2006 - 19:36
Ich geb zu: ›Kunst‹ die so arbeitet IST erstmal ehr anstrengender als ›glattere‹ Werke. Ich bin nicht so überheblich zu behaupten, daß solche postmodernen Attribute und Eigenschaften wie Nonlinearität & Fragmentarisierung ein Werk automatisch gehaltvoller, besser machen. Aber diese ›modernen‹ und ›postmodernen‹ Methoden reizen mich halt ungemein.
†” Beispiel aus der Filmwelt: Man denke an Terry Gilliam Einteilung von Künstlern in die Kubrik- und die Spielberg-Schublade. Kubriks Filme stellen mehr Fragen (oder stauen mehr Spannungen) als sie beantworten (oder Spannung aufgelößt werden); Spielbergs Filme lösen am Ende die wichtigsten Fragen und härtesten Spannungen ›harmonisch‹ auf.
Schöner Vergleich mit Kubrick und Spielberg! Ich habe mal einen Teil des Zitats hervorgehoben. Ich glaube daran scheiden sich wirklich die Geister: Ich kann Miéville und auch niemand sonst für eine Methode oder wie man immer es auch nennen mag zujubeln oder ihn deswegen verdammen.
Die Story muss mir gefallen!
Ich bin wohl zu altmodisch um den Stil von Iron Council zu genießen. Mir gefällt es nicht, während des Lesens vergrätzt zu werden um im Nachhinein Sinn in das Chaos zu bringen. Da muss schon etwas mehr vorhanden sein um mich bei der Stange zu halten.
In der Retrospektive hat der Roman zweifellos sogar mehr Potential als PSS oder The Scar!
An Unterhaltungslektüre stelle ich aber den Anspruch, dass sie auch unterhält. Dabei kann sie gerne auch etwas anspruchsvoller sein. Vielleicht war es einfach zuviel Marxismus für mich, den Marxismus, Sozialismus, Kapitalismus & Co relativ kalt lassen... wobei die Idee solche Theorien in Fantasyromanen zu behandeln relativ neu ist, sofern man Animal Farm nicht als Fantasy klassifiziert greifen doch eher SCIENCE- denn Fantasy-Fiction orientierte Romane das Thema auf.
#9
Geschrieben 09 Mrz 2006 - 10:42
MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.
Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.
#10
Geschrieben 09 Mrz 2006 - 11:00
#11
Geschrieben 09 Mrz 2006 - 12:40
Offenbar echt ein "Lieben-oder-Hassen"-Buch. Ich glaube auch, dass es Mievilles bislang ambitioniertestes Werk ist, das kommt so zumindest in ein paar Interviews rüber, und dass er sich sehr bewusst gegen Erzählkonventionen sperrt. Das muss natürlich nicht heißen, dass er dabei den Spagat aus Spannungsliteratur und Dekonstruktion von Spannungsliteratur hinkriegt ...
Wer ist denn noch so durch mit dem Buch? Ich frage, weil ich das englische gelesen habe und in der Übersetzung nur ein bisschen geblättert, und dabei bin ich auf den letzten Satz der deutschen Übersetzung gestoßen, an dem ich mich gestört habe. Achtung, folgendes ist echt nur für oberpingelige, und ich will keinesfalls die wunderbare Sprache von Eva Bauche-Eppers kritisieren! Also, da heißt es:
SPOILER:
"Sie streben voran, immerfort." (Oder so ähnlich - habe das Buch nicht hier).
im Englischen Original dagegen: "They are always coming." (also wörtlich und sehr holperig übersetzt: "Sie sind für immer im Kommen", etwas eleganter vielleicht: "Sie sind immer auf dem Weg").
Hat hier noch irgendwer sonst das Gefühl, dass eine ziemlich krasse Bedeutungsdifferenz vorliegt? "Sie streben voran" ist eine Bewegung, die die Perspektive des Sprechers einschließt - als sitze ich selber in der Bahn. "They are always coming" nimmt dagegen eindeutig die Perspektive desjenigen ein, der die Ankunft erwartet. Ich bin deshalb so pingelig, weil ich beim englischen Original geradezu Tränen in den Augen hatte wegen der Tragik des unerfüllten Revolutionsversprechens, das aus der Perspektive der Erwartung zum Ausdruck gebracht wird. Und das wird natürlich völlig untergraben durch das optimistische "Voranstreben". Das Problem liegt natürlich in der deutschen Sprache, die keine Progressivform kennt, weshalb man immer zu uneleganten Umschreibungen greifen muss, um auszudrücken, dass etwas gerade "am Passieren" ist. Dennoch wäre mir hier die Bedeutung wichtiger gewesen als Eleganz.
Bearbeitet von Jakob, 09 Mrz 2006 - 12:42.
R. Scott Bakker
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#12
Geschrieben 09 Mrz 2006 - 16:17
ACHTUNG - SPOILER (m.E. zwar höchst harmlos, aber ...)
Wie kommst du auf diese Aussage:
denn das ist nicht oberpingelig, sondern schlicht und ergreifend Unsinn, sorry. (Der Satz heißt übrigens korrekt "Sie streben vorwärts, nun und immerdar.")"Sie streben voran" ist eine Bewegung, die die Perspektive des Sprechers einschließt
Und ob "Sie sind immer auf dem Weg" gegenüber der gewählten Formulierung eine Verbesserung bedeuten würde - also darüber könnte man jetzt lange streiten.
Grüße
Gerd
#13
Geschrieben 09 Mrz 2006 - 17:17
Ist dies ein Bibelzitat? Dann müsste es wohl heissen, "Sie streben vorwärt, jetzt und immerdar." Zumindest ist dies eine Formulierung aus der Deutschen Einheitsübersetzung.denn das ist nicht oberpingelig, sondern schlicht und ergreifend Unsinn, sorry. (Der Satz heißt übrigens korrekt "Sie streben vorwärts, nun und immerdar.")"Sie streben voran" ist eine Bewegung, die die Perspektive des Sprechers einschließt
Und ob "Sie sind immer auf dem Weg" gegenüber der gewählten Formulierung eine Verbesserung bedeuten würde - also darüber könnte man jetzt lange streiten.
Grüße
Gerd
Aber letztendlich sind wir damit endgültig in die Gefilde der Erbsenzähler abgedriftet. Und Eva Bauche-Eppers Übersetzung ist sowieso vorbildlich.
#14
Geschrieben 09 Mrz 2006 - 17:31
(Spoilercode bei den Details wohl überflüssig, aber trotzdem: SPOILER):
OK, "vorwärts" ist zugegebenermaßen schon ein bisschen was anderes als "voran". Ich weiß vielleicht nicht so recht wie ich den Bedeutungsunterschied ausdrücken soll - aber "vorwärts" schließt ein, dass das Ziel aus der geschilderten Persperktive vorne liegt. "Come" impliziert dagegen, wie das deutsche "Kommen", dass die Sprecherposition sich am Zielort befindet. Es aufzumalen wäre wahrscheinlich leichter. "He's coming to me" heißt, dass eine Person sich auf mich zubewegt. "Er strebt vorwärts" heißt, dass eine Person sich in eine Richtung bewegt, die von ihr aus als "vorne" definiert ist - das kann natürlich die "Sprecherposition" sein, der Fokus ist aber anders. Genauso in Deutsch: "Komm her" heißt, jemand soll sich zu deiner Position bewegen, "Komm weg" kannst du höchstens sagen, wenn du meinst, jemanden dabei zu begleiten - sonst heißt es "Geh weg". "Geh vorwärts" heißt schließlich, dass jemand in die Richtung gehen soll, in die er ausgerichtet ist. Das kann natürlich praktisch dann "auf den Sprecher zu" bedeuten, das wäre aber eher wenig idiomatisch (weil man eben einfach "Komm her" sagen würde.)
Oberpingelig mag es sein, Unsinn ist es nicht.
Meinen Formulierungsvorschlag finde ich auch nicht besser, ich wollte nur eine deutsche Übersetzung für nicht-englischsprecher beifügen. Ich weiß auch nicht, was ich mit dem Satz als Übersetzer gemacht hätte, es hat mich nur gestört. Vielleicht nur ein Argument dafür, dass beim Übersetzen eben unweigerlich ein anderer Text produziert wird als das Original.
R. Scott Bakker
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#15
Geschrieben 09 Mrz 2006 - 20:42
Wenn man sich bei einmal die Bewertungen bei amazon.com zu IC ansieht, so ist das positive Abschneiden doch ziemlich interessant. Ich kann es mir eigentlich nur damit erklären, dass die Vorgängerromane eine wesentliche Rolle spielen. Die Leser erfreuen sich weiterhin an dem schönen Schreibstil und zehren von den Eindrücken, die sie bezüglich Bas-Lag bereits gesammelt haben. Vielleicht ist man dann bereit, über einiges hinwegzusehen oder sich etwas weiter in die unzugängliche Geschichte zu vertiefen.Aufregend finde ich auch, daß einige von Euch z.B. »The Scar« hochwertschätzen, aber bei IC abwinken. Gerade die große Unterschiedlichkeit der drei Bas-Lag-Romane finde ich sehr reizvoll. So fällt mir auf, daß IC der kürzeste der drei Bas-Lag-Romane ist, aber am meisten Zeitraum und Handlung umspannt.
Dennoch verwundert mich die Vergabe so vieler Bestwertungen.
Wie wäre es wohl um den Erfolg beschieden gewesen, wenn dies sein erster Roman gewesen wäre? Natürlich kann man nur spekulieren, aber um mein eigenes Bild nicht zum Wanken zu bringen, würde ich mutmaßen, dass es ein Flop gewesen wäre und sich die Anhängerschaft nie hätte bilden können.
Die Stellen des Romans, die ein wenig in die sexuelle Richtung gehen, sind doch eher trostlos gehalten, finde ich. Unschön fand ich auch das Auftauchen der Rosaroten Schwuchteltruppe (oder so ähnlich), die ja auch wieder einmal nichts zur Klärung beitragen konnte. Höchsten vielleicht zu der Annahme, dass es sich womöglich nicht um einen homosexuellen Autor, sondern im Gegenteil um einen Schwulenfeind handeln könnte.Homosexualität. †” Mit ists herzlich wurscht, wer die Figuren einer Liebesgeschichte sind (ich hatte zuletzt auch keine Hemmungen mich von der extremen Romanze in »King Kong« anfixen zu lassen, bis hin zum Kloß im Hals und wässrigen Augen). Ich komm ursprünglich aus der Richtung Splatter, Monster, Äktschn und Härte ect pp ff., und empfinde seit einigen Jahren Sentimentalität, Romanze und Idyllik usw. als meinen ›neuen Hardcore‹. Also immer her mit solchen intelligenten und geschickten Herausforderungen auf diesem Gebiet.
Was die Metaphernwelt angeht, so kann ich mir nicht vorstellen, das hier sozusagen ernste Hintergründe auf die Ebene bizarrer Wesen und skurriler Ereignisse runtergebrochen wurden. Das meiste scheint mir der Intuition entsprungen zu sein, schweißfeuchten Träumen oder geheimnisvollen Kräutern.
Das eigentlich Konzept ist womöglich eine flüchtige Notiz auf einem Bierdeckel.
#16
Geschrieben 09 Mrz 2006 - 20:51
Irgendwer (¿Oscar Wilde?) meinte mal, daß diese Bücher wohl auf jeden Fall ›einen Nerv‹ getroffen haben.Offenbar echt ein "Lieben-oder-Hassen"-Buch.
†¢†¢†¢
Hinweis des Politbüros:
Folgenden Text hab ich schon letztes Jahr entdeckt, aber noch keine Gelegenheit gehabt ihn zu goutieren. Dennoch hab ich den leisen Verdacht, daß es ein Miéville bekannter Text ist, und womöglich EIN markanter Inspirationsquell oder Ausgangspfad für seine ganze Phantastik ist:
Leo Trotzki: »Die permanente Revolution«
Im Jargon der mittelalterlichen Scholastik (Kues) nannte sich das glaub ich ›das explodierende All-Eine‹ :-)
Frage an Jakob? †” Bist so hardcore und hast Dir »Between Equal Rights«†¡ angeschafft, bzw. gelesen (oder vor zu lesen)? †” Ich bin nun fast fertig mit dieser »Marxist Theory of International Law« (marxistische Theorie des Völkerrechts).
In Stichworten wage ich die Vermutung, daß die dort erwähnte ›rechtliche Form des Warentausches unter Gleichen‹ Mr. Miéville beim Ausknobeln der sexuellen Themen/Probleme in seinen Bas-Lag-Romanen beeinflußt haben könnte.
†¡ ein Marx-Zitat aus »Das Kapital«:
»Der Kapitalist behauptet sein Recht als Käufer, wenn er den Arbeitstag so lang als möglich und womöglich aus einem Arbeitstag zwei zu machen sucht. Andrerseits schließt die spezifische Natur der verkauften Ware eine Schranke ihres Konsums durch den Käufer ein, und der Arbeiter behauptet sein Recht als Verkäufer, wenn er den Arbeitstag auf eine bestimmte Normalgröße beschränken will. Es findet hier also eine Antinomie statt, Recht wider Recht, beide gleichmäßig durch das Gesetz des Warenaustausches besiegelt. Zwischen gleichen Rechten entscheidet die Gewalt. Und so stellt sich in der Geschichte der kapitalistischen Produktion die Normierung des Arbeitstags als Kampf um die Schranken des Arbeitstags dar †” ein Kampf zwischen dem Gesamtkapitalisten, d.h. der Klasse der Kapitalisten, und dem Gesamtarbeiter, oder der Arbeiterklasse.«
†” Man denke an den Slogan der Trosshuren: »Nur gegen Bares«, im Orig: »No pay, no lay« (dt. S. 285).
Grüße
Alex / molosovsky
Bearbeitet von molosovsky, 09 Mrz 2006 - 20:58.
MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.
Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.
#17
Geschrieben 09 Mrz 2006 - 21:18
Wie wohl die meisten ersten Konzeptentwürfe :-) Grüße Alex / m.†”Das eigentlich Konzept ist womöglich eine flüchtige Notiz auf einem Bierdeckel.
MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.
Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.
#18
Geschrieben 10 Mrz 2006 - 13:08
R. Scott Bakker
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#19
Geschrieben 10 Mrz 2006 - 23:15
Hm, das verstehe ich jetzt nicht ganz. Ein Roman muss doch für sich alleine stehend überzeugen, ganz unabhängig davon, ob die nun ein Debutroman, der erste oder letzte Roman einer Trilogie ist. Bedingt mag dies manchmal sicher eine Rolle spielen, aber bei IC spielt das keine so große Rolle, das der Roman recht eigenständig ist.@ Dave:
IC als Debütroman wäre allerdings ehr ein Knieschuß, keine Frage.
#20
Geschrieben 11 Mrz 2006 - 01:18
MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.
Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.
#21
Geschrieben 12 Mrz 2006 - 16:57
#22
Geschrieben 16 Mrz 2006 - 10:03
Bisherige Wertung: 6 von 10
Bis dennen,
Henrik
Bearbeitet von Henrik Fisch, 16 Mrz 2006 - 10:04.
Gregory Benford, Larry Niven, "Himmelsjäger"
Gerade am Lesen
Gregory Benford, Larry Niven, "Sternenflüge"
Gerade gesehen
Serie "Mad Men"
#23
Geschrieben 16 Mrz 2006 - 11:47
(Georg Christoph Lichtenberg)
#24
Geschrieben 18 Mrz 2006 - 13:13
#25
Geschrieben 12 April 2006 - 08:53
Überlicht und Beamen wird von Elfen verhindert.
Moderator im Unterforum Fantasyguide
Fantasyguide
Saramee
Montbron-Blog
- • (Buch) gerade am lesen: Maxim Leo – Wir werden jung sein
#26
Geschrieben 12 April 2006 - 11:37
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It's all fun and game until someone loses an eye
- • (Buch) gerade am lesen:Robert B Parker
#27
Geschrieben 12 April 2006 - 12:29
Gemach, edler Himmelsstürmer. Das was ihr dort anmerkt, ist eine unverhohlene Einladung zur Beliebigkeit, die sich erst im Kopf des Lesers zu einer verknüpften Geschichte verfestigt. Die Steigerung davon kommt einem undifferenziertem herniederdrücken von Tasten auf einer Tastatur gleich, solange bis der Umfang eines Romanes erreicht ist. Und sollte der Leser des Jahrhundertwerkes damit nicht zurecht kommen, ist er halt nicht intelligent genug.†¦ Diese Forderungen nach einem „roten Faden“ einer „linearen Handlung“ oder „tiefe Einblicke“ in den Charakter einer Person gehen mir ziemlich auf den Keks. Sollte man einem phantastischen Roman nicht mit Fantasie, Einfühlungsvermögen, Neugierde und der Bereitschaft sich überraschen zu lassen gegenüber treten? †¦
Selbstverständlich ist das Vorhandensein eines wie auch immer gearteten roten Fadens eine zwingende Voraussetzung in jeder Art von Prosa; egal ob Brief, Sachtext, Gedicht oder Belletristik. Wir können uns gerne darüber auseinander setzen, ob und wie fern ein roter Faden vom Herrn Miéville bedacht wurde.
Das könnte tatsächlich vielleicht einmal ganz heilsam sein. Trotzdem lasse ich es mir nicht nehmen, auch auf hohem Niveau zu meckern. Schon gar nicht in einem Forum, das sich den mehr oder minder ernsthaften Umgang mit der SF-Literatur verschrieben hat.Ich schlage für den nächsten Lesezirkel mal eine Wahl paradox vor. Laßt uns mal einen wirklichen Pulp-Roman wählen und besprechen. Vielleicht wird dann mal wieder klar auf welch hohem Nivea hier gejammert wird.
Bis dennen,
Henrik
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#28
Geschrieben 12 April 2006 - 12:38
Ja, in der Tat. Ich meine, ich gab dem Roman ja auch 7 von 10 Punkten, was durchaus einem gut entsprich. Auf der anderern Seite gibt es viele gute bis sehr gute Romane, sodass ich jeden Roman mit 6 oder weniger Punkten eher negativ werte. Dies ist auch die Grenze für Romane, die nicht nicht in meiner Bibliothek halte und verscherble, denn ich weiss jetzt schon, dass ich diese nicht noch einmal lesen werde.Das könnte tatsächlich vielleicht einmal ganz heilsam sein. Trotzdem lasse ich es mir nicht nehmen, auch auf hohem Niveau zu meckern. Schon gar nicht in einem Forum, das sich den mehr oder minder ernsthaften Umgang mit der SF-Literatur verschrieben hat.Ich schlage für den nächsten Lesezirkel mal eine Wahl paradox vor. Laßt uns mal einen wirklichen Pulp-Roman wählen und besprechen. Vielleicht wird dann mal wieder klar auf welch hohem Nivea hier gejammert wird.
Bis dennen,
Henrik
#29
Geschrieben 12 April 2006 - 16:25
Nein, so natürlich nicht. Ich habe nur den Eindruck es wird ein bewusst simpler Romanaufbau gewünscht. Daher auch mein Vorschlag zu einem Pulproman.Gemach, edler Himmelsstürmer. Das was ihr dort anmerkt, ist eine unverhohlene Einladung zur Beliebigkeit, die sich erst im Kopf des Lesers zu einer verknüpften Geschichte verfestigt. Die Steigerung davon kommt einem undifferenziertem herniederdrücken von Tasten auf einer Tastatur gleich, solange bis der Umfang eines Romanes erreicht ist. Und sollte der Leser des Jahrhundertwerkes damit nicht zurecht kommen, ist er halt nicht intelligent genug.
Es wird ein kompliziertes Thema behandelt, die Sprache ist bewusst „literarisch“ gehalten, die Figuren sind äußerst vielschichtig und machen zudem eine zeitliche Entwicklung durch. Aber vom Romanaufbau erwarte ich einen Stiel a la „Revolution für Dummies“?
Ich liebe halt Rätsel. Die Verknüpfung von Handlungen, Motiven und Konsequenzen im Kopf des Lesers gehören für mich dazu. Spätere Lösungen des Autors messe ich an meinen eigenen Schlussfolgerungen.
Ich halte jeden der hier schreibenden für intelligent genug. Das vorliegende Buch sollte eben nicht ein solches sein wo hier Leute an ihre Grenzen stoßen. Höchstens an die Grenzen ihrer Geduld.
Bearbeitet von Skydiver, 13 April 2006 - 10:53.
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It's all fun and game until someone loses an eye
- • (Buch) gerade am lesen:Robert B Parker
#30
Geschrieben 13 April 2006 - 09:51
Das ist die Kernaussage meiner These: Der Inhalt ist wirklich nicht einfach zu verdauen. Da sollte der Autor sich zumindest ein klein wenig am Riemen reißen, um dem Leser bei all dem Schwerverdaulichem über die Runden zu helfen. Wenn zu einem kompliziertem Thema und zu der dichten Sprache und zu den vielschichtigen Charakteren auch noch eine wenig linearer Handlungsablauf kommt, dann wird es einfach ein wenig viel.†¦ Es wird ein kompliziertes Thema behandelt, die Sprache ist bewusst „literarisch“ gehalten, die Figuren sind äußerst vielschichtig und machen zudem eine zeitliche Entwicklung durch. Aber vom Romanaufbau erwarte ich einen Stiel a la „Revolution für Dummies“. †¦
Bis dennen,
Henrik
Gregory Benford, Larry Niven, "Himmelsjäger"
Gerade am Lesen
Gregory Benford, Larry Niven, "Sternenflüge"
Gerade gesehen
Serie "Mad Men"
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