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Faschos & Anti-Faschos †¦ der ewige Streit


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380 Antworten in diesem Thema

#241 My.

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Geschrieben 06 Mai 2011 - 05:20

Ich bin gespannt! Weißt Du schon mehr über die Inhalte, Medien, um die es geht?

Nein, noch kenne ich Genaues nicht. Ich weiß nur, daß es um durchaus aktuelle Themen geht. Ich kenne allerdings - natürlich - den Autor und seine Art, zu arbeiten, insofern denke ich, dass da wirklich Gutes auf mich zukommen wird.

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#242 UdoTascher

UdoTascher

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Geschrieben 06 Mai 2011 - 13:49

Ernsthaft: Es erwartet doch jetzt bitte niemand an dieser Stelle, dass ich den »Landser« verteidige.


Nun, ich habe an einen kleinen Einblick in die Produktionsbedingungen des Landsers gedacht; dass Du ihn hier "verteidigen" willst, nehme ich natürlich nicht an und erwarte es auch nicht.
Solange mir die Veröffentlichungspraxis des Landsers nicht klar ist, muss das Kaufen und Lesen allerdings noch warten.

Nein, noch kenne ich Genaues nicht. Ich weiß nur, daß es um durchaus aktuelle Themen geht. Ich kenne allerdings - natürlich - den Autor und seine Art, zu arbeiten, insofern denke ich, dass da wirklich Gutes auf mich zukommen wird.


Danke für die Info!

#243 My.

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Geschrieben 06 Mai 2011 - 14:26

Nun, ich habe an einen kleinen Einblick in die Produktionsbedingungen des Landsers gedacht; dass Du ihn hier "verteidigen" willst, nehme ich natürlich nicht an und erwarte es auch nicht.
Solange mir die Veröffentlichungspraxis des Landsers nicht klar ist, muss das Kaufen und Lesen allerdings noch warten.

Mich hätte auch die Antwort auf die Frage interessiert, ob der heutige LANDSER eh nur noch Neuausgaben aus alten Zeiten sind.
Aber gut -

Danke für die Info!

Ihr bleibt hier natürlich auch informiert. Das Buch wird in der Reihe "AndroSF" (für den SFCD) erscheinen.

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#244 MartinHoyer

MartinHoyer

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Geschrieben 06 Mai 2011 - 15:03

@ UdoTascher Du hast schon recht, ich sehe den Landser - oder generell Publikationen wie diesen - recht ambivalent. Ich schrieb ja auch bereits, das bei fiktional bearbeiten Kriegserinnerungen praktisch nicht mehr erkenntlich ist, inwiefern die Erinnerung 1:1 oder tendenziös wiedergegeben, aufgenommen und anschließend authentisch oder tendenziös verarbeitet wurde. Wenn unsereins bei solcher Lektüre unbehaglich zumute ist, spricht das für uns, aber nicht unbedingt gegen die an der Produktion Beteiligten. Man kann zwar jemandem eine von ihm vertretene Position vorwerfen, aber nicht den völligen Verzicht darauf, eine Position zu beziehen. Ich sehe da auch die Notwendigkeit, zwischen der Hochhaltung soldatischer Werte und Tugenden und ideologischen Tendenzen zu trennen. Denn egal wie man persönlich dazu steht: Nur weil sie zu den Werten einer Unrechtsregimes gehörten, sind sie nicht automatisch verdächtig. Im Grunde begibt man sich damit auf ein Niveau der Marke "Hitler propagandierte das Nichtrauchen, also ist es nationalsozialistisch, das ebenfalls zu tun.". Eine uns aufstoßende militärische Traditionspflege findet man auch bei damaligen Gegnern der Wehrmacht. Über die Rezeption möchte ich aus dem selben Grund auch nicht spekulieren. Ich bin überzeugt, dass viele Neonazis den Landser lesen, weiß aber nicht, wie viele Neonazis andere aktuelle Publikationen regelmäßig lesen, die uns nicht verfänglich erscheinen.
Though my soul may set in darkness, it will rise in perfect light;
I have loved the stars too fondly to be fearful of the night.
(Sarah Williams: The Old Astronomer To His Pupil)

#245 leibowitz

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Geschrieben 06 Mai 2011 - 15:21

Ich sehe da auch die Notwendigkeit, zwischen der Hochhaltung soldatischer Werte und Tugenden und ideologischen Tendenzen zu trennen. Denn egal wie man persönlich dazu steht: Nur weil sie zu den Werten einer Unrechtsregimes gehörten, sind sie nicht automatisch verdächtig.



Da stimme ich nicht mit überein. Die Verstrickungen der Wehrmacht in die Verbrechen des NS sind dermaßen lückenlos historisch nachgewiesen, dass die Verbreitung des Humbugs von der "sauberen" Wehrmacht nur noch mit ideologischer Verblendung erklärt werden kann.
Realität ist das, was nicht verschwindet, wenn man aufhört, daran zu glauben. (P.K.Dick)

#246 UdoTascher

UdoTascher

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Geschrieben 06 Mai 2011 - 15:57

@ UdoTascher

Ich sehe da auch die Notwendigkeit, zwischen der Hochhaltung soldatischer Werte und Tugenden und ideologischen Tendenzen zu trennen. Denn egal wie man persönlich dazu steht: Nur weil sie zu den Werten einer Unrechtsregimes gehörten, sind sie nicht automatisch verdächtig. Im Grunde begibt man sich damit auf ein Niveau der Marke "Hitler propagandierte das Nichtrauchen, also ist es nationalsozialistisch, das ebenfalls zu tun.". Eine uns aufstoßende militärische Traditionspflege findet man auch bei damaligen Gegnern der Wehrmacht.


Ich denke, dass man mit den sog. soldatischen Werten und Begriffen wie "militärische Traditionspflege" (á la Militärblasorchester u.ä.) vorsichtig sein muss, wenn es um die Teilnahme von mehr oder weniger aufgeklärten Menschen an einem Vernichtungskrieg geht - dies haben die Wanderausstellungen des Hamburger Instituts für Sozialforschung zu Genüge unter Beweis gestellt.

Viele der sog. soldatischen bzw. "ewigen" Werte wurden ja gerade im Nationalsozialismus korrumpiert.

Ich bin überzeugt, dass viele Neonazis den Landser lesen, weiß aber nicht, wie viele Neonazis andere aktuelle Publikationen regelmäßig lesen, die uns nicht verfänglich erscheinen.


Das sehe ich wie Du, hier fehlen die Daten.

Bearbeitet von UdoTascher, 06 Mai 2011 - 15:58.


#247 Scarlet Pimpernel

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Geschrieben 06 Mai 2011 - 16:04

Ernsthaft: Es erwartet doch jetzt bitte niemand an dieser Stelle, dass ich den »Landser« verteidige.


Das hast du ja bereits getan... mit der interessanten Formulierung "das Heft ist so politisch sauber, wie man bei diesem Genre sein kann". Nun, eine ganze Menge Leute (mich eingeschlossen) ist da sehr, sehr anderer Meinung. Und ja, ich hab's gelesen (um diese Falschhoffnung deinerseits zu widerlegen).

#248 Scarlet Pimpernel

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Geschrieben 06 Mai 2011 - 16:07

Da stimme ich nicht mit überein. Die Verstrickungen der Wehrmacht in die Verbrechen des NS sind dermaßen lückenlos historisch nachgewiesen, dass die Verbreitung des Humbugs von der "sauberen" Wehrmacht nur noch mit ideologischer Verblendung erklärt werden kann.


Dem ist nichts hinzuzufügen.

#249 Pirx

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Geschrieben 06 Mai 2011 - 16:33

Zusammen mit Michael und Dir dürften wir die Einzigen sein, die jemals einen Landser gelesen haben.


Ich habe in meiner Kindheit die polnischen "Landser" (Tygrysy) gelesen. Da gab es keine netten Deutschen und auch keine Verbrechen seitens der Sowjets und ihrer Verbündeten. Die Alliierten kamen gar nicht so gut weg. Aber das ist ja politisch korrekt. Zumindest in Polen.
Gruß

Pirx
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#250 MartinHoyer

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Geschrieben 06 Mai 2011 - 16:36

Da stimme ich nicht mit überein. Die Verstrickungen der Wehrmacht in die Verbrechen des NS sind dermaßen lückenlos historisch nachgewiesen, dass die Verbreitung des Humbugs von der "sauberen" Wehrmacht nur noch mit ideologischer Verblendung erklärt werden kann.

Keine Frage. Offen bleibt jedoch, ob der Landser dies verbreitet, oder anders gefragt, wie "sauber" die Wehrmacht dort heute (!) dargestellt wird. Wird lediglich darauf verzichtet, Verbrechen der Wehrmacht explizit darzustellen, oder werden bei nachweisliche Verbrechen schöngeredet oder gar verneint, dass sie passierten?

Wenn ich das richtig sehe, behandelte der Landser konkrete militärhistorische Situationen, teils aus fiktiven oder (semi-) biographischen persönlichen Blickwinkeln erzählt udn mit dem Ziel, die Wehrmacht zu rehabilitieren. Wie hier inzwischen erklärt wurde, gab es damals durchaus Bemühungen - und daher mutmaßlich auch gute Gründe - für Indizierungen. Die Frage wäre, ob die heute aufgelegten Landser-Hefte rational Grund zu Beanstandung aufgrund ideologischer Tendenzen bieten, oder ob da eher eine vormals wohlbegründete Antipathie weiter gepflegt bzw. persönliche Abneigungen gegen Militär-Gedöns per se kultiviert werden, während die Reihe sich womöglich inzwischen auf ideologisch unverfänglichen, wenn auch womöglich nach wie vor nicht geschmackssicheren Pfaden bewegt.

Ich erinnere an den Ausgangspunkt der Debatte: Darf man Autoren vorwerfen, für einen Verlag zu schreiben, der nationalsozialistisch verbrämt ist, während man selbst für einen tätig wird, der in dieser Hinsicht nicht lupenrein dasteht. Und das will erst einmal belegt sein. Zu sagen, da wird "Der Landser" verlegt und der war damals ganz schlimm, wie ich gehört/gelesen habe, reicht einfach nicht.

Die Rattenschwanz-Diskussion, wie man sich als Bürger dieses Landes fühlen darf/muss/kann, haben wir ja schon. Und da hier die Verstrickungen erwähnt werden, sollte man nicht ausklammern, dass auch die Verstrickungen der Wirtschaft, der Polizei, der Kulturschaffenden etc. p.p. in die Machenschaften der Nationalsozialisten hinreichend belegt sind, aber sich deshalb beispielsweise heute auch niemand schlecht fühlen soll, Produkte von Firmen zu kaufen, die damals die Kriegsmaschinerie fertigten und am Laufen hielten und sogar das Gas für die Vernichtungslager lieferten. Aber die Frage, ob der Vater/Großvater/Urgroßvater, der in der Wehrmacht diente, ein Verbrecher war, die muss man sich stets stellen und die muss auch in jeder Publikation - und sei es ein flaches Abenteuerheftchen - thematisiert werden? Für diese Art der Relativierung habe ich kein Verständnis.

Ich habe hingegen genug Abstraktionsvermögen, mir Krieg als Abenteuer vorstellen zu können, auch wenn ich ihn nicht so sehe. Nichts anders machen unzählige Filme, Serien, Romane und Computerspiele. Die Mühe, das jeweils auf Recht und Unrecht abzuklopfen, macht sich kaum jemand - außer natürlich, es hat etwas mit dem Nationalsozialismus zu tun und erhebt auch nur ansatzweise den Anspruch, historisch zu sein.

Letztens lief doch wieder so ein Streifen über den letzten Irakkrieg, und da wurden doch tatsächlich weder die Massenvernichtungswaffen-Lüge noch Abu Ghuraib thematisiert. So eine Sauerei. :unsure:
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#251 Anubizz

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Geschrieben 06 Mai 2011 - 16:36

Ich sehe da auch die Notwendigkeit, zwischen der Hochhaltung soldatischer Werte und Tugenden und ideologischen Tendenzen zu trennen. Denn egal wie man persönlich dazu steht: Nur weil sie zu den Werten einer Unrechtsregimes gehörten, sind sie nicht automatisch verdächtig. Im Grunde begibt man sich damit auf ein Niveau der Marke "Hitler propagandierte das Nichtrauchen, also ist es nationalsozialistisch, das ebenfalls zu tun."


Hitlers Abstinenzlertum dürfte aber recht wenig dazu beigetragen haben, wie die Nazis ihren Vernichtungskrieg operationalisiert haben. Soldatische Tugenden dagegen schon. Bruchlos an diese anzuknüpfen, ohne auch in irgendeiner Form an die Nazis anzuknüpfen, dürfte schwierig sein (unabhängig von der Frage, ob die soldatischen Tugenden vielleicht auch schon an sich problematisch sind).

Bearbeitet von Anubizz, 06 Mai 2011 - 16:37.


#252 UdoTascher

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Geschrieben 06 Mai 2011 - 16:36

Ich kenne den Chefredakteur, weil wir in der Kantine manchmal am selben Tisch sitzen oder uns im Hof oder bei irgendwelchen Besprechungen treffen; welche inhaltlichen Dinge er wie regelt, weiß ich nicht.


Mich hätte auch die Antwort auf die Frage interessiert, ob der heutige LANDSER eh nur noch Neuausgaben aus alten Zeiten sind.
Aber gut -


Ich hätte immer angenommen, dass es in einem professionellen Verlagshaus eine abteilungs- bzw. Heftchengenre-übergreifende Verständigung darüber gibt, wie - das ist m.E. nur bedingt eine "inhaltliche" Fragestellung, eher ein publizistischer Konsens - Wiederabdrucke gehandhabt werden.

Bearbeitet von UdoTascher, 06 Mai 2011 - 16:38.


#253 †  a3kHH

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Geschrieben 06 Mai 2011 - 17:30

Ich erinnere an den Ausgangspunkt der Debatte: Darf man Autoren vorwerfen, für einen Verlag zu schreiben, der nationalsozialistisch verbrämt ist, während man selbst für einen tätig wird, der in dieser Hinsicht nicht lupenrein dasteht. Und das will erst einmal belegt sein. Zu sagen, da wird "Der Landser" verlegt und der war damals ganz schlimm, wie ich gehört/gelesen habe, reicht einfach nicht.

Ich kannte vor echte faschistische Romane wie "Stahlfront" nicht. Den habe ich im Netz gelesen, als er als vollständige Leseprobe vorlag. Ich für mich ziehe daraus das Fazit, daß es sehr wohl extreme graduelle Unterschiede gibt. Der "Landser" ist dabei auf der einen Seite der Skala, "Stahlfront" auf der anderen. Ich denke, für einen Verlag zu schreiben, der "Stahlfront" publiziert, muß ganz anders gewertet werden als für einen Verlag zu arbeiten, der "Landser" o.Ä. herausgibt.


Hitlers Abstinenzlertum dürfte aber recht wenig dazu beigetragen haben, wie die Nazis ihren Vernichtungskrieg operationalisiert haben. Soldatische Tugenden dagegen schon. Bruchlos an diese anzuknüpfen, ohne auch in irgendeiner Form an die Nazis anzuknüpfen, dürfte schwierig sein (unabhängig von der Frage, ob die soldatischen Tugenden vielleicht auch schon an sich problematisch sind).

Nein. Bestes Gegenbeispiel dafür ist "08/15", "Die Wölfe" und eigentlich alle Romane von Hans Hellmut Kirst. Er schrieb konservativ, pro Militär, gegen Nazis. Konservative Antifaschismus-Romane, wenn man so will.

#254 Anubizz

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Geschrieben 06 Mai 2011 - 18:11

Nein. Bestes Gegenbeispiel dafür ist "08/15", "Die Wölfe" und eigentlich alle Romane von Hans Hellmut Kirst. Er schrieb konservativ, pro Militär, gegen Nazis. Konservative Antifaschismus-Romane, wenn man so will.

Das bezeugt lediglich die zahlreichen Bemühungen, zwischen Nazis und Militär eine saubere Trennung vorzunehmen, wie sie gerade auch von Nazi-Gegnern unternommen wurden. Die Frage, ob soldatischer Gehorsam zu der Effizienz von Vernichtungskrieg und Völkermord beigetragen hat, ist damit allerdings nicht berührt.

Konservativer Antifaschismus hat mit letzterem eigentlich nur insofern zu tun, als dass der (nationalkonservative) Widerstand innerhalb der Wehrmacht durch seine soldatischen Tugenden teils erheblich behindert wurde, z.B. durch den vielfach vorhandenen Skrupel, gegen geleistete Gehorsamseide zu handeln.

#255 †  a3kHH

†  a3kHH

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Geschrieben 06 Mai 2011 - 19:37

Das bezeugt lediglich die zahlreichen Bemühungen, zwischen Nazis und Militär eine saubere Trennung vorzunehmen, wie sie gerade auch von Nazi-Gegnern unternommen wurden. Die Frage, ob soldatischer Gehorsam zu der Effizienz von Vernichtungskrieg und Völkermord beigetragen hat, ist damit allerdings nicht berührt.

Konservativer Antifaschismus hat mit letzterem eigentlich nur insofern zu tun, als dass der (nationalkonservative) Widerstand innerhalb der Wehrmacht durch seine soldatischen Tugenden teils erheblich behindert wurde, z.B. durch den vielfach vorhandenen Skrupel, gegen geleistete Gehorsamseide zu handeln.

Kirst beantwortet diese als auch andere Fragen sehr wohl - und zwar in Deinem (linken) Sinne. Vielleicht solltest Du ihn einmal lesen ? Ansonsten kenne ich mich in der konservativen Ecke nicht genug aus, um Dir zu widersprechen.

#256 UdoTascher

UdoTascher

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Geschrieben 07 Mai 2011 - 10:48

Die Frage wäre, ob die heute aufgelegten Landser-Hefte rational Grund zu Beanstandung aufgrund ideologischer Tendenzen bieten, oder ob da eher eine vormals wohlbegründete Antipathie weiter gepflegt bzw. persönliche Abneigungen gegen Militär-Gedöns per se kultiviert werden, während die Reihe sich womöglich inzwischen auf ideologisch unverfänglichen, wenn auch womöglich nach wie vor nicht geschmackssicheren Pfaden bewegt.


So ist es, Heftchen und Bücher müssen gelesen, Spielfilme auch wirklich geschaut werden, damit man sich ein abschließendes Urteil erlauben kann. Deswegen sind einige der formulierten Kritikpunkte unter Vorbehalt zu verstehen. Möglicherweise stoße ich ja noch auf eine kostenlose Leseprobe im Netz, um die Vermutungen von mir und den anderen durch einen eigenen Leseeindruck zu bestärken. (Kaufen kommt für mich - wie gesagt - jedoch aufgrund der o.g. Gründe leider nicht in Frage.)

Die Rattenschwanz-Diskussion, wie man sich als Bürger dieses Landes fühlen darf/muss/kann, haben wir ja schon. Und da hier die Verstrickungen erwähnt werden, sollte man nicht ausklammern, dass auch die Verstrickungen der Wirtschaft, der Polizei, der Kulturschaffenden etc. p.p. in die Machenschaften der Nationalsozialisten hinreichend belegt sind, aber sich deshalb beispielsweise heute auch niemand schlecht fühlen soll, Produkte von Firmen zu kaufen, die damals die Kriegsmaschinerie fertigten und am Laufen hielten und sogar das Gas für die Vernichtungslager lieferten. Aber die Frage, ob der Vater/Großvater/Urgroßvater, der in der Wehrmacht diente, ein Verbrecher war, die muss man sich stets stellen und die muss auch in jeder Publikation - und sei es ein flaches Abenteuerheftchen - thematisiert werden? Für diese Art der Relativierung habe ich kein Verständnis.


Das Gegenteil ist der Fall, nichts ist vergessen, Relativierungen, wenn sie denn da sind und angestrebt werden, setzen sich nicht immer durch.
Nach wie vor gilt: In sehr vielen Bereichen, die direkt mit dem Wehrmacht-Komplex nichts zu tun haben, wurde und wird weiter an Verstrickungen / Verwicklungen mit NS-Tätern erinnert; - trotz aller Widerstände und Feigenblätter.
Zwei Beispiele: Erst kürzlich wurde mit der Studie Das Amt und die Vergangenheit: Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik an dem Mythos gekratzt (eine sehr tiefe Schramme allerdings...), das Auswärtige Amt sei von 1933 bis 1945 ein Hort des Widerstands gewesen. (Avi Primor lobte in der FAZ, dass erst "dieses Buch uns wesentliche Teile der Geschichte des "Dritten Reiches" und der Bundesrepublik verständlich werden [lässt]".)
Sprechend dafür, dass nicht nur die Wehrmachts-Opas angegangen werden, war auch der Diskurs um den Entschädigungsfonds für die NS-Zwangsarbeiter, wobei bekanntlich diverse Firmen mehrfach und verschiedenartig massiv in die Kritik kamen, weil sie nicht in den Fonds eingezahlt haben. Man denke in diesem Zusammenhang etwa an den Druck durch die taz-Liste aka das "Who's who der Schamlosen" aus dem Jahre 2000.

Bearbeitet von UdoTascher, 07 Mai 2011 - 10:51.


#257 Gast_Frank W. Haubold_*

Gast_Frank W. Haubold_*
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Geschrieben 07 Mai 2011 - 12:17

Zwei Beispiele: Erst kürzlich wurde mit der Studie Das Amt und die Vergangenheit: Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik an dem Mythos gekratzt (eine sehr tiefe Schramme allerdings...), das Auswärtige Amt sei von 1933 bis 1945 ein Hort des Widerstands gewesen. (Avi Primor lobte in der FAZ, dass erst "dieses Buch uns wesentliche Teile der Geschichte des "Dritten Reiches" und der Bundesrepublik verständlich werden [lässt]".)

Das ausgerechnet die von Herrn Fischer in Auftrag gegebene "Geschichtsumdeutung", die von Johannes Hürter und anderen ernstzunehmenden Historikern längst als ideologisch motiviertes Pamphlet entlarvt wurde, von Dir positiv erwähnt wird, spricht Bände.

http://www.spiegel.d...,754558,00.html

Mein Kommentar dazu steht hier:

http://ef-magazin.de...112/inhalt.html (muß man allerdings kaufen ;))

Bin schon wieder weg.

FWH

#258 Gast_Michael Iwoleit_*

Gast_Michael Iwoleit_*
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Geschrieben 07 Mai 2011 - 12:57

Das ausgerechnet die von Herrn Fischer in Auftrag gegebene "Geschichtsumdeutung", die von Johannes Hürter und anderen ernstzunehmenden Historikern längst als ideologisch motiviertes Pamphlet entlarvt wurde, von Dir positiv erwähnt wird, spricht Bände.


Wen wundert es noch, daß ein{er wie} Joschka Fischer keine Gelegenheit
ausläßt, an seinem eigenen Mythos als Saubermann und großer Aufräumer zu basteln? Erstaunlich ist eigentlich
nur, daß Herrn Fischer und seinen Speichelleckern überhaupt noch jemand auch nur ein Wort glaubt. Man muß
sich nachträglich schämen, daß man ihm und seiner verrotteten Partei seinerzeit als Wähler mit zur Regierungs-
beteiligung verholfen hat.

Bearbeitet von molosovsky, 08 Mai 2011 - 08:42.
Mod-Eingriff von Molo: Rechtlich bedenkliche Beschimpfung entschärft.


#259 Gast_Michael Iwoleit_*

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Geschrieben 07 Mai 2011 - 13:17

Einen Beitrag aus einem Magazin zurückzuziehen, das weit davon entfernt ist, rechtsradikal zu sein, macht einen natürlich nicht zum Antifaschisten. Tatsache ist, daß Klaus unter diesen Umständen nicht mit Ronald M. Hahn zusammenarbeiten wollte. Man mag das für nutzlosen Symbolismus halten. Mich persönlich wundert lediglich, daß nicht mehr Autoren das kleine bißchen Mumm hatten, öffentlich Stellung zu beziehen.


Es freut mich, daß auch bei Herrn Müller noch nicht aller Hopfen und Malz verloren ist und selbst ihm zuweilen
ein einigermaßen klarer Satz rausrutscht. Du hättest also mehr Autoren den Mumm gewünscht, öffentlich Stellung
zu beziehen? Soll heißen, sich wegen der Mitarbeit von Ronald M. Hahn von Nova zu distanzieren? Ggf. gar Beiträge
zurückzuziehen? Was im Umkehrschluß nur heißen kann, daß das gute Dutzend Autoren, die in den letzten Wochen
über eine baldige Veröffentlichung in Nova informiert wurden und sich darüber gar gefreut haben, statt zu grummeln "Ja.
schön, wenn nur diese leidige Sache mit Hahn, Pukallus und Unitall nicht wäre..." - daß diese Autoren also nur die
reinsten Memmen sein können. Richtig?

In früheren Zeiten hätte ich Leute, die sich zu solchen Frechheiten versteigen, zum Duell herausgefordert. Zum Glück
liegen diese Zeiten hinter uns. Die Wege der deutschen SF-Schaffenden, die noch ein bißchen Verstand ihr eigen nennen,
wären längst mit endlosen Grabreihen anmaßender Dummköpfe gepflastert. (Wer sich von dieser Vokabel angesprochen
fühlt, laste es mir nicht an.)

Gruß
MKI

#260 UdoTascher

UdoTascher

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Geschrieben 07 Mai 2011 - 13:24

Das ausgerechnet die von Herrn Fischer in Auftrag gegebene "Geschichtsumdeutung", die von Johannes Hürter und anderen ernstzunehmenden Historikern längst als ideologisch motiviertes Pamphlet entlarvt wurde, von Dir positiv erwähnt wird, spricht Bände.


"Längst" ist gut..., seine Rezension ist wohl jüngeren Datums, nicht wahr? ;)

Nichtdestotrotz gab es vor ein paar Tagen einen - wie ich finde durchaus differenzierten - Kommentar zu Hürters Rezension in der Frankfurter Rundschau. Die Herausgeber kommen zum folgenden Zwischenfazit - die Betonung liegt hierbei auf "zwischen" - schließlich ist doch noch der Austausch über "Das Amt" im vollen Gange.

Es ist eine schlimme Unterstellung zu behaupten, unsere Darstellung der Beteiligung des Auswärtigen Amtes an der Politik der „Endlösung“ laufe Gefahr, „die Initiative, die Verantwortung und das Wirken der Haupttäter zu relativieren“. In der Logik der Geschichte einer Institution liegt notwendigerweise die Konzentration auf deren Tätigkeit und deren Personal. Wir haben weder eine Geschichte des Holocaust geschrieben noch eine des Zweiten Weltkriegs. Das war nicht die Aufgabe der Kommission. Wer daraus einen Vorwurf zu konstruieren versucht und insinuiert, die Kommission habe die Bedeutung Hitlers und der SS relativiert, der muss sich selbst fragen lassen, welches Ziel sein Ceterum censeo der „Differenzierung“ verfolgt.

(muß man allerdings kaufen


Wie gesagt, zunächst gilt es m.E. die Bücher zu lesen, über die gesprochen wird... Wenn überhaupt würde ich mir zunächst "Das Amt" kaufen und dann - im eher unwahrscheinlichen Falle, dass mein Erkentnishunger dann noch nicht gestillt ist ...- sehen wir weiter.
In meinem vorherigen Post ging es mir aber gar nicht mal so sehr um das Auswärtige Amt, sondern in erster Linie um die Exemplifizierung der Position, dass bis heute im gesellschaftlichen Diskurs nicht nur an die Mitverantwortung und die Taten der Wehrmacht erinnert wird.

Bearbeitet von UdoTascher, 07 Mai 2011 - 13:26.


#261 Anubizz

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Geschrieben 08 Mai 2011 - 12:38

Kirst beantwortet diese als auch andere Fragen sehr wohl - und zwar in Deinem (linken) Sinne. Vielleicht solltest Du ihn einmal lesen ? Ansonsten kenne ich mich in der konservativen Ecke nicht genug aus, um Dir zu widersprechen.

Kirst habe ich tatsächlich nicht gelesen und kann daher zu seinen Antworten nichts sagen. Danke für die Empfehlung, auch wenn ich ihr so bald wahrscheinlich nicht nachkommen kann. Als typisch für die Vertreter eines konservativen, militärisch geprägten Widerstands würde ich (mit meinen laienhaften Kenntnissen) sehen, dass ihre soldatischen Tugenden sie regelmäßig in Gewissensnöte stürzten. Zu denken wäre etwa an Martin Niemöller, der vom Marineoffizier zum Oberhaupt des kirchlichen Widerstands gegen die Gleichschaltung wurde, sich aber beharrlich weigerte, gegen die Reichsregierung Stellung zu nehmen, weil er sich durch soldatischen Gehorsam an Hindenburg gebunden fühlte. Zuvor, in der Weimarer Republik, hatte er als konservativer, in den kirchlichen Dienst gewechselter Ex-Militär mit Nazis und Deutschnationalen sympathisiert - so sehr, dass er in Berlin als »der NS-Pfarrer« bekannt war.

Ich weiß also nicht, was Kirst dazu sagt, würde aber betonen, dass die aktive Verstrickung der Wehrmacht in die Nazi-Verbrechen von ihrem ideologischen Selbstverständnis abgeleitet werden kann, derzufolge sie als Militärs unpolitisch und vorrangig qua Gehorsam, Ehrgefühl und Pflichtbewusstsein (also typische soldatische Tugenden) an die politische »Führung« gebunden seien. Eine sehr vorteilhafte Ideologie, gewissermaßen: Man entlastet sich politisch und besteht doch darauf, seine Pflicht erfüllt zu haben.

#262 †  a3kHH

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Geschrieben 08 Mai 2011 - 14:44

Ich weiß also nicht, was Kirst dazu sagt, würde aber betonen, dass die aktive Verstrickung der Wehrmacht in die Nazi-Verbrechen von ihrem ideologischen Selbstverständnis abgeleitet werden kann, derzufolge sie als Militärs unpolitisch und vorrangig qua Gehorsam, Ehrgefühl und Pflichtbewusstsein (also typische soldatische Tugenden) an die politische »Führung« gebunden seien. Eine sehr vorteilhafte Ideologie, gewissermaßen: Man entlastet sich politisch und besteht doch darauf, seine Pflicht erfüllt zu haben.

Kirst widerspricht gerade diesem Kadavergehorsam und betont deutlich, daß ein Soldat eben aus seinem Selbstverständnis heraus sogar die Pflicht zum Widerstand gegen verbrecherische Befehle hat. Lies mal, lohnt sich.

#263 My.

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Geschrieben 08 Mai 2011 - 16:55

Kirst widerspricht gerade diesem Kadavergehorsam und betont deutlich, daß ein Soldat eben aus seinem Selbstverständnis heraus sogar die Pflicht zum Widerstand gegen verbrecherische Befehle hat. Lies mal, lohnt sich.

Und ein guter Soldat ist auch so. Eine schlechte Führung allerdings, die einem guten Soldaten sein Selbstverständnis durch - z.B. - die Bedrohung seines Lebens im Falle der Wahrnehmung seiner Sicht der Soldatentugenden verwehrt, war und ist der Anfang allen Übels. - Auch die diversen Veröffentlichungen, Ausstellungen etc. zur Rolle der Wehrmacht im Dritten Reich differenzieren letztlich zu wenig. Es mag ein zwangsläufiger Vorgang sein, aber am Ende bleibt immer die Frage: Das kann doch keine 100%ige Erscheinung gewesen sein?!

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#264 †  a3kHH

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Geschrieben 08 Mai 2011 - 17:18

Es mag ein zwangsläufiger Vorgang sein, aber am Ende bleibt immer die Frage: Das kann doch keine 100%ige Erscheinung gewesen sein?!

Soweit ich das verstanden habe, war es bei der Wehrmacht so wie beim Rest der Bevölkerung. Die Masse hat einfach mitgemacht. ein paar haben sich ganz besonders engagiert, ein paar haben sich widersetzt. Eine Gaußsche Glockenkurve eben.

#265 Anubizz

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Geschrieben 08 Mai 2011 - 18:02

Und ein guter Soldat ist auch so. Eine schlechte Führung allerdings, die einem guten Soldaten sein Selbstverständnis durch - z.B. - die Bedrohung seines Lebens im Falle der Wahrnehmung seiner Sicht der Soldatentugenden verwehrt, war und ist der Anfang allen Übels. - Auch die diversen Veröffentlichungen, Ausstellungen etc. zur Rolle der Wehrmacht im Dritten Reich differenzieren letztlich zu wenig. Es mag ein zwangsläufiger Vorgang sein, aber am Ende bleibt immer die Frage: Das kann doch keine 100%ige Erscheinung gewesen sein?!



Da müsste die Frage in meinen Augen aber eher umgekehrt lauten: Wie viele Soldaten wird es denn gegeben haben, die sich Gedanken à la »Meine soldatischen Tugenden verbieten es mir, diesen verbrecherischen Befehl auszuführen« gemacht und auch umgesetzt haben? Ich glaube, man muss kein Historiker sein, um darauf zu kommen, dass so etwas wohl ziemlich selten war. Und wenn es vielmehr so war, dass die meisten beim Angriffs- und Vernichtungskrieg entweder mitgemacht oder ihn sogar begrüßt haben, dann taugt die These von der schlechten Führung, die den an sich guten Soldaten korrumpiert, in meinen Augen nicht als Erklärungsmuster.

#266 My.

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Geschrieben 09 Mai 2011 - 05:34

Da müsste die Frage in meinen Augen aber eher umgekehrt lauten: Wie viele Soldaten wird es denn gegeben haben, die sich Gedanken à la »Meine soldatischen Tugenden verbieten es mir, diesen verbrecherischen Befehl auszuführen« gemacht und auch umgesetzt haben? Ich glaube, man muss kein Historiker sein, um darauf zu kommen, dass so etwas wohl ziemlich selten war. Und wenn es vielmehr so war, dass die meisten beim Angriffs- und Vernichtungskrieg entweder mitgemacht oder ihn sogar begrüßt haben, dann taugt die These von der schlechten Führung, die den an sich guten Soldaten korrumpiert, in meinen Augen nicht als Erklärungsmuster.

Vielleicht war ich nicht deutlich genug: Ich denke eher, die meisten Soldaten wollten keinen Angriffs- und Vernichtungskrieg mitmachen, sondern wollten sich vor allem nicht hinrichten lassen.

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#267 MartinHoyer

MartinHoyer

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Geschrieben 09 Mai 2011 - 13:14

Exakt. Das Richtige zu wissen und es dann auch zu tun, sind zwei paar Schuhe. Man muss sich vor Augen führen, was für eine moralisch-ethische Leistung hier (in Friedenszeiten in einem sozialen Rechtsstaat vom bequemen Computerstuhl aus) verlangt wird: Da soll ein mit Propaganda dauerbeschallter und mit selektierten Fakten versorgter, nicht zwingend aus durchgeistigten Kreisen stammender Landser das Verbrecherische seines Tuns erkennen und gegen die sozialen Bindungen mit seinen Kameraden und um den Preis seines eigenen Lebens und um den des Wohlergehens seiner Angehörigen - zur Erinnerung: das Regime praktizierte Sippenhaft oder kümmerte sich zumindest nicht um das Wohlergehen von "Verräterwitwen/-kindern" - aktiven Widerstand leisten. Ist doch klar, dass man da die Klappe hält, maximal passiv-heimlichen Widerstand leistet und hofft, nicht in eine konkrete Situation zu kommen, in der man seine Einstellung entweder mit potentiell tödlichem Ausgang offen legen oder um den Preis des guten Gewissens beiseite schieben muss. Die Sicht, welche die Nachwelt auf einen haben wird, beschäftigt in diesem Moment niemanden. Ganz anders sieht es natürlich aus, wenn man als Ãœberlebender später aus einer sicheren Position heraus Stellung beziehen könnte. Zwischen den Extremen, sich selbst (rechtlich) zu belasten und die ganze frühere Dienstzeit als sauberes Kräftemessen mit dem damaligen Gegner schönzureden, gibt es sicherlich etliche gangbare Wege, mit der Erinnerung umzugehen. Ich für meinen Teil halte weder Verklärung noch Verteufelung - kurz: Revanchismus - für keinen guten Weg, egal aus welcher Richtung er kommt. Ausstellungen wie "Verbrechen der Wehrmacht" sehe ich schon deswegen kritisch, weil damit die Verantwortung des ganzen damaligen Volkskörpers auf einen kleineren Teil delegiert wird, von dem heute nicht mehr genug leben, um sich ggf. verteidigen zu können und daher lieber die Klappe halten, anstatt sich als überlebende Verbrecher zu outen - ob sie nun welche waren oder nicht. Körperschaften der Wirtschaft beispielsweise geben sich neue Namen, um sich in den Augen der Öffentlichkeit von ihren damaligen Mittäterschaft zu distanzieren. Als Wehrmachtsangehöriger jedoch war, ist und bleibt man nun Verbrecher, sofern man nicht bereits damals die Möglichkeit hatte, sich als Regimegegner und somit als "Widerständler in Uniform" zu profilieren. Gegen solche summarischen, pauschalisierten Verfahren sträubt sich mein Gerechtigkeitssinn. Warum darf die Geschichte das, was unser Rechtssystem nicht darf, nämlich das Ganze für die Taten von Teilen verurteilen? Ist das Unvermögen, alle Täter spezifisch zu benennen ein hinreichender Grund, um das Ganze - sei es nun die Wehrmacht oder das ganze deutsche Volk - in Täterschaft zu sehen? Auch wenn unsere erbliche Volkstäterschaft inzwischen gnädigerweise als "historische Verantwortung" gesehen wird, fühle ich mich dadurch dennoch gelegentlich - Verzeihung - angepisst. Daher lehne ich als Nachgeborener jede historische Verantwortung ab und verantworte mich für das, was ich selbst denke und tue. Das ist praktischerweise vollkommen unabhängig davon, ob mein Großvater im KZ nun Gefangener oder Wärter, ob er Flakhelfer oder in der Waffen-SS, ob er Parteimitglied, Mitläufer oder Widerstandskämpfer war, da ich an keiner dieser Situationen etwas hätte ändern können. Ich sorge lieber dafür, dass in ferner Zukunft niemand entscheiden muss, ob meine Kinder und Enkel das eine oder das andere waren. Im kleinen Bereich dieses Themas bedeutet diese Haltung, dass ich den Landser ganz allein deshalb nicht lese, weil mich das, was ich davon mitbekommen habe, nicht interessiert. Ob darin nun geschönt oder dramatisiert wird, ist für mich nicht von Belang. Es wäre für mich von Belang, wenn ich als aktiver Leser über Passagen stolpern würde, die eine Anzeige erforderlich machen. Offenbar gab es das, denn damals wie heute erfolgt eine Indizierung nur aufgrund einer Prüfung, der eine Anzeige vorausgeht. Daraus schließe ich, dass es damals Leser des Landsers ab, die das dort gezeichnete Bild der Wehrmacht als nicht grundsätzlich falsch empfanden, sich jedoch der Geschichtsverfälschung oder neonationalsozialistischer Propaganda verweigerten. Letzteres halte ich für gesünder, als wenn sich das Urteil aus der eigenen politischen Färbung, der eigenen grundsätzlichen Haltung zum Themenkreis, dem eigenen literarischen Geschmack und weitestgehender Textunkenntnis zusammensetzt. Wo diese Option nicht existiert, reden wir von Lektüre ausschließlich für ideologisch ohnehin gefestigte Kreise, wogegen bei "Der Landser" allerdings etliche Umstände sprechen. Man sollte es akzeptieren können, dass es in einer pluralistischen Gesellschaft Leute mit Interessen und Geschmäckern gibt, die man nicht teilt, die deshalb aber trotzdem nicht dem Reich des Bösen ™ angehören, auch wenn sie womöglich an dessen Grenze bewegen. Um festzustellen, wann diese Grenze überschritten wird, haben wir Gesetze. Und wenn wir meinen, dass die Grenzen zu stark verwischen, gehören diese Gesetze auf den Prüfstand, nicht die moralische Integrität von Autoren, deren Wille zum Boykott von einer anderen Intensität des Sich-gestört-fühlens bestimmt wird.
Though my soul may set in darkness, it will rise in perfect light;
I have loved the stars too fondly to be fearful of the night.
(Sarah Williams: The Old Astronomer To His Pupil)

#268 leibowitz

leibowitz

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Geschrieben 09 Mai 2011 - 18:05

Vielleicht war ich nicht deutlich genug: Ich denke eher, die meisten Soldaten wollten keinen Angriffs- und Vernichtungskrieg mitmachen, sondern wollten sich vor allem nicht hinrichten lassen.

My.



Viele Historiker haben das als unhaltbaren Mythos entlarvt. Viele Offiziere hinter der vorrückenden Ostfront stellten ihre Mannschaften vor die Alternative, unschuldige Zivilisten (einschließlich Frauen und Kindern) umzubringen oder eben daran nicht teilzunehmen. Siehe z.B: Goldhagen, Daniel J.:"Hitlers willige Vollstrecker. Ganz normale Deutsche und der Holocaust". Dieser zeigt auf, dass die "ganz normalen Deutschen" zu unfassbar hoher Zahl freiwillig und bereitwillig an den Massenvernichtungen partizipierten, eben ohne ernsthafte persönliche Konsequenzen befürchten zu müssen.

Bearbeitet von leibowitz, 09 Mai 2011 - 18:22.

Realität ist das, was nicht verschwindet, wenn man aufhört, daran zu glauben. (P.K.Dick)

#269 †  a3kHH

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Geschrieben 09 Mai 2011 - 19:43

Viele Historiker haben das als unhaltbaren Mythos entlarvt. Viele Offiziere hinter der vorrückenden Ostfront stellten ihre Mannschaften vor die Alternative, unschuldige Zivilisten (einschließlich Frauen und Kindern) umzubringen oder eben daran nicht teilzunehmen. Siehe z.B: Goldhagen, Daniel J.:"Hitlers willige Vollstrecker. Ganz normale Deutsche und der Holocaust". Dieser zeigt auf, dass die "ganz normalen Deutschen" zu unfassbar hoher Zahl freiwillig und bereitwillig an den Massenvernichtungen partizipierten, eben ohne ernsthafte persönliche Konsequenzen befürchten zu müssen.

Ich bin mir da nicht sicher, inwieweit Goldhagens Untersuchungen präjudiziert waren.

#270 Anubizz

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Geschrieben 09 Mai 2011 - 19:44

Vielleicht war ich nicht deutlich genug: Ich denke eher, die meisten Soldaten wollten keinen Angriffs- und Vernichtungskrieg mitmachen, sondern wollten sich vor allem nicht hinrichten lassen.

My.



Die Frage war ja, ob soldatische Tugenden (bzw. in der Wehrmacht gängige Interpretationen derselben, wie man wohl präzisieren müsste) deutschen Soldaten das Bewusstsein vermittelt haben könnten, dass verbrecherischen Befehlen zu widerstehen sei. Ich sehe allerdings keinen Anhaltspunkt, der dafür spräche. Aus welcher Motivation heraus deutsche Soldaten sich in überwiegender Mehrheit widerstandslos am Krieg und gegebenenfalls an Kriegsverbrechen beteiligten, weiß ich nicht. Mir ist lediglich bekannt, dass es höchst unterschiedliche Ansichten dazu gibt, die von der These reichen, die meisten unteren Ränge hätten ihrer Führung distanziert und passiv-gehorsam gegenübergestanden, bis hin zu der Annahme, die Soldaten seien (wahlweise) wegen ideologischer Doktrinierung, ausgeprägtem Korpsgeist oder im Verlaufe des Krieges zunehmender Verrohung zur aktiven Teilnahme an Verbrechen bereitgewesen. Für verschiedene Institutionen und Gruppen in Nazi-Deutschland ist die willige Teilnahme an Genozid und Verbrechen ja recht gut belegt (leibowitz hat bereits ein Beispiel genannt). Ob für die niederen Dienstränge der Wehrmacht ähnliches gilt, dazu kann ich mir mangels Wissen leider keine Meinung bilden. Angst vor Repressalien wird aber kaum der einzige Grund gewesen sein, warum deutsche Soldaten im Vernichtungskrieg Befehlen in der Regel gehorchten, vermute ich.


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