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Drood


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41 Antworten in diesem Thema

#31 Oliver

Oliver

    Temponaut

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Geschrieben 07 Februar 2010 - 13:52

Wie, Simmons beschreibt keinen Sex? Ja geht denn das? :)

Es hätte in dem Roman durchaus einige Gelegenheiten dazu gegeben. Wenn das kein Thema für den Stoff ist, hätte ich es nicht erwähnt, dann braucht man es nicht. In "Drood" fällt der diesbezügliche Fast Forward-Button halt auf. Deshalb habe ich es angesprochen.
  • (Buch) gerade am lesen:"Tales of the Shadowmen 1", J.-M. Lofficier (ed.)
  • (Buch) als nächstes geplant:"Tales of the Shadowmen 2", J.-M. Lofficier (ed.)
  • • (Buch) Neuerwerbung: Sherlock Holmes - Aus den Geheimakten des Weltdetektivs (Sammelband, 1973, mit 15 Heftromanen (1907/1908))
  • • (Film) gerade gesehen: "Das Testament des Dr. Mabuse" (Fritz Lang)
  • • (Film) als nächstes geplant: "Jurassic World: Dominion" (Dinos!!!!!)
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#32 HolyKnight

HolyKnight

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Geschrieben 07 Februar 2010 - 16:09

Würde sagen, dass das Sex-Thema an sich richtig behandelt worden ist von Dan Simmons. Da die Perspektive eben bei Wilkie Collins liegt und der Protagonist dem Leser immer wieder nahe legt, dass "wir" in Zukunft die Dinge vielleicht allesamt anders handhaben, ist es nicht weiter verwunderlich, dass er sich in Sachen Sex entsprechend zurückhält. Ich meine: Nicht, dass Sex ein Tabuthema gewesen wäre an sich. Es gab bereits viele kleine pornografische Schundhefte, besonders im französischem Raum, die als Attacken auf die die hohe Gesellschaft ausgelegt werden konnten, die selbst für "Maß und Disziplin" warb, aber innerhalb ihrer Zirkel meist versauter war als die normalen Schichten. Collins als "Gentleman" geht natürlich gepflegt mit dieser Thematik um. :) Ich habe "Drood" auch gelesen und fand dieses Werk durchaus sehr beeindruckend - werde noch eine Rezension zu schreiben auch. :)
"Ich weiß nicht als was ich der Welt dereinst erscheinen werde. Aber ich selbst komme mir wie ein am Meeresrande spielender Knabe vor, der hier und da einen glatteren Kiesel oder eine schönere Muschel als gewöhnlich findet, während der große Ozean der Wahrheit in seiner Unermesslichkeit unerforscht vor mir liegt." (Isaac Newton)

Legimus

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#33 Susanne11

Susanne11

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Geschrieben 16 Februar 2010 - 19:48

Sind in allen Romanen von Simmons einer oder zwei der Protagonisten Alkoholiker oder drogensüchtig? Ich habe bisher nur Hyperion und Terror gelesen sowie gerade Drood. So wie Simmons in den jeweiligen Büchern die süchtigen Charaktere und deren Verhalten beschreibt, scheint er eine Menge von der Materie zu verstehen.

#34 Kopernikus

Kopernikus

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Geschrieben 04 Mai 2011 - 09:38

Ich habe letzte Woche auch endlich mal mit der Taschenbuch-Ausgabe von Drood angefangen, mein Eindruck nach etwa einem Drittel: Klasse Atmosphäre, man kann förmlich den Gestank der Gassen Londons erahnen. Im Vergleich zu Terror fällt das deutlich geringere Erzähltempo auf, aber interessanterweise schafft es Simmons trotzdem einen spannenden Erzählfluß aufrecht zu erhalten, so das nie Langeweile aufkommt. Ein schöner Einfall ist auch die Erzählperspektive als vermeintlicher Tatsachenbericht. Insgesamt bislang ein sehr faszinierendes Buch.

#35 karla

karla

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Geschrieben 04 Mai 2011 - 09:59

Ich fand Wilkie Collins als unzuverlässigen Erzähler großartig! Ziemlich unsympathisch und großtuerisch - Eigenschaften, die er immer wieder gerne auf Dickens projiziert. Die Konkurrenz zu Dickens ist hier so dick und greifbar, dass sie fast wehtut. Zur Sex-Frage: An einer Stelle begründet der Erzähler ja, warum er nicht über Sex schreibt - weil er das absolut "indiskret" findet. Und zwar liefert er diese Begründung an einem Punkt, an dem er zu seiner Geliebten geht. Collins verhält sich, nach den Maßstäben der Zeit, Frauen gegenüber unmöglich: Die, die ihm den Haushalt führt, heiratet er nicht. Seine zusätzliche Geliebte hält er in einem kleinen Zimmerappartment und bei beiden Frauen kommt und geht, wie es ihm passt und pflegt eine Unverbindlichkeit, die im krassen Gegensatz zur wirtschaftlichen Abhängigkeit beider Frauen steht. Aber als Erzähler rückt er sich natürlich immer wieder ins rechte Licht. Und da wäre es abträglich, sich selbst bei unmoralischen Formen von Sex zu beschreiben ...

#36 Oliver

Oliver

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Geschrieben 04 Mai 2011 - 11:22

zusätzliche Geliebte hält er in einem kleinen Zimmerappartment und bei beiden Frauen kommt und geht, wie es ihm passt und pflegt eine Unverbindlichkeit, die im krassen Gegensatz zur wirtschaftlichen Abhängigkeit beider Frauen steht.
Aber als Erzähler rückt er sich natürlich immer wieder ins rechte Licht. Und da wäre es abträglich, sich selbst bei unmoralischen Formen von Sex zu beschreiben ...

Möglicherweise ging es Simmons bei dieser Auslassung auch nur darum, die Verklemmtheit eines Erzählers des 19. Jahrhunderts darzustellen (wobei es da natürlich auch andere gab..).
Der von Dir aufgestellte Gegensatz zwischen der wirtschaftlichen Abhängigkeit der Frauen und der von Collins gepflegten Unverbindlichkeit wäree einem Mann des 19. Jahrhunderts vermutlich nie in den Sinn gekommen, oder darin gar irgendwelche moralischen Probleme zu sehen. Dass Frauen wirtschaftlich von den Männern abhängig waren, war damals noch so der Regelfall, dass sich darum wohl niemand Gedanken gemacht hat; eine Frauenbewegung gab es zwar schon, diese fand aber noch nicht viel Gehör.
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#37 karla

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Geschrieben 04 Mai 2011 - 11:30

@Oliver: Ja, da hast du recht. Ich meinte auch eher, dass dieser Widerspruch für heutige Leser auftritt, an die der Erzähler sich ja - ohne zu wissen, wie wir darüber denken - richtet. Da lässt man dann die möglicherweise "anstößigen" Sachen weg, bzw. er betont ja sogar noch, dass er hofft, unsere zeit möge nicht so verkommen sein, dass ein Gentleman öffentlich über Sex redet. Der Ezähler begreift sich ja als Gentleman.

#38 Nero

Nero

    Nochkeinnaut

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Geschrieben 04 Mai 2011 - 13:21

Ich finde Drood ließt sich sehr einfach von der ersten bis zur letzten Seite! Simmons bringt seinen Leser sehr authentisch das 19. Jahrhundert nahe. Es gehört auf jeden Fall zu den besseren Büchern die ich bis dato gelesen habe, von daher kann ich es auch weiterempfehlen.

#39 Kopernikus

Kopernikus

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Geschrieben 04 Mai 2011 - 19:44

"Einfach" würde ich Drood nun wirklich nicht nennen. Das ganze hat zwar einen leicht Kammerspiel-artigen Touch, dadurch das gefühlt jede zweite Szene aus einem Dinner besteht, aber wer wann was mit wem zu tun hatte ist schon ein ziemlich komplexes Netzwerk. Es ließt sich gut und flüssig, erfordert aber schon einiges an Konzentration und Mitdenken, um nicht den Faden zu verlieren.

#40 Susanne11

Susanne11

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Geschrieben 05 Mai 2011 - 17:51

Ich habe die ungekürzte Hörbuchfassung gehört, 29 Stunden. Defintiv eines der besten Hörbucherlebnisse meines Lebens, war supergut vorgelesen. Das Buch beinhaltet ein Glossar und ein Verzeichnis aller auftretenden Personen. Das war beim Hörbuch nicht dabei, aber es hat auch nicht gefehlt. Ich konnte der Handlung problemlos folgen.

#41 Kopernikus

Kopernikus

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Geschrieben 13 Mai 2011 - 22:27

Wow. Was für ein Buch. Was ist (subjektive) Wahrheit und was nur Opium-induzierter Wahn? Und wer ist nun hier der Wahnsinnige? Drood? Collins? Dickens? Normalerweise hasse ich Bücher die die Vorstellung von Realität des Lesers angreifen und bei denen nicht erkennbar ist, was Realität ist und was Einbildung des Protagonisten. Aber dieses Buch konnte ich kaum aus der Hand legen. Dialoge, Figuren, Handlung, Spannungsbogen, hier stimmt einfach alles, auch, oder gerade aufgrund dessen, das sicherlich nichts den anhand des äußeren geweckten Erwartungen entspricht. Ein Meisterwerk, durchaus auf einer Ebene mit Terror und den Hyperion-Gesängen.

#42 Michael Böhnhardt

Michael Böhnhardt

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Geschrieben 12 Juli 2024 - 09:03

Drood von Dan Simmons ist ein historischer Roman, der die letzten Jahre des berühmten Schriftstellers Charles Dickens beschreibt und diese Zeit mit einem fiktiven düsteren Geheimnis überschattet. Die Geschichte beginnt im Jahr 1865, als Dickens nur knapp einem tödlichen Zugunglück entkommt. Dabei begegnet er einer mysteriösen Gestalt namens Drood, die ihn fortan verfolgt und in seinen Bann zieht.
 
Der Roman wird aus der Perspektive von Wilkie Collins erzählt, einem engen Freund und Kollegen von Dickens. Collins, selbst ein erfolgreicher Autor (Der Mondstein, Die Frau in Weiß), wird zunehmend in die Welt von Drood hineingezogen. Die Geschichte führt den Leser durch die finsteren Gassen Londons, in Opiumhöhlen und zu den Verbrechern der Unterwelt.
 
Der Roman lebt von seiner unheimlichen Atmosphäre. Die historischen Details und die Darstellung der viktorianischen Gesellschaft sind beeindruckend und tragen zur Authentizität der Geschichte bei. Allerdings wirkt der Roman dadurch stellenweise langatmig, da sich die Handlung oft in Beschreibungen und Nebensträngen verliert. Andererseits: der Roman dreht sich um zwei viktorianische Autoren, für die ein solcher Erzählstil charakteristisch ist, also passt das letztlich schon.
 
Problematischer finde ich den Ich-Erzähler Wilkie Collins, der alles andere als sympathisch ist. Ich bezweifle, dass es einem Leser gelingt, zu diesem eine emotionale Bindung aufzubauen. Mir ist es jedenfalls nicht gelungen. So etwas kann funktionieren, wenn der Erzähler zwar unsympathisch, aber trotzdem faszinierend ist (was hier nicht der Fall ist), oder die anderen Figuren eine emotionale Bindung zulassen. Und tatsächlich ist es im Grunde eine gute Idee, eine so bewunderte und hellstrahlende Figur wie Charles Dickens aus der Perspektive eines neidzerfressenen Konkurrenten zu beschreiben, der sich genüsslich über die dunklen Punkte im Leben des "Unnachahmlichen" auslässt und es dabei trotzdem nicht vermeiden kann, dass der Leser zunehmend Bewunderung für Dickens empfindet.
 
Allerdings ist der Erzähler Collins nicht nur unsympathisch, sondern auch extrem unzuverlässig. Bei einem Mann, der sich langsam aber sicher in seiner Laudanum- und Opiumsucht verliert, kann sich der Leser eigentlich bei nichts sicher sein, dass es wirklich passiert ist. Das verhindert eine emotionale Beteiligung und verwandelt den Roman rein in ein (durchaus faszinierendes) intellektuelles Rätselspiel.



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