Zum Inhalt wechseln


Foto

Handwerkliches Geschick, die Selbstsicherheit des Schriftstellers


  • Bitte melde dich an um zu Antworten
240 Antworten in diesem Thema

#211 molosovsky

molosovsky

    Phantastik-Fachdepp

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 2.172 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Ffm

Geschrieben 12 März 2011 - 11:43

@leibowitz

Ist das nur eigenmächtige Profilneurose und Wichtigtuerei, dass du hier meinst löschen zu müssen, oder führst du eine Privatfehde gegen einen der Beteiligten?

Das kläre ich per PM mit Dir. Hat nix mit dem Thema zu tun.

@Vincent Voss
Die von Dir genannten Beispiele passen. Ich mache das mal anhand von zwei SF-Romanen fest, die ich in den letzten Monaten mochte.

Einmal Dirks "Tentakelschatten", das nicht mehr will, als kurzweilige Space Opera / Military-SF zu liefern. Das macht Dirk sehr gut, ja, er flicht dabei sogar einige allgemein relvante Kommentare ĂĽber gesellschaftlich-bĂĽrokratische Beknacktheiten ein. Ambition und Umsetzung passen so gut zueinander, dass ich (nach meinem bescheidenen subjektiven Urteil) sagen kann: Werk gelungen.

Dann Bacigalupis "The Windup Girl" (dt. "Biokrieg"). Thematisch, stilistisch um einiges komplexer als Dirks Roman, zudem auch eher Hard SF. Im Vergleich mit Bacigalupi, erscheint Dirks Roman merklich unorigineller und als Kommentar der Gegenwart sehr viel harmloser. -- Aber: dafür liefert Bacigalupi nicht so flotte Schreibe wie Dirk. Bei Dirk wüsste ich nicht, was man kürzen könnte, bei Bacigalupi hatte ich schon das gefühl, dass der Roman um 30 bis 50 Seiten hätte verschlankt werden können, um richtig abzuziehen.

Unterm Strich bin ich aber nicht geneigt, nun einen der beiden Romane über den anderen zu stellen. Beide wollen unterschiedliche Sachen mit dem großen Genre-Feld SF anstellen, beide haben leicht Schwächen, die aber nicht wirklich zu Buche schlagen. Gemessen an ihren jeweiligen Ambitionen ergeben sich für jedes der beiden Werke entsprechende grobe Kriterien der Beurteilung, und da handelt es sich beiden Fällen um gelungene Werke (für meinen Geschmack). -- Wenn man aber nun die für das eine Werk greifenden Kriterien auf das andere anwendet, kommt Bewertungs-Murks raus. Denn Bacigalupi ist eben nicht flott, liefert wenig Wohlfühlambrosa, wohingehen Dirk eben SF-Fans enttäuschen wird, die sich Extrapolation aufgrund gegenwärtig absehbarer (plausibler) Möglichkeiten erwarten.


GrĂĽĂźe
Alex / molo

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.

Mehr Gesabbel von mir gibts in der molochronik

••• G+ ••• twitter ••• Goodreads ••• flickr ••• flattr •••


#212 †  a3kHH

†  a3kHH

    Applicant for Minion status in the Evil League of Evil

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 5.923 Beiträge
  • Geschlecht:männlich

Geschrieben 12 März 2011 - 11:44

Wegen Schreibprogrammen und deren Fähigkeit Texte zu analysieren. Damit lassen sich einige handwerkliche Belange durchaus verbessern, aber eben nur soweit das Werkzeug es vermag.

Was Plausibilität, Recherche, Glaubwürdigkeit, Überzeugungskraft, Originalität und viele andere *weiche* Eigenschaften von erzählenden Texten angeht, kommt man mit Schreibprogrammen keinen Meter weit.

Genau diese weichen Eigenschaften sind aber meiner Ansicht die entscheidenden.

Keine Diskussion, darĂĽber besteht, glaube ich, Konsens.
Aber zunächst geht es um die *harten* Fakten. Und es geht im ersten Ansatz auch weniger um die Verbesserung einer handwerklichen Arbeit (inwieweit das überhaupt mechanisch möglich ist, lasse ich einmal dahingestellt, ich habe da größere Zweifel), sondern um eine reine Faktensammlung der Hard Facts. Fremdwörter, Wiederholungen, Satzlänge - nur einige der primitiven Daten eines Textes. Wobei durchaus auch Änderungen derartiger Fakten innerhalb eines Textes meßbar sind (Beispiel : Die Satzlänge der ersten 20 Seiten ist relativ kurz, steigert sich dann aber im Verlaufe des Romans und fällt gegen Ende wieder ab. Die durchschnittliche Satzlänge ist dann eine primitive Meßzahl, die 1. Ableitung der Funktion Seite/Satzlänge sagt schon mehr aus.) Diese Fakten gilt es erst einmal zu sammeln.

Die von Dir als Soft Facts definierten Begriffe lassen sich aber sicher ebenfalls detaillieren. Was ist Plausibilität, woran kann man sie festmachen ? Wie definiert sich die Glaubwürdigkeit eines Textes ? Hier kann man ebenfalls einfache Fakten sammeln oder beispielsweise eine Checkliste erstellen. Die allerdings imho nicht mehr von aktuellen Computerprogrammen ausgefüllt werden kann.

Aber bis zu diesem Punkt sind wir immer noch bei der Analyse, der Faktensammlung. Es hat noch keine irgendwie geartete Bewertung dieser Fakten stattgefunden.

#213 †  a3kHH

†  a3kHH

    Applicant for Minion status in the Evil League of Evil

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 5.923 Beiträge
  • Geschlecht:männlich

Geschrieben 12 März 2011 - 12:01

@Vincent Voss
Die von Dir genannten Beispiele passen. Ich mache das mal anhand von zwei SF-Romanen fest, die ich in den letzten Monaten mochte.

Einmal Dirks "Tentakelschatten", das nicht mehr will, als kurzweilige Space Opera / Military-SF zu liefern. Das macht Dirk sehr gut, ja, er flicht dabei sogar einige allgemein relvante Kommentare ĂĽber gesellschaftlich-bĂĽrokratische Beknacktheiten ein. Ambition und Umsetzung passen so gut zueinander, dass ich (nach meinem bescheidenen subjektiven Urteil) sagen kann: Werk gelungen.

Dann Bacigalupis "The Windup Girl" (dt. "Biokrieg"). Thematisch, stilistisch um einiges komplexer als Dirks Roman, zudem auch eher Hard SF. Im Vergleich mit Bacigalupi, erscheint Dirks Roman merklich unorigineller und als Kommentar der Gegenwart sehr viel harmloser. -- Aber: dafür liefert Bacigalupi nicht so flotte Schreibe wie Dirk. Bei Dirk wüsste ich nicht, was man kürzen könnte, bei Bacigalupi hatte ich schon das gefühl, dass der Roman um 30 bis 50 Seiten hätte verschlankt werden können, um richtig abzuziehen.

Unterm Strich bin ich aber nicht geneigt, nun einen der beiden Romane über den anderen zu stellen. Beide wollen unterschiedliche Sachen mit dem großen Genre-Feld SF anstellen, beide haben leicht Schwächen, die aber nicht wirklich zu Buche schlagen. Gemessen an ihren jeweiligen Ambitionen ergeben sich für jedes der beiden Werke entsprechende grobe Kriterien der Beurteilung, und da handelt es sich beiden Fällen um gelungene Werke (für meinen Geschmack). -- Wenn man aber nun die für das eine Werk greifenden Kriterien auf das andere anwendet, kommt Bewertungs-Murks raus. Denn Bacigalupi ist eben nicht flott, liefert wenig Wohlfühlambrosa, wohingehen Dirk eben SF-Fans enttäuschen wird, die sich Extrapolation aufgrund gegenwärtig absehbarer (plausibler) Möglichkeiten erwarten.

"Was wollte uns der Autor damit sagen ?"
Fand ich schon in der Schule ätzend. Als Erwachsener kann ich nur sagen, daß mich die Ambitionen eines Autors einen feuchten Dreck interessieren. Wichtig ist, was hinten (i.e. beim Leser) ankommt.
Dass Du beide Werke magst, die Autoren Dich also auf unterschiedliche Weise ansprechen, hat nichts mit ihren Ambitionen zu tun, sondern bedeutet nur, daß Dein persönliches Wertesystem von beiden Romanen auf unterschiedlichen Teilen der Skala angesprochen wird. Es stellt sich imho weniger die Frage nach den Ambitionen der Autoren, sondern eher die nach der Generalisierung eines Wertesystems, das so unterschiedliche Romane bewerten kann.

#214 Lomax

Lomax

    Illuminaut

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIP
  • 842 Beiträge
  • Wohnort:Leichlingen

Geschrieben 12 März 2011 - 12:11

Zunächst einmal hat Alexander deutlich gesagt, daß Papyrus genau das tut, was alle Geistes"wissenschaftler" als unmöglich weit von sich weisen

Na, na - wo kommt denn das her? Als studierter Germanist betrachte ich mich mal als Geisteswissenschaftler, aber ich würde nie von mir weisen, dass man einen Text analysieren kann. Ganz abzählbar und "objektiv". ;)
Und auch sonst weist das wohl kaum "jemand von sich", andernfalls wäre das Germanistikstudium nicht so voll von Textanalyse. Die Analyse ist dann die Grundlage für weitere Schritte, sei es für inhaltliche Interpretationen wie auch für handwerkliche Betrachtungen. Aber schon die höherwertigen Teile der Analyse, beispielsweise das Erkennen von Stilmitteln, ist nach derzeitigem Stand schwierig für einen Rechner zu algorithmisieren, weil ohne Verständnis des Sinns Stilmittel mitunter schwer von Fehlern bzw. zufälligen Konstruktionen zu unterscheiden sind. Was nicht heißt, dass nicht auch das noch in den meisten Fällen halbwegs objektivierbar wäre, es überfordert halt nur einen Computer.

Diese Software analysiert einen Text. Sicher, auf rein technischer handwerklicher Ebene

... aber diese Analyse hat halt nur bedingt mit dem Handwerk zu tun. Gerade weil der Computer schon bedeutsame Teile der Analyse nicht leisten kann, muss der Mensch halt den Bezug der Analyseergebnisse zum Handwerk erst herstellen. Die Software analysiert Texte halt nur auf einer sehr niedrigen Ebene, und die Ergebnisse sagen erst mal wenig darĂĽber aus, wie gut typisch "handwerkliche" Merkmale eingehalten werden. Und genau das wĂĽrde ich erwarten, wenn ich davon spreche, dass eine Software das "Handwerk" analysiert.
Es ist erst mal nur eine analyse einfacher sprachlicher Phänomene; da das Handwerk in der richtigen und zielgerechten Anwendung dieser Phänomene liegt und Papyrus genau zu diesem Punkt keine Aussagen tätigt, wird das Handwerk selbst auch nicht analysiert

Kannst du die gängigen Phänomene des ersten Drittels benennen? Ich vermute in diesem Drittel liegt die Basis des guten Handwerks und es wird wohl mit dem Text-TÜV von Papyrus übereinstimmen.

Diese Phänomene entscheiden sich nicht wesentlich von den Gründen, aus denen Phänomene der zweiten oder dritten Klasse angestrichen werden. Jedenfalls fällt mir spontan nichts ein, was absolut typisch wäre. Nehmen wir als typisches Beispiel mal Wortwiederholungen - man kann in einem Text Wortwiederholungen finden, die so ziemlich von jedem Lektor angestrichen werden und bei denen sich alle einig sind, dass sie gar nicht gehen; aber genauso gibt es Wortwiederholungen, die regelmäßig angestrichen werden, und solche, an denen sich nur ein paar einzelne Bearbeiter stören, während andere das gar nicht nachvollziehen können oder die Wiederholung gar für sinnvoll halten. In allen Fällen sind das Phänomen die Wortwiederholung; die Basis des guten Handwerks wäre dann nicht nur benennbar das Phänomen "Wortwiederholungen suchen", sondern die komlexere Fähigkeit zielgenau die zu finden, die störend wirken oder regelmäßig störend wirken können (jetzt mal stark vereinfacht).
Deswegen ist es auch, wie ich oben benannt habe, so schwierig für den einzelnen Bearbeiter, für sich allein zu erkennen, welche "Klasse" der angestrichene Mangel hat. Wenn man alleine dasitzt ist halt jede Wortwiederholung, über die man stolpert, zunächst mal gleichwertig eine Wortwiederholung, die man eliminieren sollte. Man kann zwar im Einzelfall meist einschätzen, wie gravierend sie ist, und oft stimmt diese Einschätzung dann auch damit überein, wie andere Kollegen sie bewerten; aber genauso kann es halt eine Wortwiederholung sein, die nur einen persönlichen Nerv so getroffen hat, dass man sie für besonders gravierend hält. Genau wissen kann man das erst, wenn man es mal auf die Probe stellt und vergleicht - und das passiert in der Praxis ja nicht so oft; da arbeitet man ja meist im stillen Kämmerlein.

Ich würde dementsprechend auch nicht sagen, dass die Basis des guten Handwerks in den "Mängeln der Klasse 1" liegt. Ich würde sagen, es sind drei Säulen, an denen sich gleichermaßen zu arbeiten lohnt. Und die wichtigste und erste Säule würde ich sogar bei den "Fehlern der Klasse 4" sehen - bei den Dingen, die man anstreicht und durch etwas ersetzt, was die meisten anderen Betrachter als schlechter ansehen würden. Dass man beim Bearbeiten einen Text nicht verschlimmbessert, halte ich für das allerwichtigste, was man zuerst lernen sollte und was zur Beherrschung des Handwerks dazugehört. Alle drei genannten Kategorien beschreiben schon einen "idealen" Lektor, der selbst keine Fehler macht. Wenn man es überhaupt schafft, bei allem, was man anstreicht, irgendwo in den oben genannten drei Kategorien zu liegen, ist das schon mal nicht schlecht und durchaus für sich genommen schon eine gute "Basis fürs Handwerk".
Als nächstes ist dann ja festzuhalten, dass es auch bei den Fehlern der "Kategorie 2" eine hohe Übereinstimmung gibt, dass da zwar nicht jeder Bearbeiter alles gleich anstreicht, aber das doch eine statistische Einigkeit darüber besteht, was für Dinge regelmäßig angestrichen werden. Als zweite Basis würde ich also das Gespür ansehen, möglichst wenige Dinge der 3. Kategorie anzustreichen - Mängel zu finden, die so ziemlich jeder Lektor anstreichen würde, ist natürlich ein gutes Zeichen. Aber schon die Korrekturen der "2. Kategorie" sind in der Regel ja Verbesserungen. Wenn man möglichst viele Dinge korrigiert, die eine große Zahl von Bearbeitern auch "verdächtig" findet, ist das schon mal nicht verkehrt. Also, keine absolute Fokussierung auf Klasse 1, sondern Klasse 1 und 2 zusammen sind eine weitere Säule.
Und die dritte handwerkliche Säule wäre dann, möglichst viele dieser "berechtigten" Korrekturen zu finden und möglichst wenige der wirlich dicken Klöpse zu übersehen.
An alle drei dieser Fertigkeiten kann man sich langsam herantasten und sein "handwerkliches GespĂĽr" in dieser Hinsicht verbessern.

Aber selbst bei allen drei genannten "Säulen" wäre ich mir noch nicht sicher, ob das dann die "Basis von gutem Handwerk" ist. a3 hat in seinem Posting ja auf die Erfolge von Heitz und Hohlbein verwiesen und sie vor allem auf das "beherrschte Handwerk" zurückgeführt ... Mag man so sehen oder auch nicht. Was auf jeden Fall auffällt ist die Tatsache, wenn dem Erfolg dieser Autoren vor allem ihr Handwerk zugrundeliegt, dann muss es eine Art von Handwerk sein, die durch die von mir beschriebenen "Klassen der handwerklichen Korrekturen" nicht ausreichend erfasst wird. Denn bei allem, was ich beschrieben habe, geht es nur um Korrekturen von offensichtlichen handwerklichen Fehlern; aber wie die Praxis zeigt, wird ein Text nicht nur dadurch erfolgreich, dass er möglichst frei von korrigierbaren, handwerklichen Fehlern ist. Ganz im Gegenteil.
Bedeutsamer ist eher, dass der Text schon von der Anlage her so gestaltet ist, dass er möglichst viele Leser anspricht. Einen Text auf diese Weise schreiben zu können, kann man durchaus mit Fug und Recht als handwerkliches Geschick betrachten, und damit wäre das vermutlich die bedeutsamste Basis des Handwerks. Und weil man diese positive Qualität nicht allein durch die Beseitigung von Fehlern "reinkorrigieren" kann, sondern von Anfang an schon etwas da sein muss, ist diese Basis des Handwerks etwas, das durch die von mir beobachteten Phänomene bei der Korrektur von Texten nicht abgedeckt ist.
Denn wenn diese sich in den Verkäufen von Heitz und Hohlbein niederschlagende "handwerkliche Qualität" etwas wäre, was allein durch die Beherrschung der von mir beschriebenen "Korrektur handwerklicher Fehler" erreichbar ist, dann müssten ja alle erfahren Lektoren auch gleich selbst jederzeit entsprechende kalkulierbare Bestseller schreiben können bzw. jedes beliebig miese Manuskript zu einem Bestseller redigieren können. Was in Einzelfällen schon mal vorgekommen ist, aber erfahrungsgemäß halt nicht berechenbar und regelmäßig passiert.
"Modern Economics differs mainly from old Political Economy in having produced no Adam Smith. The old 'Political Economy' made certain generalisations, and they were mostly wrong; new Economics evades generalisations, and seems to lack the intellectual power to make them." (H.G. Wells: Modern Utopia)

#215 molosovsky

molosovsky

    Phantastik-Fachdepp

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 2.172 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Ffm

Geschrieben 12 März 2011 - 12:16

@a3kHH
Was Du im ersten Absatz über die stilistischen Basics schreibst, die von einem Programm wie "Papyrus" durchaus effektiv bearbeitet (und damit handwerklich) verbessert werden können, ist richtig. Das gilt für *konventionelle* Schreibweisen. Autoren, die einen - sagen wir mal - exzentrischeren Sprachgebrauch pflegen, werden mit solchen Programmen wohl nur dann was anfangen und sie furchtbar einsetzten können, wenn das Programm sich auf die persönliche Stilistik anpassen lässt.

Gerade das Beispiel der Satzlängen finde ich sehr erhellend. Beim Textumfang eines Romanes sollte es keine unpassenden Stil- oder Rhythmusbrüche geben. Ich betone hier das *unpassend*, denn es kann eben zur Eigentümlichkeit eines Romanes gehören, dass deutlich voneinander abweichende Stilistiken sich abwechseln.

Was die sonstigen weichen aber wichtigen Eigenschaften von Romanen angeht, so ist für mich immer die Frage zentral: was will der Text erreichen? -- Als Beispiel mag hier mein Leseerlebnis mit "Die Zwerge von Amboss" dienen. Da war ich so unflexibel, mich auf Aufmachung, Klappentext und allgemeines Raunen zum Roman zu verlassen, und habe ihn als ernstgemeinten High Fantasy-Stoff verköstigt. Wie sich dann (für mich erst nach Schreiben der Rezension) herausstellte, verfehlte meine Erwartungshaltung aber wichtige Ambitionen des Romanes. -- Daraus gelernt? Uffpasse und gefälligst selber denken, statt sich zu sehr auf Inokkulierung durch Marketing und andere Stimmen zu verlassen. -- Taktik-Änderung: die weiteren Bände der "Zerrissenen Reiche" erst dann anpacken, wenn ich sicher bin, in der richtigen Stimmung dafür zu sein, um dem Werk fairer begegnen zu können.

"Was wollte uns der Autor damit sagen ?"
Fand ich schon in der Schule ätzend. Als Erwachsener kann ich nur sagen, daß mich die Ambitionen eines Autors einen feuchten Dreck interessieren. Wichtig ist, was hinten (i.e. beim Leser) ankommt.
Dass Du beide Werke magst, die Autoren Dich also auf unterschiedliche Weise ansprechen, hat nichts mit ihren Ambitionen zu tun, sondern bedeutet nur, daß Dein persönliches Wertesystem von beiden Romanen auf unterschiedlichen Teilen der Skala angesprochen wird. Es stellt sich imho weniger die Frage nach den Ambitionen der Autoren, sondern eher die nach der Generalisierung eines Wertesystems, das so unterschiedliche Romane bewerten kann.

Lesen findet immer mit gewissen Erwartungshaltungen und leider nicht in sterilen Versuchanordnungen statt. Allein schon, wie ich auf ein Buch aufmerksam werde, warum ich es anschaffe und dann lese, färbt die Lesehaltung. Auf der Rückseite der Münze, auf der sich die Frage "Was will uns der Autor damit sagen" findet, steht "Was erwartet der Leser von einem Buch". -- Diese beiden Aussagen bedingen einander so innig, wie die Feststellungen "Es gibt gute und schlechte Bücher" nach sich zieht, dass es auch "gute und schlechte Leser" gibt. -- (Statt *gut* und *schlecht* kann man auch nicht so offensiv wertende Begriffe einsetzten.)

Um zu beurteilen, was ein Werk will, muss ich mich nicht mit den Ambitionen des Autoren beschäftigen (das kann ergänzend gemacht werden). Aber verschiedene Romane versuchen mit ihren jeweiligen unterschiedlichen Merkmalen (Thema, Sprache, Struktur, homöopathische Wirkung) jeweils unterschiedliche Erwartungen von Lesern zu treffen.

Nicht von ungefähr ist einer der grundlegensten und mir sehr plausibel (= beifallswürdig) dünkender Ratschlag, der angehenden Autoren ans Herz gelegt wird: viel lesen und so viel unterschiedliches wie möglich lesen. -- Moorcock treib das auf die Spitze, in dem er sinngemäß riet: Wer SF schreibt, sollte keine SF lesen, um die Gefahr zu meiden, Einheitsbrei zu fabrizieren. Aber Moorcock hat eben eine entsprechende Ambition, die sich wahrscheinlich kaum deckt mit der schriftstellerischen Ambition von Autoren, die vom Schreiben für Franchises wie Star Wars leben wollen.


GrĂĽĂźe
Alex / molo

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.

Mehr Gesabbel von mir gibts in der molochronik

••• G+ ••• twitter ••• Goodreads ••• flickr ••• flattr •••


#216 yiyippeeyippeeyay

yiyippeeyippeeyay

    Interstellargestein

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 13.440 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Berlin

Geschrieben 12 März 2011 - 12:22

(

Ist das nur eigenmächtige Profilneurose und Wichtigtuerei, dass du hier meinst löschen zu müssen

Nein. Ich z.B. stand und stehe zu einer Entfernung der Beiträge aus diesem Thread. Jede größere Aktion wird i.d.R. im Mod- oder Globalmod-Subforum zuerst besprochen, mal kürzer, mal länger. Ich darf den beteiligten Streithähnen auch nochmal die Vorteile des Neuer-Thread-Startens (z.B. im OT-Subforum) für solche Meta-Themen empfehlen. (Das ist nicht schwer; fast so einfach wie einen Antwort-Post hin zu kriegen.) Ich schätze, die Moderation wäre mit so einem getrennten Thread wesentlich toleranter.)

/KB

Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.

Da ergriff eins der kleinsten das Wort:

"Wenn sich all unsere WĂĽnsche erfĂĽllen,

dann wĂĽnschen wir einfach mit Willen

die WĂĽnsche-ErfĂĽllung fort!"

Sie befolgten den Rat und von Stund an war

wieder spannend das Leben und heiter.

Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr

und vielleicht gar ein wenig gescheiter.

(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller WĂĽnsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)


#217 T. Lagemann

T. Lagemann

    Who cares

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 1.440 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Kohlscheid

Geschrieben 12 März 2011 - 12:34

Hallo zusammen,

"Erfolg" scheint als Kriterium für handwerkliches Geschick ungeeignet, denn sonst wären

http://www.taz.de/1/...ngernde-poeten/

ja gerade mal 100-200 Autor/innen in Deutschland handwerklich geschickt.

Eine Freundin (3 Romane, 2 Kurzgeschichtenbände, Kurzgeschichten in Zeitschriften, 2 Literaturstipendien, mit dem Debüt-Roman seinerzeit beim Mara Cassens Preis weit vorn gelandet! Sie kennt sich also durchaus ein wenig im Literaturbetrieb und mit dem Schreiben aus) von mir vertritt die Auffassung, dass z.B. bei Wettbewerben 10% der Teilnehmer über ausreichendes handwerkliches Geschick verfügen. Preise gibt es jedoch oftmals nur für 0,1% oder noch weniger der Teilnehmer.

Gutes Handwerk allein genügt eben nicht. Es braucht auch eine interessante Geschichte und die der angestrebten Zielgruppe angepasste Umsetzung. Und ich denke, das unterscheidet gute Handwerker von erfolgreichen Handwerkern - letztere haben ein Gespür für das was Leser/innen fesselt. Und sie können das umsetzen.

Viele GrĂĽĂźe
Tobias
"Wir sind jetzt alle Verräter."
"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."

(James Corey, Calibans Krieg)

"Sentences are stumbling blocks to language."

(Jack Kerouac in einem Interview mit der New York Post, 1959)

"Na gut, dann nicht, dann bin ich eben raus
Ich unterschreib' hier nichts, was ich nicht glaub'
Na gut, dann nicht, nicht um jeden Preis
Ich gehöre nicht dazu, das ist alles was ich weiß"

(Madsen, Strophe 1 des Songs "Na gut dann nicht")
  • • (Buch) gerade am lesen:Ich lese zu schnell, um das hier aktuell zu halten.
  • • (Film) gerade gesehen: Umbrella Academy (finale Staffel)

#218 †  a3kHH

†  a3kHH

    Applicant for Minion status in the Evil League of Evil

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 5.923 Beiträge
  • Geschlecht:männlich

Geschrieben 12 März 2011 - 13:21

Gerade das Beispiel der Satzlängen finde ich sehr erhellend. Beim Textumfang eines Romanes sollte es keine unpassenden Stil- oder Rhythmusbrüche geben. Ich betone hier das *unpassend*, denn es kann eben zur Eigentümlichkeit eines Romanes gehören, dass deutlich voneinander abweichende Stilistiken sich abwechseln.

Alex, Du wertest schon. So weit bin ich noch lange nicht, ich bin noch viiiiiel weiter vorne beim Faktensammeln.
Und natĂĽrlich habe ich Hintergedanken : Allgemein anerkannter Fakten-Kanon der primitiven handwerklichen Teile eines Romans ==> genĂĽgend groĂźe Faktensammlung ausreichend vieler Romane ==> statistische Methoden
Aber es geht, und das wird hier bunt durcheinandergeworfen, (noch lange) nicht um eine Bewertung, sondern nur um eine handwerkliche Analyse des Romans.

#219 molosovsky

molosovsky

    Phantastik-Fachdepp

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 2.172 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Ffm

Geschrieben 12 März 2011 - 13:25

@a3kHH
Nee, ich habe schon zur Kennisnis genommen, worauf Du mit diesem Gedankenspiel der *Faktensammlung* abzielst. -- (Aber ich gehe nicht auf jedes Detail ein, sonst wĂĽrd ich mir ja die Finger fusselig tippen, potentiell meinungsfreudig wie ich bin).

Bezogen auf die englische Sprache ist man meines Wissens auch schon um einiges Weiter.

GrĂĽĂźe
Alex / molo

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.

Mehr Gesabbel von mir gibts in der molochronik

••• G+ ••• twitter ••• Goodreads ••• flickr ••• flattr •••


#220 †  a3kHH

†  a3kHH

    Applicant for Minion status in the Evil League of Evil

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 5.923 Beiträge
  • Geschlecht:männlich

Geschrieben 12 März 2011 - 13:26

Gutes Handwerk allein genĂĽgt eben nicht.

Das ist nur allzu wahr.
Im Umkehrschluß würde das nämlich bedeuten, daß man ansonsten Kunst mechanisieren kann. Und das bezweifle ich doch sehr stark.

#221 simifilm

simifilm

    Cinematonaut

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 8.931 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:ZĂĽrich

Geschrieben 12 März 2011 - 18:20

Alex, Du wertest schon. So weit bin ich noch lange nicht, ich bin noch viiiiiel weiter vorne beim Faktensammeln.
Und natĂĽrlich habe ich Hintergedanken : Allgemein anerkannter Fakten-Kanon der primitiven handwerklichen Teile eines Romans ==> genĂĽgend groĂźe Faktensammlung ausreichend vieler Romane ==> statistische Methoden


Was Du da beschreibst, nennt sich Korpuslinguistik.

Bearbeitet von simifilm, 12 März 2011 - 18:20.

Signatures sagen nie die Wahrheit.

Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.

Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.

Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
 

zfs40cover_klein.jpg ZFS16_Coverkleiner.jpg

  • • (Buch) gerade am lesen:Samuel Butler: «Erewhon»
  • • (Buch) als nächstes geplant:Samuel Butler: «Erewhon Revisited»
  • • (Film) gerade gesehen: «Suicide Squad»
  • • (Film) Neuerwerbung: Filme schaut man im Kino!

#222 Gast_Dirk_*

Gast_Dirk_*
  • Guests

Geschrieben 13 März 2011 - 12:33

...
Gutes Handwerk allein genügt eben nicht. Es braucht auch eine interessante Geschichte und die der angestrebten Zielgruppe angepasste Umsetzung. Und ich denke, das unterscheidet gute Handwerker von erfolgreichen Handwerkern - letztere haben ein Gespür für das was Leser/innen fesselt. Und sie können das umsetzen.


Ein interessanter Gedanke.
Hat mich jetzt eine ganze Weile nicht losgelassen, speziell im eigentlichen Sinne dieses Threads, wieviel Selbstbewusstsein ein Schriftsteller benötigt.
Ich tippe jetzt einfach mal meine Gedanken dazu frei von der Leber weg.

Einerseits ist diese Definition bestimmt richtig. In dem Sinne, wie es oft in anderen Autorenforen gepredigt wird, was (handwerklich) gut ist, findet auch irgendwann seine Leser.

Aber sie lässt auch offen, ab wann Erfolg beginnt. Und ich glaube für mich persönlich, dass ein Erfolg schon zum Selbstbewusstsein beiträgt. Denn wer in ein Vakuum hineinschreibt, also niemals Rückmeldung in irgendeiner Form erhält ... woher soll er sein Selbstbewusstsein ziehen / nähren, wenn er nicht gerade von seiner eigenen Genialität überzeugt ist?

Und diese Definition lässt auch außer Acht, dass so manches Werk von einem weniger guten Handwerker, alleine aus seiner Thematik heraus erfolgreich wird. Darf dieser Handwerker sich dann auch ein selbsbewusstes Selbstbild zimmern, weil er ja, trotz handwerklicher Mängel, die Massen begeistert?

Und dann ist da immer noch die Frage:
Was ist gutes Handwerk?
Vermeidung von Wortwiederholungen und unnötigen Adjektiven? Eine einfache Sprache, oder doch möglichst durchgeplante Worte, die sich zu Sätzen, Absätzen, Kapiteln und letztendlich zum Roman aneinanderreihen?

Rein technisch gesehen haben wir alle das Handwerk schon in der Grundschule aufgenommen.
Das ist ein A, das ist ein B, so wird ein Satz konstruiert, so klingt es gut, so weniger.
Aber ist das Handwerk des Schreibens nicht auch zu einem großen Teil Kreativität, die man schwerlich in feste Regeln und Formen gießen kann?
Wie kann man also so selbstbewusst sein und behaupten:
Ich bin ein guter Handwerker?
Woran misst man das?
An guter Grammatik?
Ein Geschäftsbrief besticht ebenso wie ein guter Roman durch gute Grammatik.
Also muss es ja mehr sein, was dahinter steht.

Und ich glaube, da spielt das "angeborene" Selbstbewusstsein, oder Selbstverständnis des Einzelnen ganz stark mit hinein.
Es soll ja sehr erfolgreiche Autoren geben, die sich haareraufend selber ständig fragen "Wie, zur Hölle nochmal, habe ich das gemacht? Wie, und wann, habe ich das geschrieben?"
Ebenso gibt es eine ganze Reihe eher unbekannter Autoren, die jede Kritik, jede Ablehnung ihrer Werke direkt mit dem Habitus eines Genies von sich weisen.
"Ihr seid ja alle zu plöhde, um mich und mein geniales Werk zu verstehen!"

In dem Sinne glaube ich, dass es alle Abstufungen an Selbstbewusstsein von Autoren gibt, aber ein gewisses Grundselbstbewusstsein sollte wohl schon vorhanden sein, denn sonst wĂĽrde man seine Werke in einem orangenen Sack mit einem Biohazardzeichen eintĂĽten.

Bei dem Einen reicht dann schon eine veröffentlichte Kurzgeschichte, um vom Nobelpreis, der Insel in der Karibik, den Groupies bei den Lesungen und dem Konto auf den Caymans zu träumen.
Bei dem Anderen kommt schnell der Gedanke, dass die richtige Arbeit an sich selbst und seinem Können, dann erst richtig losgeht.


Soweit meine ungefilterten Gedanken zu diesem Thema, mit denen ich gerne den Bogen wieder zurĂĽck zum (sehr interessanten!) Thema schlagen wĂĽrde.

LG

Dirk ;)

Bearbeitet von Dirk, 13 März 2011 - 12:35.


#223 Puh

Puh

    Giganaut

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIP
  • 769 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Berlin

Geschrieben 14 März 2011 - 11:36

"Was wollte uns der Autor damit sagen ?"
Fand ich schon in der Schule ätzend. Als Erwachsener kann ich nur sagen, daß mich die Ambitionen eines Autors einen feuchten Dreck interessieren. Wichtig ist, was hinten (i.e. beim Leser) ankommt.

Dass das jetzt viel ĂĽber Dich aussagt - und nichts aber auch gar nichts ĂĽber die Literatur, von dem Autor gar nicht zu reden, das ist Dir schon klar?
Was mich angeht, mich interessieren die Intentionen des Autors durchaus; ebenso wie es mich interessiert ob und in wie weit er sie umgesetzt hat. DafĂĽr muss ich mich auch interessieren, wenn ich die Literatur halbwegs objektiv analysieren will.
Nur mal so als Beispiel: Die PR-Autoren behaupten auch von sich, dass sie den Zeitgeist spiegelten. Das ist ihre Intention; und diese Intention hat Auswirkungen auf die Heftchen, die unter dieser Intention im Regelfall mehr verlieren als gewinnen. Wenn so ein Roman bei Dir dann nicht ankommt, was eine relativ irrationale Erklärung ist, dann liegt das eben u.U. daran, dass seine Intention Dir nicht gefällt. Und so gesehen sind die Ambitionen des Autors auch für dich, der du diese doch negierst, von hoher Bedeutung, weil sie auch Dein Empfingen bestimmen.

Puh

#224 simifilm

simifilm

    Cinematonaut

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 8.931 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:ZĂĽrich

Geschrieben 14 März 2011 - 11:43

Dass das jetzt viel ĂĽber Dich aussagt - und nichts aber auch gar nichts ĂĽber die Literatur, von dem Autor gar nicht zu reden, das ist Dir schon klar?
Was mich angeht, mich interessieren die Intentionen des Autors durchaus; ebenso wie es mich interessiert ob und in wie weit er sie umgesetzt hat. DafĂĽr muss ich mich auch interessieren, wenn ich die Literatur halbwegs objektiv analysieren will.
Nur mal so als Beispiel: Die PR-Autoren behaupten auch von sich, dass sie den Zeitgeist spiegelten. Das ist ihre Intention; und diese Intention hat Auswirkungen auf die Heftchen, die unter dieser Intention im Regelfall mehr verlieren als gewinnen. Wenn so ein Roman bei Dir dann nicht ankommt, was eine relativ irrationale Erklärung ist, dann liegt das eben u.U. daran, dass seine Intention Dir nicht gefällt. Und so gesehen sind die Ambitionen des Autors auch für dich, der du diese doch negierst, von hoher Bedeutung, weil sie auch Dein Empfingen bestimmen.


Molo hat - und da gehe ich 100% mit ihm einig - auch klar zwischen den Absichten des Autors und der Wirkung, die ein Text erzeugen soll, unterschieden. Es geht keineswegs darum, "was der Autor uns sagen will". Um zu erkennen, was ein Text erreichen soll, ist oft auch gar keine Kenntnis über den Autor und dessen Absichten nötig. Ich würde sogar sagen, dass es grundsätzlich eher gegen einen Text spricht, wenn ich erst etwas über den Autor wissen muss, damit er für mich funktioniert (das gilt natürlich nur mit Einschränkungen. Wenn ein Autor kulturell/historisch weit weg ist, ist es im allgemeinen von Vorteil, wenn ich etwas über den Entstehungshintergrund weiss).

Signatures sagen nie die Wahrheit.

Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.

Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.

Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
 

zfs40cover_klein.jpg ZFS16_Coverkleiner.jpg

  • • (Buch) gerade am lesen:Samuel Butler: «Erewhon»
  • • (Buch) als nächstes geplant:Samuel Butler: «Erewhon Revisited»
  • • (Film) gerade gesehen: «Suicide Squad»
  • • (Film) Neuerwerbung: Filme schaut man im Kino!

#225 †  a3kHH

†  a3kHH

    Applicant for Minion status in the Evil League of Evil

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 5.923 Beiträge
  • Geschlecht:männlich

Geschrieben 14 März 2011 - 12:01

Dass das jetzt viel ĂĽber Dich aussagt - und nichts aber auch gar nichts ĂĽber die Literatur, von dem Autor gar nicht zu reden, das ist Dir schon klar?
Was mich angeht, mich interessieren die Intentionen des Autors durchaus; ebenso wie es mich interessiert ob und in wie weit er sie umgesetzt hat. DafĂĽr muss ich mich auch interessieren, wenn ich die Literatur halbwegs objektiv analysieren will.

Erstens willst Du keine Texte objektiv analysieren, sondern sie subjektiv bewerten. Zweitens hast Du vollkommen Recht, ich interessiere mich primär für Literatur, erst in zweiter Linie für Literaten. Drittens ist Dein Ansatz ziemlich inkompetent, jeder Autor kann Dich durch das Vorspielen falscher Intentionen in die Irre führen.


Nur mal so als Beispiel: Die PR-Autoren behaupten auch von sich, dass sie den Zeitgeist spiegelten.

Eben dies ist eine Interpretation der Serie, die die Autoren übernommen haben. Als Schlagwort. Sieht man sich die PR-Serie in den letzten 50 Jahren an, so erkennt man, daß dies einerseits bereits seit den Anfängen so war und andererseits nie als Intention der Autoren so gedacht war. Es hat sich, auch aufgrund der Arbeitsmethode und der Länge der Serie, so ergeben. Hier von "Intention der Autoren" zu sprechen, ist falsch.

#226 Puh

Puh

    Giganaut

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIP
  • 769 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Berlin

Geschrieben 14 März 2011 - 15:55

Molo hat - und da gehe ich 100% mit ihm einig - auch klar zwischen den Absichten des Autors und der Wirkung, die ein Text erzeugen soll, unterschieden.

Und wie geht das en detail, groĂźer Meister? :thumb:

#227 simifilm

simifilm

    Cinematonaut

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 8.931 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:ZĂĽrich

Geschrieben 14 März 2011 - 16:05

Und wie geht das en detail, groĂźer Meister? :thumb:


Das gehört zum ganz normalen Rüstzeug jedes Lesers. Überleg nur mal, was sich genau vollzieht, wenn Du ein Buch liest. Ich behaupte, dass Du in der Regel recht gut sagen kannst, was ein Buch vorhat, selbst wenn Du nichts über den Autor weisst. Ob ein Roman spannend, witzig oder traurig sein soll, ob er eine Innensicht einer bestimmten Figur oder die Atmosphäre eines bestimmten Milieus näher bringen soll, ob es in erster Linie um Spiel mit der Sprache oder vielmehr um Handlung geht - all das sind Dinge, die man als Leser in der Regel schnell merkt. Das Buch muss in seinen Absichten noch nicht einmal erfolgreich sein soll - ich persönlich kann einen bestimmten Thriller stinklagweilig finden, dennoch kann ich im allgemeinen recht gut beurteilen, ob das betreffende Buch spannend sein soll (und dazu muss ich mir nicht überlegen, "was mir der Autor sagen wollte").

Jedes Buch - und auch jeder Film - "erzieht" seinen Leser bis zu einem gewissen Grad und signalisiert auch, wie es verstanden werden will. Das kann durchaus auch schief gehen oder ich als Leser kann beschliessen, einen Text anders zu lesen, als er gedacht war. Man nehme - als relativ beliebiges Beispiel - Huxleys Brave New World. Ich behaupte, dass die meisten Leser verstehen, dass dieser Roman als Kritik an gewissen gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklungen gedacht ist. Um das zu erkennen, muss man nichts über Huxley wissen. Ich kann nun als Leser natürlich hingehen und das alles ganz anders verstehen: Zum Beispiel als Beschreibung einer rundum glücklichen Gesellschaft, in der alle zufrieden sind und nur ein paar Querköpfe nicht mittun. So eine Leseweise ist aber nur möglich, wenn ich das Buch entweder komplett missverstehe oder es bewusst gegen den Strich lese.

Bearbeitet von simifilm, 14 März 2011 - 16:06.

Signatures sagen nie die Wahrheit.

Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.

Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.

Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
 

zfs40cover_klein.jpg ZFS16_Coverkleiner.jpg

  • • (Buch) gerade am lesen:Samuel Butler: «Erewhon»
  • • (Buch) als nächstes geplant:Samuel Butler: «Erewhon Revisited»
  • • (Film) gerade gesehen: «Suicide Squad»
  • • (Film) Neuerwerbung: Filme schaut man im Kino!

#228 Puh

Puh

    Giganaut

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIP
  • 769 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Berlin

Geschrieben 14 März 2011 - 16:18

.

Autsch. Da habe ich offenkundig mit einer lapidaren Bemerkung jemanden ziemlich hoch gescheucht. Tschuldigung. :P Aber um das dann doch noch ein wenig genauer zu betrachten:

Erstens willst Du keine Texte objektiv analysieren, sondern sie subjektiv bewerten.

Ach, will ich das? Warum weiß ich das dann nicht? Und wieso glaubst Du besser zu wissen was meine Intention ist, als ich selber? Könnte es sein, dass du da von dich auf andere schließend, Text mit Autor gleichsetzt? Aber so etwas tust du ja nicht. :thumb: Ich zumindest möchte Texte möglichst objektiv analysieren.

Zweitens hast Du vollkommen Recht, ich interessiere mich primär für Literatur, erst in zweiter Linie für Literaten.

Das sei Dir doch unbenommen. Dumm nur, dass nicht die Literatur die Literatur schreibt sondern immer noch die Literaten die Literatur schreiben. Diese werden also, wie die Freunde Deiner Töchter, wenn Du sie durch die Vordertür hinaus wirfst, durch die Hintertür wieder hereinkommen, um dann mit diesen weiter zu flirten.

Drittens ist Dein Ansatz ziemlich inkompetent, (...]

. Danke, selber PIIIIEP. :thumb:
Mod-Eingriff von molosovsky: Direkte Beschimpfungen gehen hier gar nicht, auch nicht mit Smily, zumindest nicht, wenn ich (als Mod) nicht sicher bin, dass die Leut, die sich da locker anmachen, nicht gut kennen. †” Jemanden so auf die Schnelle gleich als inkompetent abzuwatschen, mag nicht feine Art sein, aber a3kHH hat wenigstens bei seinem Inkompetenzvorwurf einen durchaus bedenkenswerten Umstand angeführt.

jeder Autor kann Dich durch das Vorspielen falscher Intentionen in die Irre fĂĽhren.

Was er dann auch über einige hundert Seiten durchhalten kann, ohne dass es auffällt? Den Text würde ich dann gerne mal lesen.

Hier von "Intention der Autoren" zu sprechen, ist falsch.

Und was ist es dann sonst?

Bearbeitet von molosovsky, 14 März 2011 - 18:05.


#229 Puh

Puh

    Giganaut

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIP
  • 769 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Berlin

Geschrieben 14 März 2011 - 16:48

Es ist Dir jetzt schon klar, dass Du mir jetzt voll zustimmst?
Sieh mal, a3kHH hatte, wohl von einem schlechten Deutschunterricht gequält, geschrieben, dass ihm die Intentionen des Autors nicht weiter interessierten, wichtig wäre für Ihn, was hinten dabei heraus kämme. Dem hatte ich entgegen gehalten, dass es wohl etwas schwer sei, die Intentionen vom Werk zu trennen und dass es für eine Näherung an eine möglichst objektive Analyse notwendig sei, die Intentionen zu kennen, um auch prüfen zu können, wie weit sie erfüllt worden sind.
Wortwörtlich: "Was mich angeht, mich interessieren die Intentionen des Autors durchaus; ebenso wie es mich interessiert ob und in wie weit er sie umgesetzt hat. Dafür muss ich mich auch interessieren, wenn ich die Literatur halbwegs objektiv analysieren will." Dazu muss ich übrigens bei den meisten Texten über den Autor überhaupt nichts wissen, zumindest nicht mehr, als der Text mir sagt. Da stimme ich Dir zu.
Du hingegen schreibst:"Überleg nur mal, was sich genau vollzieht, wenn Du ein Buch liest. Ich behaupte, dass Du in der Regel recht gut sagen kannst, was ein Buch vorhat, selbst wenn Du nichts über den Autor weisst. Ob ein Roman spannend, witzig oder traurig sein soll, ob er eine Innensicht einer bestimmten Figur oder die Atmosphäre eines bestimmten Milieus näher bringen soll, ob es in erster Linie um Spiel mit der Sprache oder vielmehr um Handlung geht - all das sind Dinge, die man als Leser in der Regel schnell merkt. Das Buch muss in seinen Absichten noch nicht einmal erfolgreich sein soll - ich persönlich kann einen bestimmten Thriller stinklagweilig finden, dennoch kann ich im allgemeinen recht gut beurteilen, ob das betreffende Buch spannend sein soll (und dazu muss ich mir nicht überlegen, "was mir der Autor sagen wollte")."
Und jetzt erkläre mir ja den Unterschied zwischen unser beider Auffassungen.
Okay, es gibt natürlich einen zentralen Unterschied, der sich an einer Formulierung festmachen läßt: "Ich hehaupte, dass Du in der Regel recht gut sagten kannst, was ein Buch vorhat (...)". Ich mein, es ist nett, dass Du mir soviel zutraust, aber ich kann es nicht, kann es nicht, weil ich keine Texte analysieren kann, ich denke, da bin ich schon recht gut. Ich kann es einfach nicht, weil ein Buch keinen Willen haben kann, es kann von daher mit mir nichts vorhaben. Zu guter Letzt ist es immer eine Autorin, ein Autor, die, wie bewusst auch immer, etwas vorhaben.
Aber um das zu beurteilen, was die das vorhaben, muss ich den Autor, die Autorin allerdings nicht persönlich kennen. Obwohl Kenntnisse der Lebensumstände bei manchen Autoren hilfreich sind. Was mag Musil z.B. dazu getrieben haben, einen "Möglichkeitsmenschen" einzuführen und sich im zweiten Teil seines Mannes ohne Eigenschaften so gründlich zu verrennen. Ist doch eine spannende Frage, die Dir der Text alleine, der ja im zweiten Teil nicht mehr annähernd so gut funktioniert, wie im ersten Teil, nicht wird beantworten können.
Aber ich befĂĽrchte, da werden wir uns nicht einig werden. MĂĽssen wir ja auch nicht.
Puh :thumb:

Bearbeitet von Puh, 14 März 2011 - 16:50.


#230 simifilm

simifilm

    Cinematonaut

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 8.931 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:ZĂĽrich

Geschrieben 14 März 2011 - 16:58

Und jetzt erkläre mir ja den Unterschied zwischen unser beider Auffassungen.


Der Unterschied ist ganz einfach, dass Du Dich im einen Fall auf den Text beschränken und konkret damit arbeiten kannst, während Du bei den Intentionen des Autors schnell mal auf Mutmassungen angewiesen bist.

Okay, es gibt natürlich einen zentralen Unterschied, der sich an einer Formulierung festmachen läßt: "Ich hehaupte, dass Du in der Regel recht gut sagten kannst, was ein Buch vorhat (...)". Ich mein, es ist nett, dass Du mir soviel zutraust, aber ich kann es nicht, kann es nicht, weil ich keine Texte analysieren kann, ich denke, da bin ich schon recht gut. Ich kann es einfach nicht, weil ein Buch keinen Willen haben kann, es kann von daher mit mir nichts vorhaben.


Ein Buch braucht keinen Willen, um beim Leser gewisse Dinge auszulösen. Ein Witz ist dazu angelegt, Leute zum Lachen zu bringen, dazu braucht er keinen Willen und keine Absicht.

Zu guter Letzt ist es immer eine Autorin, ein Autor, die, wie bewusst auch immer, etwas vorhaben.


Schon, nur gibt es diverse Autoren, denen - wie Du ja auch andeutest - alles andere als bewusst ist, was sie genau tun. Und es gibt auch Autoren, die gewisse Dinge beabsichtigen, am Ende aber etwas fabrizieren, das etwas ganz anderes macht. Und schliesslich gibt es Autoren, über deren Absichten wir gar nichts wissen. Das alles hindert uns nicht daran, im Normalfall die intendierte Wirkung eines Textes zu erkennen.

Aber um das zu beurteilen, was die das vorhaben, muss ich den Autor, die Autorin allerdings nicht persönlich kennen. Obwohl Kenntnisse der Lebensumstände bei manchen Autoren hilfreich sind. Was mag Musil z.B. dazu getrieben haben, einen "Möglichkeitsmenschen" einzuführen und sich im zweiten Teil seines Mannes ohne Eigenschaften so gründlich zu verrennen. Ist doch eine spannende Frage, die Dir der Text alleine, der ja im zweiten Teil nicht mehr annähernd so gut funktioniert, wie im ersten Teil, nicht wird beantworten können.
Aber ich befĂĽrchte, da werden wir uns nicht einig werden. MĂĽssen wir ja auch nicht.


Ich sehe eigentlich keinen so grossen Unterschied in unseren Ansichten, aber gut. Mir ging es natürlich nur darum, dass die Wirkungsabsicht eines Textes keineswegs identisch ist mit dem, "was uns der Autor sagen will". Dass Kenntnisse über die Lebensumstände es Autors Dinge erhellen kann, steht ausser Frage. Es kann aber auch gewisse Dinge verdecken.

Bearbeitet von simifilm, 14 März 2011 - 17:34.

Signatures sagen nie die Wahrheit.

Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.

Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.

Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
 

zfs40cover_klein.jpg ZFS16_Coverkleiner.jpg

  • • (Buch) gerade am lesen:Samuel Butler: «Erewhon»
  • • (Buch) als nächstes geplant:Samuel Butler: «Erewhon Revisited»
  • • (Film) gerade gesehen: «Suicide Squad»
  • • (Film) Neuerwerbung: Filme schaut man im Kino!

#231 Angela Fleischer

Angela Fleischer

    Infonaut

  • Mitglieder
  • PIPPIP
  • 235 Beiträge
  • Geschlecht:weiblich
  • Wohnort:Wien

Geschrieben 14 März 2011 - 17:00

Den logischen Schluss von der Aussage des Buches zur Geisteshaltung des Autoren halte ich für gefährlich, weil man den Autoren überhaupt nicht kennt. Wie leicht könnte man sich irren und irgendetwas grob Falsches oder Beleidigendes schreiben?
  • • (Buch) gerade am lesen:Asimov: The Currents of Space
  • • (Buch) Neuerwerbung: WĂĽstensehnsucht

#232 Felix

Felix

    Cybernaut

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIP
  • 302 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Göttingen

Geschrieben 14 März 2011 - 17:08

@a3kHH Informiere dich mal über Kohärenz und Kohäsion. Im Bereich der Textlinguistik sucht man nach "harten" Merkmalen. Das Problem ist: 1. Wer annimmt, Autoren würden nach richtig/falsch Entscheidungen treffen, stößt schnell an seine Grenzen. Denn es gibt oft mehrere Wege. Deshalb ist die Frage nach der Angemessenheit hilfreicher. Aber wie lässt sich "objektiv" zwischen mehreren gleichwertigen Alternativen entscheiden? 2. Ansprüche an Texte (natürlich auch literarische) wandeln sich. Das Medium Text verändert sich mit der Zeit (, zwar nicht in seinem onthologischen Status, aber in seiner Ausgestaltungen und in den Anspruchen, die daran gestellt werden) Eine Liste "harter" Qualitätsmerkmale oder Merkmale guten Handwerks ist deshalb nur dauerhaft möglich, wenn man diesen Umstand ignoriert. Ein Text ist handwerklich gut, wenn er eine bestimmte Poetik erfüllt. Aber was ist die aktuelle Poetik? (Rechtschreibfehler sind übrigens so unbedeutend in dieser Angelegenheit, dass es eigentlich nicht wert ist, über sie lange zu reden.) Gruß, Felix

Bearbeitet von Felix, 14 März 2011 - 17:45.


#233 †  a3kHH

†  a3kHH

    Applicant for Minion status in the Evil League of Evil

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 5.923 Beiträge
  • Geschlecht:männlich

Geschrieben 14 März 2011 - 18:10

Im Bereich der Textlinguistik sucht man nach "harten" Merkmalen. Das Problem ist:
1. Wer annimmt, Autoren würden nach richtig/falsch Entscheidungen treffen, stößt schnell an seine Grenzen. Denn es gibt oft mehrere Wege. Deshalb ist die Frage nach der Angemessenheit hilfreicher. Aber wie lässt sich "objektiv" zwischen mehreren gleichwertigen Alternativen entscheiden?
2. Ansprüche an Texte (natürlich auch literarische) wandeln sich. Das Medium Text verändert sich mit der Zeit (, zwar nicht in seinem onthologischen Status, aber in seiner Ausgestaltungen und in den Anspruchen, die daran gestellt werden) Eine Liste "harter" Qualitätsmerkmale oder Merkmale guten Handwerks ist deshalb nur dauerhaft möglich, wenn man diesen Umstand ignoriert. Ein Text ist handwerklich gut, wenn er eine bestimmte Poetik erfüllt. Aber was ist die aktuelle Poetik?

Punkt 2 bedeutet nichts anderes, als das Du ein literarisches Werk im historischem Kontext, in dem es geschrieben wurde, betrachten musst. Und ja, absolut richtig, bei allen handwerklichen Betrachtungen muĂź die Zeitachse mit berĂĽcksichtigt werden.
Punkt 1 verstehe ich nicht so ganz. Ich will nicht bewerten, ich will die handwerklichen Teile schlicht und einfach aufführen. Daher stellt sich für mich die Frage nach Alternativen zunächst nicht - das wird erst dann interessant, wenn man die Faktenbasis subjektiv bewertet.

#234 Puh

Puh

    Giganaut

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIP
  • 769 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Berlin

Geschrieben 15 März 2011 - 09:18

Autsch. Da habe ich offenkundig mit einer lapidaren Bemerkung jemanden ziemlich hoch gescheucht. Tschuldigung. ;) Aber um das dann doch noch ein wenig genauer zu betrachten:
Ach, will ich das? Warum weiß ich das dann nicht? Und wieso glaubst Du besser zu wissen was meine Intention ist, als ich selber? Könnte es sein, dass du da von dich auf andere schließend, Text mit Autor gleichsetzt? Aber so etwas tust du ja nicht. ;) Ich zumindest möchte Texte möglichst objektiv analysieren.
Das sei Dir doch unbenommen. Dumm nur, dass nicht die Literatur die Literatur schreibt sondern immer noch die Literaten die Literatur schreiben. Diese werden also, wie die Freunde Deiner Töchter, wenn Du sie durch die Vordertür hinaus wirfst, durch die Hintertür wieder hereinkommen, um dann mit diesen weiter zu flirten.
. Danke, selber PIIIIEP. :D
Mod-Eingriff von molosovsky: Direkte Beschimpfungen gehen hier gar nicht, auch nicht mit Smily, zumindest nicht, wenn ich (als Mod) nicht sicher bin, dass die Leut, die sich da locker anmachen, nicht gut kennen. †” Jemanden so auf die Schnelle gleich als inkompetent abzuwatschen, mag nicht feine Art sein, aber a3kHH hat wenigstens bei seinem Inkompetenzvorwurf einen durchaus bedenkenswerten Umstand angeführt.
Was er dann auch über einige hundert Seiten durchhalten kann, ohne dass es auffällt? Den Text würde ich dann gerne mal lesen.
Und was ist es dann sonst?

Ich stelle fest, dass die Formulierung "Inkompetent" ohne jeden Smilie, was ja eindeutig eine Beleidigung ist, hier nicht hier nicht als Beleidigung gilt, wenn sie von bestimmter Seite kommt; hingegen ist ein eindeutig als Scherz (Smilie) gebrauchtes A.......h, wenn Sie dann von einem "Neuling?" kommt eine Beleidigung?
Liebe Moderatoren, mit welchen Messlatte messt ihr hier eigentlich?
Wenn Ihr meinen Beitrag zensiert, dann sollte ihr den Beitrag von a3KHH auch zensieren. Oder hat der Sonderrechte und darf ungestraft Leute als inkompetent bezeichnen, wenn ihm die Argumente ausgehen? Offenkundig ja. Spricht nicht fĂĽr Euch. Was mich angeht, ich denke mal, ich habe auf seine Beleidigung sehr moderat reagiert.
Also geht in Euch.
Edit:

Jemanden so auf die Schnelle gleich als inkompetent abzuwatschen, mag nicht feine Art sein, aber a3kHH hat wenigstens bei seinem Inkompetenzvorwurf einen durchaus bedenkenswerten Umstand angefĂĽhrt.

Welchen den, mein lieber molosovky? FĂĽhre mal den Beweis, dass es da ĂĽberhaupt einen Inhalt gab. Da bin ich gespannt drauf.

Bearbeitet von Puh, 15 März 2011 - 09:26.


#235 Puh

Puh

    Giganaut

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIP
  • 769 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Berlin

Geschrieben 15 März 2011 - 09:47

Der Unterschied ist ganz einfach, dass Du Dich im einen Fall auf den Text beschränken und konkret damit arbeiten kannst, während Du bei den Intentionen des Autors schnell mal auf Mutmassungen angewiesen bist.



Ein Buch braucht keinen Willen, um beim Leser gewisse Dinge auszulösen. Ein Witz ist dazu angelegt, Leute zum Lachen zu bringen, dazu braucht er keinen Willen und keine Absicht.



Schon, nur gibt es diverse Autoren, denen - wie Du ja auch andeutest - alles andere als bewusst ist, was sie genau tun. Und es gibt auch Autoren, die gewisse Dinge beabsichtigen, am Ende aber etwas fabrizieren, das etwas ganz anderes macht. Und schliesslich gibt es Autoren, über deren Absichten wir gar nichts wissen. Das alles hindert uns nicht daran, im Normalfall die intendierte Wirkung eines Textes zu erkennen.



Ich sehe eigentlich keinen so grossen Unterschied in unseren Ansichten, aber gut. Mir ging es natürlich nur darum, dass die Wirkungsabsicht eines Textes keineswegs identisch ist mit dem, "was uns der Autor sagen will". Dass Kenntnisse über die Lebensumstände es Autors Dinge erhellen kann, steht ausser Frage. Es kann aber auch gewisse Dinge verdecken.



Ich sehe eigentlich keinen so grossen Unterschied in unseren Ansichten, aber gut.

Davon bin ich eigentlich die ganze Zeit ausgegangen. ;) Allerdings hast Du kurzfristig ziemlich gegen gehalten. Eine Klärung schien mir von daher notwendig.

Mir ging es natĂĽrlich nur darum, dass die Wirkungsabsicht eines Textes keineswegs identisch ist mit dem, "was uns der Autor sagen will".

Völlige Zustimmung. Hin und wieder trifft man ja auch auf Texte, die einfach deshalb unterhalten, weil die Wirkung sich völlig im Widerspruch zu den Intentionen des Autors befinden. Da hat sich ein Autor dann selbst überlistet oder nicht genug auf sich geachtet.
Ansonsten neigen Autoren auch immer wieder dazu, Dinge über sich zu verraten, die sie eigentlich nicht verraten wollen. Ist mir auch schon passiert. Lange her, da hat ein sehr guter Prof., viel besserer Leser als ich, mir einmal anhand einiger Beispiele in einer Hausarbeit einen Teil meiner damaligen Wohnung beschrieben. Seitdem bin ich sehr vorsichtig in dieser Frage und grinse, wenn Christian Montillion die Beschreibung seiner Sitzmöbel in einen Text einfließen lässt.
Dass es auch noch lange nicht immer notwendig ist, den Autor und dessen Lebensumstände zu berücksichtigen, auch da stimme ich Dir zu. Das ist einfach auch eine Frage der Ökonomie.
Wie so oft, ist dann wohl auch diese Diskussion von- nun ja - von Unterschieden in Details ausgelöst worden. So sind wir Menschen wohl.

#236 yiyippeeyippeeyay

yiyippeeyippeeyay

    Interstellargestein

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 13.440 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Berlin

Geschrieben 15 März 2011 - 10:05

(

"Neuling?"
:
Liebe Moderatoren, mit welchen Messlatte messt ihr hier eigentlich?

Die Messlatte sind die Forenregeln, und ihre Interpretation durch die Mods. In den Regeln (s. Navi-Leiste oben links) steht eindeutig, dass persönliche Anmache weg editiert werden kann ("wird nicht zugelassen"). Besser also, man lässt sich gar nicht erst drauf ein. Der Einwurf, dass Andere aber besser behandelt werden, ist auch nicht immer angebracht. Gerade als Neuling kann man nicht einschätzen wie oft ein Anderer schon von den Mods gewarnt bzw. "editiert" wurde, in anderen Threads. Letztendlich haben die Mods bisher einfach noch nicht drakonischere Maßnahmen (wie Suspendierung - öfter im Mod-Forum diskutiert) eingeführt, weil im SFN letztendlich auch freie Rede und "live and let live" Usus sind. Solange das eben sachlich läuft... /WM)

/KB

Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.

Da ergriff eins der kleinsten das Wort:

"Wenn sich all unsere WĂĽnsche erfĂĽllen,

dann wĂĽnschen wir einfach mit Willen

die WĂĽnsche-ErfĂĽllung fort!"

Sie befolgten den Rat und von Stund an war

wieder spannend das Leben und heiter.

Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr

und vielleicht gar ein wenig gescheiter.

(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller WĂĽnsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)


#237 T. Lagemann

T. Lagemann

    Who cares

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 1.440 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Kohlscheid

Geschrieben 15 März 2011 - 10:10

Hallo zusammen, es gibt durchaus faktisches zum Handwerk. Beispiel: Kinder-/Jugendbücher. Hier muss sprachlich altersgerecht geschrieben werden. Und das (Satzbau, Wortschatz etc.). lässt sich erfassen/messen. Gutes "Handwerk" ist bei solchen Büchern also etwas, das sich auf Textbasis klar definieren lässt. Und ich bin der Auffassung, dass derlei auch für andere Altersstufen bzw. Zielgruppen gilt, in Abstufungen zwar und durchaus mit großen Grauzonen, aber das ändert nichts am messbaren Handwerk. Um mal ein plakatives Beispiel zu bringen: Würde jemand einen Perry Rhodan Roman lesen wollen, der mit Thomas Mann'scher Syntax daherkommt? Oder: Würden die Buddenbrocks im Nackenbeißer Style funktionieren? Mit anderen Worten: Handwerkliches Geschick ist für mich auch der konsequente Einsatz zielgruppenspezifischer Stilmittel etc. - und das lässt sich wertneutral erfassen. Um mal auf die Ebene des Handwerks zurück zu kehren: Es sind die Steine, aus denen das Haus gebaut wurde. Ob das Haus nun eine architektonische Meisterleistung ist, die nächsten 500 Jahre Wind und Wetter und Bewohner trotzen wird, ist damit natürlich nicht beschrieben. Man kann nur sagen: Kalksandstein. Beton. Granit. Dazu hat man die Maße der Steine. Kann Türstürze beschreiben, die Dicke der Wände. Programme wie Papyrus können in der Hinsicht beim Schreiben durchaus hilfreich sein, eben weil sie Texte auf bestimmte Faktoren abklopfen. Ob das Endprodukt funktioniert, kann das Programm natürlich nicht sagen, das können nur die Leser. Aber das genaue Hinschauen auf das Handwerkliche kann das Funktionieren eines Textes fördern. Viele Grüße Tobias
"Wir sind jetzt alle Verräter."
"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."

(James Corey, Calibans Krieg)

"Sentences are stumbling blocks to language."

(Jack Kerouac in einem Interview mit der New York Post, 1959)

"Na gut, dann nicht, dann bin ich eben raus
Ich unterschreib' hier nichts, was ich nicht glaub'
Na gut, dann nicht, nicht um jeden Preis
Ich gehöre nicht dazu, das ist alles was ich weiß"

(Madsen, Strophe 1 des Songs "Na gut dann nicht")
  • • (Buch) gerade am lesen:Ich lese zu schnell, um das hier aktuell zu halten.
  • • (Film) gerade gesehen: Umbrella Academy (finale Staffel)

#238 molosovsky

molosovsky

    Phantastik-Fachdepp

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 2.172 Beiträge
  • Geschlecht:männlich
  • Wohnort:Ffm

Geschrieben 15 März 2011 - 18:10

@ Puh:
Der Hinweis von a3kHH darauf, dass Autoren ja flunkern können, was ihre Intentionen betrifft, ist ein durchaus bedenkenswerter Einwurf, wenn jemand behauptet man müsse sich, um Literatur objektiv beurteilen zu können, mit der Autorenintention beschäftigen. †” (Und ja, Autoren können das Buch-lang durchhalten. Schriftsteller sind berufsmäßige Ausdenker von Unwahrheiten. Einer Selbstaussage von Autoren ist nur mit Vorsicht zu trauen. (Auch) Gerade das macht aber die Beschäftigung mit Literatur eben spannend.)

Deshalb gleich jemanden ›inkompetent‹ nennen ist sicher nicht die freundlichste Art, seinen Zweifel an der Aussage des Gegenübers auszudrücken, ist aber bei weitem nicht so krass wie eine deftige Verbalinjurie (ob mit oder ohne Smiley).

In Foren kennt man sich größtenteils nicht persönlich und kann nicht abschätzen, wie der andere auf ›nur lustig‹ gemeinte Derbheiten reagiert. Deshalb sollte man in der Regel davon absehen, Worte wie das ›zensierte‹ zu benutzen.

GrĂĽĂźe
Alex / molo

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.

Mehr Gesabbel von mir gibts in der molochronik

••• G+ ••• twitter ••• Goodreads ••• flickr ••• flattr •••


#239 Beverly

Beverly

    Temponaut

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 1.668 Beiträge

Geschrieben 15 März 2011 - 22:58

Mein Selbstbewusstsein als Prosa-Autor zerbricht immer dann, wenn ich geniale Texte anderer lese.


Über geniale Texte anderer freue ich mich, weil ich auch Leserin bin. Für mein eigenes Schreiben sind sie ggfs. Warnung vor Selbstüberschätzung, weil ich immer wieder sehe, wie viele im Wortsinne fantastische Ideen schon zu Papier gebracht wurden. Mein Selbstbewusstsein würde nur zerbrechen, wenn schon jemand anderes die gleichen Dinge wie ich geschrieben hätte. Andererseits müsste ich sie dann nicht mehr schreiben und würde etwas anderes tun (und mich aufs Lesen freuen). So wie es ist, schreibe ich, weil es meine Geschichten noch nicht gibt.

#240 My.

My.

    Temponaut

  • Mitglieder
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 14.000 Beiträge
  • Geschlecht:unbekannt

Geschrieben 15 März 2011 - 23:18

Hm. Es gibt keine genialen Texte. Es gibt nur Leute, die Meinungen haben. Die das genial finden. My.


Besucher die dieses Thema lesen: 15

Mitglieder: 0, Gäste: 15, unsichtbare Mitglieder: 0