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Die Erde erwärmt sich und wir haben ALLE Schuld!


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2613 Antworten in diesem Thema

#2581 Naut

Naut

    Semantomorph

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Geschrieben 12 Januar 2025 - 19:29

Du nennst die richtigen Symptome, aber die falsche Ursache. So hat die Abschaffung der Kernenergie in Deutschland gar nichts mit der von Dir so betitelten "reinen Lehre" zu tun, sondern ist eine direkte Folge der Angst in Folge der Fukushima-Katastrophe. Der rückläufige Ausbau von Biomasse liegt an EU-Gesetzgebung zu Flächennutzung (was Du ja korrekt benennst), ist also nicht in der unmittelbaren Verantwortung von D-Land zu suchen. "Anwohnerproteste" sind ein korrekt genanntes Problem hier, haben aber gar nichts mit reiner Lehre zu tun, eher mit dem Gegenteil. Im zentral verwalteten Frankreich haben solche Verfahren nicht diese Ausmaße. Usw.

Zusammengefasst: Nicht die "reine Lehre" ist unser Problem, sondern der große Einfluss von zu vielen Gruppen, die mitreden wollen. Allerdings bin ich persönlich ein großer Fan unseres politischen Systems, auch wenn es derzeit etwas träge wirkt.
Liest gerade: Zafón - Der dunkle Wächter

#2582 Peter-in-Space

Peter-in-Space

    Kenonaut

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Geschrieben 13 Januar 2025 - 18:07

Ich weiß nicht, was am historischen atomaren Höchststand von 6,8  % an der gesamten Energieerzeugung reine Lehre sein soll.


Wenn es eine Krisensituation gibt, sucht der intelligente Mensch nach einer Lösung,

der dumme Mensch nach Schuldigen.

(Verfasser unbekannt)

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#2583 Fermentarius

Fermentarius

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Geschrieben 13 Januar 2025 - 20:07

Zusammengefasst: Nicht die "reine Lehre" ist unser Problem, sondern der große Einfluss von zu vielen Gruppen, die mitreden wollen. Allerdings bin ich persönlich ein großer Fan unseres politischen Systems, auch wenn es derzeit etwas träge wirkt.

Sicher wollen viele Gruppen mitreden, das ist in einer Demokratie einfach üblich. Was ich meine, wenn ich sage "reine Lehre", ist die Richtung, in die die Energieerzeugung nach der Vorstellung der Bundesregierung gehen soll. Nach dem aktuellen Stand des Eneuerbare-Energien-Gesetzes (nachzulesen z.B. in der Wikipedia unter diesem Stichwort) gilt folgendes (definiert in §2):

"Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen sowie den dazugehörigen Nebenanlagen liegen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit. Bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausgasneutral ist, sollen die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden."

 

Der Begriff „erneuerbare Energien“ wird in §3 erschöpfend (=in einer vollständigen Aufzählung) definiert:

a) Wasserkraft einschließlich der Wellen-, Gezeiten-, Salzgradienten- und Strömungsenergie, b) Windenergie, c) solare Strahlungsenergie, d) Geothermie, e) Energie aus Biomasse einschließlich Biogas, Biomethan, Deponiegas und Klärgas sowie aus dem biologisch abbaubaren Anteil von Abfällen aus Haushalten und Industrie.

Bei dieser Aufzählung sind Wind- und Sonnenenergie die weitaus wichtigsten Energieträger. Daher und aus Veröffentlichungen von Ministerien stammt meine Interpretation, dass unsere Politik einer "reinen Lehre" folgt. Ein weiteres Beispiel: Das Impulspapier der Leopoldina unter dem Titel "Kernspaltung, Erdgas, Geothermie, Kernfusion: Welche Rolle spielen Grundlastkraftwerke in Zukunft?" gibt der Bundesregierung Rückendeckung. Es konstatiert, dass Grundlastkraftwerke wahrscheinlich nicht nötig sind.Die Bundesregierung hat das Papier finanziert. In dem Papier wird der absolute Vorrang der Erneuerbaren Energien nie hinterfragt, er ist die Grundlage des Papiers. Es wird also nie verglichen, ob eine Energieversorgung, bei der Grundlastkraftwerke die Basis der Versorgung bieten, billiger oder zuverlässiger sind.

In der Praxis wird die natürlich die reine Lehre immer verwässert. Ein Beispiel: Der Ausbau der Hochspannungsleitungen ist deshalb so teuer, weil sie unter die Erde verlegt werden, was pro Kilometer ein Mehrfaches an Kosten verursacht. Ich habe irgendwas zwischen dreifach und siebenfach in Erinnerung. Und diese Entscheidung geht zum beträchtlichen Teil auf das Konto der bayrischen Staatsregierung, die schlicht keine oberirdischen Leitungen haben wollte.

Das ändert aber nichts daran, dass die Richtungsentscheidung entsprechend der Lehre und natürlich der Gesetzeslage getroffen werden.

 

 

Ich weiß nicht, was am historischen atomaren Höchststand von 6,8  % an der gesamten Energieerzeugung reine Lehre sein soll.

Ich nehme mal, dass ich gemeint bin. Ich weiß jetzt nicht, woher die Zahl stammt. In den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts stammte etwa 30% des Stroms in Deutschland aus Kernenergie. Wenn man aber die gesamte Energieerzeugung (oder den gesamten Verbrauch) als Grundlage sieht, kommt man auf andere Ergebnisse, weil nur ganz grob ein Fünftel der erzeugten und verbrauchten Energie als Strom anfällt. Der Rest ist Wärmeerzeugung (grob drei Fünftel) und Verkehr (grob ein Fünftel). Weil die Kernenergie ausschließlich die Stromerzeugung betraf, käme man dann etwa auf diese Zahl. Wie ich jetzt schon ausgeführt habe, bezieht sich der Begriff "reine Lehre" auf Richtungsentscheidungen. Als die Kernkraftwerke in Deutschland gebaut wurden, waren Wind- und Sonnenenergie schlicht kein Thema, weder für die Energieerzeugung, noch für irgendeine Lehre. Mit einem Sockel von 30% sicher verfügbarer CO2-freier elektrischer Energie könnte man einige Diskussionen um "Dunkelflauten" aber sicherlich gelassener führen.

Übrigens ist der Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch zwar bis 2023 auf mehr als 45 % gestiegen, aber der Anteil am Brutto-Endendenergieverbrauch lediglich auf 22 %. Nimmt man also den gesamten Energieverbrauch Deutschlands, an dem Strom nur 20 % ausmacht, dann liegt der Anteil von fossilen Energien immer noch bei 78 %. Bis 2030 soll er auf 70 % sinken.

Ich hoffe, ich habe hier niemandem seine Illusionen geraubt.


Bearbeitet von Fermentarius, 13 Januar 2025 - 20:08.


#2584 Mammut

Mammut

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Geschrieben 13 Januar 2025 - 20:54

Als die Atomenergie in Deutschland gebaut wurde, waren Wind- und Solarenergie auch keine Alternative. Mein Professor in den 90ern meinte, der Anteil der regenativen Energien würde so schnell nicht über 10% gehen. Wie man sieht, wenn entsprechend Energie in Entwicklung gesteckt wird, klappt doch mehr als man denkt.

 

Hier ein interessanter Link zu Stromgestehungskosten vom Fraunhofer Institut:

https://www.ise.frau...re_Energien.pdf

 

Wenn ich dich richtig verstehe geht es dir darum, dass Atomenergie das Mittel ist, um eine Grundlast sicherzustellen. Das klingt für mich nach einer reinen Lehre.

Der Atomausstieg wurde im Jahr 2011 beschlossen. Man hatte also bis heute fast vierzehn Jahre Zeit für Ersatz zu suchen. Die Diskussion über einen Wiedereinstieg erfolgte erst kurz vor der Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke, also viel zu spät wenn man das hätte machen wollen.

Neue Atomkraftwerke zu bauen, vorher müsste vom Gesetzgeber beschlossen werden, braucht Zeit und bedeutet ebenfalls, eine hohe Investition, neben allen anderen Bedenken die man hat.

 

In einem europäischen Stromnetz, in dem sich sowieso schon Atommeiler befinden, in dem auch kein wirklicher Mangel an Energieerzeugung herrscht, braucht es m.E. wesentlich anderes als Bau von Großkraftwerken, die so schnell überhaupt nicht - bezogen auf Atomkraftwerke - verfügbar wären.

 

Mal als Beispiel:

Das AKW Mülheim-Kärlich (KMK) befindet sich nördlich der Stadt Koblenz im Bundesland Rheinland-Pfalz. Der Druckwasserreaktor mit 1.302 MW Leistung wurde nach 11 Jahren Bauzeit am 1. März 1986 in Betrieb genommen, ging aber schon eineinhalb Jahre später, am 9. September 1988, für immer vom Netz.

 

Vorher braucht man ja noch Gesetzgebung zum Wiedereinstieg in die Atomenergie sowie die Genehmigung zu Bau und Betrieb. Das scheint mir sehr unrealistisch für die Problematik, die du ansprichst. Aber es soll ja auch den Kanzlerkandidaten Alter Fritz geben, der fabuliert ernsthaft von Kernfusion als Alternative. Na, sehr fraglich, dass der alte Fritz das noch erleben wird, egal was er in sein Programm schreibt.


Bearbeitet von Mammut, 15 Januar 2025 - 15:38.


#2585 Fermentarius

Fermentarius

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Geschrieben 13 Januar 2025 - 21:21

Wenn ich dich richtig verstehe geht es dir darum, dass Atomenergie das Mittel ist, um eine Grundlast sicherzustellen. Das klingt für mich nach einer reinen Lehre.

Der Atomausstieg wurde im Jahr 2011 beschlossen. Man hatte also bis heute fast vierzehn Jahre Zeit für Ersatz zu suchen. Die Diskussion über einen Wiedereinstieg erfolgte erst kurz vor der Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke, also viel zu spät wenn man das hätte machen wollen.

Neue Atomkraftwerke zu bauen, vorher müsste vom Gesetzgeber beschlossen werden, braucht Zeit und bedeutet ebenfalls, eine hohe Investition, neben allen anderen Bedenken die man hat.

 

In einem europäischen Stromnetz, in dem sich sowieso schon Atommeiler befinden, in dem auch kein wirklicher Mangel an Energieerzeugung herrscht, braucht es m.E. wesentlich anderes als Bau von Großkraftwerken, die so schnell überhaupt nicht - bezogen auf Atomkraftwerke - verfügbar wären.

 


Vorher braucht man ja noch Gesetzgebung zum Wiedereinstieg in die Atomenergie sowie die Genehmigung zu Bau und Betrieb. Das scheint mir sehr unrealistisch für die Problematik, die du ansprichst. Aber es soll ja auch den Kanzlerkandidaten Alter Fritz geben, der fabuliert ernsthaft von Kernfusion als Alternative. Na, sehr fraglich, dass der alte Fritz das noch erleben wird, egal was er in sein Programm schreibt.

In Deutschland sind Kernkraftwerke kein Thema mehr und werden auch nicht mehr. Deshalb betrachte ich sie auch nicht mehr als Mittel, um die Grundlast sicherzustellen. Sie wären das vielleicht gewesen (Konjunktiv Plusquamperfekt), aber sie sind es nicht mehr. Selbst die letzten drei sind nicht mehr wiederzubeleben, dieser Zug ist abgefahren. Was ich sagen will, ist lediglich, dass es eben jetzt richtig teuer wird. Und sicher gibt es europaweit und übers Jahr gemittelt keinen Strommangel. Nur muss in einem Stromnetz in jedem Moment ein Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch bestehen. Und das ist eben mit einer schwankenden Stromerzeugung richtig schwer - und teuer.

Zum Thema Kernfusion: Ich habe gerade erst einen Artikel darüber geschrieben. Mindestens zwei amerikanische Firmen bauen derzeit an einem Prototypen, der in diesem, bzw. im nächsten Jahr fertig sein soll. Sie haben sowohl die Erfahrung als auch das Geld dafür. Möglicherweise läuft es mit der Kernfusion so wie mit den Erneuerbaren: es geht schneller als man je gedacht hat.

 

 

 



#2586 Mammut

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    DerErnstFall Michael Schmidt

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Geschrieben 13 Januar 2025 - 21:45

In Deutschland sind Kernkraftwerke kein Thema mehr und werden auch nicht mehr. Deshalb betrachte ich sie auch nicht mehr als Mittel, um die Grundlast sicherzustellen. Sie wären das vielleicht gewesen (Konjunktiv Plusquamperfekt), aber sie sind es nicht mehr. Selbst die letzten drei sind nicht mehr wiederzubeleben, dieser Zug ist abgefahren. Was ich sagen will, ist lediglich, dass es eben jetzt richtig teuer wird. Und sicher gibt es europaweit und übers Jahr gemittelt keinen Strommangel. Nur muss in einem Stromnetz in jedem Moment ein Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch bestehen. Und das ist eben mit einer schwankenden Stromerzeugung richtig schwer - und teuer.

Zum Thema Kernfusion: Ich habe gerade erst einen Artikel darüber geschrieben. Mindestens zwei amerikanische Firmen bauen derzeit an einem Prototypen, der in diesem, bzw. im nächsten Jahr fertig sein soll. Sie haben sowohl die Erfahrung als auch das Geld dafür. Möglicherweise läuft es mit der Kernfusion so wie mit den Erneuerbaren: es geht schneller als man je gedacht hat.

 

Da möchte ich was zu anmerken: 

Billiger ist der Atomstrom prinzipiell nicht. Auch die Atommeiler hätte man irgendwann erneuern müssen. Ich weiß also nicht wo das nach deiner Rechnung dadurch teurer wird. Die Ausgleichskosten die du ansprichst, sind zwei Jahre in Folge gesunken:

Prognose: Kosten zur Vermeidung von Stromnetz-Engpässen 2024 halbiert

 

Generell macht z.B. Windstrom die Energieerzeugung günstig, weil sie für ein hohes Angebot sorgt. 

 

Kernfusion: Darüber wird seit mindestens den 50ern spekuliert. 2014 hat Lockheed Martin (angeblich) auch schon einen Durchbruch geschafft:

Kernfusion: Reaktor von Lockheed Martin soll Durchbruch bringen - DER SPIEGEL

 

Ich würde mich freuen wenn es klappt, bin da aber sehr skeptisch. Ich denke, da kommt ein serienreifer Quantencomputer früher. :bighlaugh:

Definitiv ist eine Planung der Stromerzeugung jetzt inklusive Kernfusionsreaktor sehr abwegig. Der alte Fritz wird keins erleben, das funktionstechnisch am Netz ist und seinen erheblichen Beitrag zur Stromerzeugung beisteuert.

 

Hier mal der Anteil an Windenergie von 1991-heute:

Windenergygermany - Windenergie in Deutschland – Wikipedia


Bearbeitet von Mammut, 13 Januar 2025 - 22:03.


#2587 Fermentarius

Fermentarius

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Geschrieben 13 Januar 2025 - 22:10

Da möchte ich was zu anmerken: 

Billiger ist der Atomstrom prinzipiell nicht. Auch die Atommeiler hätte man irgendwann erneuern müssen. Ich weiß also nicht wo das nach deiner Rechnung dadurch teurer wird. Die Ausgleichskosten die du ansprichst, sind zwei Jahre in Folge gesunken. 

Generell macht z.B. Windstrom die Energieerzeugung günstig, weil sie für ein hohes Angebot sorgt. 

 

Michael, die Berechnungen der Kosten über den notwendigen Netzausbau (650 Milliarden) und des Baus von Wasserstoffkraftwerken, von Elektrolyseuren und Wasserstoffspeichern sind nicht von mir, ich gebe sie hier nur wieder. Sie summieren sich auf mindestens 800 Milliarden in den nächsten zwanzig Jahren. Und wie schon geschrieben: Es gibt weder die Technologie für die Kraftwerke noch für Elektrolyseure in der passenden Größenordnung. Dass die Netzanpassungskosten in den letzten beiden Jahren gesunken sind, fällt dabei kaum ins Gewicht. Unsere gesamte Wirtschaft baut darauf auf, dass Energie einigermaßen billig, zumindest aber zu international vergleichbaren Kosten, verfügbar ist. Und das sehe ich im Moment nicht.

Damit wir uns nicht missverstehen: An der Notwendigkeit, die Energieerzeugung CO2-frei zu gestalten, habe ich keinen Zweifel. Die Geschwindigkeit des Klimawandels wird sträflich unterschätzt. Deutschland, Europa und die Welt müssen sehr viel mehr tun, um sich auf die garantiert eintretenden Folgen vorzubereiten.

 

 

 



#2588 rostig

rostig

    Temponaut

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Geschrieben 14 Januar 2025 - 08:38

Strom ist in Deutschland so teuer, weil der Preis nach dem Merit-Order-Prinzip berechnet wird. Weil derzeit Gas vergleichsweise teuer ist, ist Strom aus Gaskraftwerken gerade die teuerste Strom-Art. Das "Merit-Order-Prinzip" legt in diesem Zusammenhang fest, dass für jede Art der Stromerzeugung der Preis der derzeit teuersten Produktionsart verlangt wird. Das bedeutet, dass auch für Strom aus günstigeren Kraftwerken wie Kohle-, Atom- sowie Wind-, Sonnen- und Wasserkraftwerken derzeit der Kilowattstundenpreis von Strom aus Gaskraftwerken berechnet werden muss.



#2589 Fermentarius

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Geschrieben 14 Januar 2025 - 10:11

Strom ist in Deutschland so teuer, weil der Preis nach dem Merit-Order-Prinzip berechnet wird. Weil derzeit Gas vergleichsweise teuer ist, ist Strom aus Gaskraftwerken gerade die teuerste Strom-Art. Das "Merit-Order-Prinzip" legt in diesem Zusammenhang fest, dass für jede Art der Stromerzeugung der Preis der derzeit teuersten Produktionsart verlangt wird. Das bedeutet, dass auch für Strom aus günstigeren Kraftwerken wie Kohle-, Atom- sowie Wind-, Sonnen- und Wasserkraftwerken derzeit der Kilowattstundenpreis von Strom aus Gaskraftwerken berechnet werden muss.

Das Merit-Order-Prinzip trägt sicher einen Teil zum hohen Strompreis bei. Es wurde damals eingeführt, um den Strompreis zu senken, und das hat auch gut funktioniert. Wer billig anbietet, soll dafür belohnt werden, indem er mehr verdient. Wer gleich zu teuer anbietet, kommt mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht zum Zuge und verdient nichts. Damit ist ein Anreiz geschaffen, billig anzubieten. Wenn jeder nur den Preis bekommt, zu dem er den Strom anbietet, wird er teuer kalkulieren, damit er in jedem Fall Geld verdient. Das Merit-Order-Prinzip setzt natürlich voraus, dass es stets genügend Anbieter gibt. Wenn auch der Letzte mit seinem dann sehr hohen Preis noch zum Zuge kommt, geht der Gesamtpreis gewaltig in die Höhe und die Erzeuger von billigem Strom machen übermäßige Gewinne.

 

Das Merit-Order-Verfahren hat aber nur einen begrenzten Einfluss, weil sich die Stromverkäufer (Stadtwerke, Stromhändler) mit Langzeitverträgen bei den Erzeugern für rund 80% des erwarteten Verbrauchs eindecken. Und diese Preise sind relativ günstig. Dann gibt es den Day-Ahead-Handel und den Spotmarkt. Hier sieht man dann die zum Teil gewaltigen Preisausschläge. Aber die machen eben nur einen geringen Teil des Stromhandels aus und wirken sich im Endeffekt kaum auf den Preis aus. Der Markt ist übrigens grenzüberschreitend. Wenn also z. B. die französischen Kernkraftwerke billiger anbieten, gehen die Gaskraftwerke leer aus. Und Gas ist auch im Moment nicht mehr so teuer wie noch ab Mitte 2021 (nur zur Erinnerung: Russland hatte das Gas schon vor Angriff auf die Ukraine verknappt und verteuert).

 

Hier noch einige Links dazu:

Gute Erklärung des Systems vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V.

Die Energy-Charts mit stundengenauen Informationen über Verbrauch, Herkunft des Stroms und Strompreise, betrieben vom Fraunhofer-Institut für solare Energiesysteme (ISE)



#2590 Mammut

Mammut

    DerErnstFall Michael Schmidt

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Geschrieben 14 Januar 2025 - 11:09

Michael, die Berechnungen der Kosten über den notwendigen Netzausbau (650 Milliarden) und des Baus von Wasserstoffkraftwerken, von Elektrolyseuren und Wasserstoffspeichern sind nicht von mir, ich gebe sie hier nur wieder. Sie summieren sich auf mindestens 800 Milliarden in den nächsten zwanzig Jahren. Und wie schon geschrieben: Es gibt weder die Technologie für die Kraftwerke noch für Elektrolyseure in der passenden Größenordnung. Dass die Netzanpassungskosten in den letzten beiden Jahren gesunken sind, fällt dabei kaum ins Gewicht. Unsere gesamte Wirtschaft baut darauf auf, dass Energie einigermaßen billig, zumindest aber zu international vergleichbaren Kosten, verfügbar ist. Und das sehe ich im Moment nicht.

Damit wir uns nicht missverstehen: An der Notwendigkeit, die Energieerzeugung CO2-frei zu gestalten, habe ich keinen Zweifel. Die Geschwindigkeit des Klimawandels wird sträflich unterschätzt. Deutschland, Europa und die Welt müssen sehr viel mehr tun, um sich auf die garantiert eintretenden Folgen vorzubereiten.

 

Was bei deiner Aussage fehlt: Auch ohne den Wandel würde es viel Geld kosten. Neue Kraftwerke und Stromtrassen kosten in egal welchem Fall Geld. Die Misere, in der sich Deutschland befindet, ist ja darin begründet, nicht in den Wandel investiert zu haben sondern vom Ist-Zustand zu leben (und den zu verwalten) und dazu ein wenig überstürzt zu reagieren (beschleunigter Atomausstieg z.B.).

Mal sehen ob die Energiekosten mittel- bis langfristig hoch sind oder nicht. 



#2591 Fermentarius

Fermentarius

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Geschrieben 14 Januar 2025 - 21:48

Was bei deiner Aussage fehlt: Auch ohne den Wandel würde es viel Geld kosten. Neue Kraftwerke und Stromtrassen kosten in egal welchem Fall Geld. Die Misere, in der sich Deutschland befindet, ist ja darin begründet, nicht in den Wandel investiert zu haben sondern vom Ist-Zustand zu leben (und den zu verwalten) und dazu ein wenig überstürzt zu reagieren (beschleunigter Atomausstieg z.B.).

Mal sehen ob die Energiekosten mittel- bis langfristig hoch sind oder nicht. 

Michael, es sieht nicht so aus, als ob wir uns da einigen können. Ich halte den jetzigen Weg für falsch. Wenn der eingeschlagene Pfad zu teuer wird, verlangsamt sich die Energiewende immer weiter, weil schlicht das Geld fehlt, um beispielsweise die Hochspannungsleitungen oder die Wasserstoffkraftwerke zu bauen. Aus meiner Sicht wäre das fatal.

Es gäbe genug andere Möglichkeiten. Z. B. könnte man die Stromspeicher sehr stark ausbauen. Eine große Ausschreibung in China im letzten Jahr führte zu Angeboten von 60 bis 82 US$ pro Kilowattstunde bei Lithiumspeichern. Das ist schon günstig und könnte mit den bereits jetzt erhältlichen Na-Akkus nochmal günstiger werden. Es würde sich dann anbieten, den sehr teuren Bau von Hochspannungsleitungen deutlich zurückzufahren. Wenn man den Strom lokal oder regional speichern kann, und sei es nur für wenige Stunden oder Tage, muss man ihn nicht gleich abtransportieren. Mit tiefer Geothermie ließe sich viel Strom für Wärmepumpen sparen, was wiederum zu geringerer Nachfrage führt, usw.

Wir haben in Deutschland die höchsten Stromkosten der EU, und da fällt es mir einfach schwer zu glauben, dass die Politik hier den optimalen Weg eingeschlagen hat.

Zum Thema künftige Energiekosten: Eine aktuelle Studie aus der Universität Erlangen-Nürnberg stimmt mich nicht sehr optimistisch.



#2592 Naut

Naut

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Geschrieben 14 Januar 2025 - 23:44

Ist ja nicht so als würde niemand Batteriespeicher planen:
https://www.ingenieu...egrossspeicher/

Okay, besser wäre es natürlich, wenn die dann auch tatsächlich gebaut würden.
Liest gerade: Zafón - Der dunkle Wächter

#2593 Christian Hornstein

Christian Hornstein

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Geschrieben 17 Januar 2025 - 13:29

Zum Thema künftige Energiekosten: Eine aktuelle Studie aus der Universität Erlangen-Nürnberg stimmt mich nicht sehr optimistisch.

 

In der Studie geht es um Near-Future. Dass Strom da nicht so billig wie in der Vergangenheit sein kann, liegt doch auf der Hand. In der Studie sind die Kostentreiber der Ausstieg aus der Kernenergie, der Erdgaspreis, die steigende Stromnachfrage und der steigende Preis für CO2-Zertifikate. Den Preis senken tun der Anstieg der erneuerbaren Energien, vor allem durch intermittierende Wind- und Sonnenenergie, und die geringeren Nettoexporte.

 

Es ist doch klar, dass fossile Energieträger teurer werden, vor allem wenn man die Umweltkosten (CO2-Zertifikate) einrechnet, was man ja früher nicht getan hat. Dass Stromsparen hilft, ist auch keine Überraschung. Und die Kernenergie wieder einzuführen ist solange unsinnig, wie es um Kraftwerke geht, die hochgiftigen Müll produzieren, für den es keine verantwortliche Lösung gibt. Das ist Near-Future.

 

In the long run würde der Strompreis wieder günstiger, wenn man die Erneuerbaren ausgebaut und vernünftige Speicherlösungen hätte, fossile Träger wie Erdgas nicht mehr nutzen würde, effizientere Stromnutzungssysteme vorlägen und vielleicht - aber nur vielleicht - wirklich nachhaltige Kern- oder Fusionskraftwerke im Einsatz wären.



#2594 Fermentarius

Fermentarius

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Geschrieben 17 Januar 2025 - 16:19

In der Studie geht es um Near-Future. Dass Strom da nicht so billig wie in der Vergangenheit sein kann, liegt doch auf der Hand. In der Studie sind die Kostentreiber der Ausstieg aus der Kernenergie, der Erdgaspreis, die steigende Stromnachfrage und der steigende Preis für CO2-Zertifikate. Den Preis senken tun der Anstieg der erneuerbaren Energien, vor allem durch intermittierende Wind- und Sonnenenergie, und die geringeren Nettoexporte.

Die Studie aus Erlangen kalkuliert die Strompreise bis 2030. Wenn man noch weiter in die Zukunft sehen will, wird die Aussicht sehr unscharf. Ich habe einige Studien angesehen, aber daraus lässt sich nicht viel entnehmen. Sie divergieren gewaltig und spiegeln oft genug mehr die Erwartungen der Autoren oder Auftraggeber wider als tatsächliche Aussichten. Es bleibt in jedem Fall das Problem, dass Deutschland den teuersten Strom in der EU hat. Deshalb fällt es mir schwer zu glauben, dass die Politik bisher alles richtig gemacht hat. Und es sollte doch auch möglich sein, in den nächsten fünf Jahren wenigsten auf den durchschnittlichen EU-Preis zu kommen.


Bearbeitet von Fermentarius, 17 Januar 2025 - 16:19.


#2595 George Nelson

George Nelson

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Geschrieben 17 Januar 2025 - 16:51

Es bleibt in jedem Fall das Problem, dass Deutschland den teuersten Strom in der EU hat. Deshalb fällt es mir schwer zu glauben, dass die Politik bisher alles richtig gemacht hat. Und es sollte doch auch möglich sein, in den nächsten fünf Jahren wenigsten auf den durchschnittlichen EU-Preis zu kommen.

 

Soweit ich weiß, sind die Stromgestehungskosten ähnlich. In Deutschland wird aber Geld mit Strom verdient. Schau dir nur mal an, wieviele Milliarden in der Vergangenheit von den Versorgern an Dividenden ausgezahlt wurden. Von den Steuern ganz zu schweigen. Mit einem Wort: Der Strompreis ist in Deutschland für den normalen Verbraucher absichtlich hoch. Immerhin ist das Netz dafür recht zuverlässig, während andere Länder auf Verschleiß fahren.

 

Wenn der Strompreis für alle hoch wäre, dann gäbe es keine Aluminiumherstellung in Deutschland. Das ist wohl auch ziemlich unsinnig. Aber sobald jemand mit Arbeitsplatzabwanderung droht, macht die Politik alles möglich.

 

Die kleinen Leute werden dagegen wie die Zitronen ausgepresst.

 

Dahinter steckt offenbar die Idee, dass man die Reichen nur ordentlich reich machen muss, dann verschwinden alle Probleme von ganz allein. Woher kommt diese Idee bloß?


Bearbeitet von George Nelson, 17 Januar 2025 - 16:51.


#2596 Peter-in-Space

Peter-in-Space

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Geschrieben 17 Januar 2025 - 19:10

In der Studie geht es um Near-Future. Dass Strom da nicht so billig wie in der Vergangenheit sein kann, liegt doch auf der Hand. In der Studie sind die Kostentreiber der Ausstieg aus der Kernenergie, der Erdgaspreis, die steigende Stromnachfrage und der steigende Preis für CO2-Zertifikate. Den Preis senken tun der Anstieg der erneuerbaren Energien, vor allem durch intermittierende Wind- und Sonnenenergie, und die geringeren Nettoexporte.

 

Es ist doch klar, dass fossile Energieträger teurer werden, vor allem wenn man die Umweltkosten (CO2-Zertifikate) einrechnet, was man ja früher nicht getan hat. Dass Stromsparen hilft, ist auch keine Überraschung. Und die Kernenergie wieder einzuführen ist solange unsinnig, wie es um Kraftwerke geht, die hochgiftigen Müll produzieren, für den es keine verantwortliche Lösung gibt. Das ist Near-Future.

 

In the long run würde der Strompreis wieder günstiger, wenn man die Erneuerbaren ausgebaut und vernünftige Speicherlösungen hätte, fossile Träger wie Erdgas nicht mehr nutzen würde, effizientere Stromnutzungssysteme vorlägen und vielleicht - aber nur vielleicht - wirklich nachhaltige Kern- oder Fusionskraftwerke im Einsatz wären.

Die Abnehmerpreise vor allem von fossil produziertem Strom waren künstlich  gekappt, seit Adenauers Zeiten.

 

Mit Deinem letzten Satz hast Du ab mal so was von Recht, das ist ja schon bedenklich! :lol: :lol:

 

in blau:

Soweit ich weiß, sind die Stromgestehungskosten ähnlich. Im großen und Ganzen ja, wenn man den Strommix mal außer Acht lässt. Belgien beipielsweise hat viel mehr Atomstrom, als es die BRD jemals hatte.

 

In Deutschland wird aber Geld mit Strom verdient. Ja. Wir exportieren auch jede Menge Strom.

 

Schau dir nur mal an, wieviele Milliarden in der Vergangenheit von den Versorgern an Dividenden ausgezahlt wurden. In Ordnung.

Von den Steuern ganz zu schweigen. Zeige mir ein Energieunternehmen, das Steuern gezahlt hat. Viel Spaß bei der Suche, Erfolg wirst Du keinen haben.

 

Mit einem Wort: Der Strompreis ist in Deutschland für den normalen Verbraucher absichtlich hoch. Schwurbel, die hohen Gewinne liegen nur zum Teil in den hohen Preisen.

Immerhin ist das Netz dafür recht zuverlässig, während andere Länder auf Verschleiß fahren. Ja. Siehe Belgien: Tihange ist immer noch am Netz.

 

Wenn der Strompreis für alle hoch wäre, dann gäbe es keine Aluminiumherstellung in Deutschland. Das ist wohl auch ziemlich unsinnig. Aber sobald jemand mit Arbeitsplatzabwanderung droht, macht die Politik alles möglich. Na ja, was das verursacht,haben wir schon erlebt *hust*NsDAP*hust*

 

Die kleinen Leute werden dagegen wie die Zitronen ausgepresst. Uff...

 

Dahinter steckt offenbar die Idee, dass man die Reichen nur ordentlich reich machen muss, dann verschwinden alle Probleme von ganz allein. Woher kommt diese Idee bloß? Hm, mal überlegen ... Neoliberalismus, Neokonservatismus, Faschismus. Für alle diese Richtungen existieren Parteien in Deutschland, die sich auch sehr prominent zur Wahl stellen. Sie alle stellen sie gegen die positive Entwicklung des kleinen Mannes.


Wenn es eine Krisensituation gibt, sucht der intelligente Mensch nach einer Lösung,

der dumme Mensch nach Schuldigen.

(Verfasser unbekannt)

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#2597 Christian Hornstein

Christian Hornstein

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Geschrieben 18 Januar 2025 - 09:26

@Fermentarius

Der besonders hohe Strompreis in Deutschland kommt durch mehrere Faktoren zustande:

Ausstieg aus der Kernkraft
War dies ein Fehler? Nein, wenn wir unserer Verantwortung für künftige Generationen (Klima, Atommüll) gerecht werden wollen, weil die Beibehaltung oder gar der Ausbau von Kernkraft durch seine Grundlast den Ausbau erneuerbarer Energie behindert hätte, ohne den Kosten langfristig nicht gesenkt werden können. Günstiger Strom aus Atomkraftwerken war schon immer eine Mogelpackung. Die Kosten für die Endlagerung des Mülls tragen wird vor allem indirekt über die Steuern, die wir zahlen.

Abhängigkeit vom Erdgas
Kann man das ändern? Ja, indem europaweit erneuerbare Energieträger genutzt und mit deren Energie gehandelt wird. Das läuft seit einigen Jahren schleppend an und wird möglicherweise durch den Rechtsruck in Europa weiter behindert werden.

Hohe Netzentgelte (einer der Hauptfaktoren)
Sie dienen dem Bau und der Instandhaltung der Stromnetze und sind daher unverzichtbar, wenn man ein stabiles Netz haben möchte und nicht marode Verhältnisse wie im ÖPNV. Die Energiewende trägt hier zu erheblichen Mehrkosten bei, weil dieser Umbau jahrzehntelang versäumt wurde und nun innerhalb sehr kurzer Zeit nachgeholt werden muss, wenn man auf erneuerbare Energien umstellen will.

Merit-Order-Prinzip
Wenn Energie benötigt wird, bezieht man zunächst aus den kostengünstigeren Quellen. Wenn das nicht reicht, kommen die nächstgünstigeren dran. Am Ende jedoch bestimmen nicht die Einzelpreise die Gesamtkosten, sondern die gesamte bezogene Energie muss zum Preis der teuersten Quelle bezahlt werden. Das ist das Erdgas. Klingt unsinnig, hat aber den Effekt, dass aufgrund der höheren Nachfrage nach den günstigeren Quellen (die Erneuerbaren) und dadurch, dass diese ihren Strom zum Bestpreis verkaufen können, erneuerbare Energiequellen schneller ausgebaut werden, so dass diese irgendwann dominieren und die Gesamtkosten sinken.

Spekulation und andere unnötige Kostentreiber
Hier kann es helfen, die Konkurrenz zu beleben und öfter den Anbieter zu wechseln, den Markt transparenter zu machen und bei Missbräuchen, die der Gesellschaft schaden, einzuschreiten.

Steigender Konsum erhöht natürlich auch die Kosten. Ihm kann durch Einsparungen (unbeliebt, weil es nach Verzicht klingt) und durch effizientere Nutzung entgegengewirkt werden.

 

Siehe z.B. https://www.wattline...strom-so-teuer/

Selbst wenn die Nutzung erneuerbarer Energiequellen langfristig teurer wäre als die Nutzung herkömmlicher Atomkraft und fossiler Energieträger (was nicht der Fall ist), gäbe es dazu keine Alternative, wenn wir nicht auf Kosten zukünftiger Generationen leben wollten.


Bearbeitet von Christian Hornstein, 18 Januar 2025 - 09:26.


#2598 Christian Hornstein

Christian Hornstein

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Geschrieben 18 Januar 2025 - 09:35

@Fermentarius

 

Was die Politik besser machen könnte
Sie könnte den Ausbau der Erneuerbaren beschleunigen und die Effizienz der Energienutzung unterstützen, z.B. durch gezieltere, effizientere Subventionen. Sie könnte auch eine Vereinheitlichung der Netzentgelte in Deutschland (damit lokal nicht zu hohe Kosten entstehen) umsetzen. Auch Steuern könnten überprüft werden, müssen aber natürlich zum Bedarf im Haushalt passen. Finanzielle Beteiligungen der Bürger vor Ort, z.B. an Stromtrassen, und die Verbesserung der lokalen Stromproduktion und ihr Handel (Was bekommen Bürger für ihren Strom? An wen dürfen sie verkaufen?) wären weitere Maßnahmen.

In Bezug auf Arbeitsplätze ist das Problem moralisch gesehen nicht die Energiewende, sondern dass andere Staaten weniger nachhaltig handeln als wir und dadurch Unternehmen, die es sich leisten können, dorthin migrieren, wo der Strom billiger ist, auch wenn dies die Interessen zukünftiger Generationen missachtet. Staaten, die verantwortungsvoll handeln, haben momentan einen Wettbewerbsnachteil gegenüber solchen, denen es hauptsächlich darum geht, jetzt einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen. Es ist in etwa so, wie wenn manche Eltern hungern, um ihre Kinder ernähren zu können, während andere Eltern sich auf Kosten ihrer Kinder stärken und uns dadurch bei der Jagd das Wild vor der Nase wegschnappen, so dass letztlich auch unsere Kinder hungern. Es ist ein Dilemma, das nur durch eine übergeordnete Instanz gelöst werden könnte, z.B. wenn die UNO die Macht hätte, weltweit Regeln zur Ernährung von Kindern (zur Nutzung von Energie) durchzusetzen, so dass für alle gleiche Bedingungen herrschen. Das gibt es aber leider nicht. Deshalb besteht momentan die Tendenz, in Kriege zu verfallen. Die Eltern fechten den Konflikt untereinander aus. Wir werden wahrscheinlich immer mehr Handelskriege und Kriege um Ressourcen bekommen. Die Intelligenz der Spezies Mensch reicht momentan global nicht aus, um zu erkennen, in welcher Dynamik wir stecken, und wie sie nachhaltig lösbar wäre. Stattdessen streben entscheidende Player für sich unmittelbare Vorteile an.



#2599 Mammut

Mammut

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Geschrieben 18 Januar 2025 - 09:59

Ein Ausschnitt der Parteitagsrede von AfD-Spitzenkandidatin Weidel schlägt hohe Wellen: Alle Windkraftwerke müssten weichen, wenn die Partei an die Regierung käme. Dabei irritiert nicht nur der harsche Tonfall der AfD-Chefin. Gegen den Plan sprechen erhebliche praktische Gründe.

Weidel-Vorstoß im Realitätscheck: "Windmühlen der Schande niederreißen" - eine gute Idee? - n-tv.de

 

Außerdem ist mittlerweile überall bekannt, dass Photovoltaik und Wind den günstigsten Strom produzieren. An die 4 bis 6 Cent pro Kilowattstunde für Windenergie an Land - Offshore-Wind ist ein wenig teurer - kommt keine fossile Energie heran. Atomkraft übrigens schon gar nicht, allein schon weil die Baukosten so exorbitant sind. Laut aktueller Berechnungen ist die Kilowattstunde Atomkraft viermal teurer als Wind.



#2600 George Nelson

George Nelson

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Geschrieben 18 Januar 2025 - 17:24

So setzt sich der Strompreis zusammen:

 

Im Jahr 2024 im Durchschnitt 41,59 Cent/kWh:

Beschaffung und Gewinn: 18,10 Cent.

Netzentgelt: 13,22 Cent.

Steuern und Abgaben: 10,27 Cent.

 

Im Jahr 2023 im Durchschnitt 45,19 Cent/kWh:

Beschaffung und Gewinn: 23,59 Cent.

Netzentgelt: 9,35 Cent.

Steuern und Abgaben: 12,25 Cent.

 

Neukunden zahlen unter 30 Cent pro kWh. Wenn man wirklich wollte, könnte man einen Preis unter 20 Cent/kWh erreichen.

 

 

Quellen:

https://www.bundesne...rife-table.html

https://www.zeit.de/...energien-ausbau



#2601 rostig

rostig

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Geschrieben 18 Januar 2025 - 18:02

Ob Weidel oder Trump - Fakten spielen keine Rolle, sind eher lästig. Es geht um Emotionen und insb. im Osten gärt der Unmut über die Verspargelung der Landschaft von der man lokal nicht profitiert. Auch unser Kanzler-in-spe Merz ist ja bereits auf diesen Zug aufgesprungen (wie auch auf den Zug Migration und etliche andere alternative Züge).



#2602 Christian Hornstein

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Geschrieben 19 Januar 2025 - 11:08

@Mammut

Ja, Erneuerbare sind immer günstiger, wenn man alle entstehenden Kosten einpreist, doch leider ist genau das momentan noch nicht der Fall. Wenn weltweit alle Volkswirtschaften in ihren Produkten ernst zu nehmende CO2-Zertifikate und alle AKW-Kosten einpreisen würden, wäre die Menschheit längst mitten in einer beherzten Energiewende.

 

@Mammut, rostig

Ja, es geht immer weniger um fundierte Argumente. Das sieht man daran, dass die Behauptungen zunehmend abstruser werden. Wer ein bisschen in der Gesellschaft Bescheid weiß und sich nicht blenden lässt, erkennt das sofort. Reden wie die Genannte finden in einem Kontext der Zustimmung statt und weiten das Sagbare aus, indem Befindlichkeiten und Absichten, die man sich bislang eher intern anvertraut und die in den Herzen still gebrodelt haben, laut ausformuliert werden. Es sind Reden wie die mitreißenden Appelle charismatischer Heerführer.

 

Remigration ist z.B. ein Begriff aus der Wissenschaft, wo er sachlich die nach langem Auslandsaufenthalt stattfindende weitere Migration in andere Länder oder Rückkehr von Migranten bezeichnet. Dieser Begriff wurde bereits im letzten Jahrhundert von politisch aktiven Menschen verwendet, die ein starkes Unbehagen gegenüber Einwanderung besaßen. Irgendwann wurde er auch verwendet, um Massenausweisungen zu bezeichnen, was durch die bewusste Distanzierung euphemistisch war.

 

Meines Wissens war es erstmalig die Identitäre Bewegung, im weiteren Verlauf besonders prominent Martin Sellner, die diesen Euphemismus als politisches Schlagwort einführten. Alice Weidel hat ihn bewusst und trotzig in der Rede proklamiert, als ginge es darum, sich nicht daran hindern zu lasssen, unverstellt etwas auszudrücken, das notwendig benannt werden müsse. Dieses Tun entspricht dem Lebensgefühl vieler Menschen, die Parteien wie die AfD wählen. Obwohl Remigration ursprünglich ein Abstraktum war, das Weiter- und Zurückreisen umfasste, gleich in welcher Form, ist das Wort in unserer Sprache mittlerweile zu einem Begriff geworden, dessen Bedeutung auf die Sonderfälle Rückkehr und Massenausweisung reduziert wurde (https://www.duden.de...ung/Remigration). Das ist nur ein Beispiel für einen Prozess, der schon viele Jahre fortschreitet, der die Bedeutung unserer Sprache und damit auch unser Denken in eine bestimmte Richtung lenkt. Wenn ein Wort auf eine bestimmte Bedeutung eingeengt wird, kann es irgendwann passieren, dass andere Bedeutungen und damit auch andere Denk- und Handlungsweisen, nicht mehr gedacht werden.

 

In Russland können wir momentan gut beobachten, wie Wortumdeutungen und Geschichtsrevisionismus sogar in die Schulen Einzug erhalten. Das Ganze fing vor vielen Jahren mit einer schleichenden Verrohung der Sprache an. Propaganda, das wissen wir spätestens seit dem Dritten Reich, ist nicht zuletzt ein sprachliches Phänomen.


Bearbeitet von Christian Hornstein, 19 Januar 2025 - 11:15.


#2603 Fermentarius

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Geschrieben 20 Januar 2025 - 18:39

@Fermentarius

 

Was die Politik besser machen könnte
Sie könnte den Ausbau der Erneuerbaren beschleunigen und die Effizienz der Energienutzung unterstützen, z.B. durch gezieltere, effizientere Subventionen. Sie könnte auch eine Vereinheitlichung der Netzentgelte in Deutschland (damit lokal nicht zu hohe Kosten entstehen) umsetzen. Auch Steuern könnten überprüft werden, müssen aber natürlich zum Bedarf im Haushalt passen. Finanzielle Beteiligungen der Bürger vor Ort, z.B. an Stromtrassen, und die Verbesserung der lokalen Stromproduktion und ihr Handel (Was bekommen Bürger für ihren Strom? An wen dürfen sie verkaufen?) wären weitere Maßnahmen.

Christian, vielen Dank für die ganzen ausführlichen Antworten. Ich finde es super, dass du dir die Mühe gemacht, das alles so genau auseinander zu nehmen. Subventionen halte ich eigentlich nie für eine gute Idee. Letztlich kann der Staat nur geben, was er vorher eingenommen hat, also zahlen es doch wieder die Steuerzahler. Wir haben lediglich einen Umverteilungseffekt, das heißt, es zahlen andere. Wenn also der Strompreis für die Industrie subventioniert wird, dann zahlen Privatleute für die Industrie Teile des Strompreises. Besser wäre es sicherlich, Zuschüsse für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zu geben, die zu mehr Effizienz und zu günstigerer Stromerzeugung führen. Finanzielle Beteiligung der Bürger vor Ort soll die Akzeptanz verbessern, aber die ist eigentlich im Moment nicht mehr das Problem. 

Es gibt wohl ein aktuelles Gutachten von der Unternehmensberatung McKinsey, in dem es darum geht, wie die Energiewende deutlich preiswerter umgesetzt werden kann. 240 Milliarden könnten wir demnach einsparen, was schon eine beträchtliche Summe wäre.

Ich selbst würde mehr auf Stromspeicher setzen. Die Preise für Lithium-Akkus sind inzwischen so niedrig, dass die Speicher sich auch finanziell lohnen. Außerdem geben die Akkus rund 90 % des eingespeicherten Stroms wieder her. Man könnte also den Strom zu lastarmen Zeiten von einem Speicher in den anderen transportieren und würde damit die Notwendigkeit für neue Stromleitungen verringern. Wasserstoffkraftwerke erscheinen mir im Moment als die schlechteste, weil teuerste und nicht erprobte Lösung.


Bearbeitet von Fermentarius, 20 Januar 2025 - 18:46.


#2604 Fermentarius

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Geschrieben 21 Januar 2025 - 15:59

Ob Weidel oder Trump - Fakten spielen keine Rolle, sind eher lästig. Es geht um Emotionen und insb. im Osten gärt der Unmut über die Verspargelung der Landschaft von der man lokal nicht profitiert. Auch unser Kanzler-in-spe Merz ist ja bereits auf diesen Zug aufgesprungen (wie auch auf den Zug Migration und etliche andere alternative Züge).

Emotionen spielen eine entscheidend wichtige Rolle, und die Politik muss das berücksichtigen, wenn sie Erfolg haben will. Fakten sind kompliziert, und nur die wenigsten machen sich die Mühe, alles nachzulesen. Gestern Vormittag habeich  angesichts der drohenden Amtseinführung von Donald Trump und der bevorstehenden Bundestagswahl einen Blogpost dazu geschrieben. Schon die klassische Athener Demokratie ist mehrfach auf Populisten hereingefallen, und seitdem haben sich die Menschen offenbar kaum geändert.


Bearbeitet von Fermentarius, 21 Januar 2025 - 16:00.


#2605 Christian Hornstein

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Geschrieben 21 Januar 2025 - 23:08

@Fermentarius

Vielen Dank für Dein Lob. Habe ich gerne getan.

Subventionen halte ich für sinnvoll dort, wo die Gemeinschaft entsprechend ihren Werten solidarisch sein sollte, wo systemrelevante Elemente bedroht sind und wo es darum geht, etwas anzuschieben, das ohne Unterstützung nicht schnell genug voran käme und mittelfristig der Allgemeinheit dient. Die Subventionen, die ich unter #2598 meinte, betrafen den Ausbau der Erneuerbaren und die Effizienz der Energienutzung. Da halte ich sie für sinnvoll.

 

Dein Blogpost ist gut recherchiert, auch wenn manche Zitate eher Paraphrasierungen sind. Ein großer Teil derjenigen, die Donald Trump gewählt haben, wussten, dass sie einen Autokraten wählen. Sie haben ihn trotzdem gewählt, weil sie dem Establishment nicht mehr vertraut haben, das sich um viele Bürgeri jahrzehntelang kaum gekümmert hat, und weil er ihnen weißgemacht hat, dass man nur durch einen Schlag mit der Axt etwas verändern könne. Und dann hat er ihnen seine Axt präsentiert. Er hat früh genug und eindeutig angekündigt, was er vorhat, und er hat heute begonnen es umzusetzen. Und jetzt schalte ich mal jeglichen Zweckoptimismus aus und folgere einmal kühl zu Ende, auf welche Rutsche sich die Welt gerade gesetzt hat.

 

Wenn Donald Trump in dem Tempo weitermacht und die Checks and Balances versagen, was aufgrund der geschaffenen Konstellation dieses Mal nicht ausgeschlossen werden kann, dann werden vier Jahre reichen, um eine nordamerikanische Diktatur zu erschaffen und möglicherweise einen Bürgerkrieg zu entfachen. Wird die Ukraine nicht effektiver militärisch unterstützt, wird sie den Krieg verlieren, weil ihre Humanressourcen bald zusammenbrechen. Sollten die USA dann noch aus der NATO austreten oder es auch nur hinnehmen, falls ein NATO-Mitglied von Russland offen angegriffen wird, könnte es hierzulande recht ungemütlich werden, denn Russland rüstet gerade exponentiell auf, dermaßen, dass es in wenigen Jahren auch Europa gefährlich werden könnte, falls dort nicht ebenfalls bald massiv aufgerüstet wird. Aber auch das würde Europa nicht viel nützen, sollte Donald Trump seine Differenzen mit China und Russland beilegen. Dann könnte nur noch Verbrüderung helfen, sprich, rechtsextreme Regierungen europaweit, ein Weg, den Europa ja bereits beschreitet. Leider neigen nationalistisch-faschistische Systeme zum Imperialismus, das heißt, es könnte auch darin enden, dass sich alle gegenseitig atomar die Köpfe einschlagen. Sollten sie zumindest diesen Fehler vermeiden, wird es dennoch wenig lustig sein, in diesen Systemen zu leben.

 

Zweckoptimismus wieder an: Wir können nicht in die Zukunft sehen. Vielleicht halten die Checks and Balances doch irgendwie durch ein Wunder. Vielleicht kann Europa Donald Trump einen Deal anbieten, der interessanter ist als alle Deals seiner Kumpels in China, Russland und Nord-Korea. Vielleicht besinnen sich die Trump-Wähleri und machen dem Irrsinn ein Ende. Vielleicht ... nur eines werden wir auf der aktuellen Rutsche mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr kriegen, nämlich die Klimakurve.


Bearbeitet von Christian Hornstein, 21 Januar 2025 - 23:17.


#2606 yiyippeeyippeeyay

yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 22 Januar 2025 - 01:06

(Das Folgende: :ottongue: )

 

Wow! Was für düstere und ausweglose Sichten auf die Zukunft. (Wenn ich mir des Vorposters letzten 10 Sätze durchsehe...) Ich bin einfach froh dass ich ähnlich ausweglos erscheinende Visionen/Gefühle schon einmal durchmachte - in den Mitt-80ern kurz vor Tschernobyl, als übrigens die damaligen Klimatologen eine schnell näher kommende Eiszeit voraussagten!! - und daher weiß wie schnell sich so etwas in heiße Luft auflösen kann (und die Fehl-Szenarien aktiv verdrängt werden), wenn dann auf einmal andere Entwicklungen, systemische oder menschen-geschaffte, über kurz oder lang stattfinden...

 

Zu den höllischeren politischen/"atomaren" Optionen, darf ich aus meiner Sicht erwähnen, dass sich der verfassungs-umschiffende Trumpismus in den USA, wie auch der ökonomisch eher katastrophale Brexit in Großbritannien, zunehmend als Goldesel-Machenschaften für - & durch - Superreiche heraus zu stellen scheinen, und dass diese wohl kaum alle a.s.a.p. zum Mars umziehen wollen. Auch weil sie oft Kinder haben. Ich denke also diese hyper-egoistischen Oligarchen werden sich mittelfristig um friedliche Abläufe bemühen; davon abgesehen ist es schon m.E. die Aufgabe moderner Demokratien sich gegen diese Bond-Bösewicht-Milliardärs-Clubs zu schützen bzw. sie wehrhaft einzuschränken, denn "sozial" ist eine oligarchisch-globalisierte Marktwirtschaft eher nie. Vielleicht ist das ja der Grund warum letztendlich im ST-Universum das Geld abgeschafft werden musste? Um diese manipulativen/faschistoiden Hohlköpf€ los zu werden... :ufo:

 

P.S.: Wobei ich den Nutzen von Geld und, ja auch, teils, Kapitalismus durchaus sehe. Ich lese gerade Reichs Supercapitalism von vor 15 Jahren, und kann es empfehlen!


Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 22 Januar 2025 - 02:20.

/KB

Yay! KI-generiertes SF-Zitat Ende November...
"In the sprawling city forums of the galaxy, where chaos reigns and time flows differently, true power is found not in dominance, but in moderation. The wise use their influence to temper ambition with reason, and chaos with order."

(auf Bing.de generierter Monolog von der Copilot-S/W - die ich hiermit NICHT bewerbe! - nach Aufforderung nach einem "s.f. quote" mit einem bestimmten Wort darin; ich ersetzte nur das 4. Wort mit "city forums")


#2607 Fermentarius

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Geschrieben 22 Januar 2025 - 11:26

@Fermentarius


Dein Blogpost ist gut recherchiert, auch wenn manche Zitate eher Paraphrasierungen sind. Ein großer Teil derjenigen, die Donald Trump gewählt haben, wussten, dass sie einen Autokraten wählen. Sie haben ihn trotzdem gewählt, weil sie dem Establishment nicht mehr vertraut haben, das sich um viele Bürgeri jahrzehntelang kaum gekümmert hat, und weil er ihnen weißgemacht hat, dass man nur durch einen Schlag mit der Axt etwas verändern könne. Und dann hat er ihnen seine Axt präsentiert. Er hat früh genug und eindeutig angekündigt, was er vorhat, und er hat heute begonnen es umzusetzen. Und jetzt schalte ich mal jeglichen Zweckoptimismus aus und folgere einmal kühl zu Ende, auf welche Rutsche sich die Welt gerade gesetzt hat.

 

Wenn Donald Trump in dem Tempo weitermacht und die Checks and Balances versagen, was aufgrund der geschaffenen Konstellation dieses Mal nicht ausgeschlossen werden kann, dann werden vier Jahre reichen, um eine nordamerikanische Diktatur zu erschaffen und möglicherweise einen Bürgerkrieg zu entfachen. Wird die Ukraine nicht effektiver militärisch unterstützt, wird sie den Krieg verlieren, weil ihre Humanressourcen bald zusammenbrechen. Sollten die USA dann noch aus der NATO austreten oder es auch nur hinnehmen, falls ein NATO-Mitglied von Russland offen angegriffen wird, könnte es hierzulande recht ungemütlich werden, denn Russland rüstet gerade exponentiell auf, dermaßen, dass es in wenigen Jahren auch Europa gefährlich werden könnte, falls dort nicht ebenfalls bald massiv aufgerüstet wird. Aber auch das würde Europa nicht viel nützen, sollte Donald Trump seine Differenzen mit China und Russland beilegen. Dann könnte nur noch Verbrüderung helfen, sprich, rechtsextreme Regierungen europaweit, ein Weg, den Europa ja bereits beschreitet. Leider neigen nationalistisch-faschistische Systeme zum Imperialismus, das heißt, es könnte auch darin enden, dass sich alle gegenseitig atomar die Köpfe einschlagen. Sollten sie zumindest diesen Fehler vermeiden, wird es dennoch wenig lustig sein, in diesen Systemen zu leben.

Ich frage mich, wie Trumps Wähler seine chaotische Bilanz der ersten Amtszeit ausblenden können. Er hat kaum etwas erreicht, seine Zölle haben Schaden angerichtet, seine Berater mühsam das schlimmste Chaos verhindert. Wie immer man auch misst, seine Bilanz war bestenfalls durchwachsen, schlimmstenfalls miserabel. Trump ist ja nicht als vorher unbekannter Messias aufgetaucht, der fröhlich alles mögliche versprechen kann, weil seine IDeen nie beweisen musste. Im Grunde lässt sich sein Erfolg nicht rational erklären, sondern eben nur mit seiner Beherrschung der wichtigsten Medienkanäle (FOX, X usw.) und seiner ständigen realitätsfreien Propaganda. Wenn jetzt viele Kommentatoren hoffen, es werde nicht so schlimm, dann übersehen sie etwas entscheidendes: Trump lügt zwar täglich, aber nicht über seine Vorhaben, sondern nur über die Motive dafür. Das hätte eigentlich allen auffallen müssen und sollte uns eine Warnung sein.

 

 

Zu den höllischeren politischen/"atomaren" Optionen, darf ich aus meiner Sicht erwähnen, dass sich der verfassungs-umschiffende Trumpismus in den USA, wie auch der ökonomisch eher katastrophale Brexit in Großbritannien, zunehmend als Goldesel-Machenschaften für - & durch - Superreiche heraus zu stellen scheinen, und dass diese wohl kaum alle a.s.a.p. zum Mars umziehen wollen. Auch weil sie oft Kinder haben. Ich denke also diese hyper-egoistischen Oligarchen werden sich mittelfristig um friedliche Abläufe bemühen; davon abgesehen ist es schon m.E. die Aufgabe moderner Demokratien sich gegen diese Bond-Bösewicht-Milliardärs-Clubs zu schützen bzw. sie wehrhaft einzuschränken, denn "sozial" ist eine oligarchisch-globalisierte Marktwirtschaft eher nie. Vielleicht ist das ja der Grund warum letztendlich im ST-Universum das Geld abgeschafft werden musste? Um diese


P.S.: Wobei ich den Nutzen von Geld und, ja auch, teils, Kapitalismus durchaus sehe. Ich lese gerade Reichs Supercapitalism von vor 15 Jahren, und kann es empfehlen!

Die Oligarchen werden sich nicht um friedliche Abläufe bemühen, sie brauchen ungestörte Abläufe. Kriege sind unberechenbar und stören. Was auch stört, sind neugierige Journalisten, Umweltauflagen, hartnäckige Steuerbehörden, lokale Proteste oder Gewerkschaften. Wenn die Oligarchen das Sagen haben, soll die Wirtschaft ohne Restriktionen laufen, und die Bürger sollen gefälligst arbeiten. Alles weitere stört nur. Keine guten Aussichten.


Bearbeitet von Fermentarius, 22 Januar 2025 - 11:49.


#2608 George Nelson

George Nelson

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Geschrieben 22 Januar 2025 - 12:40

 - in den Mitt-80ern kurz vor Tschernobyl, als übrigens die damaligen Klimatologen eine schnell näher kommende Eiszeit voraussagten!! - und daher weiß wie schnell sich so etwas in heiße Luft auflösen kann (und die Fehl-Szenarien aktiv verdrängt werden), wenn dann auf einmal andere Entwicklungen, systemische oder menschen-geschaffte, über kurz oder lang stattfinden...

 

Ganz so einfach ist es nicht:

 

Eiszeit-Konsens der Siebziger ist ein Mythos

 

https://www.spiegel....s-a-537003.html


Bearbeitet von George Nelson, 22 Januar 2025 - 12:42.


#2609 Christian Hornstein

Christian Hornstein

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Geschrieben 22 Januar 2025 - 17:08

Ich frage mich, wie Trumps Wähler seine chaotische Bilanz der ersten Amtszeit ausblenden können.

 
Sie haben seit einigen Jahren Donald Trump und einigen anderen aus seinem Lager die Deutungshoheit überlassen. Mittlerweile wirkt es wie bedingungsloses Vertrauen, ähnlich wie in einer Sekte.

 

 

Kriege sind unberechenbar und stören.

 

Kriege wurden, soweit ich es erinnere, noch nie als Selbstzweck angestrebt, sondern als Mittel zum Zweck. Da die rücksichtslose Verfolgung eigener Interessen stets Konflikte generiert, die dann eben nicht friedlich beigelegt werden, kommt die Option Krieg öfter zum Zug. Viele denken, dass die Abschreckung schon dafür sorgen wird, dass die Konfrontation nicht atomar wird. Den kalten Krieg haben wir ja auch überstanden. Das stimmt, aber mit mehr Glück als Verstand. Wer weiß, wie die Logik von Eskalationen funktioniert, weiß auch, dass jeder Schritt nur davon abhängt, was man zu gewinnen und was man zu verlieren glaubt. Für manche Leute sieht die Abwägung der Güter ganz anders aus als für uns gewöhnliche Menschen. Seit Jahren werden gnadenlos viele Tausende junger Russen in der ukrainischen Kriegshölle verheizt als wären es wertlose Holzscheite. Eskalationen neigen auch dazu, eine Eigendynamik zu entwickeln, die zu kontrollieren Menschen oft nicht mehr imstande sind. Die aktuelle Aufrüstung ist dafür ein Beispiel. Unsere Hybris wurzelt auch in dem Aberglauben an unsere unbegrenzten Kontrollmöglichkeiten. Wenn ich sehe, wie Elon Musk gleich einem kleinen übermütigen Jungen vor der Menge ungelenk die Arme hochreißt und die Brust herausstreckt, um sich kurz darauf wieder einzurollen, erschreckt von der Kühnheit seiner eigenen gespielten Extraversion, dann könnte diese Hybris nicht besser zur Schau gestellt werden.
 


Bearbeitet von Christian Hornstein, 22 Januar 2025 - 17:10.


#2610 Fermentarius

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Geschrieben 22 Januar 2025 - 18:13

Kriege wurden, soweit ich es erinnere, noch nie als Selbstzweck angestrebt, sondern als Mittel zum Zweck. Da die rücksichtslose Verfolgung eigener Interessen stets Konflikte generiert, die dann eben nicht friedlich beigelegt werden, kommt die Option Krieg öfter zum Zug. Viele denken, dass die Abschreckung schon dafür sorgen wird, dass die Konfrontation nicht atomar wird. Den kalten Krieg haben wir ja auch überstanden. Das stimmt, aber mit mehr Glück als Verstand. Wer weiß, wie die Logik von Eskalationen funktioniert, weiß auch, dass jeder Schritt nur davon abhängt, was man zu gewinnen und was man zu verlieren glaubt. Für manche Leute sieht die Abwägung der Güter ganz anders aus als für uns gewöhnliche Menschen. Seit Jahren werden gnadenlos viele Tausende junger Russen in der ukrainischen Kriegshölle verheizt als wären es wertlose Holzscheite. Eskalationen neigen auch dazu, eine Eigendynamik zu entwickeln, die zu kontrollieren Menschen oft nicht mehr imstande sind. Die aktuelle Aufrüstung ist dafür ein Beispiel. Unsere Hybris wurzelt auch in dem Aberglauben an unsere unbegrenzten Kontrollmöglichkeiten. Wenn ich sehe, wie Elon Musk gleich einem kleinen übermütigen Jungen vor der Menge ungelenk die Arme hochreißt und die Brust herausstreckt, um sich kurz darauf wieder einzurollen, erschreckt von der Kühnheit seiner eigenen gespielten Extraversion, dann könnte diese Hybris nicht besser zur Schau gestellt werden.
 

Kriege gab es durchaus als Selbstzweck, und zwar immer dann, wenn eine Gesellschaft von einer Kriegerelite dominiert wurde. Ist aber heute eher selten. Nein, was ich meinte, war: für reiche Oligarchen ist ein Krieg eher störend, weil er eine völlig unberechenbare Eigendynamik entwickelt. Aktuelles Beispiel: Russland hatte im Februar 2022 angenommen, es könnte die Ukraine im Handstreich einnehmen, die Führung umbringen und ein Vasallenregime installieren. Das ist spektakulär misslungen. Der Krieg hat Russland inzwischen mehr als 500 Milliarden Euro gekostet (meine Schätzung würde eher bei 800 Milliarden liegen). Gazprom schreibt Verluste. Diverse Oligarchen, denen der Krieg zu teuer wurde, sind von ihrer Yacht oder aus einem Fenster gefallen. Wegen eben dieses unberechenbaren Risikos sind Oligarchen Kriegen gegenüber eher skeptisch gesonnen. das heißt aber nicht, dass sie friedlich sind, oder gar demokratisch. Sie möchten Geschäfte machen, und zwar ohne teure Nebenbedingungen. Korrupte Politiker sind aus dieser Sicht durchaus willkommen, Umweltauflagen eher nicht. Manipulierte Wahlen sind o.k., neugierige Journalisten dagegen werden bestochen oder bedroht. Aus meiner Sicht ist die USA auf dem Weg in ein solches Regime. Und es wird schwer werden, noch rechtzeitig die Notbremse zu ziehen.
 




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