Zum Inhalt wechseln


Foto

Besser kompliziert oder einfach genial?


  • Bitte melde dich an um zu Antworten
65 Antworten in diesem Thema

#31 molosovsky

molosovsky

    Phantastik-Fachdepp

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 2.172 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Ffm

Geschrieben 24 August 2007 - 15:02

Bereits als ich Schopenhauers Bemerkungen über Stilgecken verfasste, stand ich unter dem Eindruck, den deine Beiträge bei mir hinterlassen hatten.

Keine große Kunst einem Narr (denn ein bekennder solcher bin ich ja zumeist, wie Du durch das schon Kennen meiner schröcklichen Äußerungen weißt) zu sagen, dass er ein Narr ist. Ansonsten ehrt es mich, vom Verfasser der Schopenhauer'schen Bemerkungen gerügt zu werden. :)
Wie dem auch sei, R-Al(f)berich, ich will an dieser Stelle nicht mit einem derweil Profillosen streiten, sag lieber auch mein "Herzliches Willkommen im Forum" an dieser Stelle und schlag vor: wenn Du wirklich etwas mit Begründung über Schwubel- und Geckenliteratur mitzuteilen hast das über den Gemeinplatz "was man sagen kann, kann man klar sagen" hinausgeht, dann mach einen Thread dazu auf und zeig uns allen, wie wunderbar Du die des klaren Vermittelns unfähigen Fabulatunten zu sezieren, ihre Defekte zu analysieren in der Lage bist.
Glaub mir: nichts les ich lieber, als gut begründete ästheteische Urteile.
Ansonsten: lass uns unterscheiden zwischen ausführlichen Begründungen und flüchtiger Stammtischpolemik. Dass ich vorhin zweiteres ablieferte, ist mir selbst klar. Nu?
Grüße
Alex / molo

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.

Mehr Gesabbel von mir gibts in der molochronik

••• G+ ••• twitter ••• Goodreads ••• flickr ••• flattr •••


#32 Alberich

Alberich

    Limonaut

  • Mitglieder
  • PIP
  • 19 Beiträge
  • Geschlecht:männlich

Geschrieben 24 August 2007 - 15:31

Klare Kommunikation ist ja schön und gut, nur stellt sich doch die Frage, ob Literatur unbedingt in diesem engen Sinne "Kommunikation" sein muss. Wenn ein Buch nur die Verpackung für eine Botschaft ist, muss ich es nicht schreiben - dann kann ich auch direkt hinschreiben, was ich sagen will.

Ich habe schon Keyserling genannt. Wie ordnest du seine Schreibe ein? Verpackt er uns auch eine Botschaft, die wir nur enträtseln müssen? Natürlich muss Literatur nicht nur "Kommunikation" sein, aber auch. Sol Stein definiert den Unterschied zwischen Sachliteratur und fiktionaler Literatur. Demnach vermittelt Sachliteratur Informationen, fiktionale Literatur will Gefühle vermitteln. Welche Gefühle will mir eine Literatur, die ich nicht verstehe, aber vermitteln außer dem Ärger, dass ich sie nicht verstehe? Will das der Autor? Lehnt er sich in seinem Sessel zurück, wenn er sein Werk vollendet hat und denkt: "Nu assoziier ma schön!"?

Die Frage "Was will uns der Autor sagen?" dürfte im Endeffekt auf ein viktorianisches Literaturverständnis zurückgehen, nämlich: dass man aus Literatur etwas lernen soll, dass also das Material der Sprache selbst zweitrangig hinter einer Botschaft ist - gewissermaßen nur ein geeigneter Weg, den Massen bestimmte "Werte" beizubringen.

Das Material der Sprache steht hinter der Botschaft zurück, das sehe ich auch so.

Nicht, dass Autoren nicht genau das allzu oft versuchen würden. Deshalb gibt es ja neben all dem unerträglichen Zeug, bei dem sich gar nichts gedacht wird, auch einen Haufen unerträgliches Zeug, bei dem der Autor von Anfang an weiß, was er denkt, und es den Lesern aufs Brot schmieren muss.

Die Schreibe wird Unsinn, weil der Autor sich erklären muss?

Die narrative Form eignet sich aber doch gerade dazu, eben das auszuarbeiten, was im eigenen Kopf unklar und widersprüchlich ist - durch verschiedene Figurenperspektiven zum Beispiel, oder verschiedene Wirklichkeitsebenen. Wenn du so einen Autor fragen würdest, "Was hast du dir dabei gedacht", würde er doch wohl mit Recht die Schultern zucken und sagen: "Lies das Buch und schau, was du dir dabei denkst."

Umgekehrt. Gerade wenn er seine Gedanken formuliert, gerade wenn er die Situatioen aus der Sicht des Antagonisten, des Protagonisten und gar der Nebenfiguren formuliert, kann er mir seine Gedanken nennen. Wann denn sonst?

Das heißt nicht, dass man ein Buch nicht interpretieren kann. Aber wenn die Ergründung der Autorenintention zum Ziel gemacht wird, dann ist das nicht nur langweilich, weil solche Diskussionen zwangsläufig dogmatisch werden. Es geht auch in vielen Fällen an der sache vorbei, weil es vielleicht gar keine Botschaft im engeren Sinne gibt, sondern ein Werk, dass aus einem bestimmten Kontext heraus entstanden ist. Dieser Kontext ist historisch, hat durchaus mit dem Leben und den Ansichten des Autors zu tun, kann aber auch völlig legitim die Frage der Intention außer Acht lassen.

Meiner Ansicht nach halten inhaltsreiche Bücher nicht nur Fragen nach der Intention aus, sie werden noch interessanter, da ihre Größe nun materialisiert. Antworten führen nur zu neuen Fragen. Für inhaltsarme Bücher sind Fragen der Tod, wird doch nur ihre Armut offenbar.
Wie soll ich ein Buch, das nicht an seiner Information, aber auch nicht an seiner Botschaft gemessen werden will,
beurteilen? Was fange ich mit damit an, dass es mit dem historischen Kontext und den Ansichten des Autoren zu tun hat?

Natürlich kann ich Moby Dick zusammenfassen, indem ich behaupte, die Botschaft sei: "Rachsucht führt in den Untergang". Aber das ist doch nicht das interessante an dem Buch. Interessant sind die Abschweifungen, das spekulative, die unbeantwortete Frage nach der Endlichkeit natürlicher Ressourcen, die Exkurse über die Frage, warum die Farbe weiß besonders grauenerregend ist. Für die "Botschaft" ist das meiste davon völlig irrelevant, aber es macht Moby Dick zu einem unglaublich reichhaltigen Buch, dass sich bei jedem Lesen in eine neue Richtung öffnet.

Da folge ich dir doch zu 100%. Natürlich ist das Buch durch die offenen Fragen interessanter geworden. Das ist es aber nur dadurch geworden, weil sein Hauptstrang meine Aufmerksamkeit zum Zerreißen gespannt hat.

Das didaktische "Was will uns der Autor" sagen ist immer eine Schließung, die den Text mindert.

Wie schon oben gesagt: Ist der Text inhaltsreich, ist das eher eine Öffnung, nur undurchdachte Texte müssen Fragen nach dem Sinn fürchten.

Wenn schon Autorenbezug, dann plädiere ich doch eher für: "Was will uns der Autor (bewusst oder unbewusst) verschweigen?", das produziert nämlich zwangsläufig sehr viel mehr mögliche Antworten.

Willst du mich zu Tode erschrecken!!! Das würde jeden Schrott auf Weltniveau heben.

Nur zur Abklärung: Natürlich frage ich nicht jede Geschichte bis auf den letzten Buchstaben nach ihrem Sinn ab.
Natürlich kann auch Einiges offen oder zweideutig bleiben. Viele Geschichten lassen eine Menge zum Nachdenken über. Ich mag "Blade Runner" sehr.
Das bedeutet aber stets, dass ein Mindestmaß an Eindeutigkeit als Plattform dafür geschaffen wurde. Ist die Geschichte jedoch undeutlich oder mehr als zweideutig, verdächtige ich den Autoren, dass er nicht weiß, was er tut.
Das soll mir erst mal jemand widerlegen. Mit Gönnerhaftigkeit oder Arroganz hat dies nichts zu tun.

Gruß

#33 molosovsky

molosovsky

    Phantastik-Fachdepp

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 2.172 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Ffm

Geschrieben 24 August 2007 - 15:53

Alberich, mit diesem Beitrag, bei dem Du mehr zu Potte kommst, versöhnst Du mich und läßt mich ein wenig schämen über meine schnell dahin geschriebene Polemik. Da wo Du konkret wirst, sprich: Werke und Autoren nennst, stimme ich Dir allermeistens zu. Begene also meiner Spitze gegen einen von mir mindergeschätzten Autor wie Karl May also bitte mit Milde gegenüber meiner Person (und pack ruhig die Keule gegenüber meinen Argumeten aus). Deine Ambition kann ich ja teilen. Hier als Anregung zum Bedenken:

Jede Poetik, die von idealen Strukturen spricht und dabei die Besonderheiten der individuellen Werke ignorieren will, ist immer auch eine Theorie der Werke, die der Theoretiker als die besten beurteilt.

Es ist ein schöner Traum von einem Ideal den wir als Leser in der einen oder anderen Form alle träumen, wenn wir uns wünschen, es ließe sich endgültig klar definieren, was gute und schlechte, gehaltvolle von leerer Literatur trennt. Es ist sowohl Privileg wie auch die Achillesferse der erzählenden, fiktionellen Literaturen, die Freiheit (aus)nutzen zu können, wenn sie nicht nur klar und firm verständlich, sondern auch trübe und mehrdeutig über die Welt spricht. Gerade weil mich persönlich auch die zweitgenannten Möglichkeiten faszinieren und reizen, wäre ich der erste der jubelt, wenn man hierbei die löblichen Ambiguitäten und Vermessenheiten (eben z.B. eines Melville) klar scheiden könnte von, und damit zu verteidigen vermöchte gegen die ärgerlichen Hohlheiten von nichtssagenden Charadenwerken. Um ein Gegengift zu meiner Polemik anzubieten: laßt uns die gemeinsam geschätzen Werke loben und uns herzlich über die Zweifelsfälle streiten. Dafür ist Literatur da. Grüße Alex / molo

Bearbeitet von molosovsky, 24 August 2007 - 15:57.

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.

Mehr Gesabbel von mir gibts in der molochronik

••• G+ ••• twitter ••• Goodreads ••• flickr ••• flattr •••


#34 Jakob

Jakob

    Temponaut

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 1.979 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Berlin

Geschrieben 24 August 2007 - 16:03

Willst du mich zu Tode erschrecken!!! Das würde jeden Schrott auf Weltniveau heben.

Es geht mir überhaupt nicht um ein Qualitätsurteil, wenn ich sage, dass es z.B. interessant ist, was ein Text "verschweigt". es geht mir um mögliche interessante Deutungen, und um die Herangehensweise.

Um noch ein Beispiel zu nennen: Joseph Conrads "Heart of Darkness" ist einer meiner absoluten Lieblingstexte, unter anderem, weil ich denke, dass darin grundlegende Probleme der Moderne zum Ausdruck kommen: Unter anderem die grundlegende Empfindung, in einer "entfremdeten" Welt zu Leben, in der das Individuum "entleert" und austauschbar erscheint und in der die scheinbare Auflehung dagegen (Kurtz Primitivismus) in Wirklichkeit noch eine überzogene Form des Gehorsams darstellt. (Und nein, diesen Gedanken kann ich jetzt nicht mal schnell und einfach wirklich auf den Punkt bringen). Ich kann aber auch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermuten, dass das nicht Conrads "Botschaft" war. Es handelt sich um eine von vielen Erfahrungen, die mit dem Text in Verbindung stehen und in ihm zum Ausdruck kommen.
Um es noch weiter zu treiben: Ich denke, dass H.P. Lovecrafts "Shadow Over Innsmouth" eine ähnliche Erfahrung zum Ausdruck bringt. Deshalb stelle ich ihn literarisch aber nicht auf eine Stufe mit Conrad. Noch dazu kann ich mir bei Lovecraft ganz sicher sein, dass es sich nicht um seine bewusste Botschaft handelt: Viel mehr muss ich davon ausgehen, dass der Rassist Lovecraft einfach seiner Sorge um den Niedergang der "angelsächsischen Rasse" metaphorisch Ausdruck verleihen wollte.

Ob ein Buch gut ist, hängt dabei natürlich von dem Zusammenspiel unterschiedlichster Faktoren ab, aber das Vorhandensein einer gefälligen Botschaft, die sich auf den Sendungsdrang des Autoren zurückführen lässt, gehört für mich ganz sicher nicht dazu.

Ich behaupte übrigens auch nicht, dass Rigorisität und Sorgfält zwangsläufig schlechte Bücher produzieren, wie du mir jetzt schon zwei mal mit aus dem Kontext gerissenen Zitaten unterstellt hast. Was ich meine, ist, dass ich normalerweise (fiktive) Texte ablehnen, die mir eine Botschaft aufdrängen, weil das eben nichts als der Versuch ist, meine Interpretation im Vorhinein auf die Autorenintention festzulegen. Ein Autor, der das für nötig befindet, soll meines Erachtens Essays schreiben und die Finger von erzählenden Texten lassen. Aber das ist natürlich eher mein persönliches Dogma.
"If the ideology you read is invisible to you, it usually means that it’s your ideology, by and large."

R. Scott Bakker

"We have failed to uphold Brannigan's Law. However I did make it with a hot alien babe. And in the end, is that not what man has dreamt of since first he looked up at the stars?" - Zapp Brannigan in Futurama

Verlag das Beben
Otherland-Buchhandlung
Schlotzen & Kloben
Blog
  • (Buch) gerade am lesen:Zachary Jernigan, No Return/James Tiptree Jr., Zu einem Preis
  • (Buch) als nächstes geplant:Samuel R. Delany, Dunkle Reflexionen/Thomas Ziegler, Sardor - Der Flieger des Kaisers
  • • (Buch) Neuerwerbung: Julie Phillips, James Tiptree Jr. (Biographie)
  • • (Film) gerade gesehen: Oblivion
  • • (Film) als nächstes geplant: Star Trek Into Darkness
  • • (Film) Neuerwerbung: American Horror Story (Serie)

#35 simifilm

simifilm

    Cinematonaut

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 8.919 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Zürich

Geschrieben 24 August 2007 - 16:29

Wo ich überheblich war, weiß ich nicht.

In Deinen Pauschalurteilen über die gesamte Literatur.

Dass du auf einen, wie du glaubst, rollenden Zug aufspringst, spricht für sich, aber nicht für dich. Eine derartige Behauptung über Karl May habe ich erwartet, und auch am ehesten vor dir erwartet.

Jawohl, immer schön auf den Mann und bloss nicht in der Sache antworten.

Weit schwurbeliger als Pohl sind deine Beurteilungen: flottere, mutigere, packendere oder sachter, zaghafter, zahmer. Oder auch die schlechte Folge Muppetshow. Nichtssagender geht es kaum. Du weißt nicht, was Spannung ist. Bereits als ich Schopenhauers Bemerkungen über Stilgecken verfasste, stand ich unter dem Eindruck, den deine Beiträge bei mir hinterlassen hatten.

Siehe oben.

Signatures sagen nie die Wahrheit.

Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.

Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.

Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
 

zfs40cover_klein.jpg ZFS16_Coverkleiner.jpg

  • (Buch) gerade am lesen:Samuel Butler: «Erewhon»
  • (Buch) als nächstes geplant:Samuel Butler: «Erewhon Revisited»
  • • (Film) gerade gesehen: «Suicide Squad»
  • • (Film) Neuerwerbung: Filme schaut man im Kino!

#36 Alberich

Alberich

    Limonaut

  • Mitglieder
  • PIP
  • 19 Beiträge
  • Geschlecht:männlich

Geschrieben 24 August 2007 - 17:51

Es geht mir überhaupt nicht um ein Qualitätsurteil, wenn ich sage, dass es z.B. interessant ist, was ein Text "verschweigt". es geht mir um mögliche interessante Deutungen, und um die Herangehensweise.
Um noch ein Beispiel zu nennen: Joseph Conrads "Heart of Darkness" ist einer meiner absoluten Lieblingstexte, unter anderem, weil ich denke, dass darin grundlegende Probleme der Moderne zum Ausdruck kommen: Unter anderem die grundlegende Empfindung, in einer "entfremdeten" Welt zu Leben, in der das Individuum "entleert" und austauschbar erscheint und in der die scheinbare Auflehung dagegen (Kurtz Primitivismus) in Wirklichkeit noch eine überzogene Form des Gehorsams darstellt. (Und nein, diesen Gedanken kann ich jetzt nicht mal schnell und einfach wirklich auf den Punkt bringen) . Ich kann aber auch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermuten, dass das nicht Conrads "Botschaft" war. Es handelt sich um eine von vielen Erfahrungen, die mit dem Text in Verbindung stehen und in ihm zum Ausdruck kommen.
Um es noch weiter zu treiben: Ich denke, dass H.P. Lovecrafts "Shadow Over Innsmouth" eine ähnliche Erfahrung zum Ausdruck bringt. Deshalb stelle ich ihn literarisch aber nicht auf eine Stufe mit Conrad. Noch dazu kann ich mir bei Lovecraft ganz sicher sein, dass es sich nicht um seine bewusste Botschaft handelt: Viel mehr muss ich davon ausgehen, dass der Rassist Lovecraft einfach seiner Sorge um den Niedergang der "angelsächsischen Rasse" metaphorisch Ausdruck verleihen wollte.
Ich behaupte übrigens auch nicht, dass Rigorisität und Sorgfält zwangsläufig schlechte Bücher produzieren, wie du mir jetzt schon zwei mal mit aus dem Kontext gerissenen Zitaten unterstellt hast. Was ich meine, ist, dass ich normalerweise (fiktive) Texte ablehnen, die mir eine Botschaft aufdrängen, weil das eben nichts als der Versuch ist, meine Interpretation im Vorhinein auf die Autorenintention festzulegen. Ein Autor, der das für nötig befindet, soll meines Erachtens Essays schreiben und die Finger von erzählenden Texten lassen. Aber das ist natürlich eher mein persönliches Dogma.

Ich glaube dich jetzt verstanden zu haben. Aber, eine Geschichte, in welcher der Protagonist ein Ziel verfolgt, schließt doch der Geschichte innewohnende übergeordnete Elemente nicht aus. Gut, das "Ziel" mag die Konzentration des Lesers auf "Wichtiges" stören. Das, was du aus der Geschichte ziehst oder zu ziehen glaubst, entspringt vor allem deiner Fantasie. Meinem Denken und Empfinden ist das zu wenig greifbar. "Shadow Over Innsmouth" handelt meines Wissens von dem Pakt eines Küstendorfes mit einer unterseeischen Rasse, die den Dörlern reichen Fischfang garantieren. Dafür müsse die Dörfler heilige Eide schwören und sich mit ihnen paaren.
Der Held besucht das Dorf, entkommt den Wesen und verrät sie an die Behörden, die darauf den Wesen auf den Leib rücken. Der Held stellt jedoch später fest, dass er Vorfahren aus dem Dorf hat. Sein Aussehen ändert sich, er bekommt Kiemen, und er schwimmt zu seinen Verwandten, die dezimiert überlebt haben. Die Geschichte hatte nach meinem Geschmack dadurch Faszination, dass die Horrorbeschreibung über die angedeuteten Äußerlichkeiten der Wesen wie auch die Gefühlsbeschreibungen endlich ist. Der Autor erinnerte mich an jemanden, der einen langen Satz sagt, das Ende krächzt er mangels Luft. Dennoch ein gutes Buch, das ich mir mal wieder zulegen sollte.
Ein wenig unheimlich fand ich den Schluss, stellte es sich doch heraus, dass der Held mit den Falschen paktiert hatte.
Irgendeine übergeordnete Ebene konnte ich nicht entdecken. Dass Lovecraft auf die Gefahren für den angloamerikanische Rasse hinweisen wollte, halte ich für zu wenig bewiesen. Selbst wenn ich dieser Annahme folgen würde, ergibt sie keinen Reiz.
"Nu assozier ma schön" war tatsächlich richtig. Ich kann damit wenig anfangen.
Ein wenig haben wir uns nun vom Thema entfernt. Weder diese Geschichte noch vermutlich die von Josef Conrad versucht durch Verbalakrobatik Sinn zu ersetzen.
Keine von ihnen betrügt mich, da sie nicht vorgeben, irgendwas zu sein. Jede von ihnen verstehe ich zumindest vordergründig. Dass eine Geschichte, die ich glaube verstanden zu haben, Unentdecktes enthalten kann, versteht sich doch. Ulysses habe ich akzeptiert.
Als Beispiel hatte ich Keyserling genannt. Keyserling versucht, durch Wortneuschöpfung Sinn zu ersetzen und auf ihn und die Lyriker bezog sich meine Aussage, die hier für Unmut sorgte. Ich hätte gerne eine Wertung von euch über ihn und Konsorten. Was unterscheidet Keyserling von James Joyce (ich höre den Aufschrei)?
Ich danke dir, dass du deine Meinung dargelegt hast. Von nun an werden wir weniger aneinander vorbeireden.

Gruß
Ralf

#37 Alberich

Alberich

    Limonaut

  • Mitglieder
  • PIP
  • 19 Beiträge
  • Geschlecht:männlich

Geschrieben 24 August 2007 - 17:57

Alberich, Es ist ein schöner Traum von einem Ideal den wir als Leser in der einen oder anderen Form alle träumen, wenn wir uns wünschen, es ließe sich endgültig klar definieren, was gute und schlechte, gehaltvolle von leerer Literatur trennt.

Verzeih mir meine bösen Worte. :) Ich versuche über dogmatische Sätze mich Idealen zu nähern. Das erzeugt Reibung. Gruß Ralf

#38 simifilm

simifilm

    Cinematonaut

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 8.919 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Zürich

Geschrieben 24 August 2007 - 18:01

Klare Kommunikation ist ja schön und gut, nur stellt sich doch die Frage, ob Literatur unbedingt in diesem engen Sinne "Kommunikation" sein muss. Wenn ein Buch nur die Verpackung für eine Botschaft ist, muss ich es nicht schreiben - dann kann ich auch direkt hinschreiben, was ich sagen will. Die Frage "Was will uns der Autor sagen?" dürfte im Endeffekt auf ein viktorianisches Literaturverständnis zurückgehen, nämlich: dass man aus Literatur etwas lernen soll, dass also das Material der Sprache selbst zweitrangig hinter einer Botschaft ist - gewissermaßen nur ein geeigneter Weg, den Massen bestimmte "Werte" beizubringen.

Michael Haneke hat das mal sehr schön formuliert: Er würde für eine Zeitschrift gebeten, etwas über die Bedeutung einer seiner Filme zu schreiben, und meinte dann, er könnte dazu nicht viel sagen. Wenn er genau hätte formulieren können, um was es ihm in dem Film geht, hätte er auch einen Zeitungsartikel schreiben könne.

Ein wenig haben wir uns nun vom Thema entfernt. Weder diese Geschichte noch vermutlich die von Josef Conrad versucht durch Verbalakrobatik Sinn zu ersetzen.

Da wäre dann die Frage, was Du im Zusammenhang mit Literatur - und nicht bei Sachtexten - unter Sinn verstehst. Und wenn das beantwortet hast, geh gleich zur Lyrik über. Erklär mir bitte den "Sinn" eines dadaistischen Gedichtes oder von Celan oder Jandl.

Signatures sagen nie die Wahrheit.

Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.

Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.

Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
 

zfs40cover_klein.jpg ZFS16_Coverkleiner.jpg

  • (Buch) gerade am lesen:Samuel Butler: «Erewhon»
  • (Buch) als nächstes geplant:Samuel Butler: «Erewhon Revisited»
  • • (Film) gerade gesehen: «Suicide Squad»
  • • (Film) Neuerwerbung: Filme schaut man im Kino!

#39 Jakob

Jakob

    Temponaut

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 1.979 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Berlin

Geschrieben 24 August 2007 - 20:21

Das, was du aus der Geschichte ziehst oder zu ziehen glaubst, entspringt vor allem deiner Fantasie. Meinem Denken und Empfinden ist das zu wenig greifbar.

Natürlich entspringt das im weitesten Sinne meiner "Fantasie". Aber das gilt für jede Interpretation. Die Vorstellung, hinter die Intention des Autors zu kommen, ist allein schon deshalb in meinen Augen Unsinn, weil ein text eben sehr viel mehr Macht als einfach nur die Intention abzubilden. Kein Autor hat doch seinen Text jemas voll unter Kontrolle. Du kannst die Aussage eines Textes nicht wie etwas behandeln, das im Text einfach gegeben ist. Wenn du das tust, musst du nämlich entweder dogmatisch sein ("Dieser Text bedeutet jenes, und nichts anderes"), oder du kannst nur noch nacherzählen. Nicht mal das, denn beim Nacherzählen nimmst du ja schon eine Neugewichtung vor. Du kannst eigentlich nur noch den ganzen Text von vorne bis hinten zitieren. Was Lovecraft betrifft:

Irgendeine übergeordnete Ebene konnte ich nicht entdecken. Dass Lovecraft auf die Gefahren für den angloamerikanische Rasse hinweisen wollte, halte ich für zu wenig bewiesen. Selbst wenn ich dieser Annahme folgen würde, ergibt sie keinen Reiz.

nach der Lektüre von "SoI" und S.T. Joshis Lovecraft-Biographie erscheint mir das die naheliegendste Deutung der Autorenintention zu sein. Nachweisbar ist das natürlich nicht, aber das ist ja der Punkt: Eine Autorenintention ist niemals nachweisbar, genauso wenig wie irgendeine andere Interpretation eines Textes. Die Suche nach der Autorenintention ist aber fragwürdig, weil sie die Tendenz hat, sich als einzig richtige Interpretation auszugeben. Andere Interpretationen stehen nicht vor diesem Problem. Bei einer anderen Interpretation kann ich klarmachen, was mich an dem Text interessiert und dann auf der Basis mit dem Text arbeiten. Noch dazu schreibst du jetzt selbst, eine solche Interpretation in Bezug auf Lovecrafts Absicht hätte keinen Reiz. Und genau darauf will ich ja hinaus: Dass dieses Vorgehen weitgehend reizlos ist. Hätte man Lovecraft gefragt, was er mit seinem Text will, hätte er unter Garantie etwas ganz anderes gesagt als das, was ich hineininterpretiere. Das heißt aber nicht, dass meine Interpretation falsch ist. Aber das Thema hat sich wahrscheinlich auch erschöpft, ich drehe mich im Kreis. Von daher verkünde ich einfach auch als mein dogmatisches Prinzip, dass es 1. sehr viel interessanter ist, einen Text als Ansammlung von Widersprüchen zu deuten, die von einer bestimmten gesellschaftlichen Situation hervorgebracht werden (wie Fredric Jameson vorschlägt) und dass 2. Meistens die Texte interessant sind, die diese Widersprüche bei sich zulassen und sie nicht am Ende mit einem "Sinnstatement" zukleistern. Ausnahmen bestätigen natürlich (zumindest, was punkt 2 betrifft) wie immer die Regel.
"If the ideology you read is invisible to you, it usually means that it’s your ideology, by and large."

R. Scott Bakker

"We have failed to uphold Brannigan's Law. However I did make it with a hot alien babe. And in the end, is that not what man has dreamt of since first he looked up at the stars?" - Zapp Brannigan in Futurama

Verlag das Beben
Otherland-Buchhandlung
Schlotzen & Kloben
Blog
  • (Buch) gerade am lesen:Zachary Jernigan, No Return/James Tiptree Jr., Zu einem Preis
  • (Buch) als nächstes geplant:Samuel R. Delany, Dunkle Reflexionen/Thomas Ziegler, Sardor - Der Flieger des Kaisers
  • • (Buch) Neuerwerbung: Julie Phillips, James Tiptree Jr. (Biographie)
  • • (Film) gerade gesehen: Oblivion
  • • (Film) als nächstes geplant: Star Trek Into Darkness
  • • (Film) Neuerwerbung: American Horror Story (Serie)

#40 Alberich

Alberich

    Limonaut

  • Mitglieder
  • PIP
  • 19 Beiträge
  • Geschlecht:männlich

Geschrieben 24 August 2007 - 22:30

Natürlich entspringt das im weitesten Sinne meiner "Fantasie". Aber das gilt für jede Interpretation. Die Vorstellung, hinter die Intention des Autors zu kommen, ist allein schon deshalb in meinen Augen Unsinn, weil ein text eben sehr viel mehr Macht als einfach nur die Intention abzubilden. Du kannst die Aussage eines Textes nicht wie etwas behandeln, das im Text einfach gegeben ist. Wenn du das tust, musst du nämlich entweder dogmatisch sein ("Dieser Text bedeutet jenes, und nichts anderes"), oder du kannst nur noch nacherzählen. Nicht mal das, denn beim Nacherzählen nimmst du ja schon eine Neugewichtung vor. Du kannst eigentlich nur noch den ganzen Text von vorne bis hinten zitieren.

Du bist bei der Autorenintention, ich bei der Geschichtsintention, was zwar meistens identisch ist, aber nicht immer. Deine Fantasie ist die Wohlfühlhölle der Beliebigkeit. Ich kann nicht erkennen, wodurch sie eingeschränkt oder zielgerichtet ist.
Meine reduzierst du auf eine Dogmatik, die sie nicht hat. Meine Fantasie orientiert sich an zu objektivierenden Aussagen, sie lässt Abweichungen zu, aber in einem Rahmen, der durch die Geschichtsintention gezogen ist.

Die Suche nach der Autorenintention ist aber fragwürdig, weil sie die Tendenz hat, sich als einzig richtige Interpretation auszugeben. Andere Interpretationen stehen nicht vor diesem Problem. Bei einer anderen Interpretation kann ich klarmachen, was mich an dem Text interessiert und dann auf der Basis mit dem Text arbeiten.

Die Autorenintention (ich meine die Geschichtsintention) hat keine Tendenz. Der Autor bzw. der Interpret mag die Tendenz haben oder auch nicht. Und die Tendenz einer Interpretation, sich als einzig richtig anzusehen, um deine Forumlierung zu verwenden, hat deine Interpretation ebenso sehr, wie ich nicht zuletzt an deiner Wortwahl "Unsinn" und "zukleistern" entnehme.

Noch dazu schreibst du jetzt selbst, eine solche Interpretation in Bezug auf Lovecrafts Absicht hätte keinen Reiz. Und genau darauf will ich ja hinaus: Dass dieses Vorgehen weitgehend reizlos ist. Hätte man Lovecraft gefragt, was er mit seinem Text will, hätte er unter Garantie etwas ganz anderes gesagt als das, was ich hineininterpretiere. Das heißt aber nicht, dass meine Interpretation falsch ist.

Da du unbewusste Intentionen mitmisst, kann Lovecraft die Frage, was er unbewusst beabsichtigt habe, zwar beantworten, aber ob seine Antwort stimmt, ist ungewiss. Sicher lohnen sich im Einzelfall Spekulationen, warum ein bestimmter Text geschrieben wurde oder nicht. Das kann für mich nicht Hauptgrund sein, eine Geschichte zu lesen, Nebengrund schon.

Aber das Thema hat sich wahrscheinlich auch erschöpft, ich drehe mich im Kreis. Von daher verkünde ich einfach auch als mein dogmatisches Prinzip, dass es 1. sehr viel interessanter ist, einen Text als Ansammlung von Widersprüchen zu deuten, die von einer bestimmten gesellschaftlichen Situation hervorgebracht werden (wie Fredric Jameson vorschlägt) und dass 2. Meistens die Texte interessant sind, die diese Widersprüche bei sich zulassen und sie nicht am Ende mit einem "Sinnstatement" zukleistern. Ausnahmen bestätigen natürlich (zumindest, was punkt 2 betrifft) wie immer die Regel.

Was du als dogmatisches Prinzip bestimmst, ist dein Recht. Und was du ästhetisch aus einer Geschichte ziehst, umterliegt keiner Kritik.
Ich betrachte das Thema auch als erschöpft, zum Abschluss:

Ein Autor hat seinen Text niemals voll unter Kontrolle...

Eben, inwieweit er ihn aber unter Kontrolle hat, das würde ich gerne wissen, das ist mein Ausgangspunkt.

Gruß
Ralf

#41 Guido Seifert

Guido Seifert

    Biblionaut

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIP
  • 561 Beiträge
  • Wohnort:Berlin

Geschrieben 25 August 2007 - 00:22

Um dem Ganzen eine konstruktive Wendung zu geben, würde ich dir vorschlagen, einen eigenen Thread zu eröffnen, der sich den Pohlschen Thesen widmet.

Hatte ich bei Interesse sogar vor, aber mit deinem Beitrag ist die Konstruktivität verloren.

Aber nicht doch. Coraggio, maestro! Lassen Sie sich durch mich nicht aufhalten. Oder fürchten Sie, daß ich in Ihrem Thread als ganz furchtbar unkonstruktiver Beiträger aufkreuze? Tja ... ganz ausgeschlossen ist das nicht ... aber doch eher unwahrscheinlich, nachdem ich den Maestro hier eine Zeit lang besichtigen durfte. Jemand, der sich derart fix die Eristische Dialektik draufschafft und stante pede die Umklammerung mit Kunstgriff 16 ausprobiert (Replik auf molosovsky), wird´s aushalten, wenn er´s ad hominem kriegt: In der Nähe eines Gigantischen Schwurbelkopfs möchte ich mich nicht sehen lassen (und nun fehlt freilich noch ein Rest Disziplin ...).

Bearbeitet von Guido Seifert, 25 August 2007 - 01:04.


#42 molosovsky

molosovsky

    Phantastik-Fachdepp

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 2.172 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Ffm

Geschrieben 25 August 2007 - 08:44

@Alberich:
Sich selbst moderieren zu können ist mehr als die Halbe Miete zum allgemeinen und für alle vergnüglichen Plaudern, Streiten, Zürnen & Jubeln. Kaum was tue ich so gern, wie verzeihen (schon aus Selbstschutz, weil ich an meinen schlechten Tagen selber über Grenzen remple).

----
Ein bischen Querbeet ein paar Musengedanken, auf die Gefahr, daß ich wiederhole, was ich in anderen Threads im Lauf der Zeit schon mal schrieb:

Was ist der Sinn von erzählender Literatur? Dazu kann ich zwei Erbauung-Zitate anbieten, die mich derzeit anregen

Ernsthafte Autoren von Fiktionen denken auf praktische Art und Weise über moralische Proleme nach. Sie erzählen Geschichten. Sie schildern. Sie beschwöen unsere gemeinsame Menschlichkeit in Narrationen, mit denen wir uns identifizieren können, selbst wenn die geschilderten Leben mit den unsrigen wenig gemeinsam haben. Sie regen unsere Vorstellungskraft an. Die Geschichten, die sie erzählen erweitern und verkomplizieren -- und verbessern damit -- unsere Fähigkeiten zur Anteilnahme, zur Symphathie. Sie erziehen unser Vermögen moralische Urteile zu fällen. (...)
Die Erfahrung von singulären, maßgeblichen Stimmen, die nicht unsere eigenen sind, gehört zu den Mitteln, die uns dabei helfen unserem Leben Sinn zu verleihen, Entscheidungen zu treffen, Ziele zu finden und Normen für uns zu akzeptieren, was zusammengenommen die große Anstrengung ausmacht, das Herz und die Gefühle zu erziehen, und uns lehrt in der Welt zu sein, sowie die Herrlichkeit der Sprache verteidigt (sprich: das grundlegende Instrumentarium des Bewußtseins erweitert): gemeint ist die Literatur.

Quelle
Oder knapp und kurz in den Worten meines Lehrmeisters Umberto:

... Streifzüge durch fiktive Welten haben die gleiche Funktion wie Spiele für Kinder ... um sich mit den physischen Gesetzen der Welt vertraut zu machen und sich in den Handlungen zu üben, die sie eines Tages im Ernst vollführen müssen. In gleicher Weise ist das Lesen fiktiver Geschichten ein Spiel, durch das wir lernen, der Unzahl von Dingen, die in der wirklichen Welt geschehen sind oder gerade geschehen oder noch geschehen werden, einen Sinn zu geben. Indem wir Romane lesen, entrinnen wir der Angst, die uns überfällt, wenn wir etwas Wahres über die Welt sagen wollen.

Quelle

Aber neben diesem anspruchsvollen Ansatz will ich nicht untern Teppich kehren, daß zumindest ich auch schlicht unterhalten, ab und zu einfach "meine Eier geschaukelt" haben möchte.

Und kurz noch zu den zwei verschiedenen Wegen der Katharsis (eben nach Aristoteles, der in seiner "Poetik" und "Rhetorik" bereits ALLES Wesentliche zum Thema beieinander hatte, zumindest was unser okzidentales Literatur/Kunst-Verständnis betrifft):
Man kann unterscheiden zwischen einer dionysischen und einer apollinischen Ästhetik.
Die dionysische bietet homöopathische Kartharsis: hier werden wir durch intensive Erfahrungen von unseren Leidenschaften gereinigt, indem wir uns mit den Figuren der Handlung identifizieren und in die Geschehnisse hineingezogen werden. Banal gesagt, ist dies die "Sau rauslassende" Ästhetik des Spektakels und der Massenmedien;
Die apollinische macht allopathische Karthasisangebote: hier werden die Leidenschaften selbst gereinigt, insofern sie als "schön" dargestellt werden. Diese Variante ist etwas komplexer und auch distanzierter und ich vergleiche sie gerne mit dem Hamlet-Effekt. Das Beobachten kann man an sich selbst nicht direkt beobachten (sozusagen die Quantenunschärfe des Bewußtseins), aber wir können andere dabei beobachten, wie sie etwas beobachten. Dies führt in der abendländischen Kultur wie nix anderes perfekt das "Stück im Stück" bei Hamlet vor. Nobel gesprochen ist dies die Ästhetik der heiter-gelassenen, uneigennützigen, von Außen betrachtenden Kontemplation.

Komplex wirds, da so gut wie nie der ein oder eindere Reinfall auftritt. Zudem können wir als Publikum unsere Haltung selbst wählen und zum Beispiel ein dionyisches Spektakel wie "Star Wars" mit apollinischen Blick "von Außen" genießen, oder bei einem apollinischen "Lehrstück" wie "Dogville" trotzdem mit den Figuren fibbern und uns von den Leidenschaften "vergiften" lassen. Zudem gibt es immer auch die Möglichkeit des "Gegen den Strich lesens". Überspitzt gesagt: ich genieße etwas schlechtes, weil es so exemplarisch ist (siehe mein "Blumenkrieg"-Buh zu Tad Williams); oder ich lese etwas gutes mit extra-kritischer Schlechtmach-Haltung.

Oftmals wird der Job eines Schriftstellers ja verglichen mit dem Theaterdirektors und seines Ensembles, da ein Schriftsteller sowohl die Arbeit des Stückeschreibers, der Kulissenbauer & Kostumschneider übernehmen muß, als auch, sozusagen als Method-Actor sich zwecks Belebung seiner Figuren in diese versetzten muß. Aber auch wir Leser können beim Lesen unterschiedliche Rollen und Haltungen einnehmen. Wir können -- wenn wir entsprechend Bock drauf haben -- etwas mal mit der Haltung eines begeisterten Kindes, eines Achterbahnfahrers, mal mit der Haltung eines vergrübelten Greises oder Laborassistenten genießen.

Um das mal auf Visionen zu beziehen (eingedenk, daß kaum was in Reinform vorliegt):
Die Geschichten von Kasper, Isenberg, Iwoleit, Kunkel und den Hoese-Paar würde ich der dionysischen Ästhetik zusprechen; die Geschichten von Hammerschmitt, Gardemann und Haubold eher der apollinischen.

Ansonsten spricht der Größenwahn folgendes: Molo, krieg mal Deine Rezi zu Visionen 3 gebacken, damit die Leut was zum Giggeln, Nicken oder Augenverdrehen, Kopfschütteln hamm.

Grüße
Alex / molo, zur Abwechslung mal wieder ernster und weniger hupfidupfiger.

Bearbeitet von molosovsky, 25 August 2007 - 09:37.

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.

Mehr Gesabbel von mir gibts in der molochronik

••• G+ ••• twitter ••• Goodreads ••• flickr ••• flattr •••


#43 molosovsky

molosovsky

    Phantastik-Fachdepp

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 2.172 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Ffm

Geschrieben 25 August 2007 - 09:50

Kurzer Nachtrag noch zur Frage nach der Absicht eines Autoren.Es steht uns als Publikum frei, uns für den Autoren zu interessieren oder auch nicht. Interessieren wir uns, dann können wir wie Vita eines Autoren selbst wiederum als Erzählung lesen, sein Schaffen als Ringen damit, etwas schönes, unterhaltendes usw zu schaffen, sich mit der Welt in Form von Kunst auseinanderzusetzten. Wir können einen Autoren dabei in der Rolle eines Artifex, eines Machers von Werken sehen, oder als Zeitgenossen der über die Welt und Zeitenläufte spricht.Auch hier kann es uns vergnügen, uns zu identifizieren, indem wir Zu- oder Abneigung haben, oder indem wir den Autor als exemplarischen Agenten im großen Stück des jeweiligen Zeitgeistes betrachten. Lovecraft ist ja ein Paradebeispiel: bei ihm können wir uns mit ihm vor bestimmten Aspekten der Großstadtmoderne ekeln, an seinem kosmischen Schrecken teilhaben, uns mit ihm einer Nostalgie fürs Unzeitgemäße, der "guten alte Zeit" hingeben; wir können ihn aber auch als Vertreter einer Avantgarde betrachten, als Protagonisten eines zugleich kalten wie kreativen Blicks auf seine Epoche.Da wir als Publikum eben auch Rollen einnehmen, ist es unsere eigene Entscheidung, ob wir eine Fiktion oder einen Sachtext als Quelle der Lehre und Anregung, oder als erzählende Unterhaltung lesen.GrüßeAlex / molo

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.

Mehr Gesabbel von mir gibts in der molochronik

••• G+ ••• twitter ••• Goodreads ••• flickr ••• flattr •••


#44 Jakob

Jakob

    Temponaut

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 1.979 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Berlin

Geschrieben 25 August 2007 - 11:55

Du bist bei der Autorenintention, ich bei der Geschichtsintention, was zwar meistens identisch ist, aber nicht immer. Deine Fantasie ist die Wohlfühlhölle der Beliebigkeit. Ich kann nicht erkennen, wodurch sie eingeschränkt oder zielgerichtet ist.

Ich wollte zwar eigentlich jetzt Schluss machen, aber da muss ich doch noch mal fragen: Geschichtsintention? Wie, bitte, soll eine Geschichte etwas "wollen"? wenn überhaupt kann der Autor etwas beabsichtigt haben. Die Geschichte kann nur einen Effekt haben, aber keine Intention. Schließlich "will" der Dachziegel mir auch nicht auf den Kopf fallen ... Und als "Wohlfühlhölle" würde ich meine "Fantasie" nicht bezeichnen. Wenn ich eine Interpretation schreibe, betrachte ich das als eine rigorise Arbeit, bei der ich meine Voraussetzungen und mein Erkenntnisinteresse im Vorhinein klar mache und mich auch daran halte. Es handelt sich um ein Durcharbeiten eines Textes anhand bestimmter Fragen, und nur, weil meine Frage nicht lautet: "Was will mir der Autor sagen?", heißt das nicht, dass das ein "beliebiger" Prozess ist. Mit Verlaub, wenn du eine vage Vorstellung von Literaturtheorie hättest, dann würdest du mir wohl nicht mit diesem Vorwurf kommen. Schau dir mal, nur als Beispiel, Freuds "Das Unheimliche" an. Auch da steht nicht die Frage im Zentrum, "was wollte E.T.A. Hoffmann mit dem Sandmann sagen?", sondern die, welchen Effekt die Geschichte hat und warum. Entgegen aller Klischees über die Psychoanalyse stellt Freud nicht mal die Frage nach Hoffmanns "Unbewusstem", sondern bleibt ganz allgemein in seiner Lesart - und trotzdem exakt, so man denn seine theoretischen Voraussetzungen akzeptiert.
"If the ideology you read is invisible to you, it usually means that it’s your ideology, by and large."

R. Scott Bakker

"We have failed to uphold Brannigan's Law. However I did make it with a hot alien babe. And in the end, is that not what man has dreamt of since first he looked up at the stars?" - Zapp Brannigan in Futurama

Verlag das Beben
Otherland-Buchhandlung
Schlotzen & Kloben
Blog
  • (Buch) gerade am lesen:Zachary Jernigan, No Return/James Tiptree Jr., Zu einem Preis
  • (Buch) als nächstes geplant:Samuel R. Delany, Dunkle Reflexionen/Thomas Ziegler, Sardor - Der Flieger des Kaisers
  • • (Buch) Neuerwerbung: Julie Phillips, James Tiptree Jr. (Biographie)
  • • (Film) gerade gesehen: Oblivion
  • • (Film) als nächstes geplant: Star Trek Into Darkness
  • • (Film) Neuerwerbung: American Horror Story (Serie)

#45 simifilm

simifilm

    Cinematonaut

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 8.919 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Zürich

Geschrieben 25 August 2007 - 12:03

@Jakob: Schön gesagt, allerdings, wie ich befürchte, umsonst.

Signatures sagen nie die Wahrheit.

Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.

Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.

Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
 

zfs40cover_klein.jpg ZFS16_Coverkleiner.jpg

  • (Buch) gerade am lesen:Samuel Butler: «Erewhon»
  • (Buch) als nächstes geplant:Samuel Butler: «Erewhon Revisited»
  • • (Film) gerade gesehen: «Suicide Squad»
  • • (Film) Neuerwerbung: Filme schaut man im Kino!

#46 molosovsky

molosovsky

    Phantastik-Fachdepp

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 2.172 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Ffm

Geschrieben 25 August 2007 - 13:24

Um Alberich zu signalisieren, daß ich seinen Beiträgen durchaus Sinnvolles und Zustimmungswürdiges zu entnehmen verstehe, verweise ich was Als Gottes Atem leiser ging, schuf er den Grafen Keyserling angeht auf Kurt Tucholskys Text "Der darmstädter Armleuchter" (Gesammelte Werke, Band 6, Texte des Jahres 1926, S. 144ff).
Grüße
Alex / molo, immer für ein Keyserling-Bashing zu haben.

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.

Mehr Gesabbel von mir gibts in der molochronik

••• G+ ••• twitter ••• Goodreads ••• flickr ••• flattr •••


#47 simifilm

simifilm

    Cinematonaut

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 8.919 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Zürich

Geschrieben 25 August 2007 - 14:02

Ein wenig haben wir uns nun vom Thema entfernt. Weder diese Geschichte noch vermutlich die von Josef Conrad versucht durch Verbalakrobatik Sinn zu ersetzen.

Da ich heute in Zitierlaune bin und sonst nicht allzu viel zu tun habe, hier der Anfang eines meiner Lieblingsromane, der die Absurdität dieses Statements plastisch vor Augen führen sollte:

Lolita, light of my life, fire of my loins. My sin, my soul. Lo-lee-ta: the tip of the tongue taking a trip of three steps down the palate to tap, at three, on the teeth. Lo. Lee. Ta. She was Lo, plain Lo, in the morning, standing four feet ten in one sock. She was Lola in slacks. She was Dolly at school. She was Dolores on the dotted line. But in my arms she was always Lolita.

Was ist der "Sinn" dieser Passage, die tatsächlich reine "Verbalakrobatik" ist; hätte Nabokov das nicht auch einfacher sagen können? Hätte er zweifellos. Er hätte einfach schreiben können "I love Lolita" oder "Lolita is one hot piece of meat". Wäre alles möglich gewesen, das Ergebnis wäre einfach Welten weniger berührend gewesen. Der "Sinn" dieser Passage liegt einzig und allein in der Schönheit der Sprache.

Bearbeitet von simifilm, 25 August 2007 - 19:07.

Signatures sagen nie die Wahrheit.

Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.

Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.

Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
 

zfs40cover_klein.jpg ZFS16_Coverkleiner.jpg

  • (Buch) gerade am lesen:Samuel Butler: «Erewhon»
  • (Buch) als nächstes geplant:Samuel Butler: «Erewhon Revisited»
  • • (Film) gerade gesehen: «Suicide Squad»
  • • (Film) Neuerwerbung: Filme schaut man im Kino!

#48 Alberich

Alberich

    Limonaut

  • Mitglieder
  • PIP
  • 19 Beiträge
  • Geschlecht:männlich

Geschrieben 26 August 2007 - 15:39

Ich wollte zwar eigentlich jetzt Schluss machen, aber da muss ich doch noch mal fragen: Geschichtsintention? Wie, bitte, soll eine Geschichte etwas "wollen"? wenn überhaupt kann der Autor etwas beabsichtigt haben. Die Geschichte kann nur einen Effekt haben, aber keine Intention. Schließlich "will" der Dachziegel mir auch nicht auf den Kopf fallen ...

Bitte??? Du schriebst: „ Die Suche nach der Autorenintention ist aber fragwürdig, weil sie die Tendenz hat, sich als einzig richtige Interpretation auszugeben.“ Wie kann denn eine Autorenintention etwas wollen? Ich habe deine Vermenschlichung eines abstrakten Begriffes nur übernommen und nun darf ich nicht, du aber? Du selbst hast doch die Geschichtsintention eingeführt: Dass aus der Geschichte mehr zu entnehmen ist, als der Autor uns sagen wollte. Über derartige Selbstverständlichkeiten herrscht sowieso zwischen uns Einigkeit. Oder ziehst du die Aussage zurück?

Wenn ich eine Interpretation schreibe, betrachte ich das als eine rigorise Arbeit, bei der ich meine Voraussetzungen und mein Erkenntnisinteresse im Vorhinein klar mache und mich auch daran halte. Es handelt sich um ein Durcharbeiten eines Textes anhand bestimmter Fragen, und nur, weil meine Frage nicht lautet: "Was will mir der Autor sagen?", heißt das nicht, dass das ein "beliebiger" Prozess ist.

Schon wieder zurück rudern? Du kannst das gerne machen, ich betrachte das nicht als Schwäche. Aber dass du gleichzeitig behauptest, das wäre schon immer deine Ruderrichtung gewesen, nur ich wäre auf der falschen Spur...das raubt mir doch ein wenig die Fassung. Natürlich ist " betrachte ich das als eine rigorise Arbeit, bei der ich meine Voraussetzungen und mein Erkenntnisinteresse im Vorhinein klar mache und mich auch daran halte " ganz meine Linie. Das ist im ersten Satz genau das, was ich behauptet habe, und was ihr nicht wahrhaben wollt. Denn meine Aussage lautete nur: Es gibt nichts, was ich nicht für verstehbar halte, Vorwissen oder ein angemessenes Nachholen von Vorwissen vorausgesetzt. Wenn ich einen Text nicht verstehen kann, dann hat der Autor sich nicht genügend Mühe gegeben oder er hat nichts zu sagen. Um deine rigorosen Vorbereitungen in Gang zu setzen, musst du den Text doch verstanden habe. Nein, nicht vollständig verstanden (ich beantworte schon vorauseilend wollüstiges Verrücken meiner Autorenintention, erstklassiger Kandidat: Simi), aber zumindest schon soweit verstanden, dass du einen Anknüpfungspunkt für deine Arbeit findest. Denn du könntest die bestimmten Fragen, die Voraussetzungen und dein Erkenntnisinteresse nicht klarmachen, wenn der Text dir dazu keinen Bezug liefern würde. Und wieso interessiert dich nicht, was der Autor damit sagen will? In „Shadows over Innsmouth“ interessiert dich doch, ob Lovecraft nicht seiner Besorgnis über das Aussterben der anglikanischen Rasse Ausdruck geben wollte. Was hast du denn da anderes getan, als dich mit der Autorenintention zu befassen, auch wenn du letztlich nur zu dem Schluss kamst, zu unsicher und zu uninteressant?

Mit Verlaub, wenn du eine vage Vorstellung von Literaturtheorie hättest, dann würdest du mir wohl nicht mit diesem Vorwurf kommen.

Ich weiß nicht, welchen Vorwurf ich gemacht habe, jetzt mache ich dir einen: Eine kleine Beleidigung darf nicht fehlen, wenn es sachlich nicht weitergeht, gelle? Außerdem: behaupte nie mehr, die Autorenintention würde dich nicht interessieren. Du und Guido und Simi habt euch außerordentliche Mühe gegeben, meine Intentionen zu verstehen. Genauer gesagt, misszuverstehen. Genauer gesagt in einem von euch gewollten Sinn misszuverstehen. Nicht nur das, ihr habt sie sogar versucht sie zu entstellen. Nur mal als kleine Zusammenfassung allein in diesem kurzen letzten Text von dir: 1.Vorwurf der Subjektivierung des Begriffs Autorenintention, das ist exakt die Subjektivierung, die du selbst verwendet hast. 2.a) Bestreiten der Bedeutung des Begriffes „Geschichtsintention“. Deine eigenen Worte waren: „die Geschichte könne mehr beinhalten, als der Autor gewollt habe“, womit du gleichzeitig b)eine dümmliche Behauptung von mir wegfegst. Nur habe ich diese Behauptung nie in Frage gestellt. 3.Die kleine Beleidigung zum Abschluss Wenn du schon nochmal Stellung nimmst, dann tue es bitte ganz: Du hast die unangenehme Angewohnheit, Fragen nicht zu beantworten. a) Du schriebst: Bemerken lässt sich aber, dass auch Schopenhauer einen relativ einfachen Sachverhalt hier nicht unbedingt auf die klarste und knappste Art darstellt. Er wählt seine Worte aber durchaus so, dass ein gelungener polemischer Effekt zustande kommt. Ich antwortete: Das stimmt beides und bedeutet was? Antwort Fehlanzeige. ;) Ich schrieb: Ich habe schon Keyserling genannt. Wie ordnest du seine Schreibe ein? Verpackt er uns auch eine Botschaft, die wir nur enträtseln müssen? Antwort Fehlanzeige c) Ich schrieb: Welche Gefühle will mir eine Literatur, die ich nicht verstehe, aber vermitteln außer dem Ärger, dass ich sie nicht verstehe? Will das der Autor? Lehnt er sich in seinen Sessel zurück, wenn er sein Werk vollendet hat und denkt: „ Nu assoziier ma schön!“? Antwort Fehlanzeige d) Was unterscheidet Keyserling von James Joyce? Antwort Fehlanzeige e) Du schriebst: Ein Autor hat seinen Text niemals voll unter Kontrolle... Ich antwortete: Eben, inwieweit er ihn aber unter Kontrolle hat, das würde ich gerne wissen, das ist mein Ausgangspunkt. Antwort Fehlanzeige Ganz abgesehen, dass dies eine jener Aussagen ist, die den falschen Rückschluss erzeugen sollen, ich hätte behauptet: Ein Autor hat seinen Text immer voll unter Kontrolle: Und das ist Schwachsinn und wieder der Versuch, mir etwas unterzujubeln. Wir reden also mindestens über den Teil des Textes, den er unter Kontrolle hat. Für den wird er bezahlt. Für den bekommt er vielleicht einen Preis. Und ich habe noch nie eine Preisablehnung gehört mit dem Grund: Wir geben ihnen den Preis nicht. Denn sie hatten ihren Text nicht unter Kontrolle. Das ist eigentlich nicht ihrer. Um es abzuschließen: Mike Lawrence (ein Bridge-Profi) sagte einmal: „Es reicht nicht, Erfahrungen zu machen. Man muss sie auch auswerten.“ Ihr habt zwar weit mehr Leseerfahrung als ich, aber welche Erfahrungen ihr verinnerlicht habt, sehe ich nicht. Außer der Übung im Entstellen von Aussagen. Für Simi und Guido gilt: Ihr habt außerdem noch Übung im Stänkern. Und das macht ihr so schlecht, dass es mir auffällt, der ich weder in der Literatur noch im Stänkern nennenswerte Erfahrung habe. @ Guido Du bist verblüffend ehrlich. Immerhin gibst du zu unsachlich bist. Da ich Ehrlichkeit nicht gerne gegen den Ehrlichen ausnutze, schweige ich hierzu. Gruß Ralf

#49 Gast_Frank W. Haubold_*

Gast_Frank W. Haubold_*
  • Guests

Geschrieben 26 August 2007 - 16:01

Nur eine kurze Frage: Was haben diese akademischen Spiegelfechtereien mit dem Thema des Ordners zu tun?GrußFWH

#50 Alberich

Alberich

    Limonaut

  • Mitglieder
  • PIP
  • 19 Beiträge
  • Geschlecht:männlich

Geschrieben 26 August 2007 - 16:37

Da ich heute in Zitierlaune bin und sonst nicht allzu viel zu tun habe, hier der Anfang eines meiner Lieblingsromane, der die Absurdität dieses Statements plastisch vor Augen führen sollte: Was ist der "Sinn" dieser Passage, die tatsächlich reine "Verbalakrobatik" ist; hätte Nabokov das nicht auch einfacher sagen können? Hätte er zweifellos. Er hätte einfach schreiben können "I love Lolita" oder "Lolita is one hot piece of meat". Wäre alles möglich gewesen, das Ergebnis wäre einfach Welten weniger berührend gewesen. Der "Sinn" dieser Passage liegt einzig und allein in der Schönheit der Sprache.

Ich habe bisher auf deine wiederholten Beleidigungen und Anfeindungen nicht geantwortet, weil das hieße, in charakterlichen Niederungen zu wühlen. Ich mache das jetzt ein einziges Mal: Der Begriff "Verbalakrobatik" ist nicht definiert, ich halte Schwülstigkeit und Kitsch nicht dafür. Beide wenden sich an die niederen Empfindungen, dem Süßen und Unschwierigen, womit sie schon nicht akrobatisch sein können. Mir schwebte so ein Satz wie "Er ist auch nicht mehr so gut, wie er zu sein glaubte." Der Satz ist allerdings nicht sinnlos, bietet eingeschränkten Interpretationsspielraum. So würde ich dich charakterisieren, aber nur, wenn ich gut gelaunt bin. Bin ich aber nicht. Wieso hat die Liebeserklärung keinen Sinn? Wo habe ich geschrieben, Aussagen müssten tonlos und einsilbig sein? Wo habe ich geschrieben, verständlich sei nur, was knapp ist? Im Gegenteil. Dieser Satz öffnet eine Welt. Für Mütter: Eine Mutter, die ihr Kind vor der Wollust eines reiferen Herrn schützen will. Der Skandal, also der Verlust gesellschaftlichen Ansehens Für junge Mädchen: ein Angriff, Angst vor dem Geschlechtsverkehr Angst, dass Ablehnung des Mannes (unklare) Nachteile haben könnte Angst, dass Hingabe Nachteile haben könnte Verlust von gesellschaftlichem Ansehen aber auch Gewinn von gesellschaftlichem Ansehen Wissen wie ältere Herren "funktionieren", damit man sie herumkriegen kann Für junge Männer: Dass ältere Männer Lust haben können Wie junge Mädchen ticken Für reifere Männer: Wie man sich zum Narren machen kann ob man sich nicht selbst ein Verhältnis mit einem jungen Mädchen haben könnte. Und noch vieles mehr. Da faselst du also, dass dieser Text keine Bedeutung hat??? Die schöne Wortwahl, ja, ich finde sie nicht so schön, aber das ist Geschmackssache. Die schöne Wortwahl hat sicher auch eine Bedeutung, ich würde sie als ungefähr zehntrangig einstufen. Aber ich mag mich irren und sie ist doch sechstrangig. Geh wieder zurück zur Schule!!! Übrig bleiben noch dein klares Ziel wie auch deine plumpe Methodik, mit der du dich fleißig abrackerst, mich in die Ecke des Idioten zu schieben. Mir sind Menschen aufgefallen, die andere schlechtdenken müssen, damit sie psychisch überleben können. Du gehörst auch in diese Gruppe. Du wirst Texte also nur danach scannen, ob sie Stänkermasse bieten und dann zum großen Übelerbrechen ansetzen. Dann bin ich lieber nicht bei dir. grußlos

#51 Jakob

Jakob

    Temponaut

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 1.979 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Berlin

Geschrieben 26 August 2007 - 18:11

Ich würde den Thread ja gerne verschieben, weiß aber nicht wie ... deshalb muss ich wohl weiter OT hier antworten, weil so ganz ohne Antwort ist's mir auch nicht recht. Also, schön systematisch:

Bitte??? Du schriebst: „ Die Suche nach der Autorenintention ist aber fragwürdig, weil sie die Tendenz hat, sich als einzig richtige Interpretation auszugeben.“ Wie kann denn eine Autorenintention etwas wollen? Ich habe deine Vermenschlichung eines abstrakten Begriffes nur übernommen und nun darf ich nicht, du aber?

Eine Tendenz ist nicht das gleiche wie eine Intention. Eine Intention ist ein Wille hinter einer Handlung. Eine Tendenz ist in diesem Zusammenhang ein bestimmter Effekt, den eine bestimmte Argumenteationsweise mit einiger Wahrscheinlichkeit zeitigt. Außerdem trennst du explizit zwischen Autoren- und Geschichtsintention, und das ist nun der Punkt, den ich beim besten Willen immer noch nicht verstehe: Wie kann die Geschichte selbst einen Willen haben, unabhängig vom Autor? Das ist etwas anderes, als die Frage, welche vom Autor unbeabsichtigten Effekte die geschichte haben. Um noch mal das gleiche Beispiel zu wählen: Der vom Sturm heruntergefegte Dachziegel mag mir vielleicht auf den Kopf fallen, ganz sicher "will" er das aber nicht.

Du selbst hast doch die Geschichtsintention eingeführt: Dass aus der Geschichte mehr zu entnehmen ist, als der Autor uns sagen wollte. Über derartige Selbstverständlichkeiten herrscht sowieso zwischen uns Einigkeit. Oder ziehst du die Aussage zurück?

Siehe die vorangegangene Antwort, Dachziegelbeispiel.

Schon wieder zurück rudern? Du kannst das gerne machen, ich betrachte das nicht als Schwäche. Aber dass du gleichzeitig behauptest, das wäre schon immer deine Ruderrichtung gewesen, nur ich wäre auf der falschen Spur...das raubt mir doch ein wenig die Fassung.

Ich verstehe nicht, inwiefern ich zurückrudere, indem ich nochmals betone, dass mein Interpretationsvorgehen nicht "beliebig" ist. Deine Argumentationsstruktur ist hier folgendermaßen: Du behauptest, dass mein Ansatz beliebig ist. Darauf erkläre ich, warum ich meinen Ansatz nicht für beliebig halte. Worauf du erwiderst, dass ich meine Position ändere, weil ich erst für Beliebigkeit und dann dagegen eingetreten wäre. Genaugenommen handelt es sich dabei nicht um eine Argumentations- sondern um eine Unterstellungsstruktur.

Natürlich ist " betrachte ich das als eine rigorise Arbeit, bei der ich meine Voraussetzungen und mein Erkenntnisinteresse im Vorhinein klar mache und mich auch daran halte " ganz meine Linie. Das ist im ersten Satz genau das, was ich behauptet habe, und was ihr nicht wahrhaben wollt. Denn meine Aussage lautete nur: Es gibt nichts, was ich nicht für verstehbar halte, Vorwissen oder ein angemessenes Nachholen von Vorwissen vorausgesetzt. Wenn ich einen Text nicht verstehen kann, dann hat der Autor sich nicht genügend Mühe gegeben oder er hat nichts zu sagen.

Meine Aussage und deine haben hier nicht das geringste miteinander zu tun. Ich sage: Ich bemühe mich, einen Text zu "verstehen", wenn er mich interessiert. Dazu bringe ich bestimmte Annahmen und Voraussetzungen mit. Die Interpretationsarbeit ist für mich eine, die keine Eindeutigkeit des Textes voraussetzt. Deshalb besteht tatsächlich eine Gefahr der Beliebigkeit, der ich allerdings nicht begegne, indem ich auf die Intention des Autors poche, um meine Lesart damit zu autorisieren, sondern, indem ich meine Herangehensweise an den Text möglichst klar darstelle. Du sagst dagegen: Wenn du es nicht verstehst, hat der Autor sich nicht genug Mühe gegeben. Damit bist du wieder bei einer Interpretation, die offenbar der Autorisierung durch den Autor bedarf. Das sind zwei unterschiedliche Positionen.

Um deine rigorosen Vorbereitungen in Gang zu setzen, musst du den Text doch verstanden habe. Nein, nicht vollständig verstanden (ich beantworte schon vorauseilend wollüstiges Verrücken meiner Autorenintention, erstklassiger Kandidat: Simi), aber zumindest schon soweit verstanden, dass du einen Anknüpfungspunkt für deine Arbeit findest. Denn du könntest die bestimmten Fragen, die Voraussetzungen und dein Erkenntnisinteresse nicht klarmachen, wenn der Text dir dazu keinen Bezug liefern würde.

Ich muss bei der Interpretationsarbeit ein Verständnis von dem Text entwickeln und es argumentativ begründen können. ich muss den Text nicht im Sinne der Entschlüsselung einer Botschaft des Autors "verstanden haben".

Und wieso interessiert dich nicht, was der Autor damit sagen will? In „Shadows over Innsmouth“ interessiert dich doch, ob Lovecraft nicht seiner Besorgnis über das Aussterben der anglikanischen Rasse Ausdruck geben wollte. Was hast du denn da anderes getan, als dich mit der Autorenintention zu befassen, auch wenn du letztlich nur zu dem Schluss kamst, zu unsicher und zu uninteressant?

Ich habe das erklärtermaßen als Beispiel verwendet, warum ich die Suche nach der Autorenintention für uninteressant halte. Es interessiert mich nur sehr am Rande, das Lovecraft erklärter Rassist und Antisemit war.

Ich weiß nicht, welchen Vorwurf ich gemacht habe, jetzt mache ich dir einen: Eine kleine Beleidigung darf nicht fehlen, wenn es sachlich nicht weitergeht, gelle?

Nun mal nicht überempfindlich werden. Ich halte das für eine begründete Einschätzung, dass du dich nicht viel mit Literaturtheorie beschäftigt hast, kann mich aber natürlich irren. Das ist vielleicht nicht über die Maßen charmant von mir, aber wohl auch nicht beleidigender als die Aussage, ich würde mich mit meinem Ansatz in der "Hölle der beliebigkeit" bewegen. Beides unterstellt ein hohes Maß an Inkompetenz.

Außerdem: behaupte nie mehr, die Autorenintention würde dich nicht interessieren. Du und Guido und Simi habt euch außerordentliche Mühe gegeben, meine Intentionen zu verstehen. Genauer gesagt, misszuverstehen. Genauer gesagt in einem von euch gewollten Sinn misszuverstehen. Nicht nur das, ihr habt sie sogar versucht sie zu entstellen.

Natürlich könnte ich auch eine literaturwissenschaftliche Analyse Analyse deiner Postings versuchen, die deine bewussten Annahmen auf ihre historischen Möglichkeitsbedingungen untersucht. Zum Beispiel könnte ich die Annahme äußern, dass in der von dir vorgestellten Herangehensweise ein positivistischer Common Sense der Moderne zum Ausdruck kommt. Eine Ergründung deiner Intention ist das wahrscheinlich nicht. Aber für eine Forumsdiskussion erscheint es mit durchaus recht sinnvoll, zu verstehen, was mir jemand tatsächlich und intentional sagen will, sonst würde eine Diskussion ungemein erschwert und ständig die Ebenen wechseln müssen. Das heißt aber nicht, dass es möglich wäre, deine Intention als Schreiber jemals mit endgültiger Sicherheit zu bestimmen.

Nur mal als kleine Zusammenfassung allein in diesem kurzen letzten Text von dir: 1.Vorwurf der Subjektivierung des Begriffs Autorenintention, das ist exakt die Subjektivierung, die du selbst verwendet hast.

Stimt nicht, siehe oben.

2.a) Bestreiten der Bedeutung des Begriffes „Geschichtsintention“. Deine eigenen Worte waren: „die Geschichte könne mehr beinhalten, als der Autor gewollt habe“, womit du gleichzeitig b)eine dümmliche Behauptung von mir wegfegst. Nur habe ich diese Behauptung nie in Frage gestellt.

Finde ich schwer verständlich ausgedrückt. Weise nur noch mal darauf hin, dass eine "Intention" für mich nicht gleichbedeutend mit "Inhalt" oder "Effekt" ist.

3.Die kleine Beleidigung zum Abschluss

Nehme ich gerne zurück, sobald gegenteilige Indizien vorliegen.

Du hast die unangenehme Angewohnheit, Fragen nicht zu beantworten.

ich fürchte, ich habe die zeitraubende Angewohnheit, ununterbrochen zu Antworten.

a) Du schriebst: Bemerken lässt sich aber, dass auch Schopenhauer einen relativ einfachen Sachverhalt hier nicht unbedingt auf die klarste und knappste Art darstellt. Er wählt seine Worte aber durchaus so, dass ein gelungener polemischer Effekt zustande kommt. Ich antwortete: Das stimmt beides und bedeutet was?

Bedeutet: Schopenhauer hätte seine Aussage einfacher formulieren können, damit wäre ihr aber etwas entscheidendes verloren gegangen. Das soll ein Argument gegen die prinzipielle Forderung nach größtmöglicher Einfachheit des Ausdrucks sein.

;) Ich schrieb: Ich habe schon Keyserling genannt. Wie ordnest du seine Schreibe ein? Verpackt er uns auch eine Botschaft, die wir nur enträtseln müssen?

Habe Keyserling nicht gelesen, erlaube mir kein Urteil.

c) Ich schrieb: Welche Gefühle will mir eine Literatur, die ich nicht verstehe, aber vermitteln außer dem Ärger, dass ich sie nicht verstehe? Will das der Autor? Lehnt er sich in seinen Sessel zurück, wenn er sein Werk vollendet hat und denkt: „ Nu assoziier ma schön!“?

Die Literatur "will" gar nichts. Sie ist da. Die Frage ist: Was willst du mit ihr? Wenn du nichts mit ihr willst, leg das Buch weg und lies ein anderes. Kein Problem. Aber erzähl nicht anderen, dass der Autor etwas "falsch" gemacht hätte, weil seine Sprache dir zu anstrengend ist.

d) Was unterscheidet Keyserling von James Joyce?

Weiß ich nicht (siehe oben)

e) Du schriebst: Ein Autor hat seinen Text niemals voll unter Kontrolle... Ich antwortete: Eben, inwieweit er ihn aber unter Kontrolle hat, das würde ich gerne wissen, das ist mein Ausgangspunkt.

Was genau ist deine Frage?

Ganz abgesehen, dass dies eine jener Aussagen ist, die den falschen Rückschluss erzeugen sollen, ich hätte behauptet: Ein Autor hat seinen Text immer voll unter Kontrolle: Und das ist Schwachsinn und wieder der Versuch, mir etwas unterzujubeln.

Der von dir zitierte Satz war Teil einer Argumentation, die eben nicht ohne die Betonung dieses Umstands auskommt. Damit habe ich dir noch lange nicht die Gegenposition untergejubelt.

Wir reden also mindestens über den Teil des Textes, den er unter Kontrolle hat. Für den wird er bezahlt. Für den bekommt er vielleicht einen Preis. Und ich habe noch nie eine Preisablehnung gehört mit dem Grund: Wir geben ihnen den Preis nicht. Denn sie hatten ihren Text nicht unter Kontrolle. Das ist eigentlich nicht ihrer.

Ich denke, der Autor wird für das gesamte Werk bezahlt/bekommt einen Preis. Die Jury wird sicher nicht anfangen zu ermitteln, was der Autor wirklich "wollte" und was an interessantem Subtext sich vielleicht unbeabsichtigt eingeschlichen hat. Teil zwei deines Arguments verstehe ich nicht: Natürlich würde man niemandem mit dieser Begründung einen Preis verwehren, weil das einfach nicht der Punkt ist. Der Punkt ist die (immer teilweise, aber nie völlig subjektive) Qualität des Werkes. Du setzt einmal mehr voraus, dass nur die Intention des Autors den Text autorisieren kann. Das halte ich für falsch, und diesen Dissenz wirst du leider einfach zulassen müssen.

Um es abzuschließen: Mike Lawrence (ein Bridge-Profi) sagte einmal: „Es reicht nicht, Erfahrungen zu machen. Man muss sie auch auswerten.“ Ihr habt zwar weit mehr Leseerfahrung als ich, aber welche Erfahrungen ihr verinnerlicht habt, sehe ich nicht. Außer der Übung im Entstellen von Aussagen. Für Simi und Guido gilt: Ihr habt außerdem noch Übung im Stänkern. Und das macht ihr so schlecht, dass es mir auffällt, der ich weder in der Literatur noch im Stänkern nennenswerte Erfahrung habe.

Ich weiß nicht, ob ich mehr Leseerfahrung habe. Allerdings habe ich eine gewisse Erfahrung mit Literatur- und Filminterpretation (wie du z.B. mit einem Blick auf meinen blog überprüfen kannst). Auf dieser Basis diskutiere ich mit einem ernsthaften Interesse daran, eine Gegenposition zu kritisieren. Das mit der "Entstellung von Aussagen" erscheint mir wie eine Projektion deinerseits: Du versuchst doch gerade, mir zu beweisen, dass ich in Wirklichkeit völlig Widersprüchlich argumentierst, indem du Zitate von mir aus dem Kontext reißt oder stillschweigend so tust, als hieße "Tendenz" und "Intention" das gleiche. Das ist nicht gerade ein rigoroser und exakter Umgang mit Sprache.
"If the ideology you read is invisible to you, it usually means that it’s your ideology, by and large."

R. Scott Bakker

"We have failed to uphold Brannigan's Law. However I did make it with a hot alien babe. And in the end, is that not what man has dreamt of since first he looked up at the stars?" - Zapp Brannigan in Futurama

Verlag das Beben
Otherland-Buchhandlung
Schlotzen & Kloben
Blog
  • (Buch) gerade am lesen:Zachary Jernigan, No Return/James Tiptree Jr., Zu einem Preis
  • (Buch) als nächstes geplant:Samuel R. Delany, Dunkle Reflexionen/Thomas Ziegler, Sardor - Der Flieger des Kaisers
  • • (Buch) Neuerwerbung: Julie Phillips, James Tiptree Jr. (Biographie)
  • • (Film) gerade gesehen: Oblivion
  • • (Film) als nächstes geplant: Star Trek Into Darkness
  • • (Film) Neuerwerbung: American Horror Story (Serie)

#52 molosovsky

molosovsky

    Phantastik-Fachdepp

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 2.172 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Ffm

Geschrieben 26 August 2007 - 18:54

Drei kleine aber mir wichtige Einwürfe:

1) Ich geselle mich zu Frank Haubold und schlage darüberhinaus vor, die dafür in Frage kommenden Beiträge hier in den Thread "Besser komliziert oder einfach genial - Qualität und ihre Stilmittel". zu verschieben.
Das Gefrickel kann ich machen, will aber diese Entscheidung nicht übers selbstmächtige Knie brechen.

2) Wegen Jacobs meiner Ansicht nach unglücklicher kurzer Bemerkung zu Lovecraft ...

Es interessiert mich nur sehr am Rande, das Lovecraft erklärter Rassist und Antisemit war.

... will ich keinen neuen "Nebenkriegsschauplatz" aufmachen, sondern kann nur bitten, sich mal meinen Blogeintrag über Onkel HP"Lovecrafts Träumereien" durchzulesen.

3) Desweiteren für jene, die noch nicht genug Foren- und Blog-"Quatsch" zum Lesen haben, hier noch auf Link auf meine heutige Stellungnahme zum Problem poststrukturalistischer Strömungen im Brights-Blog.

Grüße
Alex / molo

Bearbeitet von molosovsky, 31 August 2007 - 10:11.

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.

Mehr Gesabbel von mir gibts in der molochronik

••• G+ ••• twitter ••• Goodreads ••• flickr ••• flattr •••


#53 Jakob

Jakob

    Temponaut

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 1.979 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Berlin

Geschrieben 26 August 2007 - 19:20

2) Wegen Jacobs meiner Ansicht nach unglücklicher kurzer Bemerkung zu Lovecraft ...

... will ich keinen neuen "Nebenkriegsschauplatz" aufmachen, sondern kann nur bitten, sich mal meinen Blogeintrag über Onkel HP"Lovecrafts Träumereien" durchzulesen.

Ach mensch, Leute ... ich sage doch nur, dass mich Lovecrafts persönliches Denken eher weniger interessiert. Das heißt noch lange nicht, dass die Auseinandersetzung mit seiner Person in Verbindung mit seinen Texten nicht auch Aufschluss über die Hintergründe rassistischen Denkens geben kann. Darum geht's mir doch die ganze Zeit, um eine HISTORISCHE Analyse, die hat natürlich auch mit dem Autor zu tun, aber nicht unbedingt mit seiner Intention.

Aber jetzt wird mir wahrscheinlich gleich wieder Widersprüchlichkeit vorgeworfen ...
"If the ideology you read is invisible to you, it usually means that it’s your ideology, by and large."

R. Scott Bakker

"We have failed to uphold Brannigan's Law. However I did make it with a hot alien babe. And in the end, is that not what man has dreamt of since first he looked up at the stars?" - Zapp Brannigan in Futurama

Verlag das Beben
Otherland-Buchhandlung
Schlotzen & Kloben
Blog
  • (Buch) gerade am lesen:Zachary Jernigan, No Return/James Tiptree Jr., Zu einem Preis
  • (Buch) als nächstes geplant:Samuel R. Delany, Dunkle Reflexionen/Thomas Ziegler, Sardor - Der Flieger des Kaisers
  • • (Buch) Neuerwerbung: Julie Phillips, James Tiptree Jr. (Biographie)
  • • (Film) gerade gesehen: Oblivion
  • • (Film) als nächstes geplant: Star Trek Into Darkness
  • • (Film) Neuerwerbung: American Horror Story (Serie)

#54 molosovsky

molosovsky

    Phantastik-Fachdepp

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 2.172 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Ffm

Geschrieben 26 August 2007 - 19:31

@Jakob: Meinerseits eben kein weiterer Einspruch von mir, denn ich kenne Dich ja als "sauberen Argumentierer". Meinen weiterführenden Link hab ich wieder mal mit dem zufällig Vorbei-Googel-Leser im Hinterköpfen gelegt. Nicht das dann womöglich wieder genickt wird: Jaja, der HPL war ein lupenreiner Antisemit (aber: Heirat mit Jüdin) und Fascho (flappsig aber genauer: verklemmter Freigeist). GrüßeAlex / molo

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.

Mehr Gesabbel von mir gibts in der molochronik

••• G+ ••• twitter ••• Goodreads ••• flickr ••• flattr •••


#55 Jakob

Jakob

    Temponaut

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 1.979 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Berlin

Geschrieben 26 August 2007 - 23:08

@Jakob: Meinerseits eben kein weiterer Einspruch von mir, denn ich kenne Dich ja als "sauberen Argumentierer". Meinen weiterführenden Link hab ich wieder mal mit dem zufällig Vorbei-Googel-Leser im Hinterköpfen gelegt. Nicht das dann womöglich wieder genickt wird: Jaja, der HPL war ein lupenreiner Antisemit (aber: Heirat mit Jüdin) und Fascho (flappsig aber genauer: verklemmter Freigeist). Grüße Alex / molo

Ja, stimmt, war ja auch ein richtiger Einwurf. War nur gerade noch genervt von der Frage-Antwort-Orgie, deshalb etwas unleidig geantwortet ...
"If the ideology you read is invisible to you, it usually means that it’s your ideology, by and large."

R. Scott Bakker

"We have failed to uphold Brannigan's Law. However I did make it with a hot alien babe. And in the end, is that not what man has dreamt of since first he looked up at the stars?" - Zapp Brannigan in Futurama

Verlag das Beben
Otherland-Buchhandlung
Schlotzen & Kloben
Blog
  • (Buch) gerade am lesen:Zachary Jernigan, No Return/James Tiptree Jr., Zu einem Preis
  • (Buch) als nächstes geplant:Samuel R. Delany, Dunkle Reflexionen/Thomas Ziegler, Sardor - Der Flieger des Kaisers
  • • (Buch) Neuerwerbung: Julie Phillips, James Tiptree Jr. (Biographie)
  • • (Film) gerade gesehen: Oblivion
  • • (Film) als nächstes geplant: Star Trek Into Darkness
  • • (Film) Neuerwerbung: American Horror Story (Serie)

#56 molosovsky

molosovsky

    Phantastik-Fachdepp

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 2.172 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Ffm

Geschrieben 27 August 2007 - 09:41

Alles paletti, Jacob, etwas in der Richtung hab ich mir gedacht. ;) GrüßeAlex

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.

Mehr Gesabbel von mir gibts in der molochronik

••• G+ ••• twitter ••• Goodreads ••• flickr ••• flattr •••


#57 simifilm

simifilm

    Cinematonaut

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 8.919 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Zürich

Geschrieben 28 August 2007 - 14:05

Ich habe bisher auf deine wiederholten Beleidigungen und Anfeindungen nicht geantwortet, weil das hieße, in charakterlichen Niederungen zu wühlen. Ich mache das jetzt ein einziges Mal:

Ich kann nur kurz antworten, da ich in den Ferien in einem Internetkaffee sitze, aber mit den ad hominem-Attacken und dem voelligen Verzichten auf das Eingehen der Posts anderer hat ein anderer begonne.

Da faselst du also, dass dieser Text keine Bedeutung hat???

Ich versuche lediglich, Deinen Pauschalaussagen Gestalt zu verleihen, wenn mir das misslingt, liegt das vielleicht ja an Deinem Hang zu undifferenzierten Aussgen.

Geh wieder zurück zur Schule!!!

Aha.

Übrig bleiben noch dein klares Ziel wie auch deine plumpe Methodik, mit der du dich fleißig abrackerst, mich in die Ecke des Idioten zu schieben.

Das machst Du selbst durch Deine ueberlegene Diskussionstechnik. Erst nach dem alle ueber dich hergefallen sind, hast Du Dir ueberhaupt die Muehe genommen, halbwegs sachlich zu antworten, vorher war's nur ad hominem.

Mir sind Menschen aufgefallen, die andere schlechtdenken müssen, damit sie psychisch überleben können. Du gehörst auch in diese Gruppe.

Schoen, was du so alles weisst von mir. Alle Achtung. Ein noch groesserer Psychologe als Literaturkenner.

Signatures sagen nie die Wahrheit.

Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.

Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.

Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
 

zfs40cover_klein.jpg ZFS16_Coverkleiner.jpg

  • (Buch) gerade am lesen:Samuel Butler: «Erewhon»
  • (Buch) als nächstes geplant:Samuel Butler: «Erewhon Revisited»
  • • (Film) gerade gesehen: «Suicide Squad»
  • • (Film) Neuerwerbung: Filme schaut man im Kino!

#58 Alberich

Alberich

    Limonaut

  • Mitglieder
  • PIP
  • 19 Beiträge
  • Geschlecht:männlich

Geschrieben 31 August 2007 - 08:22

@JakobSauber ist deine Argumentation nicht. Schon weil du mich erst misinterpretierst und das Misinterpretierte beantwortest. Das ist unredlich.Dein Fehlervorwurf "Subjektivierung von "Geschichtsintention" ist bereits widerlegt, aber mit einem erneuten Vorwurf kannst du ja wieder von den Fragestellungen ablenken.Deine "rigorise Arbeit" soll nach was klingen, (doch, ich habe den Schreibfehler bemerkt, er stammt von dir) bleibt aber undeutlich und erzielt das Gegenteil der beabsichtigten Wirkung. Es erweckt Zweifel, ob du arbeitest.Mit deinen Allgemeinheiten, deinen Hinweisen, was du liest und was du kannst und was andere nicht gelesen haben, gibst du plump an. Niemand von den Könnern, mit denen ich diskutiere, und die soviel gelesen haben wie du oder mehr und das aber auch im Gegensatz zur dir verstanden, haben das je getan. Die haben de Gedanken vorgestellt und diskutiert. Dass ich abstrakte Begriffe subjektiviere ist Absicht von mir, du hoffst nur wieder, mir das als Fehler anzuschreiben. Damit stellst du dich wieder nicht den Gedankengängen. Ich hätte auch deine vielen Fehler aufzählen können, aber darum ging es mir nicht.Es ging mir um die Sache, dir um deine Eitelkeit.In der Beliebigkeit fühlst du dich wohl, weil sie dich nicht fordert.Es ist die Hölle, weil sie dich geistig lähmt.Sie erzeugt dein ausdrucksloses Wischi-Waschi. Du erzählst zu häufig, was du nicht machst.Deine Schreibe ist ohne Bild, ohne Beispiel und auch ohne Witz. Plötzlich fällt dir ein, dass du Texte "historisch analysierst. Das soll dir jemand abnehmen?Als ich anfangs Schopenhauers Ansicht über "Stilgecken" zitierte, konnte ich nicht ahnen, in ein Wespennest gestochen zu haben.Ich danke euch, dass ihr euch als lebende Belege für meine Thesen zur Verfügung gestellt habt.Hat Spaß gemacht

#59 ThK

ThK

    Temponaut

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 1.008 Beiträge
  • Wohnort:Herne

Geschrieben 31 August 2007 - 08:51

Also wenn ich das mal zusammenfassen darf: Ihr beide mögt euch also nicht. Vielleicht solltet ihr mal drüber reden. Worum wars hier eigentlich ursprünglich mal gegangen?

#60 Gast_Michael Iwoleit_*

Gast_Michael Iwoleit_*
  • Guests

Geschrieben 31 August 2007 - 09:30

Worum wars hier eigentlich ursprünglich mal gegangen?

Äh, tja... gute Frage. Nächste Frage bitte! PS Wo steckst Du eigentlich, wenn man Dich mal erreichen will, Herr Küper? Schreib mir mal 'ne Mail, ich hätte da was.

Bearbeitet von Michael Iwoleit, 31 August 2007 - 09:53.



Besucher die dieses Thema lesen: 0

Mitglieder: 0, Gäste: 0, unsichtbare Mitglieder: 0