Das ist eine alte Diskussion, die es eigentlich in jedem großen Krieg gibt, an dem demokratische oder teil-demokratische Regime beteiligt sind. Wobei ich jetzt ausschließlich von "großen Kriegen" spreche, bei denen es wirklich um die Existenz beider Seiten geht und nicht um Kriege von "Supermacht gegen Kleinstaat", die wir seit 1945 größtenteils haben.
Ich lese gerade die Memoiren von General Ludendorff, der im ersten Weltkrieg Generalquartiermeister in der dritten OHL und Feldmarschall Hindenburg war. Das Kaiserreich ist ja nicht gerade ein Hort der Demokratie gewesen, aber es gab dort ja trotz allem einen (vom Kaiser ernannten) Reichskanzler, einen Reichstag (der von der SPD, dem Zentrum und der linksliberalen Fortschrittspartei beherrscht wurde) und eine eingeschränkte Pressefreiheit. Im letzten Kapitel, das ich gelesen habe, argumentiert Ludendorff eigentlich genau anhand der Linie, die hier gerade diskutiert wird:
- Die Politik hat keine Ahnung vom Krieg und behindert das Militär
- Das Militär erhält nicht die notwendigen Mittel (Material & Personal), um den Krieg zu gewinnen
- Die Politik spielt Spielchen, zersetzt die Wehrkraft und arbeitet nur auf eine Demokratisierung des Landes hin ohne Rücksicht auf die Kriegslage
- Die Politik spielt der Propaganda des Feindes in die Hände, indem sie nicht einheitlich und stark hinter den Zielen der OHL steht
Könnte durchaus etwas sein, was mit geringer Abwandlung auch Adama/Tigh Anfang der zweiten Staffel unterschrieben hätten. Allerdings zeigt Ludendorffs weiteres Leben auch, wohin die extreme Hinwendung zum Militär führt (unter der dritten OHL war das Deutsche Reich fast eine Militärdiktatur): Reines Leben & Arbeiten für das Militär, Verschärfung der Situation, keine Möglichkeit mehr für Politik & Diplomatie, innere Unruhen und Revolution => auch nichts Unbekanntes, wenn man Staffel 2 gesehen hat (und manches "Echo" hat man ja auch in späteren Staffeln).
"Wir können nicht miteinander, aber wir müssen" => das ist eigentlich die Quintessenz einer solchen Diskussion. Es geht nie ohne ein Aufeinander-Zugehen. Das britische Empire musste im ersten und zweiten Weltkrieg ihre Demokratie etwas zurückfahren, ebenso die Vereinigten Staaten (dort zusätzlich im Bürgerkrieg 1861-65).
Die Demokratie lebt davon, dass sie viele Köpfe zum Denken einsetzt, auf Konsens aus ist und meistens Entscheidungen getroffen werden, die eine Mehrheit der Bevölkerung trägt. Der Nachteil: Die Entscheidungen sind langsam entstanden und weichgespült.
Eine autoritäre Struktur, wie z.B. das Militär, setzt weniger Köpfe zum Nachdenken ein, basiert auf Autorität und lehnt Konsens ab. Die Entscheidungen treffen daher oftmals auf Unverständnis oder Widerstand, können aber durch Disziplin aufrechterhalten werden (bis zu einem gewissen Punkt). Vorteil: Schnelligkeit und Schärfe (im Gegensatz zur Weichspülung).
Krieg benötigt Schnelligkeit UND Konsens, Dinge, die sich eigentlich ausschließen. BSG zeichnet das wunderbar zum Verfolgen nach.
Bearbeitet von Torwan, 01 Oktober 2012 - 14:16.