Zunächst muss ich voraussetzen, dass alle Leser und Autoren dieselbe Definition von "Übernatürlich" verwenden. Das ist offensichtlich nicht der Fall, also gehe ich von der allgemeinen Definition aus ("den bekannten Naturgesetzen widersprechend").
Ich möchte - insbesondere in Bezug auf Dein Beispiel aus Hyperion, Karla - ausdrücklich betonen, dass ich nicht das geringste Problem damit habe, wenn übernatürliche Phänomene in der SF vorkommen. Ganz sicher nicht, wenn sie (wie bei den Zeitgräbern oder auch der "Macht" bei Star Wars oder oder oder) wesentliche, originelle Bestandteile der Handlung sind.
Mich interessiert allerdings, wie du in Bezug auf SF-Literatur diese Definition von "Übernatürlich" sinnvoll halten willst. Ich glaube nicht, dass ich jemals eine SF-Story oder gar einen Roman gelesen habe, in der nicht zumindest ein wissenschaftlich mindestens extrem unwahrscheinliches Element auftaucht. So ziemlich alles, was mit virtuellen Realitäten oder Klonen zu tun hat, widerspricht z.B. dem, was man derzeit weiß oder zumindest mutmaßt (soweit ich das Überblicke, und natürlich abhängig davon, die Argumente z.B. welcher Hirnforscher man jetzt überzeugender findet). Wenn einen alles, was man wissenschaftlich unglaubwürdig oder zumindest eher für von Scharlatanerie oder Schlampigkeit als von seriöser Wissenschaft inspiriert hält, rausreißt, gibt es dann noch SF, die sich "realistisch" anfühlt?
Ich orientiere mich da mehr an dem Modus: Ein Buch, in dem z.B. Äther als Bindemedium existiert, kann für mich absolut SF sein und sich realistisch anfühlen, wenn das Element eine Konsistenz wahrt und mir gemäß wissenschaftlicher Erkenntnismethoden präsentiert wird - wenn die Geschichte also in einer Welt spielt, in der Äther eine wissenschaftliche Realität ist und keine magische Realität.
Wenn das Phantastische nur zum Sammelbegriff für das wissenschaftlich Unglaubwürdige macht, tut man ihm doch zumindest im Rahmen der Literatur Unrecht, dann ist es (auch, wenn man dabei nicht wertet) ein Defizitbegriff: Etwas, dem es an Glaubwürdigkeit mangelt. Fände ich schade, und ich glaube, es ist auch nicht besonders sinnvoll, Literatur in dieser Weise in direkten Bezug zur Wirklichkeit zu setzen. Dann wirft man wissenschaftliche Was-wäre-wenn-Szenarien, die den Naturgesetzen bewusst widersprechen, in einen Topf mit magischen Geschichten, die eine ganz andere "Weltlogik" aufbauen.