Pogopuschel schrieb am 11.05.2011, 17:34:
Irgend ein Racheverhalten gibt es doch immer, welches man nachvollziehen kann oder zumindest nachvollziehen könnte. Dass Gemeinschaften Rachegedanken gegenüber anderen Gemeinschaften hegen, von denen sie durch irgend etwas zu irgend einem Zeitpunkt gedemütigt fühlen, ist älter als die Nationalstaaten. Im Grunde ist das eine tendenziell gefährliche Denkweise: Man könnte sich dazu versteigen, den 2. Weltkrieg als nachvollziehbare Revanche für die Demütigung Deutschlands in Folge des 1. Weltkriegs zu sehen, der wiederum die Folge von Großmachtspielen aller Beteiligten war, die untereinander irgendwelche alten Kamellen zu bereinigen hatten - und meinten, diese bereinigen zu müssen. Das Ganze könnte man über die Befreiungskriege, die Völkerwanderungen und meinetwegen bis zu dem mythischen Moment zurückverfolgen, in dem Abel von Kain eins auf den Brägen bekam.Wobei ich ein gewisses Racheverhalten gegenüber Deutschland zu dieser Zeit durchaus nachvollziehen kann.
So lange man allerdings den Unterschied zwischen "nachvollziehbar" und "entschuldbar" sieht, ist alles im grünen Bereich.
UdoTascher schrieb am 11.05.2011, 18:29:
In diesem, konkreten Fall im reißerischen Titel. Denn alle Bilder zusammen zeigen nicht, das sämtliche Angehörigen der Wehrmacht oder auch nur ein maßgeblicher Prozentsatz dieser in die Nähe von Verbrechen gerückt werden können. Das ist in etwa so, als ob ich fleißig authentische Fotos und Augenzeugenberichte über unangemessene Gewaltanwendung durch die bundesdeutsche Einsatzpolizei gegen friedliche Demonstranten sammle und dann eine große Wanderaufstellung "Verbrechen der bundesdeutschen Polizei" starte. Der Aufschrei wäre gewaltig. Wenn es jedoch um die Zeit des Nationalsozialismus geht, genügen 0,05 Promille Verbrecher, damit die Austellung nicht nur unter diesem Motto läuft, sondern auch vehement gegen Kritik verteidigt und jeder Versuch der Differenzierung mindestens als Relativierung abgeschmettert wird.Hmm, worin siehst du die Kriminalisierung von Unschuldigen, wenn konkrete verbrecherische Taten von konkreten Menschen auf konkrete Weise (= mühsam eruiertes Bildmaterial) benannt werden.
Zitat
Wir verlieren uns in Worthülsen, fürchte ich. Eine verbrecherische Handlung ist eine Handlung, die in der Rechtsnorm ihres Tatortes und ihrer Tatzeit strafbar ist. Wenn wir von Mord reden, gilt in der Bundesrepublik Deutschland § 211 Absatz 2 des StGB: "Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet." - Wenn wir nun nicht annehmen wollen, dass beispielsweise der Schutz des eigenen Lebens oder das von Angehörigen ein niederer Beweggrund ist, muss im Einzelfall abgeklärt werden, ob ein Notstand vorlag oder nicht, bevor man Vorwürfe erhebt.Mit verbrecherischer Handlung ist in erster Linie immer noch die verbrecherische Handlung des Landsers am Tatort gemeint. Wie anders?
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Dann haben es die Organisatoren IMHO versäumt, dies zu verdeutlichen, denn soweit ich mich erinnere, wurde die Verbrechen weder in ihrer Schwere noch in ihrer Anzahl in Relation zum Vorgehen der gesamten Wehrmacht gesetzt. Generell zeigen Bilder und Augenzeugenberichte eben nur die Tat, nicht aber ihre Hintergründe.Warum "Unvermögen", es wurden doch einzelne Täter "identifiziert" - auch wenn man sie nicht mehr "dingfest" machen bzw. noch nicht mal mit Namen benennen kann - ; und wer behauptet, dass *alle* Angehörige der Wehrmacht daran beteiligt waren? Das wäre ja pauschalisierend, das Gegenteil wollten die Wehrmachtsausstellungen.
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Ich denke vielmehr, es wäre Zeit, eine Diskussion über Krieg als Verbrechen an sich anzustoßen, statt wahlweise sich selbst oder anderen Momentaufnahmen von Verbrechen vorzuwerfen, die im Zuge jedes Krieges von allen Beteiligten begangen werden.Nun ich denke, man muss irgendwo anfangen und da wir uns zufälligerweise in Deutschland befinden, schadet es doch nicht, zunächst etwas vor der eigenen Haustür zu kehren und eine Diskussion über die Kriegsverbrechen der hiesigen Armee anzustoßen.
Bearbeitet von MartinHoyer, 11 Mai 2011 - 20:40.