Illusion der Freiheit
#1
Geschrieben 24 März 2009 - 03:27
#2
Geschrieben 24 März 2009 - 10:28
Signatures sagen nie die Wahrheit.
Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.
Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.
Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
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#3
Geschrieben 24 März 2009 - 11:04
R. Scott Bakker
"We have failed to uphold Brannigan's Law. However I did make it with a hot alien babe. And in the end, is that not what man has dreamt of since first he looked up at the stars?" - Zapp Brannigan in Futurama
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#4
Geschrieben 24 März 2009 - 15:03
Ich denke auch, dass in dieser Diskussion viel davon abhängt, wie man den scheinbar so simplen Begriffe "Wille" versteht; je nach Definition haben die entsprechenden neurologischen Experimente dann überhaupt keine Bedeutung.Muss ich mir jedenfalls mal ansehen. Mein Vorurteil über die Hirnforschung ist ja, dass sie da mit einem sehr platten Begriff vom "Willen" arbeitet.
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#5
Geschrieben 27 März 2009 - 12:08
#6
Geschrieben 27 März 2009 - 13:23
Irgendwie muss ich da immer an Büchner denken: "Was ist das, was in uns lügt, mordet, stiehlt?".Ich hab' es fast befürchtet, in einer halben Stunde kann man das Thema nicht vernünftig abhandeln, viel Mediengedöhns, zu wenig Hintergrund. Mich hatte vor allem interessiert, welche Nachweise es zur These gibt, daß das Bewußtsein lediglich eine analytische Instanz, das "Ich" als Entscheider nur ein Prädiktor ist. Ich finde die Idee lustig, daß das Bewußtsein sozusagen "verzweifelt" bemüht ist, sich einen Reim aus den Entscheidungen einer anderen Verarbeitungsebene zu machen, um den Anschein aufrechtzuerhalten, es hätte selbst entschieden. Quasi das Abbild von bestimmten Managertypen.
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#7
Geschrieben 27 März 2009 - 14:34
Tja.Irgendwie muss ich da immer an Büchner denken: "Was ist das, was in uns lügt, mordet, stiehlt?".
#8
Geschrieben 27 März 2009 - 16:02
http://www.literatopia.de
#9
Geschrieben 27 März 2009 - 16:04
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#10
Geschrieben 27 März 2009 - 17:11
Ja, das berühmte "aus dem Bauch heraus". Ich sehe das auch so wie du. Unser "Bauchgehirn" steuert die Instinkte, schnellen Entscheidungen und so weiter, während unser "Planhirn" oben im Kopf länger Zeit hat zu grübeln und weitreichendere Entscheidungen mit Vorausschau auf die Zukunft bzw. mit Rücksichtnahme auf die Vergangenheitserfahrungen trifft. Natürlich sind wir immer noch von Instinkten beherrscht, wir sind ja keine Maschinen. Aber das eine widerspricht doch nicht dem anderen - man kann deswegen doch trotzdem die Möglichkeit zur "freien Entscheidung" haben. Darin schließe ich Wunschträume und Zielvorstellungen mit ein.Das Experiment ist ja gewissermaßen ein alter Hut. Ich finde es ehrlich gesagt etwas lächerlich, Willensfreiheit anhand von Funktionen wie Arm heben zu messen - wir wären überhaupt nicht lebensfähig, wenn wir über jede Bewegung nachdenken müssten. Dem liegt doch kein wirklicher Entscheidungsprozess zu Grunde, wie will man da von Wille reden? Und wenn davon gesprochen wird, dass das Unterbewusstsein entscheidet und wir nichts zu sagen haben - was ist denn dieses Unterbewusstsein? *mal im Raum stehen lass* Kann ja auch sein, dass wir uns entscheiden und erst danach begreifen, warum wir so entschieden haben. Vielleicht kennt der ein oder andere die Situation, dass Entscheidungen getroffen werden, längst bevor man überlegt - meist sind das die richtigen. Wie gesagt, was ist denn dieses "Unterbewusstsein"? Warum so tun, als wäre es kein Teil von uns? ... Und warum spricht man Willensfreiheit ab, nur weil man unbewusst schneller ist als bewusst ... das heißt nicht, dass aufgrund größerer Geschwindigkeit einer Entscheidungstreffung, diese unfrei erfolgt. Ich will nicht grundsätzlich behaupten, dass der Wille frei ist - ist wohl nach wie vor eine philosophische Frage. Vielleicht kann man dem mit wissenschaftlichen Experimenten nachhelfen, aber oben genanntes halte ich für ungeeignet.
#11
Geschrieben 28 März 2009 - 02:41
Genaugenommen bestand die Entscheidung darin, ob ein Finger oder die komplette Hand gebeugt wurde. Es ist aber trotzdem nach meiner Meinung kein echter Entscheidungsprozeß, da keine Reaktion auf einen externen Reiz erfolgt. Der normale willentliche Entscheidungsprozeß ist in eine Trias Reiz-Entscheidung-Handlung eingebettet. Beim Libet-Experiment handelt es sich m.E. um einen Spezialfall einer automatisierten Handlungsentscheidung. Bei einer solchen Automatisation, Klavierspieler kennen den Effekt, wird der Entscheidungsprozeß in das motorische Zentrum verlagert, was für die Deutung natürlich Konsequenzen hat.Das Experiment ist ja gewissermaßen ein alter Hut. Ich finde es ehrlich gesagt etwas lächerlich, Willensfreiheit anhand von Funktionen wie Arm heben zu messen - wir wären überhaupt nicht lebensfähig, wenn wir über jede Bewegung nachdenken müssten. Dem liegt doch kein wirklicher Entscheidungsprozess zu Grunde, wie will man da von Wille reden?
Dies ist natürlich eine Deutung, eine Schlußfolgerung der These, daß alle Entscheidungsprozesse so ablaufen. Wenn der Denkprozeß, dem wir ein "ich" zuordnen, keinen Einfluß auf die Enscheidung hätte, er sich also nur diese zueigen machen würde, dann wäre er von einer anderen Instanz abhängig, in einem gewissen Sinne also unfrei. Im Lichte der oben erwähnten Verlagerung einer automatisierten Entscheidung ist dies aber ein Trugschluß.Und wenn davon gesprochen wird, dass das Unterbewusstsein entscheidet und wir nichts zu sagen haben - was ist denn dieses Unterbewusstsein? *mal im Raum stehen lass* Kann ja auch sein, dass wir uns entscheiden und erst danach begreifen, warum wir so entschieden haben. Vielleicht kennt der ein oder andere die Situation, dass Entscheidungen getroffen werden, längst bevor man überlegt - meist sind das die richtigen. Wie gesagt, was ist denn dieses "Unterbewusstsein"? Warum so tun, als wäre es kein Teil von uns? ... Und warum spricht man Willensfreiheit ab, nur weil man unbewusst schneller ist als bewusst ... das heißt nicht, dass aufgrund größerer Geschwindigkeit einer Entscheidungstreffung, diese unfrei erfolgt.
Das ist auch meine Meinung.Ich will nicht grundsätzlich behaupten, dass der Wille frei ist - ist wohl nach wie vor eine philosophische Frage. Vielleicht kann man dem mit wissenschaftlichen Experimenten nachhelfen, aber oben genanntes halte ich für ungeeignet.
Bearbeitet von Konrad, 28 März 2009 - 03:03.
#12
Geschrieben 28 März 2009 - 05:33
Argh.@simi Wäre ein schöner Leitspruch für "Welt am Draht" gewesen. Ich würde allerdings das Original „Was ist das, was in uns hurt, lügt, stiehlt und mordet?“ vorziehen.
Es gibt hier, wie schon früher angedeutet, auch noch ein anderes Problem: Es lässt sich ohne Weiteres argumentieren, dass hier der eigentliche Willensentscheid schon früher stattgefunden hat. Der Proband hat sich durch seine Teilnahme am Experiment schon entschieden, eine Bewegung zu machen, was im Experiment dann getestet wird, ist nur die konkrete Ausführung, nicht aber der grundsätzliche Willensentscheid, der schon früher stattgefunden hat.Genaugenommen bestand die Entscheidung darin, ob ein Finger oder die komplette Hand gebeugt wurde. Es ist aber trotzdem nach meiner Meinung kein echter Entscheidungsprozeß, da keine Reaktion auf einen externen Reiz erfolgt. Der normale willentliche Entscheidungsprozeß ist in eine Trias Reiz-Entscheidung-Handlung eingebettet. Beim Libet-Experiment handelt es sich m.E. um einen Spezialfall einer automatisierten Handlungsentscheidung. Bei einer solchen Automatisation, Klavierspieler kennen den Effekt, wird der Entscheidungsprozeß in das motorische Zentrum verlagert, was für die Deutung natürlich Konsequenzen hat.
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#13
Geschrieben 28 März 2009 - 11:17
Das Argument verstehe ich nicht. Das Experiment bestand ja nicht nur aus einem, sondern aus einer ganzen Reihe der beschriebenen Entscheidungen und zwischen den Entscheidungen ist das gemessene Bereitschaftspotential zurückgegangen. Der zugeordnete Willensentscheid hatte einen Einfluß darauf, ob das Bereitschaftspotential eines oder aller Finger aktiviert wurde. Es ging nicht um die Handlung per se, sondern um die Differenzierung der Handlung.Es gibt hier, wie schon früher angedeutet, auch noch ein anderes Problem: Es lässt sich ohne Weiteres argumentieren, dass hier der eigentliche Willensentscheid schon früher stattgefunden hat. Der Proband hat sich durch seine Teilnahme am Experiment schon entschieden, eine Bewegung zu machen, was im Experiment dann getestet wird, ist nur die konkrete Ausführung, nicht aber der grundsätzliche Willensentscheid, der schon früher stattgefunden hat.
#14
Geschrieben 28 März 2009 - 11:26
Wir reden hier vom Libet-Experiment, oder? Dabei geht es darum, dass der Proband zu einem beliebigen Zeitpunkt die Hand hebt. Und das Ergebnis ist dann, dass der motorische Kortex die Handlung zeitlich vor dem subjektiven Empfinden des Entscheids vorbereitet. Die Frage ist dann, was eigentlich genau der Willensentscheid ist. Ist der eigentliche Entscheid - nämlich die Hand innerhalb eines bestimmten Zeitpunkts zu heben - nicht schon vor dem Experiment gefallen? Könnte man nicht argumentieren, dass im Experiment nur ein schon gefasster Beschluss ausgeführt wird?Das Argument verstehe ich nicht. Das Experiment bestand ja nicht nur aus einem, sondern aus einer ganzen Reihe der beschriebenen Entscheidungen und zwischen den Entscheidungen ist das gemessene Bereitschaftspotential zurückgegangen. Der zugeordnete Willensentscheid hatte einen Einfluß darauf, ob das Bereitschaftspotential eines oder aller Finger aktiviert wurde. Es ging nicht um die Handlung per se, sondern um die Differenzierung der Handlung.
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#15
Geschrieben 28 März 2009 - 11:41
Es existieren hier offensichtlich unterschiedliche Beschreibungen des Experiments, wobei Libet und die nachfolgenden Haggard/Eimer dieses auch variiert haben. In meiner Beschreibung aus Roths "Fühlen, Denken, Handeln" besteht die Entscheidung in einer Differenzierung der Handlung.Wir reden hier vom Libet-Experiment, oder? Dabei geht es darum, dass der Proband zu einem beliebigen Zeitpunkt die Hand hebt. Und das Ergebnis ist dann, dass der motorische Kortex die Handlung zeitlich vor dem subjektiven Empfinden des Entscheids vorbereitet. Die Frage ist dann, was eigentlich genau der Willensentscheid ist. Ist der eigentliche Entscheid - nämlich die Hand innerhalb eines bestimmten Zeitpunkts zu heben - nicht schon vor dem Experiment gefallen? Könnte man nicht argumentieren, dass im Experiment nur ein schon gefasster Beschluss ausgeführt wird?
#16
Geschrieben 28 März 2009 - 11:55
Ok, dann wurde das Experiment später anscheinend verfeinert; wenn verschiedene Bewegungen unterschieden werden, wird es in der Tat interessanter, wobei natürlich auch hier eine Abstufung möglich ist; ist der Entscheid, überhaupt an einem Tischtennismatch teilzunehmen, gleichwertig mit dem Entscheid, in einem bestimmten Ballwechsel den Ball auf eine bestimmte Art zu schlagen?Es existieren hier offensichtlich unterschiedliche Beschreibungen des Experiments, wobei Libet und die nachfolgenden Haggard/Eimer dieses auch variiert haben. In meiner Beschreibung aus Roths "Fühlen, Denken, Handeln" besteht die Entscheidung in einer Differenzierung der Handlung.
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#17
Geschrieben 28 März 2009 - 14:17
Tja, das Experiment ist viel ausgefuchster, als es die häufig pauschale Ablehnung vermuten läßt. Das Experiment bezieht sich ja auf den vom "ich" empfundenen Moment der Entscheidung und versucht alle gemessenen Handlungsaktivitäten in Relation zu diesen Zeitpunkt zu setzen. Die Archillesferse des Experiments ist, daß es keine objektive Testsonde für diesen Punkt gibt und ein Unterschied zwischen innerer und äußerer Zeit existiert. Dieser Tatsache war sich Libet sehr wohl bewußt, und hat sich nun eine raffinierte Methode des Abgleichs zwischen innerer und äußerer Uhr ausgedacht. Der Zeitpunkt der Entscheidung wird gekoppelt an die Wahrnehmung einer äußeren Uhr. Nun könnte man noch sagen, zwischen der Entscheidung und der Wahrnehmung liegt eine unbestimmte Verzögerungszeit. Diese Verzögerung hat nun Libet mit einem "Kalibrierungsexperiment" versucht zu ermitteln. Er hat einen elektrischen Reiz zu einem festen Zeitpunkt der äußeren Uhr an den Probanden eingespielt und hat registriert, welche äußere Zeit der Proband zum Zeitpunkt der Reizwahrnehmung festgestellt hat. Aus der Differenz hat er die beschriebene Verzögerungszeit abgeleitet. Also aus Sicht des Experiments wird mit dieser eingerechneten Verzögerungszeit alle gemessenen Aktivierungszeiten auf den gefühlten Entscheidungspunkt zurückgerechnet. Hier ist alles wasserdicht.Ok, dann wurde das Experiment später anscheinend verfeinert; wenn verschiedene Bewegungen unterschieden werden, wird es in der Tat interessanter, wobei natürlich auch hier eine Abstufung möglich ist; ist der Entscheid, überhaupt an einem Tischtennismatch teilzunehmen, gleichwertig mit dem Entscheid, in einem bestimmten Ballwechsel den Ball auf eine bestimmte Art zu schlagen?
#18
Geschrieben 30 März 2009 - 08:23
Bearbeitet von Konrad, 30 März 2009 - 08:44.
#19
Geschrieben 30 März 2009 - 09:06
R. Scott Bakker
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#20
Geschrieben 30 März 2009 - 11:41
Für mich ist das Libet-Experiment ein Beispiel dafür, daß man bei der Interpretation eines Versuchs sehr vorsichtig sein muß, wenn man die Details nicht kennt. Wobei man Libet keinen Vorwurf machen kann, denn sein Experiment galt wohl eher der Erkundung des merkwürdigen BP-Signals, als der Willensfreiheit. Libet hat aus dem prozessualen Charakter von BP niemals ein Hehl gemacht, im Gegenteil hat er bei der Interpretation noch nachgeschoben, daß das Bewußtsein noch bis 100ms vor der Handlung ein "Veto" einlegen könne. Man hat dieses Argument aber wohl nicht ernst genommen, denn es war nicht ganz klar, wie er dies gemessen hat; logischerweise gibt es nach einem Veto kein Bewegungssignal, also kann man das Signal nicht gleichartig ereigniskorrelieren. Ich denke, daß BP mit einem unbestimmten Handlungswunsch beginnt und erst am Ende kurz vor der Bewegung völlig eindeutig ist, welche Muskeln betätigt werden.Das klingt dann schon mal etwas logischer ... Ich hatte bisher auch immer den Eindruck, dass das Libet-Experiment (das ich in Kürze geschildert aus einem Spektrum-Artikel von Gerhard Roth kenne) einfach auf einem sehr idealistischen Begriff vom Freien Willen basiert, der nur das als selbstbestimmte Entscheidung annimmt, was direkt Folge eines innerlich schon vollständig ausartikulierten Handlungswillens ist. Ich halte es dagegen für völlig legitim, von einem Freien Willen zu sprechen, auch, wenn man es mit einem eher verwischten Prozess zu tun hat, wie er in Konrads Interpretation zu sehen wäre.
Wobei aber jeder sowas wie den "inneren Schweinehund" kennt, der bei dem Prozeß mitmischt.Ethisch wichtigter erscheint mir ohnehin, dass es mit dem Bewusstsein eine Instanz gibt, die das eigene Handeln reflektiert und damit das eigene Selbstbild und die zukünftigen Handlungen modifiziert, ganz egal, wann und auf welcher Ebene genau nun die Entscheidung für eine (ohnehin nur künstlich isolierbare) Einzelhandlung fällt. Ich halte es für erst mal unbestritten, dass Menschen ständig wertend auf ihr eigenes Handeln reflektieren und es dadurch auch modifizieren, womit die individuelle Verantwortlichkeit für dieses Handeln gegeben ist.
#21
Geschrieben 30 März 2009 - 11:59
Klar gibt es den ... ich glaube ja auch, dass allerlei bewusste und unbewusste Instanzen bei der Entscheidungsfindung mitwirken und dass man sich oft erst im nachhinein darüber klar wird, dass man vielleicht besser anders gehandelt hätte. Mir ging es jetzt erst mal nur um den populären Missbrauch, der gerne mit der Hirnforschung betrieben wird. Oft verkommt das alles ja zu der Schlagzeile, dass Menschen nicht verantwortlich sein für ihr Handeln, weil es eben keinen freien Willen gäbe. So wird dann mal eben behauptet, dass Experimente wie das Libet-Experiment mehrere Tausend Jahre Philosphie- und Ethikgeschichte über den Haufen werfen, und das halte ich schlicht und einfach für Unsinn. Ganz Unschuldig an diesem Missbrauch scheint mir Herr Roth selber allerdings auch nicht ... vielleicht ist er in seinen Büchern gewissenhafter, in Artikeln haut er jedenfalls schon gern ein bisschen mehr auf die Kacke.Wobei aber jeder sowas wie den "inneren Schweinehund" kennt, der bei dem Prozeß mitmischt.
R. Scott Bakker
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#22
Geschrieben 30 März 2009 - 12:50
#23
Geschrieben 30 März 2009 - 17:38
Man muss also das ganze Experiment ohnehin sehr viel enger betrachten: Es liefert keine Erkenntnisse zum freien Willen, nicht einmal zu der Frage, wie groß der Einfluss des bewussten Wollens auf das Gesamtergebnis eines Entscheidungsprozesses ist. Untersucht wird einzig und allein die Möglichkeit, inwiefern das Gefühl eines bewussten Entscheidungsprozesses eine Selbsttäuschung sein kann.
Das Problem bei der Interpretation des Ergebnisses durch Metaphysiker und Deterministen liegt darin, dass sie eigentlich beide auf eine metaphysische Ebene gehen: Die einen wollen den freien Willen komplett von der Berechenbarkeit lösen, also mehr darin sehen als das bloße Ergebnis eines biochemischen und physikalischen Prozesses. Und die anderen wollen den freien Willen widerlegen, indem sie das Ergebnis auf einen biochemischen und physikalischen Prozess reduzieren - womit sie dann aber wieder implizit die Prämisse akzeptiert haben, dass das "Selbst" und der "Wille" etwas anderes ist als das, was man messen und nachrechnen (und dann bei entsprechender Kapazität auch schlicht vorausberechnen) kann.
Nur wenn man unter "frei" = "frei von allen materiellen Grundlagen" versteht, dann liefert das Experiment auch eine durchaus handfeste Widerlegung des "freien Willens". Denn um das zu belegen, reicht schon der messbare Zusammenhang zwischen messbaren Entscheidungsprozessen im Gehirn und der konkreten Handlung aus. Wann das Bewusstsein hinzukommt, ist für den Angriff auf das metaphysische Konzept ohnehin schon überflüssig.
Nur wenn man überhaupt eine wissenschaftliche und nachprüfbare Definition des freien Willen akzeptiert hat, ist eine kleinschrittige Betrachtung des Experiments überhaupt sinnvoll - und dann geht es durchaus um unspektakulärere Detailfragen.
#24
Geschrieben 30 März 2009 - 18:29
Und selbst dafür ist es nicht geeignet.Man muss also das ganze Experiment ohnehin sehr viel enger betrachten: Es liefert keine Erkenntnisse zum freien Willen, nicht einmal zu der Frage, wie groß der Einfluss des bewussten Wollens auf das Gesamtergebnis eines Entscheidungsprozesses ist. Untersucht wird einzig und allein die Möglichkeit, inwiefern das Gefühl eines bewussten Entscheidungsprozesses eine Selbsttäuschung sein kann.
In Wirklichkeit weiß man doch gar nicht, was BP für ein Signal ist.
Die Korrelation zu einer Handlung ist in manchen Versuchsanordnungen deutlich unter 100%.
Aus der zeitlichen Abfolge irgendein Beweis für eine Kausalität herleiten zu wollen, ist doch ebenso halbseiden.
Wer sagt denn, daß nicht BP eine Art Prädiktorprozeß für das Bewußtsein darstellt?
#25
Geschrieben 30 März 2009 - 21:58
Ansonsten könnte man sich auch nicht ändern, eine frühere Entscheidung revidieren und dergleichen mehr; so zumindest sehe ich das.Ethisch wichtigter erscheint mir ohnehin, dass es mit dem Bewusstsein eine Instanz gibt, die das eigene Handeln reflektiert und damit das eigene Selbstbild und die zukünftigen Handlungen modifiziert, ganz egal, wann und auf welcher Ebene genau nun die Entscheidung für eine (ohnehin nur künstlich isolierbare) Einzelhandlung fällt. Ich halte es für erst mal unbestritten, dass Menschen ständig wertend auf ihr eigenes Handeln reflektieren und es dadurch auch modifizieren, womit die individuelle Verantwortlichkeit für dieses Handeln gegeben ist.
#26
Geschrieben 31 März 2009 - 10:57
#27
Geschrieben 13 Februar 2011 - 14:22
Entzaubert die Hirnforschung den Menschen?
Sehr interessantes Gespräch zwischen David Precht und Thomas Metzinger, das in SF1 und 3Sat gesendet wurde.
#28
Geschrieben 17 März 2019 - 09:56
Sehr später Nachtrag: Ein aktuelles Paper kommt zum Schluss, dass die in früheren Experimenten gemessenen Bereitschaftspotentiale, die dem bewusst wahrgenommenen Entscheid vorausgehen, nur bei arbiträreren Entscheiden wie eben dem Heben einer Hand nachweisbar sind. Bei komplexeren bewussten Entscheiden - im Experiment ging es um die Frage, welcher Organisation man 1000 Dollar spenden will - lassen sie sich nicht nachweisen. Sprich: Wenn eine Handlung auf Reflexion folgt, scheint der Wille dann doch einiges freier zu sein, als es das Libet-Experiment nahe legt.
Bearbeitet von simifilm, 17 März 2019 - 11:45.
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