Naja, Morgaine war halt die negativeste Figur in der Englischen Sagenwelt. Daran ist nichts zu rütteln. Die Figur war durch und durch böse.
Ich sag's ja ungern, aber die Version von Marion Zimmer-Bratwurscht ist, jedenfalls im Vergleich zu anderen modernen Variationen des Stoffes, mit am dichtesten am ursprünglichen Legendenschatz.
Danach ist Morgaine le Fay in erster Linie eine bereits zu Lebzeiten nahezu mystische Gestalt (wie so ziemlich alle wichtigen Protagonisten früh- und hochmittelalterlicher Geschichten). Sie war Königin, Heilerin und wohl auch Zauberin, befand sich in gutem Einvernehmen mit ihrem Halbbruder Artus und rettete ihm auf Avalon den Hintern. Ein Problem hatte sie in diesem ältesten Legendenkreis mit Guinevere, was aber auch einen guten Grund hatte, denn immerhin hat die König mit Lancelot rumgemacht und damit dem König die Hörner aufgesetzt.
In der extremsten, aber auch der fast jüngsten nicht neuzeitlichen Fassung - und darauf bezieht sich wohl die heute überwiegende Sicht - ist sie die Gegnerin Artus', trickst diesen in ein inzestuöses Verhältnis und bringt als dessen Ergebnis Modred zur Welt, der später Artus tötet.
Um der im Legendenstoff vermittelten Wahrheit und der genealogischen Logik die Ehre zu geben, muss man aber einige Dinge beachten: Artus war in jeder Version das Ergebnis eines Fehltritts seines Vaters, während Morgana die rechtmäßige Erbin darstellte, wobei allerdings keine weibliche Thornfolge vorgesehen ist. Aber Modred, der in der negativen Version gezeugte Inzest-Sohn hat mehr legitimen Anspruch auf den Thron, denn im Gegensatz zu seinem Vater hat er drei Viertel königliches Blut, sein Vater nur zwei Viertel. Somit hätte Artus eigentlich, der Regel der männlichen Thronfolge gehorchend, den Platz für den volljährig gewordenen Modred räumen müssen - Modred war nach zeitgenössischer Rechtsauffassung geradezu verpflichtet (!) jedes Mittel anzuwenden, um seinen rechtmäßigen Anspruch durchzusetzen. Und wenn Artus nicht freiwillig geht, muss man eben nachhelfen.
Mit solchen Feinheiten hat sich natürlich die romantische Behandlung des Stoffes nicht auseinandergesetzt: Da ist es schon schlimm genug, dass eine Frau überhaupt Politik macht. Und wenn sie dann noch Zauberin ist, ist sie nach christlicher Vorstellung eine Hexe und damit tendenziell zu allem fähig. Tadaaa, die böse Morgana ist fertig.