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Henriks Schmökerecke



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Gavin Smith: Der Veteran

Geschrieben von Henrik Fisch , in Bücher 14 Oktober 2011 · 615 Aufrufe

Gavin Smith: Der Veteran
14-Okt-2011: Seite 511

Ich bin gerade in einer große angelegten »angefangene Bücher fertig lesen«-Phase. Aus diesem Grund habe ich den Wälzer »Der Veteran« mal wieder in die Hand genommen und versuche ihn fertig zu lesen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich die verbleibenden rund 150 Seiten noch durch halte.

Irgendwie habe ich den Eindruck, dass Herr Smith gerne so etwas wie »Shadowrun« geschrieben hätte, dabei jedoch die Fantasy-Elemente gerne außen vor gelassen hätte. Oder ein »Neuromancer«, nur aus der Sicht eines ehemaligen Söldners, so dass man so richtig nach Herzenslust Action-Szenen integrieren kann.

Nun ja. Mal abgesehen, dass mir persönlich diese ganzen Militäry-Elemente so gar nicht in den Kram passen, sie passen auch irgendwie nicht zur Hauptperson. Auf der einen Seite ist diese ein durch und durch zynischer, nicht unkomischer und äußerst eloquente Person: Nie um einen durchdachten Spruch verlegen. Auf der anderen Seite ist es genau das, was den Roman so anstrengend macht. Es gibt so gut wie keine Aussage und keinen Dialog, der nicht mit Seitenhieben auf andere Protagonisten durchsetzt ist. Da verliert man gerne mal die eigentliche Handlung aus den Augen. Und es gibt noch eine dritte Seite an der Hauptperson, nämlich dann, wenn er in Kämpfe verwickelt ist. Dann geht jeder Zynismus und jegliche Komik verloren und wir haben es nur noch mit einer eiskalten Killermaschine zu tun, die gnadelos alles über den Haufen ballert, was sich ihm in den Weg stellt.

Sprich: Der Charakter des Jakob Douglas ist völlig beliebig. Er springt von einem Extrem ins nächste, ohne dass der Leser eine Chance hat, den Grund der plötzlichen Charakter-Wandlungen zu verstehen. Besonders deutlich wird das bei der Befreiung seines Kumpels Gregor, der mit der Alien-Spezies verschmolzen wurde und kaum noch wie ein Mensch aussieht. Jakob erschießt hier gnadenlos und ohne jede Gefühlsregung jede unschuldige Person, die sich ihm in den Weg stellt. Zirka 100 Seiten später verhandelt er lammfromm mit einer Squat-Einheit. Das passt alles vorne und hinten nicht.

Und lässt den Roman zur Durchschnitts-Ware verkommen. Und zwar buchstäblich »verkommen«. Sehr schade, denn der Autor hat durchaus eine sehr gefällige Schreibe. Nur diese sollte eben nicht Selbstzweck sein um Seiten zu schinden. Genau diesen Eindruck habe ich aber.

Wie ich sehe, gibt es auf englisch bereits eine Fortsetzung. Nein, danke!


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Herbert W. Franke: Zone Null

Geschrieben von Henrik Fisch , in Bücher 01 Oktober 2011 · 555 Aufrufe

Herbert W. Franke: Zone Null
01-Okt-2011: fertig

Tja, was soll ich über ein Buch schreibe, dessen Autor laut Wikipedia »als einer der bedeutendsten lebenden deutschsprachigen Science-Fiction-Autoren« gilt? Noch dazu über ein Buch, das ich vor mehr als fünf Jahren angefangen, bis zur Hälfte gelesen, beiseite gelegt und erst jetzt beendet habe?

Ich fange mal so an:

Ich stehe ja auf abgefahrene Stories. Und »Zone Null« hat nicht nur eine sehr verschwurbelte Geschichte, nein, sie ist auch noch recht verschwurbelt erzählt und geschrieben. So verschwurbelt, dass ich mich als armerer Leser nach zirka fünfzig Seiten gefragt habe, worum es denn eigentlich geht. Jetzt, nachdem ich das Buch beendet habe, denke ich, es geht vermutlich um eine weit entwickelte Gesellschaftsform, so weit entwickelt, dass das Leben an sich beliebig geworden ist. Aber die Mitglieder dieser Gesellschaft sind glücklich (mehr oder minder). In diese Gesellschaft wird jemand von außen gestoßen und fängt an, das Ganze – ohne sein eigenes Wissen – von innen her aufzurollen.

So viel zu meinen verzweifelt hilflosen Versuchen, in das Geschriebene eine Ordnung zu bringen.

Die ersten rund 100 Seiten haben mich genervt. Seitenlange Aufzählungen von Behauptungen und Adjektiven folgen weiteren Aufzählungen, ohne dass Herr Franke sich die Mühe macht, den Leser an die Hand zu nehmen. Vielleicht ist das Absicht, um bestimmte Denkprozesse beim Leser auszulösen. Bei mir hat es eher nicht funktioniert. Das mag durchaus daran liegen, dass ich ein eher einfach gestrickter Mensch bin (meine Freunde behaupten das genaue Gegenteil; meine Mutter auch). Nachdem ich diese hundert Seiten überstanden hatte, folgte ich dem Protagonisten auf seinen Abentuern in der neuen Gesellschaft. Diese Abschnitte des Buches kann ich nur als »hypnotisch« beschrieben. Mit hat's gefallen überall irgendwo herum zu tappen, ohne den Hauch einer Ahnung zu haben, warum was wie passiert. Die Auflösung des Buchs fand ich wiederum banal. Das liegt allerdings eher an dem Alter des Buches und daran, dass andere Autoren diese Idee platter als platt getreten haben. Herr Franke kann ja nichts dafür, dass er bereits 1972 eine Geschichte so enden lässt.

Was ich nicht mehr toleriere, sind Geschichten, in denen sich der Autor keine Mühe gibt, den Leser zu führen. Genau darin besteht die Kunst eines Schriftstellers. Ansonsten wäre der Beruf überflüssig und wir würden alle nur noch Abhandlungen in »Spektrum der Wissenschaft« lesen (wobei ich gestehen muss, dass ich das Magazin mindesten ein Jahrzehtn nicht mehr in Häden hielt; vielleicht sind die ja inzwischen lesbar).

Was mir sehr sehr zu denken gibt: An einer Stelle im Buch spielt der Held ein binäres Spiel. Verliert er, kann er weiter spielen, dafür wird aber der Einsatz verdoppelt. Der Held hat 20.000 von dem, was er einsetzt und beginnt mit 5. Nun hat er nach 11 Spielen bereits mehr verloren, als er besitzt; wir alle kennen ja die Geschichte mit dem Schachbrett und dem Reiskorn. Deutlich lesbar wird hier auch ausgerechnet, warum er verliert. Nämlich weil
  • 5 mal 2 hoch 10 = 20480
und er damit 480 mehr verloren hat, als er besitzt.

Ich will ja nicht kleinlich sein, aber ganz banale irdische Mathematik sollte einer Prüfung standhalten können. Und vielleicht liegt es daran, dass ich selber Computerfreak bin (heute sagt man ja »Nerd«) und alle Ergebnisse von 2 hoch 0 bis 2 hoch 16 im Kopf habe. Aber
  • 5 mal 2 hoch 10 = 5120
und nicht 20480. Ich weiß nicht, wie tolerant andere sind. Aber ich finde so etwas sehr SEHR peinlich. Das riecht ganz übel danach, dass der Autor einfach irgend etwas hingeschrieben hat. Wenn er auch bei den restlichen Gedankengängen in seinem Buch so sorgfältig vorging, dann wundert mich der Schreibstil nicht im Mindesten. Vielleicht bin ich einfach auch nur unwürdig, die Genialität dahinter zu verstehen.

Alles in allem fand ich die Lese-Erfahrung interessant. Das war für mich aber auch »Das Schloß« von Kafka. Allerdings ermunterte mich letzterer Roman durchaus andere Werke des Autors in Angriff zu nehmen. Beim Herrn Franke hat »Zone Null« den gegenteiligen Effekt.





Henrik Fisch


In unserem hiesigen Tanzcafé