Wir hatten in diesem Thread eigentlich schon geklärt, dass handwerkliches Geschick ein Begriff ist, den jeder Mensch anders sieht, oder? Wenn ich sage, ein Buch ist Mist, weil eine Romanze drin vorkam, ist das auch nur meine Meinung (ich habe nichts gegen Romanzen). Du kannst von den Leuten nicht erwarten, dass sie nach denselben Parametern beurteilen, ob positiv oder negativ. Im Gegenzug zur Mathematik gibt es hier kein absolutes richtig oder falsch, schlecht oder gut.
Für mich hat Hohlbein z.B. zumindest das Talent, sehr viele Leute zu erreichen, und das zählt meiner Meinung nach auch als "handwerkliches Geschick". Aber viele hier sehen das anders.
Nein, das hatten wir nicht geklärt. Dass etwas auch Geschmacksfrage ist, räumt man ja in einer Diskussion gerade ein, damit man die Möglichkeit hat, vom eigenen Geschmacksurteil zu abstrahieren und sich auf einer allgemeineren Ebene zu verständigen. So kann man dann auf mehreren Ebenen unterscheiden: z.B. in dem man sagt "Das ist handwerklich gut, aber mir gefällt es nicht"; "Das hat handwerkliche Mängel, aber die werden durch die tolle Idee aufgewogen"; "Das gefällt mir nicht, und noch dazu ist es handwerklich schlecht". Das sind doch alles interessante Unterscheidungen, wenn man über Literatur diskutieren will. Und die verwischst du, wenn du die Verwendung einer Erzähltechnik, die du nicht magst, als Kennzeichen eines schlechten Buchs ausgibst.
Da es mit Beispielen immer am besten geht: Ich mag kein Kokos. Wenn jetzt jemand eine tolle Kokostorte zaubert und ich sage: "Also, die ist ja wohl total schlecht, die schmeckt ja voll nach Kokos!", dann lege ich schlicht und einfach den falschen Maßstab an und missachte das handwerkliche Geschick, das in das Backwerk eingeflossen ist. Besonders ärgerlich ist das, wenn ich mich anschließend noch dumm stelle (wie CJ es hier m.E. gerade tut) und dann noch sage: "Aber was habt ihr denn? Kokos schmeckt doch wirklich schlecht!"
Etwas anderes ist es schon, wenn ich sage: "Nicht nur mag ich kein Kokos, noch dazu ist das eine total schlechte Torte, der Teig ist klitschig und die Füllung halb flüssig!" Oder wenn ich sage: "Kokostorten sind toll, aber die hier ist handwerklich schlecht zubereitet."
Niemand ist dazu verpflichtet, irgendetwas zu mögen. Aber nur, weil jeder ein recht auf die eigenen Vorlieben hat, macht das ein dummes Argument noch nicht klug. Und "Die Kapitel sind in der falschen Reihenfolge" ist in Bezug auf einen nichtlinear erzählten Text schlicht und einfach ein dummes Argument, unabhängig von irgendwelchen Vorlieben oder den sonstigen Qualitäten des betreffenden Werks. Genau, wie "Iih, diese Kokostorte schmeckt nach Kokos!" ein dummes Argument ist.
Bearbeitet von Jakob, 11 März 2011 - 10:37.