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Eine Frage des Stils


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77 Antworten in diesem Thema

#61 Oliver

Oliver

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Geschrieben 24 September 2009 - 10:58

Und um mich jetzt wieder beliebt zu machen : Ich kann simifilm absolut verstehen. Auch als Eschbach-Fan. Denn es gibt da einfach einen qualitativen Unterschied zwischen Heinrich Mann und Andreas Eschbach. Und wer beide mag, muß schon ein echter Freak sein :help:.

Nö, warum? Ich mag sogar Heinrichs großen (eigentlich ja: kleinen) Bruder Thomas und Andreas Eschbach. Geht alles.

Und was bedeutet "als SF taugen"?

Eine sehr gute Frage, unter welcher ich mir auch nicht so richtig eine Antwort vorstellen kann.

Stil ist das Fläschchen Parfüm, der Inhalt das Parfüm darin.

Nein, sorry, muss auch zurück gewiesen werden. Diese Analogie passt nur auf den Inhalt eines Buches und seine Buchdeckel. Vielleicht so? Der Fläschcheninhalt ist der Inhalt eines Romans, die Duftnote (seit Süskind wissen wir alle, was das ist) ist der Stil eines Romans. :P

Bearbeitet von Oliver, 24 September 2009 - 11:11.

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#62 Oliver

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Geschrieben 24 September 2009 - 11:10

Ich denke, dass gerade The Da Vinci Code ein schönes Gegenbeispiel ist (NB: Ich halte zwar sowohl Buch als auch Film für sehr übel, aber der Film lässt dennoch keine Rückschlüsse auf das Buch zu.

Absolut richtig und die Art und Weise, wie der Film andere Schwächen aufweist als der Roman, ist fast schon wieder interessant und durchaus Betrachtungen wert.

Um auf ein Posting vorher von Dir zurück zu kommen, Simon, gerade meine Lektüre von The Da Vinci Code ist mir persönlich immer noch ein absolutes Rätsel. Ich glaube dezidiert nicht daran, dass man nur einfach Spannungselemente einsetzen und viel Budenzauber veranstalten muss, und schon hat man einen fesselnden Roman, mithin Dein geschätztes Wort Page-Turner. Dan Brown arbeitet ja nicht nur mit simpel gestrickten Cliffhangern und einen fast schon beleidigend einfachen Stil, nein, wenn eine Szene zu 'geschwätzig' zu werden droht, hüpft immer der irre, bleiche Mörder auf die Bühne, wenn es gerade passt. Das ist dramaturgisch weit unter jedem Heftroman, selten dumm und in seine Mechanik für jeden durchschaubar. In der Regel langweile ich mich bei Romanen, die mir so kommen, zu Tode und erwische Sie, Gott sei Dank, nur selten. Trotzdem habe ich The Da Vinci Code außerordentlich zügig durchgelesen, obwohl mich vieles richtiggehend geärgert hat. Das konnte ich mir bis heute nicht erklären. Normalerweise pfeffere ich solche Bücher vorher an die Wand.

Immerhin habe ich da eine Lernkurve: Während ich mir immer noch 1-2 Mal im Jahr unter dem goldenen M den Ranzen vollschlagen muss, obwohl ich danach regelmäßig für 24-48 Stunden einen Findling im Magen habe, werde ich "The Lost Symbol" unter keinen Umständen lesen, weil ich mich nach drei Romanen Brown-kuriert bzw. -immunisiert fühle. :P

Bearbeitet von Oliver, 24 September 2009 - 11:12.

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#63 Ulrich

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Geschrieben 24 September 2009 - 12:12

Habe von keinem der dreien je was gelesen, kann dazu also nichts sagen.

Konsalik hat mit "Ein Komet fällt vom Himmel" einen Science-Fiction-Roman geschrieben. Und „Wen die schwarze Göttin ruft" soll auch phantastisch sein. Da ich beides nicht gelesen habe, kann ich dazu aber auch nichts sagen oder einen Vergleich mit dem Stil anderer Autoren ziehen.

#64 Mycroft

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Geschrieben 24 September 2009 - 13:32

Ich denke, dass gerade The Da Vinci Code ein schönes Gegenbeispiel ist (NB: Ich halte zwar sowohl Buch als auch Film für sehr übel, aber der Film lässt dennoch keine Rückschlüsse auf das Buch zu. Tatsächlich hat der Film ganz andere Schwächen als das Buch),

Oha - ich lese es jetzt aber trotzdem nicht. Das Thema "Was die böse Weltverschwörung immer verschwiegen hat! Heute Folge 3354" reißt mich nicht direkt vom Hocker, und wenn sich aus dem enthüllten Geheimnis so rein gar keine Konsequenzen ergeben, war es auch nicht wichtig. * (Wenn das im Buch tatsächlich anders wäre, hätte man das irgendwann thematisiert, deshalb tute ich mal dreisterweise so, als wäre das nicht so... :P )

denn in vielerlei Hinsicht tut Brown nichts anderes als Umberto Eco in Der Name der Rose. Der grosse Unterschied ist, dass Brown sein Material in plumper Reader's-Digest-Manier an den Mann bringt und seinen Leser im Zweifelsfalls für dumm hält, während bei Eco ein sehr intelligentes, gut geschriebenes Buch rausgekommen ist.

Den Leser für dumm halten ist ja nun wirklich schlechter Stil, aber keine reine Stilfrage. Ewiggleiche Stilmittel wie Kliffhänger sind dafür genauso ein Symptom wie schlichte Ideen. Die Verschwörung, die Theorien, die im einzelnen dazu aufgestellt wurden, und vor allem die Auflösung(!) in der "Name der Rose" verarbeitet deutlich mehr Ideen, als im da-Vinci-Code-Film zu erkennen waren. Inklusive einer Erklärung zur Entstehung von Verschwörungstheorien. :D Bei gleichem Stil wäre mMn "Der Name der Rose" das bessere Buch.

Aber der grundsätzliche Ansatz - ein Verschwörungskrimi mit historisches Material und einigem frei Erfundenem - ist nicht so anders. Ich würde behaupten, dass man mit dem grundsätzlichen Plot und der Idee von[ i]The Da Vinci Code[/i] durchaus ein ansprechendes Buch hätte machen können.

Mag sein. Aber wenn man das beim da-Vinci-Code offenbar in zwei verschiedenen Medien auf zwei verschiedenen Weisen versaubeutelt hat, während mir bei der Rose nicht nur das Buch, sondern sogar die Verfilmung gefielen, scheint das beim da-Vinci-Code schon deutlich schwieriger gewesen zu sein.

* Angenommen, es ginge bei Eco um das letzte Dokument, dass bewiese, Jesus hätte eine Tochter gehabt. Die Behauptung und die Konsequenzen, die man als überzeugter Christ, insb. als Katharer oder Mönch, daraus ableiten könnte, wären bei Eco ausdiskutiert worden. :D
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#65 proxi

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Geschrieben 24 September 2009 - 14:52

Anders als proxi habe ich (Vorwurf: 'langweilig') seine besseren Romane als hochgradige Page-Turner empfunden, und habe im Lesesessel nicht engste und unverrückbare politische Scheuklappen (Vorwurf: 'konservativ') auf und lehne grundsätzlich gleich jeden Text eines Autors ab, der nicht meine eigene politische Weltsicht bestätigt.

Nur um Mißverständnissen vorzubeugen: bezieht sich der zweite Teil der Aussage ebenfalls auf meinen Beitrag? In diesem Falle müßte ich widersprechen. Ich habe Eschbach nur das konversative (und öde, weil vorhersehbare) der Handlung an einem bestimmten Punt des Romanes "1 Billionen Dollar" vorgeworfen.

#66 Oliver

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Geschrieben 24 September 2009 - 15:00

Nur um Mißverständnissen vorzubeugen: bezieht sich der zweite Teil der Aussage ebenfalls auf meinen Beitrag? In diesem Falle müßte ich widersprechen. Ich habe Eschbach nur das konversative (und öde, weil vorhersehbare) der Handlung an einem bestimmten Punt des Romanes "1 Billionen Dollar" vorgeworfen.

Das mit dem widersprechen würde ich mir an Deiner Stelle gut überlegen, wir sind hier in einem Forum nicht an einem Stammtisch. Hier kann man anders als am Stammtisch Aussagen nachlesen, wieder hervorholen und vorhalten:

Was hier aber viel wichtiger ist: als SF ist alles, was ich bisher von ihm gelesen habe, unausgegoren, konservativ und langweilig.

Da steht 'alles' :D , Du bringst dann EBD nur als Beispiel. Nix für ungut, SCNR.

Bearbeitet von Oliver, 24 September 2009 - 15:04.

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#67 simifilm

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Geschrieben 24 September 2009 - 15:21

Oha - ich lese es jetzt aber trotzdem nicht. Das Thema "Was die böse Weltverschwörung immer verschwiegen hat! Heute Folge 3354" reißt mich nicht direkt vom Hocker, und wenn sich aus dem enthüllten Geheimnis so rein gar keine Konsequenzen ergeben, war es auch nicht wichtig. * (Wenn das im Buch tatsächlich anders wäre, hätte man das irgendwann thematisiert, deshalb tute ich mal dreisterweise so, als wäre das nicht so... :D )

Also zumindest eine Kritik, die ich zufällig kenne, thematisiert die Unterschiede durchaus. Das, was am Buch noch halbwegs lustig war, nämlich das fröhliche Zusammenpanschen der halben Kulturgeschichte, fällt im Film fast völlig weg. Stattdessen bleibt nur der Schnitzeljagdplot übrig, der gänzlich uninteressant ist.

Den Leser für dumm halten ist ja nun wirklich schlechter Stil, aber keine reine Stilfrage. Ewiggleiche Stilmittel wie Kliffhänger sind dafür genauso ein Symptom wie schlichte Ideen. Die Verschwörung, die Theorien, die im einzelnen dazu aufgestellt wurden, und vor allem die Auflösung(!) in der "Name der Rose" verarbeitet deutlich mehr Ideen, als im da-Vinci-Code-Film zu erkennen waren. Inklusive einer Erklärung zur Entstehung von Verschwörungstheorien. :D

Das sind für mich aber primär Fragen des Stils. Oder anders: Es ist nicht so, dass es bei Da Vinci an "verarbeiteten Ideen" fehlt - da wird ja einiges angerissen. Es geht darum, dass die Ideen in dümlicher Art und Weise behandelt werden. Wie Du selbst sagst: Bei Eco wäre das alles ausdiskutiert werden. Das ist für mich aber tatsächlich primär die Frage, wie man sein Material behandelt. Das Material selbst wäre bei Brown gegeben.

Aber wenn man das beim da-Vinci-Code offenbar in zwei verschiedenen Medien auf zwei verschiedenen Weisen versaubeutelt hat, während mir bei der Rose nicht nur das Buch, sondern sogar die Verfilmung gefielen, scheint das beim da-Vinci-Code schon deutlich schwieriger gewesen zu sein.

Ich muss sagen, dass ich erstaunt war, wie schlecht Browns Roman umgesetzt wurde. Ich halte Ron Howard ja nun wirklich nicht für einen grossen Regisseur, aber Da Vinci Code hat so eklatante handwerkliche Mängel, dass man sich wirklich fragt, ob da lauter Anfänger zu Werke waren. - Zumindest daran trägt die Vorlage keine Schuld.

Signatures sagen nie die Wahrheit.

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#68 Puh

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Geschrieben 24 September 2009 - 15:53

Dass sich Literatur eben gerade dadurch von "normaler Kommunikation" unterscheidet, dass hier die Sprache einen Eigenwert erhält, den sie bei "blosser Kommunikation" nicht hat.

Letztendlich, wenn es wirklich Literatur sein soll, muss die Sprache unbedingt einen Eigenwert erhalten, weil sie nämlich die nonverbale und paraverbale Kommunikation mittragen muss. Und das kann sie auch, zumindest wenn der Autor es gut macht. :D

#69 Mycroft

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Geschrieben 24 September 2009 - 15:56

Also zumindest eine Kritik, die ich zufällig kenne, thematisiert die Unterschiede durchaus.

Eine Kritik, in der nicht steht, dass das "welterschütternde" Geheimnis im Buch irgendwelche Konsequenzen gehabt hätte - offenbar bestätigt Deine Kritik meine Aussage, besten Dank. :D

Das sind für mich aber primär Fragen des Stils. Oder anders: Es ist nicht so, dass es bei Da Vinci an "verarbeiteten Ideen" fehlt - da wird ja einiges angerissen. Es geht darum, dass die Ideen in dümlicher Art und Weise behandelt werden. Wie Du selbst sagst: Bei Eco wäre das alles ausdiskutiert werden. Das ist für mich aber tatsächlich primär die Frage, wie man sein Material behandelt. Das Material selbst wäre bei Brown gegeben.

Lass mich raten - für Dich gehört die Art der Behandlung zum Stil, und nicht zum Inhalt, oder?
Für mich überschneidet sich das.
Wenn jemand seine Kapitel nach dem Tagesablauf von Mönchen in einem Kloster richtet, und nicht etwa nach dem Erscheinen eines bestimmten masochistischen Albinomönches, der den nächsten Kliffhänger erzeugt (wenn ich Dich recht verstanden habe), ist das mMn eher eine Stilfrage.
Wenn jemand ein Geheimnis lüften will, weil er es als intellektuelle Herausforderung sieht, und nicht, weil er ein religiöser Mensch mit einem bestimmten Jesusbild ist, welches sein Leben bestimmt, ist das für mich mehr eine Frage des Inhalts.

Wenn in Browns Buch so viele Ideen waren wie in Ecos (die ich im Film dann leider nicht mitbekommen habe), dann hat Eco vllt. doch "nur" wegen seines besseren Stils und seiner motivierteren Figuren ein besseres Buch geschrieben, und nicht wegen seiner besseren Ideen.
Oder vllt. doch, wenn man Quantität nicht mit Qualität gleichsetzt - kommt im da Vinci-Code (dem Buch) sowas Geniales vor wie der erste und der siebte von Vier?
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#70 proxi

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Geschrieben 24 September 2009 - 16:28

Hier kann man anders als am Stammtisch Aussagen nachlesen, wieder hervorholen und vorhalten:

Dann mach es bitte auch und lies es! Der Bezug von "alles" ist SF. Mehr nicht.

#71 Gallagher

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Geschrieben 24 September 2009 - 19:35

:) Da ihr hier fröhlich zwischen Eschbach, Brown und sonstwem hin- und herhüpft, nehmen ich mal die Bezugnahme auf Herrn Eschbach aus der Threadüberschrift.Aber laßt euch nicht von mir stören... ich lese gerne weiter mit.
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#72 simifilm

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Geschrieben 24 September 2009 - 20:12

Eine Kritik, in der nicht steht, dass das "welterschütternde" Geheimnis im Buch irgendwelche Konsequenzen gehabt hätte - offenbar bestätigt Deine Kritik meine Aussage, besten Dank. :)

Also irgendwie versteh ich Dich hier nicht wirklich †¦

Lass mich raten - für Dich gehört die Art der Behandlung zum Stil, und nicht zum Inhalt, oder? Für mich überschneidet sich das.

Dass es sich überschneidet, würde ich nicht bestreiten - aber das bestätigt für mich nur, dass die Trennung von Form und Inhalt eben selten wirklich sauber aufgeht, dass die Form sehr viel mehr in den Inhalt reinspielt, als Inhaltfetischisten das wahrhaben wollen.

Wenn jemand seine Kapitel nach dem Tagesablauf von Mönchen in einem Kloster richtet, und nicht etwa nach dem Erscheinen eines bestimmten masochistischen Albinomönches, der den nächsten Kliffhänger erzeugt (wenn ich Dich recht verstanden habe), ist das mMn eher eine Stilfrage. Wenn jemand ein Geheimnis lüften will, weil er es als intellektuelle Herausforderung sieht, und nicht, weil er ein religiöser Mensch mit einem bestimmten Jesusbild ist, welches sein Leben bestimmt, ist das für mich mehr eine Frage des Inhalts.

Ich bin nicht sicher, ob ich da genau verstehe †¦

Wenn in Browns Buch so viele Ideen waren wie in Ecos (die ich im Film dann leider nicht mitbekommen habe), dann hat Eco vllt. doch "nur" wegen seines besseren Stils und seiner motivierteren Figuren ein besseres Buch geschrieben, und nicht wegen seiner besseren Ideen.

Ich finde "Ideen" eine schwierige Einheit, weil man sie immer weiter zergliedern kann. Was ist bei Eco die Idee? Ein Krimi in einem mittelalterlichen Kloster? Das ist wohl die Grundidee. Ist das verbotene Buch ein Teil dieser Grundidee oder eine eigene Idee? Sind die Ausführungen zum Status des Humors wiederum Teil davon oder etwas eigenes? Ich würde sofort zustimmen, dass Eco mehr in die Tiefe geht, dass er seine "Ideen" interessanter beleuchtet, dass er mehr zum Denken anregt - all das wäre bei Brown aber sicher auch möglich.

Oder vllt. doch, wenn man Quantität nicht mit Qualität gleichsetzt - kommt im da Vinci-Code (dem Buch) sowas Geniales vor wie der erste und der siebte von Vier?

Bei Brown kommt grundsätzlich nichts Geniales vor.

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#73 Morn

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Geschrieben 24 September 2009 - 22:11

Ist "guter Stil" oder "schlechter Stil" nur eine Frage der Konvention? Die Kriterien hierfuer sind doch irgendwie und irgendwann festgelegt worden, oder? So koennte doch z.B. genauso gut das, was simifilm an "Der Letzte seiner Art" nicht gefaellt, als "guter Stil" gelten. Dann wuerde ihm der "gute Stil" nicht gefallen, dafuer aber das, was als ein "schlechter Stil" guelte. Oder sehe ich das falsch? Ist an gutem Stil mehr dran als Konvention?

#74 Lomax

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Geschrieben 24 September 2009 - 22:40

Ist "guter Stil" oder "schlechter Stil" nur eine Frage der Konvention? Die Kriterien hierfuer sind doch irgendwie und irgendwann festgelegt worden, oder? So koennte doch z.B. genauso gut das, was simifilm an "Der Letzte seiner Art" nicht gefaellt, als "guter Stil" gelten. Dann wuerde ihm der "gute Stil" nicht gefallen, dafuer aber das, was als ein "schlechter Stil" guelte. Oder sehe ich das falsch? Ist an gutem Stil mehr dran als Konvention?

Sobald man die Kriterien für "guten Stil" von empirisch erfassbaren Maßstäben wie "Wirkung auf das Publikum" abkoppelt, bleibt nur noch Konvention. Und sobald man sich von Konventionen löst, die alle Beteiligten anerkennen, wird die Feststellung von gutem Stil zu einer bloßen subjektiven Geschmacksäußerung.
Das war im Wesentlichen mein Einwand zu Beginn dieser Diskussion, in der Tat. Und zumindest ich habe bislang hier noch nichts gehört, was mich in dieser Hinsicht zum Umdenken zwingen würde. :)
"Modern Economics differs mainly from old Political Economy in having produced no Adam Smith. The old 'Political Economy' made certain generalisations, and they were mostly wrong; new Economics evades generalisations, and seems to lack the intellectual power to make them." (H.G. Wells: Modern Utopia)

#75 simifilm

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Geschrieben 25 September 2009 - 02:52

Ist "guter Stil" oder "schlechter Stil" nur eine Frage der Konvention? Die Kriterien hierfuer sind doch irgendwie und irgendwann festgelegt worden, oder? So koennte doch z.B. genauso gut das, was simifilm an "Der Letzte seiner Art" nicht gefaellt, als "guter Stil" gelten. Dann wuerde ihm der "gute Stil" nicht gefallen, dafuer aber das, was als ein "schlechter Stil" guelte. Oder sehe ich das falsch? Ist an gutem Stil mehr dran als Konvention?

Grundsätzlich ist ja jede sprachliche Äusserung konventionell; jede Rechtschreibung- oder Grammatikregel ist eine Konvention. Also ist auch ein Text, der offensichtliche sprachliche Fehler "nur" konventionell falsch. Dennoch hat diese Konvention aber in diesem Falle eine objektive Richtigkeit, denn eine Sprache muss nun mal auf Regeln basieren. Das gilt auch für "gelungene Sprache".

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#76 Mycroft

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Geschrieben 25 September 2009 - 10:48

... Dass es sich überschneidet, würde ich nicht bestreiten - aber das bestätigt für mich nur, dass die Trennung von Form und Inhalt eben selten wirklich sauber aufgeht, dass die Form sehr viel mehr in den Inhalt reinspielt, als Inhaltfetischisten das wahrhaben wollen.

Inhaltsfetischisten? Ist das so eine geheime Gesellschaft? Ist "Form" in diesem Zusammenhang dasselbe wie "Stil"? Und gibt es wenigstens ein paar Dinge, die eindeutig dem Inhalt oder dem Stil zuordbar sind? Wenn nicht, warum gibt es dann da zwei Wörter für?

Ich bin nicht sicher, ob ich da genau verstehe †¦

Welche Dinge wären für Dich denn eindeutig "Stil" und welche "Inhalt"? Ist die Kapiteleinteilung z.B. "Stil", Inhalt", "Form" oder nicht eindeutig zuordbar? Oder noch etwas anderes? Pragmatischerweise wäre für mich alles, was in einer Inhaltsangabe oder einer Nacherzählung vorkäme bzw. vorkommen müsste, "Inhalt", aber wenn Du das anders siehst, lasse ich mich gerne eines besseren belehren. :lol:

Ich finde "Ideen" eine schwierige Einheit, weil man sie immer weiter zergliedern kann. Was ist bei Eco die Idee?... Ich würde sofort zustimmen, dass Eco mehr in die Tiefe geht, dass er seine "Ideen" interessanter beleuchtet, dass er mehr zum Denken anregt - all das wäre bei Brown aber sicher auch möglich.

Angenommen, eine Diskussion über die geistesgeschichtlichen Konsequenzen aus der Nachfolge Christi käme bei Brown vor. Wäre das ein Zeichen für eine bessere Qualität? Wäre das "Stil"? Für mich würde ich ersteres bejahen, und letzteres verneinen. "Zum Nachdenken anregen" kann auch ein strunzdummes Buch, weil man grübelt, was daran alles falsch ist. Insofern ist das weder zwangsläufig ein Qualitätsmerkmal, noch unbedingt eine Eigenschaft des Buches selbst...
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#77 simifilm

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Geschrieben 25 September 2009 - 14:31

Ist "Form" in diesem Zusammenhang dasselbe wie "Stil"?

So über den Daumen gepeilt würde ich sagen, dass ein Stil ein Bündel gewisser formaler Merkmale ist.

Und gibt es wenigstens ein paar Dinge, die eindeutig dem Inhalt oder dem Stil zuordbar sind? Wenn nicht, warum gibt es dann da zwei Wörter für?

Es gibt durchaus Dinge, die man eindeutig zuordnen kann, oft greift die Trennung aber zu kurz.

Welche Dinge wären für Dich denn eindeutig "Stil" und welche "Inhalt"? Ist die Kapiteleinteilung z.B. "Stil", Inhalt", "Form" oder nicht eindeutig zuordbar?

Die Einteilung der Kapitel ist doch rein formal. Du könntest das Ganze ja auch als durchgehenden Lauftext erzählen oder mit ganz anderen Kapiteln. Das verändert dann auf jeden Fall den Leserhythmus und somit die ganze Lektüre, ändert aber am erzählten Inhalt.

Pragmatischerweise wäre für mich alles, was in einer Inhaltsangabe oder einer Nacherzählung vorkäme bzw. vorkommen müsste, "Inhalt", aber wenn Du das anders siehst, lasse ich mich gerne eines besseren belehren. :lol:

Damit ist aber eben noch sehr wenig gesagt. Romeo und Julia ist demnach die Geschichte zweier Liebender, die von verfeindeten Familien abstammen. Lolita dagegen erzählt von einem Mann, der sich in ein minderjähriges Mädchen verliebt und deswegen sogar deren Mutter heiratet. Damit ist der Inhalte zweier grossartiger Werke der Literatur wiedergegen - klingt schrecklich langweilig, denn das, was die beiden Werke ausmacht, die Art und Weise, wie das erzählt wird, fällt völlig weg. Bei Lolita ist ganz entscheidend, dass der Roman mit einer äusserst kunstvollen, hochironischen und anspielungsreichen Sprache ganz aus der Perspektive des Mannes erzählt wird. Das sind alles formal-stilistische Aspekte, sie machen aber eigentlich grosse Teile des Inhalts aus.

Angenommen, eine Diskussion über die geistesgeschichtlichen Konsequenzen aus der Nachfolge Christi käme bei Brown vor.
Wäre das ein Zeichen für eine bessere Qualität?

Das kommt ja bei Brown durchaus vor, nur wird einfach nichts daraus gemacht.

Wäre das "Stil"?
Für mich würde ich ersteres bejahen, und letzteres verneinen.

Entscheidend ist doch gar nicht, ob es vorkommt, sondern wie es vorkommt. Die Aussage, in Roman xy kommt eine "Diskussion über die geistesgeschichtlichen Konsequenzen aus der Nachfolge Christi käme bei Brown vor" sagt doch noch gar nichts aus. Entscheidend ist doch, wie diese Diskussion innerhalb des Romans geführt wird.

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#78 Mycroft

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Geschrieben 25 September 2009 - 16:44

...Damit ist aber eben noch sehr wenig gesagt. Romeo und Julia ist demnach die Geschichte zweier Liebender, die von verfeindeten Familien abstammen. Lolita dagegen erzählt von einem Mann, der sich in ein minderjähriges Mädchen verliebt und deswegen sogar deren Mutter heiratet. Damit ist der Inhalte zweier grossartiger Werke der Literatur wiedergegen - klingt schrecklich langweilig, denn das, was die beiden Werke ausmacht, die Art und Weise, wie das erzählt wird, fällt völlig weg. Bei Lolita ist ganz entscheidend, dass der Roman mit einer äusserst kunstvollen, hochironischen und anspielungsreichen Sprache ganz aus der Perspektive des Mannes erzählt wird. Das sind alles formal-stilistische Aspekte, sie machen aber eigentlich grosse Teile des Inhalts aus.

Romeo und Julia ohne Blankverse müsste mMn nicht zwangsläufig langweilig sein - die Tragik und Dramatik erschlössen sich auch anders.
Bei Lolita könnte die Inhaltsangabe so: "Alter Sack treibt´s mit seiner Stieftochter!" klingen. Nicht unbedingt langweilig, aber einen anderen Roman vortäuschend...
Aber gut, da Du hast eine andere Definition von Inhalt als ich.

...Entscheidend ist doch gar nicht, ob es vorkommt, sondern wie es vorkommt. Die Aussage, in Roman xy kommt eine "Diskussion über die geistesgeschichtlichen Konsequenzen aus der Nachfolge Christi käme bei Brown vor" sagt doch noch gar nichts aus. Entscheidend ist doch, wie diese Diskussion innerhalb des Romans geführt wird.

Ok, welche Argumente ausgetauscht werden, welches Aussagen am Ende akzeptiert werden und welche Konsequenzen daraus ggfs. gezogen werden, sollte man schon noch erwähnen. :lol: Wenn also ein Mönch die Konsequenz zöge, dass Enthaltsamkeit kein Nacheifern Christi darstellt, und in Zukunft darauf verzichtet, z.B. ...


Edit, nach einer Nacht darüber schlafen: Ok, Lolita ist in der Tat ein Beispiel für ein Buch, welches seine besondere Qualität erst durch die Sprachkunst des Autoren erhält.
Aber Romeo und Julia ist dermaßen oft nacherzählt und sonstwie adaptiert worden, dass offenbar nicht nur ich der Ansicht bin, dass die Geschichte auch auf ganz andere Weise als bei Shakespeare erzählt werden kann, ohne aufzuhören, großartig zu sein.

Und, um auf meine ursprüngliche Aussage zurückzukommen, mir sind im Zweifel Bücher mit einem Thema, das mich interessiert, wichtiger, als solche mit einem Stil, der mich anspricht.

Bearbeitet von Mycroft, 26 September 2009 - 13:52.

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