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Definitionen und Motive in der Science-Fiction


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374 Antworten in diesem Thema

#241 Guido Seifert

Guido Seifert

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Geschrieben 27 August 2009 - 14:16

Hoffmann hat viele Schauergeschichten geschrieben, mit dem "Fräulein von Scuderi" einen Detektivroman in Holmes/Poirot/Rue Morgue-Manier

Also - wenn überhaupt - dann Poe in Hoffmann-Manier, würde ich doch sagen. Poe - der jüngere - ist durch Hoffmann beeinflusst.

P.S. Der Sandmann ist toll! Das Reclam-Heft ist preiswert. Das Lesen ein Spaß - wenn man sich drauf einlassen kann, was "Altes" zu lesen.

Auch hier: http://de.wikisource...ki/Der_Sandmann

#242 simifilm

simifilm

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Geschrieben 27 August 2009 - 14:40

Jetzt verstehe ich auch, was Du mit Modus und Genre meinst. :angry:
Ich hielt das für den umfassenderen und spezielleren Gattungsbegriff.

Wenn Modus der Gattungsbegriff und Genre eine Konvention der Verlage ist, ist mir der Unterschied auch klar.

(Rebellischerweise könnte ich jetzt sagen, dass es dann ja doch auf´s Cover ankommt, aber ich bin ja schon still. <_< )

Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, dass Genre nur Konvention der Verlage ist. Der jeweilige Genrebegriff ist aber pragmatisch, das heisst, er hängt davon ab, wer ihn wann zu welchem Zweck verwendet. Entscheidend ist also die Frage: wer nennt was in welchem Zusammenhang 'science fiction'. Eine Möglichkeit (aber längst nicht die einzige), das zu beantworten, ist zu schauen, was denn unter diesem Label verkauft wird. Der Modus dagegen richtet sich ausschliesslich nach Kriterien des Textes. Auf der Ebene des Modus kann man einen Roman wie Michel Houellebecqs Elementarteilichen definitiv unter SF einordnen, Du wirst den aber kaum je in einer Buchhandlung unter 'science fiction' finden, und wenn jemand von sich sagt, er sei SF-Fan, werden auch die wenigstens spontan vermuten, dass er ein Houellebecq-Liebhaber ist.

EDIT: Noch zu der Cover-Bemerkung: So idiotisch das klingt, ich glaube, dass die tatsächlich nicht ganz unwichtig sind. Nicht weniges, was als SF verkauft wird, hat ja diese typischen bunten Cover - so in der Art, wie ein gewisses Forummitglied sie mag, mit Tentakeln und grossen Brüsten http://www.scifinet....tyle_emoticons/default/wink.png -; so etwas prägt das Image des Genres. Wenn in der Buchhandlung unter 'science fiction' primär literarisch nicht Anspruchsvolles mit bunten Covers zu finden ist, dann hinterlässt das bei vielen eben den Eindruck, SF sei generell trivial und pubertär. Denn vielen ist nicht bewusst, dass so nur eine bestimmte Sorte von SF auftritt, respektive es würde ihnen nicht einfallen, ihren Pynchon oder Hoffmann damit in Verbindung zu bringen.

Bearbeitet von simifilm, 27 August 2009 - 16:21.

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#243 Crashlander

Crashlander

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Geschrieben 27 August 2009 - 16:31

Daß SF und Hochliteratur vielfach als sich gegenseitig ausschließend betrachtet werden, mag zum Teil auch daran liegen, daß in Deutschland leider immer noch eine gewisse "Technik- und Fortschrittsfeindlichkeit" in Bildungskreisen besteht, und daher für Vertreter dieser Haltung Werke, die sich mit Technik oder Fortschritt befassen, eben nicht "gut sein dürfen". Wenn dann doch soetwas gut sein sollte, dann kann es eben nicht SF sein (siehe z.B. die Diskussion über "1984", die hier ja auch schon geführt wurde, oder der Streit, ob "Frankenstein" nun SF oder Horror zuzurechnen sei). Solche Standesdünkel verhindern dann auch, daß eben die guten Werke auch entsprechend angepriesen werden, und so ein Bewußtsein geschaffen wird, daß sich unter SF eben auch das gesamte Qualitätsspektrum verbirgt.Zum Thema Modus ist mir ein Statement eingefallen, ich glaube es könnte aus Aldiss "Milliarden-Jahre-Traum" stammen: "SF ist eine Art zu schreiben" - das dürfte doch dem Modus-Begriff entsprechen, nicht der thematische Inhalt ist ausschlaggeben, sondern die Herangehensweise an das Thema.Zur "Phantastik": Ich habe das früher einmal so gelernt, daß Phantastik der Oberbegriff für alle Literatur ist, die sich nicht mit dem Realen beschäftigt, heute eben im wesentlichen unterteilt in SF, Fantasy und Horror (mit den Mischformen Science Fantasy, Wierd Fiction und Dark Fantasy - und im Zusammenhang mit der Vampir-Romantik vielleicht noch die Form, die ich mal "Schnulzor" nennen möchte, der Mischung aus Liebesschnulze und Horror :D ). Als "klassische Phantastik" könnten dann eben alle Werke gelten, die sich schon füher dem "Irrealen" angenommen haben. Damit sehe ich keine Probleme, wenn sich Verwandtschaften zur SF ergeben, da man eben die Phantastik als gemeinsamen Ursprung ansehen kann (im Bereich der SF natürlich auch die "Reiseliteratur" als Ursprung des Elements der Erforschung des Unbekannten). Ich denke, wenn man sich auf diesen Ursprung einläßt, dann kann man auch leichter damit leben, daß eben auch in der SF nicht alles neu ist, weil sie eben auch nur auf dem (fast) gleichen Grundstock der Literaturgeschichte aufbaut, diesen aber um die moderne Wissenschaft erweitert.

#244 simifilm

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Geschrieben 27 August 2009 - 16:55

Zum Thema Modus ist mir ein Statement eingefallen, ich glaube es könnte aus Aldiss "Milliarden-Jahre-Traum" stammen: "SF ist eine Art zu schreiben" - das dürfte doch dem Modus-Begriff entsprechen, nicht der thematische Inhalt ist ausschlaggeben, sondern die Herangehensweise an das Thema.

Aldiss meint wahrscheinlich nicht genau das Gleiche, aber die Richtung ist sicher die gleiche.

Zur "Phantastik": Ich habe das früher einmal so gelernt, daß Phantastik der Oberbegriff für alle Literatur ist, die sich nicht mit dem Realen beschäftigt, heute eben im wesentlichen unterteilt in SF, Fantasy und Horror (mit den Mischformen Science Fantasy, Wierd Fiction und Dark Fantasy - und im Zusammenhang mit der Vampir-Romantik vielleicht noch die Form, die ich mal "Schnulzor" nennen möchte, der Mischung aus Liebesschnulze und Horror :D ). Als "klassische Phantastik" könnten dann eben alle Werke gelten, die sich schon füher dem "Irrealen" angenommen haben. Damit sehe ich keine Probleme, wenn sich Verwandtschaften zur SF ergeben, da man eben die Phantastik als gemeinsamen Ursprung ansehen kann (im Bereich der SF natürlich auch die "Reiseliteratur" als Ursprung des Elements der Erforschung des Unbekannten). Ich denke, wenn man sich auf diesen Ursprung einläßt, dann kann man auch leichter damit leben, daß eben auch in der SF nicht alles neu ist, weil sie eben auch nur auf dem (fast) gleichen Grundstock der Literaturgeschichte aufbaut, diesen aber um die moderne Wissenschaft erweitert.

Hilfe, Keine Pantastikdiskussion, die gab's hier schon ausufernd! :rofl1:

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#245 Crashlander

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Geschrieben 27 August 2009 - 17:31

Okay, der zweite Abschnitt wurde hiermit nicht gepostet! :D

#246 †  a3kHH

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Geschrieben 27 August 2009 - 18:02

Hilfe, Keine Pantastikdiskussion, die gab's hier schon ausufernd! :rofl1:

Da Simon das nicht macht möchte ich hier einmal auf sein Buch hinweisen, in dem er u.a. auch dieses Thema behandelt. :D

#247 simifilm

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Geschrieben 27 August 2009 - 18:06

Da Simon das nicht macht möchte ich hier einmal auf sein Buch hinweisen, in dem er u.a. auch dieses Thema behandelt. :D

Und natürlich auf das nächste, das noch in Arbeit ist.

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#248 †  a3kHH

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Geschrieben 27 August 2009 - 18:14

Das eigentlich nur ein kleiner, dreiseitiger Artikel werden sollte ... aber wenn Geisteswissenschaftler mal ins Reden (oder Schreiben) kommen ... :lol:

#249 Puh

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    Giganaut

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Geschrieben 27 August 2009 - 18:46

Salut Crashlander, naja, das ist ja auch so ein Problem: der "Gespenster-Hoffmann", wie der E.T.A. Hoffmann so genannt wird, entspricht in etwa dem Edgar Allen Poe. Hoffmann hat viele Schauergeschichten geschrieben, mit dem "Fräulein von Scuderi" einen Detektivroman in Holmes/Poirot/Rue Morgue-Manier (im Giftmischer"paradies" des alten Paris; tolles Buch) usw. Er haut voll in die (historische) Problematik hinein, die Simi ja auch anspricht: Ein Mann, der sich in einen Roboter verliebt ist doch was SF-mäßiges, aber 1813 gab es noch keine SF (als Gattungsbezeichnung) usw. Des weiteren gilt Hoffmann aber auch als der Paradevertreter der deutschen Romantik, mit ihrer "Ästhetik des Hässlichen", der Schlegel'schen Universalpoetik usw. Wieder mal so ein "Problemfall", obwohl klassische Phantastik durchaus gut greift.

Zu allem Überdruss hat er auch noch die Lebensansichten des Kater Murr geschrieben - formal ein ausgesprochen modernes und brilliantes Buch. Schwierig allerdings - und wenn es um die literarische Klassifizierung geht....- Satire? Entwicklungsroman? Bildungsroman - und wo wäre da der Unterschied zum Entwicklungsroman? Aber zum eigenglichen Problem: "Dein Register hat ein Loch. Du hast Gift vergessen." So dann in Schillers Räuber zu finden. Was will ich damit sagen, ich meine, außer das ich notfalls auch Schiller zitieren kann :lol: ? Offenkundig habt ihr Literaturwissenschaftler irgendwie irgendwo ziemliche Probleme mit Eurer überkommenden Systematik, da befindet ihr euch allerdings in guter Gesellschaft, und wenn dann neue Literaturformen aufkommen, wie z.B. die SF, dann greift ihr konservativ und irritiert wie ihr dann seid (das ist keine Aussage über dich als Person!) ersteinmal auf die überkommenden Systematiken, tut der Realiät Gewalt an und ordnet das Neue irgendwie in das Alte ein, anstatt ersteinmal vorbehaltlos zu überprüfen, ob da nichts Neues ist, was dann auch mit neuen Methoden untersucht werden müsste. Was ja dann auch die Frage aufwürfe: mit welchen Methoden. Die müssten dann ja erst gefunden werden. Da man diese Unsicherheit nicht will und auch nicht so genau wüsste, welche Methoden man dann für SF z.B. verwenden sollte, macht man weiter wie gehabt und wundert sich, wenn man immer wieder in Aporien landet oder Löcher im Netz der Sytematik findet, die es nur noch zum Fangen von Riesendorschen geeignet erscheinen läßt. Was mich angeht, ich würde, wenn solche Probleme aufträten, ganz schnell einmal über meine Fragestellung nachdenken; und das mindeste wäre, dass ich von Was- auf Wie-Fragen umschaltete. Die Urheberschaft für dieses Vorgehen liegt aber bei einem viel klügeren Kopf als ich es je sein werde. :D

#250 Puh

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    Giganaut

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Geschrieben 27 August 2009 - 18:51

Mal eine doofe Zwischenfrage: warum wird überhaupt diskutiert, ob "Hochliteratur" (was immer das konkret ist) und SF (was immer das konkret ist) irgendwie einander ausschließen? SF kann man mMn nach nur an Themen und Inhalten festmachen (und nur, welche Inhalte das sind oder im Zweifelsfall auch nicht, ist strittig), Hochliteratur nur an

Vermutlich, weil die Leute, die das machen keine Ahnung haben und sagen wir einmal "Die Schule der Atheisten" sowieso nicht verstehen würden.

#251 simifilm

simifilm

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Geschrieben 27 August 2009 - 21:19

Offenkundig habt ihr Literaturwissenschaftler irgendwie irgendwo ziemliche Probleme mit Eurer überkommenden Systematik, da befindet ihr euch allerdings in guter Gesellschaft, und wenn dann neue Literaturformen aufkommen, wie z.B. die SF, dann greift ihr konservativ und irritiert wie ihr dann seid (das ist keine Aussage über dich als Person!) ersteinmal auf die überkommenden Systematiken, tut der Realiät Gewalt an und ordnet das Neue irgendwie in das Alte ein, anstatt ersteinmal vorbehaltlos zu überprüfen, ob da nichts Neues ist, was dann auch mit neuen Methoden untersucht werden müsste. Was ja dann auch die Frage aufwürfe: mit welchen Methoden. Die müssten dann ja erst gefunden werden.
Da man diese Unsicherheit nicht will und auch nicht so genau wüsste, welche Methoden man dann für SF z.B. verwenden sollte, macht man weiter wie gehabt und wundert sich, wenn man immer wieder in Aporien landet oder Löcher im Netz der Sytematik findet, die es nur noch zum Fangen von Riesendorschen geeignet erscheinen läßt.
Was mich angeht, ich würde, wenn solche Probleme aufträten, ganz schnell einmal über meine Fragestellung nachdenken; und das mindeste wäre, dass ich von Was- auf Wie-Fragen umschaltete. Die Urheberschaft für dieses Vorgehen liegt aber bei einem viel klügeren Kopf als ich es je sein werde. :(

So ganz verstehe ich diesen Beitrag nicht, denn die Systematik der Literaturwissenschaft gab es nie und wird es nie geben. Nicht nur weil sich kaum je drei Geisteswissenschaftler in einer Sache einig sind, sondern weil es ja keine objektive, absolute Form der Einteilung gibt, die irgendwo festgeschrieben wird, sondern weil jede Einteilung in einem bestimmten Zusammenhang und zu einem bestimmten Zweck erfolgt. Dass jede Einteilung bis zu einem gewissen Grad der "Realität Gewalt antut", liegt in der Natur der Sache. Jede Systematik vereinfacht, das ist ja genau ihr Zweck; die Realität ist immer komplexer als ein abstraktes Modell. Wenn ein bestimmtes Modell eine spezifisches empirisches Phänomen nicht genau fassen kann, ist das aber noch nicht per se schlecht; je nachdem wird der Grenz- oder Ausnahmefall gerade dadurch als solcher sichtbar und verständlich.

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#252 Tennessee

Tennessee

    Cybernaut

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Geschrieben 27 August 2009 - 21:24

[...] EDIT: Noch zu der Cover-Bemerkung: So idiotisch das klingt, ich glaube, dass die tatsächlich nicht ganz unwichtig sind. Nicht weniges, was als SF verkauft wird, hat ja diese typischen bunten Cover - [...] vielen ist nicht bewusst, dass so nur eine bestimmte Sorte von SF auftritt, respektive es würde ihnen nicht einfallen, ihren Pynchon oder Hoffmann damit in Verbindung zu bringen.

Salut, is gar nicht idiotisch. Das heißt "peritext" und stammt von Gerard Genette. Der peritext bezeichnet alle eher "verlegerischen" Seiten des Textes, also Cover, Umschlag, Autorenbild, Reihenbenennung usw. und hat gerade im Buchmarktbereich eine ganz wichtige Bedeutung. Das hier ist z.B. das Bild einer bedeutenden deutschen Gegenwartsautorin. Dieses Bild wurde auf der Rückseite ihres Buchs abgebildet: Ohne das Buch zu kennen - welche Art von Buch erwartet man? Welchen Stil des Textes? usw. Solche peritexte haben eine ziemlich suggestive Wirkung. lg Ten.
"Mit meiner Frau in 'Romeo und Julia'. Das schlechteste Stück, das ich je gesehen habe, und dazu schauderhaft gespielt. Habe beschlossen, nie wieder in eine Premiere zu gehen, weil die Schauspieler dauernd ihren Text vergessen." (Samuel Pepys, 23.02.1633)

#253 Tennessee

Tennessee

    Cybernaut

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Geschrieben 27 August 2009 - 21:26

So ganz verstehe ich diesen Beitrag nicht, denn die Systematik der Literaturwissenschaft gab es nie und wird es nie geben. Nicht nur weil sich kaum je drei Geisteswissenschaftler in einer Sache einig sind, sondern weil es ja keine objektive, absolute Form der Einteilung gibt, die irgendwo festgeschrieben wird, sondern weil jede Einteilung in einem bestimmten Zusammenhang und zu einem bestimmten Zweck erfolgt. Dass jede Einteilung bis zu einem gewissen Grad der "Realität Gewalt antut", liegt in der Natur der Sache. Jede Systematik vereinfacht, das ist ja genau ihr Zweck; die Realität ist immer komplexer als ein abstraktes Modell. Wenn ein bestimmtes Modell eine spezifisches empirisches Phänomen nicht genau fassen kann, ist das aber noch nicht per se schlecht; je nachdem wird der Grenz- oder Ausnahmefall gerade dadurch als solcher sichtbar und verständlich.

Völliges d'accord.
Darum auch z.B. die Problematik einer Kanonbildung. Die bedeutendsten Bücher der SF? Zwölf Leute - zwölf Listen :(
"Mit meiner Frau in 'Romeo und Julia'. Das schlechteste Stück, das ich je gesehen habe, und dazu schauderhaft gespielt. Habe beschlossen, nie wieder in eine Premiere zu gehen, weil die Schauspieler dauernd ihren Text vergessen." (Samuel Pepys, 23.02.1633)

#254 simifilm

simifilm

    Cinematonaut

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Geschrieben 27 August 2009 - 21:27

Salut,

is gar nicht idiotisch.

Ich habe nur gesagt, dass es idiotisch klingt, nicht dass es idiotisch ist. :(

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#255 †  a3kHH

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Geschrieben 27 August 2009 - 21:29

So ganz verstehe ich diesen Beitrag nicht, denn die Systematik der Literaturwissenschaft gab es nie und wird es nie geben.

Wetten ?
:(

#256 simifilm

simifilm

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Geschrieben 27 August 2009 - 21:36

Wetten ? :(

Gerne, am liebsten um einen sehr hohen Betrag.

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#257 Mycroft

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Geschrieben 28 August 2009 - 09:53

Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, dass Genre nur Konvention der Verlage ist.

Nagut, es ist dann Konvention von Autoren, Verlagen und Lesern. Autoren und Verlage kommunizieren mit den Lesern per Peritext. Wenn man manche Klappentexte mit dem jeweiligen Inhalt vergleicht, ist das Cover u.U. oft aussagekräftiger und vor allem wahrer.

Der jeweilige Genrebegriff ist aber pragmatisch, das heisst, er hängt davon ab, wer ihn wann zu welchem Zweck verwendet. Entscheidend ist also die Frage: wer nennt was in welchem Zusammenhang 'science fiction'. Eine Möglichkeit (aber längst nicht die einzige), das zu beantworten, ist zu schauen, was denn unter diesem Label verkauft wird.

Sicher, aber Leute, die was verkaufen wollen, stehen nicht unbedingt im Ruf, es dabei besonders genau mit der Wirklichkeit zu nehmen. :sleeping:

Der Modus dagegen richtet sich ausschliesslich nach Kriterien des Textes.

Des Textes oder des Inhalts?

Auf der Ebene des Modus kann man einen Roman wie Michel Houellebecqs Elementarteilichen definitiv unter SF einordnen, Du wirst den aber kaum je in einer Buchhandlung unter 'science fiction' finden, und wenn jemand von sich sagt, er sei SF-Fan, werden auch die wenigstens spontan vermuten, dass er ein Houellebecq-Liebhaber ist.

Hat Houllebecq nicht auch Nicht-SF geschrieben? Ausweitung der Kampfzone? Dann spielt vermutlich herein, dass man in Buchhandlungen die Autoren, und nicht die einzelnen Bücher, nach Sparten sortiert. Heinz Erhardts Gedichte findet man unter Humor, und nicht unter Lyrik, King ist immer Horror (bzw. "Horror" ist eine Erfindung des Buchhandels, um das Regal mit den Kingbüchern zu beschriften :P ), weil die Leute dahinter für ihren Humor oder Horror berühmt sind.
Ist nicht ganz unlogisch, hat aber primär nichts mit SF oder nicht-SF zu tun, und mit Hochliteratur und Flachliteratur erst recht nicht.

... Wenn in der Buchhandlung unter 'science fiction' primär literarisch nicht Anspruchsvolles mit bunten Covers zu finden ist, dann hinterlässt das bei vielen eben den Eindruck, SF sei generell trivial und pubertär. Denn vielen ist nicht bewusst, dass so nur eine bestimmte Sorte von SF auftritt, respektive es würde ihnen nicht einfallen, ihren Pynchon oder Hoffmann damit in Verbindung zu bringen.

In "Die Sternenhöhle von Thon Boka" steht zu lesen, dass das, was man allgemein für wahr hält, im allgemeinen falsch ist. (Aus dem Gedächtnis, gelesen vor 20 Jahren oder so, bitte nicht festnageln.)
Das Leute so denken, ist also nichts neues, aber als intelligenter, wissenschaftlich beleckter Mensch sollte man Äußerlichkeiten eben als Äußerlichkeiten betrachten.

Wenn ihr Euch nicht auf Standards für Hochliteratur einigen könnt oder die Definition von SF, dann gibt es eben jeweils mehrere Definitionen oder Standards. Solange da keine Sachen bei stehen wie: "Hochliteratur ist mindestens hundert Jahre alt und ist als Reclamheftchen erhältlich." oder "SF steht im SF-Regal und hat ein buntes Cover." wäre ich zufrieden. :)
Anderswo known as Yart Fulgen

#258 simifilm

simifilm

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Geschrieben 28 August 2009 - 10:12

Des Textes oder des Inhalts?

Wo genau machst Du da die Unterscheidung? (Mit dieser Frage will ich keineswegs implizieren, dass man die beiden Dinge nicht unterscheiden kann, 'Inhalt' kann aber auch Unterschiedliches bedeuten.) Entscheidend ist für den Modus: Was für eine Form von fiktionaler Welt wird entworfen, welche formalen Mittel werden eingesetzt, um welche Wirkung zu erzeugen.

Hat Houllebecq nicht auch Nicht-SF geschrieben? Ausweitung der Kampfzone? Dann spielt vermutlich herein, dass man in Buchhandlungen die Autoren, und nicht die einzelnen Bücher, nach Sparten sortiert. Heinz Erhardts Gedichte findet man unter Humor, und nicht unter Lyrik, King ist immer Horror (bzw. "Horror" ist eine Erfindung des Buchhandels, um das Regal mit den Kingbüchern zu beschriften :sleeping: ), weil die Leute dahinter für ihren Humor oder Horror berühmt sind.

Das spielt alles auch mit rein †¦

Das Leute so denken, ist also nichts neues, aber als intelligenter, wissenschaftlich beleckter Mensch sollte man Äußerlichkeiten eben als Äußerlichkeiten betrachten.

Wenn ihr Euch nicht auf Standards für Hochliteratur einigen könnt oder die Definition von SF, dann gibt es eben jeweils mehrere Definitionen oder Standards. Solange da keine Sachen bei stehen wie: "Hochliteratur ist mindestens hundert Jahre alt und ist als Reclamheftchen erhältlich." oder "SF steht im SF-Regal und hat ein buntes Cover." wäre ich zufrieden. :)

Um hier Missverständnissen vorzubeugen: Als Wissenschaftler sehe ich es nicht als meine Aufgabe an, Standards für irgend etwas zu definieren. Als Wissenschaftler stelle ich fest, dass es Phänomene wie Hochliteratur oder SF gibt, und versuche unter anderem zu analysieren, wo diese Begriffe herkommen, wie ihr Gebrauch funktioniert etc. Je nach Zusammenhang werde ich unterschiedliche Definitionen verwenden. Wenn ich untersuchen will, wie SF heute im Büchermarkt beworben wird, werde ich eine andere Definition wählen (müssen), als wenn mich die Entstehung der SF im 19. Jahrhundert interessiert. In diesem Sinne: Definitionen sind nie kontextfrei, sondern verfolgen stets einen bestimmten Zweck. Deshalb ist es auch kein Problem, wenn parallel unterschiedliche Definitionen existieren, solange sich die verschiedenen Akteure bewusst sind, dass ihre Definition jeweils in einem bestimmten Zusammenhang entstanden ist. Unbrauchbare Definition entstehen meist dann, wenn sich jemand dieser Problematik nicht bewusst ist und versucht, gleichzeitig alle Aspekte in eine Definition zu packen. Das muss zwangsläufig schiefgehen.

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#259 †  a3kHH

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Geschrieben 28 August 2009 - 11:08

Um hier Missverständnissen vorzubeugen: Als Wissenschaftler sehe ich es nicht als meine Aufgabe an, Standards für irgend etwas zu definieren.

Klassischer geisteswissenschaftlicher Ansatz. Klassisch falsch ... vom naturwissenschaftlichem Standpunktaus gesehen.
:)

#260 Mycroft

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Geschrieben 28 August 2009 - 12:25

Wo genau machst Du da die Unterscheidung? (Mit dieser Frage will ich keineswegs implizieren, dass man die beiden Dinge nicht unterscheiden kann, 'Inhalt' kann aber auch Unterschiedliches bedeuten.) Entscheidend ist für den Modus: Was für eine Form von fiktionaler Welt wird entworfen, welche formalen Mittel werden eingesetzt, um welche Wirkung zu erzeugen.
...

Inhalt ist für mich das nur Thema eines Textes (hier: eines Romanes), etwa das, was in eine Inhaltsangabe käme. Also z.B. die fiktionale Welt, die dargestellt wird.

Meinetwegen eine Geschichte von jemanden im Jahr 3000, in dem fiktive Dinge beschrieben werden, die als technisch-wissenschaftlich erklärbar dargestellt werden. Ok, ich verstehe Deinen Punkt, dass vllt. nicht explizit erklärt wird, dass die Schwebeautos auf einem pseudowissenschaftliches Prinzip beruhen. D.h., der Nachweis der Science in der Fiction müsste auf Textanalyse beruhen.

Aber gibt es Leute (Leser, Autoren, Literaturwissenschaftler), die behaupten, dieser oder jener Text sei nicht aufgrund seines Themas, sondern ausschließlich auf der Basis von stilistischen Eigenschaften zur SF zu rechnen? Dass es also keine (oder nicht nur) SF-Themen, sondern auch einen SF-Stil gäbe?

Um hier Missverständnissen vorzubeugen: Als Wissenschaftler sehe ich es nicht als meine Aufgabe an, Standards für irgend etwas zu definieren.

Biologen können erklären, warum ein Wal kein Fisch ist. Preisrichter beim Eiskunstlauf können erklären, was gutes Eiskunstlaufen ist. Chemiker verwenden diverse Definitionen des Begriffes Säure, die sich nicht am Volksmund orientieren, aber jeweils eindeutig sind.

Als Wissenschaftler stelle ich fest, dass es Phänomene wie Hochliteratur oder SF gibt, und versuche unter anderem zu analysieren, wo diese Begriffe herkommen, wie ihr Gebrauch funktioniert etc.

Wenn Du das so beschreibst, dann stellst Du gar nicht das Phänomen fest, sondern hörst nur einen Begriff und beschreibst, wie der in welchen Zusammenhang gebraucht wird. Manche Leute machens umgekehrt, betrachten ein Phänomen, und entwickeln einen Begriff, der genau dieses Phänomen beschreibt. Wie z.B. Abseits und Entropie. Kommt mir irgendwie schlüssiger vor. (Ich weiß auch, dass Arten in der Biologie schärfer zu trennen sind als Gattungen in der Literatur...)

Je nach Zusammenhang werde ich unterschiedliche Definitionen verwenden. Wenn ich untersuchen will, wie SF heute im Büchermarkt beworben wird, werde ich eine andere Definition wählen (müssen), als wenn mich die Entstehung der SF im 19. Jahrhundert interessiert. In diesem Sinne: Definitionen sind nie kontextfrei, sondern verfolgen stets einen bestimmten Zweck.

Wenn die Definition von Hochliteratur die ist, dass das Hochliteratur ist, was Schule und Wissenschaft für Hochliteratur halten, scheint der Zweck Verarsche zu sein. :smokin: Wenn man jetzt frühe SF von SF in heutigen Buchhandlungen unterscheiden will, sollte man vllt. die Begriffe differenzieren, um Missverständnissen vorzubeugen. Z.B. SF im klassischen Sinn, SF im buchstäblichen Sinn, SF im kaufmännischen Sinn, etc.

... Unbrauchbare Definition entstehen meist dann, wenn sich jemand dieser Problematik nicht bewusst ist und versucht, gleichzeitig alle Aspekte in eine Definition zu packen. Das muss zwangsläufig schiefgehen.

Sicher bin ich mir dieser Problematik bewusst, aber wenn man verschiedene Definitionen eines Begriffes hat, sollte man die auch entsprechend benennen, sonst werden die willkürlich und damit sinnlos.
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#261 simifilm

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Geschrieben 28 August 2009 - 13:25

Klassischer geisteswissenschaftlicher Ansatz. Klassisch falsch ... vom naturwissenschaftlichem Standpunktaus gesehen. :smokin:

Es wäre mir neu, dass Naturwissenschaftler der Natur vorschreiben, wie sie zu funktionieren hat †¦

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#262 simifilm

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Geschrieben 28 August 2009 - 13:36

Biologen können erklären, warum ein Wal kein Fisch ist.

Biologen sehen, dass es verschiedene Spezies gibt, die sie dann anhand sinnvoller Kriterien zu klassifizieren versuchen. Dann kommt dabei heraus, dass ein Wal diverse Eigenschaft mit anderen Tieren gemeinsam hat, die man unter die Gruppe der Säugetiere fasst. Genau so, wie Literaturwissenschaftler verschiedene Typen von Literatur sehen, die sie zu klassifizieren versuchen.

EDIT: Was ist der entscheidende Unterschied zwischen einem Wal und einem Buch? Die Natur ist mehr oder weniger gegeben, die Fauna ist da und verändert sich zumindest auf der Ebene der Spezies nicht in einer Geschwindigkeit, die relevant wäre (das ist beispielsweis bei Bakterien oder Viren anders); es gibt auch gewisse 'natürliche' Grenzen im Tier- und Pflanzenreich. Manche Dinge mischen sich nicht, sind klar getrennt. Die Masse der Literatur ist nicht gegeben, sie wächst jeden Tag. Literatur wird von Menschen gemacht und benutzt, Vermischungen und Grenzüberschreitungen sind jederzeit möglich. Es gibt keine "Naturgesetze" in der Literatur.

Natürlich kann ich hingehen und anhand abstrakter und scharfer Kriterien bestimmte Unterscheidung treffen und sagen, dass sich die Literatur so und so einteilt. Die Frage muss aber lauten: In welchem Kontext bringt mir das etwas. Abstrakte, trennscharfe Definitionen können definitiv sinnvoll sein und eine Erkenntnis bringen. Wenn wir von Genres sprechen, also der Frage, wie Leute konkret mit Literatur umgehen (denn Genres sind nichts anderes) bringen sie wenig, weil die abstrakten Kriterien nichts mit den Kriterien der Leser gemeinsam haben werden.

Preisrichter beim Eiskunstlauf können erklären, was gutes Eiskunstlaufen ist.

Preisrichter betreiben auch nicht wissenschaftliche Forschung.

Chemiker verwenden diverse Definitionen des Begriffes Säure, die sich nicht am Volksmund orientieren, aber jeweils eindeutig sind.

Der Begriff 'Säure' ist aber nicht per se gegeben. Chemiker stellen fest, dass es bestimmte Substanzen mit gewissen Eigenschaften gibt, die sie dann unter dem Begriff 'Säure' fassen.


Wenn Du das so beschreibst, dann stellst Du gar nicht das Phänomen fest, sondern hörst nur einen Begriff und beschreibst, wie der in welchen Zusammenhang gebraucht wird. Manche Leute machens umgekehrt, betrachten ein Phänomen, und entwickeln einen Begriff, der genau dieses Phänomen beschreibt. Wie z.B. Abseits und Entropie. Kommt mir irgendwie schlüssiger vor.

Noch einmal: Entscheidend ist die Frage, was Du untersuchen willst. Wenn Du die Funktionsweise von Texten untersuchen willst, ist der pragmatische Kontext nicht wichtig; wenn ich wissen will, warum bestimmte Leute etwas auf eine bestimmte Weise benennen schon. Es gibt genug Klassifizierungen, die nicht mit ausserwissenschaftlichen Kategorien in Zusammenhang stehen.

EDIT: Auch die Verwendung eines Begriffs ist ein Phänomen, das beschrieben werden kann. Das wäre dann eine Forschung auf der Ebene der Rezeption (und damit auch nicht klassische Literaturwissenschaft). Das ist etwas ganz anderes als ein bestimmtes literarisches Phänomen, das primär auf der Ebene des Textes analysiert werden muss. Was ich in meinem Buch vor allem mache, ist Letzteres (allerdings für Film).


Wenn man jetzt frühe SF von SF in heutigen Buchhandlungen unterscheiden will, sollte man vllt. die Begriffe differenzieren, um Missverständnissen vorzubeugen. Z.B. SF im klassischen Sinn, SF im buchstäblichen Sinn, SF im kaufmännischen Sinn, etc.

Ich rede im Grunde von nichts anderem, wenn ich von einem pragmatischen Genrebegriff spreche.

EDIT: Natürlich wäre auch nicht ein einheitliche von SF "im kaufmännischen Sinn" möglich, da verschiedene Buchhändler zu verschiedenen Zeiten Bücher unterschiedlich einordnen.

Sicher bin ich mir dieser Problematik bewusst, aber wenn man verschiedene Definitionen eines Begriffes hat, sollte man die auch entsprechend benennen, sonst werden die willkürlich und damit sinnlos.

Ich verstehe jetzt nicht ganz, an wen sich dieser Vorwurf richtet.

Aber gibt es Leute (Leser, Autoren, Literaturwissenschaftler), die behaupten, dieser oder jener Text sei nicht aufgrund seines Themas, sondern ausschließlich auf der Basis von stilistischen Eigenschaften zur SF zu rechnen? Dass es also keine (oder nicht nur) SF-Themen, sondern auch einen SF-Stil gäbe?

Begriff wie 'Thema' und 'Stil' sind nun leider auch nicht so eindeutig, wie man sich das wünschen würde, aber grundsätzlich würde ich der Ansicht, dass SF primär ein stilistisches - oder besser: ästhetisch-formales - Phänomen ist, zustimmen. SF ist, was wie SF aussieht.

Bearbeitet von simifilm, 28 August 2009 - 15:21.

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#263 Mycroft

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Geschrieben 28 August 2009 - 15:20

Biologen erklären nicht, was ein Wahl ist. Biologen sehen, dass es verschiedene Spezies gibt, die sie dann anhand sinnvoller Kriterien zu klassifizieren versuchen. Genau so, wie Literaturwissenschaftler verschiedene Typen von Literatur sehen, die sie zu klassifizieren versuchen.

Ja eben nicht genau so (wenn das so ist, wie Du es mir beschrieben hast), Biologen kümmern sich nicht darum, wie die Tier- oder Pflanzenarten genannt werden. Sie entwickeln Definitionen von Begriffen aus der Sache heraus, und nicht aus deren umgangssprachlichen Verwendung. Sie stellen fest, dass diese Definitionen nicht nur durch (mehr oder weniger) Eindeutigkeit funktionieren, sondern außerdem mit der Entstehungsgeschichte der Arten zusammenhängt, so dass diese Systematik auch einen Stammbaum bildet.

Mir ist klar, dass das bei Büchern nicht so einfach funktioniert, wegen den Grenzüberschreitungen, aber das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist der, dass sich bei den Biologen der Begriff an der Sache orientiert.

Preisrichter betreiben auch nicht wissenschaftliche Forschung.

Sie bewerten, ähnlich, wie manche Leute manche Literatur als Hochliteratur bewerten. :rolleyes:

Der Begriff 'Säure' ist aber nicht per se gegeben. Chemiker stellen fest, dass es bestimmte Substanzen mit gewissen Eigenschaften gibt, die sie dann unter dem Begriff 'Säure' fassen.

Der Begriff Säure ist zunächst durch die menschliche Wahrnehmung gegeben, es ist zunächst eine sauer schmeckende Flüssigkeit. Als man begann, sich wissenschaftlich mit dem Begriff der Säure zu beschäftigen, bekam man mehr über die chemischen Eigenschaften von Säuren heraus, und auch zu verschiedenen Definitionen von Säure.
Und wenn mal nach der wissenschaftlichen Definition von Säure etwas eine Säure war, was gemäß allgemeiner Annahmen keine Säure wäre, dann wurde das trotzdem Säure genannt. Und wenn Du jetzt argumentierst, dass "Säure" ein Wort ist, dass die Chemiker einfach mal erfunden haben, um bestimmte Stoffe zusammenzufassen:
Was hielte Literaturwissenschaftler davon ab, einen Fachbegriff einzuführen, wenn sie feststellen, dass bestimmte Begriffe wie z.B. SF oder Begriffpaare wie Hoch- und Trivialliteratur die Wirklichkeit nicht angemessen abbilden?

Noch einmal: Entscheidend ist die Frage, was Du untersuchen willst. Wenn Du die Funktionsweise von Texten untersuchen willst, ist der pragmatische Kontext nicht wichtig; wenn ich wissen will, warum bestimmte Leute etwas auf eine bestimmte Weise benennen schon.

Konfuzius sagt, man muss die Namen richtig stellen. Das hat mMn Priorität davor, festzustellen, was "die Leute" sagen. Festzustellen, warum die Leute einen Säuger Walfisch nennen, mag zwar im Einzelfall interessant sein, aber es ist nicht das, was ein Biologe unter seiner Arbeit versteht.

Es gibt genug Klassifizierungen, die nicht mit ausserwissenschaftlichen Kategorien in Zusammenhang stehen.

Was meinst Du mit diesem Satz?

Ich rede von nichts anderem, wenn ich von einem pragmatischen Genrebegriff spreche.

Schön. :)

Ich verstehe jetzt nicht ganz, an wen sich dieser Vorwurf richtet.

Wenn ich einen Koch frage, was ist Forelle Blau, dann kann der mir sagen, was Forelle Blau ist. Wenn ich einen Mathematiker frage, was eine Matrix ist, kann der mir erklären, was eine Matrix ist. Wenn ich einen Seemann frage, was ein Ruder ist, sagt der mir, was ein Ruder ist. Wenn ich die Bedienung im Supermarkt frage, was der Begriff "light" bedeutet, sagt die mir, dass der Begriff wegen seines willkürlichen Einsatzes und mangels verbindlicher Definitionen teils gesetzlich definiert (und zwar wie folgt...), und teils abgeschafft wurde.

Wenn ich schreibe, was ich mir unter Hochliteratur vorstelle, wird mir gesagt, dass sich die Literaturwissenschaft sich dieses Problemes bereits angenommen hat, und meine Überlegungen dazu insofern gegenstandslos sind, aber wenn ich wissen will, was dabei herausgekommen ist, wird mir beschieden, dass eben nichts herausgekommen ist, und dass Hochliteratur das sei, was die Fachwelt so bezeichnet.
Mein Frust resultiert daher, dass das offenbar hier sonst keinen stört.

Manche Wissenschaften würden an der Stelle feststellen, dass für diesen Begriff offenbar keine valide Definition gefunden werden kann, und ihn in Zukunft nicht mehr gebrauchen.
Anderswo known as Yart Fulgen

#264 Mycroft

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Geschrieben 28 August 2009 - 15:31

...EDIT: Natürlich wäre auch nicht ein einheitliche von SF "im kaufmännischen Sinn" möglich, da verschiedene Buchhändler zu verschiedenen Zeiten Bücher unterschiedlich einordnen.

Achwas? :)

...Begriff wie 'Thema' und 'Stil' sind nun leider auch nicht so eindeutig, wie man sich das wünschen würde, aber grundsätzlich würde ich der Ansicht, dass SF primär ein stilistisches - oder besser: ästhetisch-formales - Phänomen ist, zustimmen. SF ist, was wie SF aussieht.

Wenn Du das so siehst - kennst Du einen Roman, den Du aus stilistischen Gründen für SF hältst, obwohl darin keine technische oder wissenschaftliche Entdeckung/Entwicklung/Erfindung vorkommt, die es zu der Zeit, in der er geschrieben wurde, nicht gab?
Oder kennst Du einen Roman, in der eine solche Entdeckung vorkommt, den Du aber nicht für SF hältst, und zwar nicht, weil meinetwegen die Horror- oder Fantasyelemente überwiegen, sondern weil der Stil nicht nach SF aussieht?

Persönlich halte ich eine technisch-wissenschaftliche Neuerung für das notwendiges Kriterium für SF (was auch noch relativ leicht nachzuprüfen ist :rolleyes: ), aber ich lasse mich gerne eines besseren belehren.
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#265 simifilm

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Geschrieben 28 August 2009 - 15:48

Sie bewerten, ähnlich, wie manche Leute manche Literatur als Hochliteratur bewerten. :)

Vielleicht habe ich das noch nicht klar genug gesagt: Ich betrachte 'Hochliteratur' nicht als wissenschaftlich sinnvollen Begriff. Du wirst kaum einen wissenschaftlichen Text finden, der Dir eindeutig definiert, wie Hochliteratur zu sein hat, da diese Art der Bewertung nicht Sache der Wissenschaft ist - oder zumindest nicht primär sein sollte.

Was hielte Literaturwissenschaftler davon ab, einen Fachbegriff einzuführen, wenn sie feststellen, dass bestimmte Begriffe wie z.B. SF oder Begriffpaare wie Hoch- und Trivialliteratur die Wirklichkeit nicht angemessen abbilden?

Das geschieht andauernd. Falls Du Angst hast, dass es nicht genügend spezifische Fachbegriffe in der Literaturwissenschaft gibt, kann ich Dich beruhigen - es gibt mehr als genug.

Konfuzius sagt, man muss die Namen richtig stellen. Das hat mMn Priorität davor, festzustellen, was "die Leute" sagen. Festzustellen, warum die Leute einen Säuger Walfisch nennen, mag zwar im Einzelfall interessant sein, aber es ist nicht das, was ein Biologe unter seiner Arbeit versteht.

Also noch einmal: Definitionen hängen von der Perspektive ab, von der Frage, was ich untersuchen will. Wenn mich interessiert, welche Formen des Erzählens es in der erzählenden Literatur gibt, ist tatsächlich nicht relevant, "was die Leute sagen", wenn ich über Genres spreche, sehr wohl, weil Genres immer in Bezug zu einer bestimmten Gruppe von "Benutzern" stehen.

Was meinst Du mit diesem Satz?

Dass es genug Fachvokabular gibt, dass sich nicht danach richtet, was die "Leute sagen".



Wenn ich schreibe, was ich mir unter Hochliteratur vorstelle, wird mir gesagt, dass sich die Literaturwissenschaft sich dieses Problemes bereits angenommen hat, und meine Überlegungen dazu insofern gegenstandslos sind, aber wenn ich wissen will, was dabei herausgekommen ist, wird mir beschieden, dass eben nichts herausgekommen ist, und dass Hochliteratur das sei, was die Fachwelt so bezeichnet.
Mein Frust resultiert daher, dass das offenbar hier sonst keinen stört.

Manche Wissenschaften würden an der Stelle feststellen, dass für diesen Begriff offenbar keine valide Definition gefunden werden kann, und ihn in Zukunft nicht mehr gebrauchen.

"Hochliteratur" erachte ich nur begrenzt als wissenschaftlichen Begriff, wenn, dann primär in Abgrenzung zu Trivialliteratur. Oder sagen wir so: "Hochliteratur" ist nicht wirklich ein zentrales Konzept der Literaturwissenschaft. Die Art der Bewertung, die darin enthalten ist, ist eher Überbleibsel einer vergangenen Epoche der Literaturwissenschaft. (Das heisst nicht, dass ich nicht gewisse Vorstellungen davon habe, was "Hochliteratur" auszeichnet, ein wirklich sinnvolles wissenschaftliches Konzept ist es aber nicht).

Wenn Du das so siehst - kennst Du einen Roman, den Du aus stilistischen Gründen für SF hältst, obwohl darin keine technische oder wissenschaftliche Entdeckung/Entwicklung/Erfindung vorkommt, die es zu der Zeit, in der er geschrieben wurde, nicht gab?
Oder kennst Du einen Roman, in der eine solche Entdeckung vorkommt, den Du aber nicht für SF hältst, und zwar nicht, weil meinetwegen die Horror- oder Fantasyelemente überwiegen, sondern weil der Stil nicht nach SF aussieht?

Persönlich halte ich eine technisch-wissenschaftliche Neuerung für das notwendiges Kriterium für SF (was auch noch relativ leicht nachzuprüfen ist ), aber ich lasse mich gerne eines besseren belehren.

Erst einmal: Horror sehe ich nicht als Gegensatz zu SF.

Zweitens: Eine technisch-wissenschaftliche Neuerung ist in der Tat zentral, aber dass ich das Novum überhaupt als technisch-wissenschaftlich wahrnehme, ist das Resultat einer bestimmten Ästhetik. Vergleiche die beiden Sätze: "Er flog mit seinem Raumschiff im Bruchteil einer Sekunde durch die halbe Galaxie" und "Er flog mit seinem Hexenbesen im Bruchteil einer Sekunde durch die halbe Galaxie." In beiden Fällen wird ein Vorgang beschrieben, der gemäss heutigem Wissensstand nicht möglich ist - nämlich Fortbewegung mit Überlichtgeschwindigkeit. Den ersten wirst Du sofort als SF identifizieren, den zweiten als Märchen oder Fantasy. Warum? Weil sich die beiden Sätze unterschiedlicher "Sprach-Reservoirs" bedienen, weil ein Raumschiff eine technisch-wissenschaftliche Erklärung nahelegt, der Hexenbesen dagegen Magie. Erklärt wird in beiden Fällen nichts, die beiden Sätze sind gleich 'unmöglich'. Im Falle des Raumschiffs ist aber implizit die Behauptung enthalten, dass das ein technisch-wissenschaftliches Gerät ist. Diese Vorgehensweise ist beim Film sogar noch besser sichtbar: Wenn das Fahrzeug aus Metall ist, blinkende Lämpchen und Knöpfe enthält, weiss jeder, dass das ein Raumschiff ist - weil es wie ein Raumschiff aussieht. Weil es sich in seinem Aussehen an technischen Geräten orientiert, wie wir sie kennen. Das kann ganz ohne Erklärung funktionieren.

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Geschrieben 28 August 2009 - 15:52

Also noch einmal: Definitionen hängen von der Perspektive ab, von der Frage, was ich untersuchen will. Wenn mich interessiert, welche Formen des Erzählens es in der erzählenden Literatur gibt, ist tatsächlich nicht relevant, "was die Leute sagen", wenn ich über Genres spreche, sehr wohl, weil Genres immer in Bezug zu einer bestimmten Gruppe von "Benutzern" stehen.

Das ist schlicht und einfach Quatsch, mit solchen Äußerungen diskreditierst Du Dich als Wissenschaftler. Diesem Credo hinterherzulaufen impliziert, daß Du maximal eine persönliche Meinung vertrittst - aber keine wissenschaftliche These.
:)

#267 Morn

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Geschrieben 28 August 2009 - 16:19

Oder kennst Du einen Roman, in der eine solche Entdeckung vorkommt, den Du aber nicht für SF hältst, und zwar nicht, weil meinetwegen die Horror- oder Fantasyelemente überwiegen, sondern weil der Stil nicht nach SF aussieht?

Mir fällt hierzu der Roman "Als sie über den Tisch kletterte" von Jonathan Lethem ein. Ein Element der Geschichte ist ein im Labor erzeugtes Schwarzes Loch, das den Keim für ein neues Universum zu bilden scheint. Aber es fühlte sich beim Lesen für mich in der Tat nicht nach SF an. Ich kann das aber nicht erklären, es war (und ist) für mich einfach so.

@ simifilm:
Ein Satz kann sicherlich die Zuordnung einer Geschichte ändern, aber kann man einen Satz allein schon einem Genre zuordnen?

#268 simifilm

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Geschrieben 28 August 2009 - 16:25

Das ist schlicht und einfach Quatsch, mit solchen Äußerungen diskreditierst Du Dich als Wissenschaftler. Diesem Credo hinterherzulaufen impliziert, daß Du maximal eine persönliche Meinung vertrittst - aber keine wissenschaftliche These. :)

Du hast anscheinend immer noch nicht verstanden, was ich unter einem pragmatischen Genrebegriff verstehe. Lies doch mal das Kapitel zur Genretheorie in meinem Buch, das Du ja Dein eigen nennst, und wenn noch was unklar ist, melde Dich wieder.

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#269 Ulrich

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Geschrieben 28 August 2009 - 16:28

Das ist schlicht und einfach Quatsch, mit solchen Äußerungen diskreditierst Du Dich als Wissenschaftler.

Na ja, man muss simifilms Reputation nicht gleich in Frage stellen, auch wenn man ganz anderer Meinung ist. Ist schließlich hier kein Wissenschaftsforum, obwohl es manchmal so anmutet. :)

Bearbeitet von Ulrich, 28 August 2009 - 16:29.


#270 simifilm

simifilm

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Geschrieben 28 August 2009 - 16:29

@ simifilm:
Ein Satz kann sicherlich die Zuordnung einer Geschichte ändern, aber kann man einen Satz allein schon einem Genre zuordnen?

Ich hätte Dir auch eine ganze kleine Geschichte schreiben können, um das Prinzip zu erläutern; das Post wäre dann einfach länger geworden, und ich hätte mehr Zeit gebraucht.

Aber um beim Film zu bleiben - warum ist für Dich bei dem folgenden Bild sofort klar, dass es aus einem SF-Film stammt? Weil es wie SF aussieht †¦
Eingefügtes Bild

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