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Faschos & Anti-Faschos †¦ der ewige Streit


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380 Antworten in diesem Thema

#271 leibowitz

leibowitz

    Giganaut

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Geschrieben 09 Mai 2011 - 20:06

Ich bin mir da nicht sicher, inwieweit Goldhagens Untersuchungen präjudiziert waren.


Ich habe das Buch wie viele andere gelesen und kann mir da ein Urteil bilden. Ich weiß nicht, wie ich deinen hingeworfenen Satz einschätzen soll. Du an meiner Stelle würdest dir vermutlich ein "Nuhr" hinschreiben.

Goldhagens

"Kern seiner Arbeit in Anknüpfung an Christopher R. Brownings Untersuchungen[6] ist die Beschreibung eines deutschen Polizeibataillons, das im polnischen Generalgouvernement die dort lebenden Juden aufspürte, folterte und schließlich erschoss oder in die Vernichtungslager verschleppte. (...) Goldhagen [zeigt], dass diese Männer ihre Taten nicht etwa widerwillig, schamhaft und unter Zwang begingen, sondern freiwillig, ausgesprochen eifrig (z. T. über die ausdrücklichen Befehle hinaus), mit Stolz und in der Überzeugung, das Richtige zu tun. Sie quälten und ermordeten ihre Opfer ohne Mitgefühl oder moralische Skrupel. Diese erstaunliche Tatsache führt Goldhagen auf die Vorstellungen zurück, die die Männer von den Juden hatten: Sie betrachteten ihre Opfer nicht als Menschen, sondern als ein Übel, das beseitigt werden musste, so wie eine bösartige Krankheit beseitigt werden muss. Und bei diesen Männern handelte es sich gerade nicht um eingefleischte Nazis. Die Bataillone bestanden aus willkürlich rekrutierten Durchschnittsbürgern, die für den Einsatz an der Front zu alt waren und deren politische Sozialisation dementsprechend lange vor der Machtergreifung stattgefunden hatte. Sie waren weder Weltanschauungskrieger noch verblendete Jugendliche; sie waren (daher der Untertitel von Goldhagens Buch) ganz gewöhnliche Deutsche. Das Verhalten der Bataillonsangehörigen zeigt in den Augen von Goldhagen, wie unumstritten und ausgeprägt der jahrhundertelang gewachsene eliminatorische Antisemitismus in Deutschland war, und wie klein der Schritt von der negativen Einstellung gegenüber Juden zum bestialischen Mord an den Juden war." (wikipedia, ganz treffend zusammengefasst).

Ein Bestandteil dieser wie auch vieler anderer Untersuchungen, auch schon vor Goldhagen (seine ist nur die berühmteste Untersuchung), ist die Abkehr vom Mythos, der arme Polizeiregiments- oder Wehrmachtsangehöriger hätte nur in Notwehr Frauen und Kinder gefoltert und ermordet, ansonsten wäre ihm selbst Übles wiederfahren. Dies wurde eindeutig als Schutzbehauptung der Täter entlarvt.

Hier nun wiederholt Beckinsale, sicher aus Unwissen, diese entlarvte Schutzbehauptung der Täter von damals, woraufhin ich ihm eine berühmte Untersuchung aufzeige.

Deine Kritik an Goldhagens Untersuchung, da sie das einzige ist was dir scheints dazu einfällt, halte ich für etwas deplatziert.
Realität ist das, was nicht verschwindet, wenn man aufhört, daran zu glauben. (P.K.Dick)

#272 †  a3kHH

†  a3kHH

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Geschrieben 09 Mai 2011 - 20:23

Deine Kritik an Goldhagens Untersuchung, da sie das einzige ist was dir scheints dazu einfällt, halte ich für etwas deplatziert.

Das war keine Kritik, das war ein Eindruck, den ich nach dem Lesen hatte. Der durchaus falsch sein kann. Wie ich sagte : "Ich bin mir nicht sicher".

#273 MartinHoyer

MartinHoyer

    Temponaut

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Geschrieben 10 Mai 2011 - 01:19

Ein Bestandteil dieser wie auch vieler anderer Untersuchungen, auch schon vor Goldhagen (seine ist nur die berühmteste Untersuchung), ist die Abkehr vom Mythos, der arme Polizeiregiments- oder Wehrmachtsangehöriger hätte nur in Notwehr Frauen und Kinder gefoltert und ermordet, ansonsten wäre ihm selbst Übles wiederfahren. Dies wurde eindeutig als Schutzbehauptung der Täter entlarvt.

Es ist schon über 10 Jahre her, dass ich mich mit Goldhagen auseinandergesetzt habe, deswegen mag meine Erinnerung Lücken haben. Meiner Wissens nach hat er sich aber nicht mit dem Vorgehen der Wehrmacht an sich, sondern mit den Taten von Polizeieinheiten, Milizen, paramilitärischen Einheiten und stationierten Sondereinheiten der Wehrmacht befasst. Daraus könnte man natürlich mit gewisser Berechtigung schließen, wie sich Wehrmachtsangehörige allgemein in ähnlichen Situationen verhalten hätten, wäre da nicht die durchaus berechtigte Kritik, dass sich bereits Goldhagens Kernbetrachtung auf eine sehr kleine Selektion dokumentierter Fälle stützt, die bereits für sich nicht repräsentativ sind. Eine nicht repräsentative Betrachtung nun noch zu übertragen, wäre dann allerdings gewagt.

Aber auch, wenn man die wenigen Fälle als statthaft ansieht, macht Goldhagen einen sehr offensichtlichen Fehler: Er zieht die Personen zur Bewertung heran, die sich letztendlich für das Verbrechen entschieden haben und berücksichtigt nicht, wie viele Personen vorher abgelehnt haben. Dass die Durchführung des Befehl von oben kommend keineswegs und erst auf der letzten Ausführungsebene optional war, dürfte klar sein, die Freiwilligkeit ist also womöglich nur eine scheinbare. Egal, wie viele Leute abgelehnt haben, weil sie ablehnen durften, an irgend jemandem blieb es letztendlich hängen, die Tat auszuführen. Und das waren entweder diejenigen, denen keine Wahl mehr blieb oder die Gruppe an Psychopathen, die sich solcherart herauskristallisierte und im Folgenden bei ähnlichen Befehlen "zuverlässige" Vollstrecker waren.

Weiter: Dass Offiziere ihren Mannschaften eine Wahl lassen, die sie ihnen gar nicht lassen müssten, zeigt doch bereits, dass sie die Durchführung - im absoluten Widerspruch zu Goldhagens These - eben nicht als etwas Einfaches, Nötiges oder gar Lobenswertes betrachteten. Wäre es an dem, hätten sie den Aufwand nicht betrieben, willige Vollstrecker zu finden, da man davon hätte ausgehen müssen, dass es nur solche gab. Ich behaupte daher: Den Offizieren war es, jeder etwaigen Ausprägung von Antisemitismus zum Trotz, durchaus klar, dass die Ausführung der Befehle ein moralisches Dilemma darstellte. Sie selbst befanden sich nicht in der Position, diese Befehle (ohne eigenen Schaden) zu ignorieren, sondern hatten lediglich die Option, die Durchführung auf Personal zu delegieren, denen es keine Kopfschmerzen bereitete. Goldhagens Fehler in Kurzform ist es, vom fehlenden Befehlsnotstand auf einer Ebene und in einzelnen Situationen auf die generelle Nichtexistenz von Befehlsnotstand zu schließen.

Interessanterweise ist sein Fazit, dass es im Dritten Reich einen weit verbreiteten und tief wurzelnden Antisemitismus gab, deswegen nicht falsch. Aber diesem bereits vorher sattsam bekannten Schluss hätte er sich nicht über ein bestenfalls populärwissenschaftliches, passagenweise sehr reißerisches Elaborat nähern müssen. Es gibt gute Gründe, warum es weltweit seit gut einem Jahrzehnt in keiner ernsthaften Diskussion zu diesem Thema angeführt wird.
Though my soul may set in darkness, it will rise in perfect light;
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#274 Anubizz

Anubizz

    Yoginaut

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Geschrieben 10 Mai 2011 - 10:29

Goldhagens Fehler in Kurzform ist es, vom fehlenden Befehlsnotstand auf einer Ebene und in einzelnen Situationen auf die generelle Nichtexistenz von Befehlsnotstand zu schließen.



Fragt sich aber, wie sich das damit verträgt, das weiter oben in der Diskussion ein genereller Befehlsnotstand angenommen wurde...

#275 leibowitz

leibowitz

    Giganaut

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Geschrieben 10 Mai 2011 - 13:28

Es ist schon über 10 Jahre her, dass ich mich mit Goldhagen auseinandergesetzt habe, deswegen mag meine Erinnerung Lücken haben. (...)


Gut, dann mach dich mal schlau, dann können wir hier ja weiterreden.
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#276 MartinHoyer

MartinHoyer

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Geschrieben 10 Mai 2011 - 13:29

Fragt sich aber, wie sich das damit verträgt, das weiter oben in der Diskussion ein genereller Befehlsnotstand angenommen wurde...

Den gab es auch. Innerhalb der Rechtsprechung des Nazi-Deutschlands waren formal sowohl die Nichtbefolgung von Befehlen als auch Mord ein Verbrechen. Die Natur dieses Regimes bestand aber in Willkür, also auch der willkürlichen Definition von Personen und Personengruppen, bei denen Mord angeblich kein Verbrechen sein sollte. Der Notstand ergibt sich für den Einzelnen daraus, dass er sich zwischen geschriebenen Recht und seinem Gewissen entscheiden muss. Die geschehenen Verbrechen wiederum ergeben sich daraus, dass Menschen ihr Gewissen nicht so fürchten brauchen wie diejenigen,welche gerade die Gesetze machen.

Kurz, Befehlsnotstand bestand immer, nur eben nicht für jeden. Da man ihn aber nicht grundsätzlich aufheben konnte, wurde er verlagert: Entweder durch unmittelbaren oder auch mittelbaren Zwang auf Unwillige oder auf Willige, die man über Freiwilligkeit ausgezeichnet herausfiltern konnte.

Zudem basierte das Regime nicht nur auf Willkür, sondern auch auf Kontrolle und Paranoia, weshalb sich der Eine oder Andere damals sicher gefragt hat, ob die vermeintliche Freiwilligkeit nicht nur dazu diente, Willige ausfindig zu machen, sondern eben auch dazu, Unwillige zu erkennen. Und ob letztere nur Unannehmlichkeiten zu befürchten hatten, die man für ein gutes Gewissen in Kauf zu nehmen bereit ist, darüber ließe sich streiten.
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#277 Kaffee-Charly †

Kaffee-Charly †

    ---

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Geschrieben 10 Mai 2011 - 13:36

....

Aber auch, wenn man die wenigen Fälle als statthaft ansieht, macht Goldhagen einen sehr offensichtlichen Fehler: Er zieht die Personen zur Bewertung heran, die sich letztendlich für das Verbrechen entschieden haben und berücksichtigt nicht, wie viele Personen vorher abgelehnt haben. Dass die Durchführung des Befehl von oben kommend keineswegs und erst auf der letzten Ausführungsebene optional war, dürfte klar sein, die Freiwilligkeit ist also womöglich nur eine scheinbare. Egal, wie viele Leute abgelehnt haben, weil sie ablehnen durften, an irgend jemandem blieb es letztendlich hängen, die Tat auszuführen. Und das waren entweder diejenigen, denen keine Wahl mehr blieb oder die Gruppe an Psychopathen, die sich solcherart herauskristallisierte und im Folgenden bei ähnlichen Befehlen "zuverlässige" Vollstrecker waren.
....


....
Zudem basierte das Regime nicht nur auf Willkür, sondern auch auf Kontrolle und Paranoia, weshalb sich der Eine oder Andere damals sicher gefragt hat, ob die vermeintliche Freiwilligkeit nicht nur dazu diente, Willige ausfindig zu machen, sondern eben auch dazu, Unwillige zu erkennen. Und ob letztere nur Unannehmlichkeiten zu befürchten hatten, die man für ein gutes Gewissen in Kauf zu nehmen bereit ist, darüber ließe sich streiten.


Hierzu ein kleiner Hinweis:
Jeder, der selbst einmal beim Militär war, weiß, dass bei manchen Einsätzen die sog. "Freiwilligkeit" in der Regel alles andere als freiwillig ist.
(Ich spreche da aus eigener Erfahrung.)
Oft ist es nämlich so, dass alle, die sich nicht freiwillig gemeldet haben, später dafür mit Sanktionen "belohnt" werden (Ausgangssperre, Urlaubsverweigerung, unangenehme Zusatzdienste, Beförderungssperren, Versetzung auf einen beschissenen Posten usw.)
Da dies (auch in der heutigen Zeit) nicht nur in Diktaturen, sondern auch in den Armeen demokratischer Staaten die Regel ist, kann man getrost davon ausgehen, dass es auch in der damaligen Wehrmacht nur eine scheinbare "Freiwilligkeit" gab.

Kaffee-Charly

Bearbeitet von Kaffee-Charly, 10 Mai 2011 - 13:40.


#278 Anubizz

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Geschrieben 10 Mai 2011 - 17:54

Den gab es auch. Innerhalb der Rechtsprechung des Nazi-Deutschlands waren formal sowohl die Nichtbefolgung von Befehlen als auch Mord ein Verbrechen. Die Natur dieses Regimes bestand aber in Willkür, also auch der willkürlichen Definition von Personen und Personengruppen, bei denen Mord angeblich kein Verbrechen sein sollte. Der Notstand ergibt sich für den Einzelnen daraus, dass er sich zwischen geschriebenen Recht und seinem Gewissen entscheiden muss. Die geschehenen Verbrechen wiederum ergeben sich daraus, dass Menschen ihr Gewissen nicht so fürchten brauchen wie diejenigen,welche gerade die Gesetze machen.



Und ich habe, ehrlich gesagt, im Laufe der Diskussion noch nicht den geringsten Beweis dafür gehört, dass die deutschen Soldaten im Normalfall tatsächlich mit solch schweren Gewissensnöten zu kämpfen hatten. Im Moment dreht sich das hier doch ziemlich im Kreis: Einmal heißt es, die deutschen Soldaten seien per Befehlsnotstand gezwungen worden, sich an Kriegsverbrechen zu beteiligen. Dann wird wieder vermutet, dass die Teilnahme an Kriegsverbrechen freiwillig war, deute auf eine Ablehnung derselben durch die Mehrzahl der Soldaten hin. Angesichts der Tatsache systematischer Kriegsverbrechen, die in großer Zahl durch die Wehrmacht begangen wurden, sind beides m.E. keine belastbaren Argumente.

#279 My.

My.

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Geschrieben 10 Mai 2011 - 22:46

Und ich habe, ehrlich gesagt, im Laufe der Diskussion noch nicht den geringsten Beweis dafür gehört, dass die deutschen Soldaten im Normalfall tatsächlich mit solch schweren Gewissensnöten zu kämpfen hatten. Im Moment dreht sich das hier doch ziemlich im Kreis: Einmal heißt es, die deutschen Soldaten seien per Befehlsnotstand gezwungen worden, sich an Kriegsverbrechen zu beteiligen. Dann wird wieder vermutet, dass die Teilnahme an Kriegsverbrechen freiwillig war, deute auf eine Ablehnung derselben durch die Mehrzahl der Soldaten hin. Angesichts der Tatsache systematischer Kriegsverbrechen, die in großer Zahl durch die Wehrmacht begangen wurden, sind beides m.E. keine belastbaren Argumente.

Wir sind hier nicht angetreten, um Beweise zu liefern. Welche auch immer.
Und ich bin auch nicht so gemein, über die Amerikaner im Korea- und Vietnamkrieg schreiben zu wollen, was "Kriegsverbrechen" (für die es übrigens keine weltweit einheitliche Definition gibt, da nicht alle Staaten der Genfer Konvention beigetreten sind) angeht.

My.

#280 Clauss-Hausen

Clauss-Hausen

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Geschrieben 10 Mai 2011 - 22:51

Hier nun wiederholt Beckinsale, sicher aus Unwissen, diese entlarvte Schutzbehauptung der Täter von damals, woraufhin ich ihm eine berühmte Untersuchung aufzeige.


Klingt fast, als haettest Du einen Beweis.

Hörbuch - Das Ende der Party
www.youtube.com/watch?v=SnyVYk7pkII

  • • (Buch) gerade am lesen:Schuld und Suehne
  • • (Buch) als nächstes geplant:vermutlich das Gleiche nochmal
  • • (Film) gerade gesehen: Escape from New York

#281 Scarlet Pimpernel

Scarlet Pimpernel

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Geschrieben 11 Mai 2011 - 03:20

Der "Landser" ist dabei auf der einen Seite der Skala, "Stahlfront" auf der anderen. Ich denke, für einen Verlag zu schreiben, der "Stahlfront" publiziert, muß ganz anders gewertet werden als für einen Verlag zu arbeiten, der "Landser" o.Ä. herausgibt.


Sehe ich eigentlich genau umgekehrt: die (im LANDSER wöchentlich nun mehr als ein halbes Jahrhundert andauernde) Glorifizierung der echten Waffen-SS & Wehrmacht, die Abermillionen echte Menschen auf dem Gewissen haben ist ganz anders zu werten als skurrile deutsche Allmachtsphantasien von Fliegenden Untertassen-Deutschen, die sogar vom ungebildetsten Leser eindeutig und auf den ersten Blick als reine Fiktion zu identifizieren sind. Ganz im Gegensatz zum Landser, der historische Korrektheit suggeriert und auch ausdrücklich behauptet (laut XXX ist der Chefredakteur "promovierter Militärhistoriker").

#282 Scarlet Pimpernel

Scarlet Pimpernel

    Mikronaut

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Geschrieben 11 Mai 2011 - 03:29

Ich weiss z.B. aus gutem Grunde, dass es noch in diesem Jahr ein Buch zum Thema "SF und die Farbe Braun" (das ist kein Titel, auch kein Arbeitstitel, quasi nur die Richtungsangabe <g>) geben wird.


Klingt verdächtig nach neuerlicher Gratis-PR für Stahlfront & Co. Die reiben sich wahrscheinlich schon die Hände, weil sie fix mit der Blödheit der dauerempörten Linken kalkulieren. Und leider haben sie normalerweise recht, weil auf die ist immer Verlass.

#283 My.

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Geschrieben 11 Mai 2011 - 06:34

Klingt verdächtig nach neuerlicher Gratis-PR für Stahlfront & Co. Die reiben sich wahrscheinlich schon die Hände, weil sie fix mit der Blödheit der dauerempörten Linken kalkulieren. Und leider haben sie normalerweise recht, weil auf die ist immer Verlass.

Danke für deine aus Unwissenheit geborene Vorverurteilung.
Jeder tut halt, was er kann. Oder nicht kann.

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#284 UdoTascher

UdoTascher

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Geschrieben 11 Mai 2011 - 08:32

egal aus welcher Richtung er kommt. Ausstellungen wie "Verbrechen der Wehrmacht" sehe ich schon deswegen kritisch, weil damit die Verantwortung des ganzen damaligen Volkskörpers auf einen kleineren Teil delegiert wird, von dem heute nicht mehr genug leben, um sich ggf. verteidigen zu können und daher lieber die Klappe halten, anstatt sich als überlebende Verbrecher zu outen - ob sie nun welche waren oder nicht. Körperschaften der Wirtschaft beispielsweise geben sich neue Namen, um sich in den Augen der Öffentlichkeit von ihren damaligen Mittäterschaft zu distanzieren. Als Wehrmachtsangehöriger jedoch war, ist und bleibt man nun Verbrecher, sofern man nicht bereits damals die Möglichkeit hatte, sich als Regimegegner und somit als "Widerständler in Uniform" zu profilieren.


Nachfrage: Hast Du denn die erste oder zweite Wanderausstellung des Hamburger Instituts für Sozialforschung überhaupt "gesehen"?
Ich habe sie mir damals angeschaut und fand sie aufgrund des eine eindeutige Sprache sprechenden Bildmaterials mehr als "konkret" . Viel wichtiger als sich um den Ruf der Wehrmacht zu sorgen, finde ich, dass zunächst an die konkreten Kriegsverbrechen erinnert wird und so den Opfern eine Stimme gegeben wird. Das ist m.E. den Ausstellungsmachern - auch aus einer museumspädagogischen Perspektive - sehr gut gelungen.

Gegen solche summarischen, pauschalisierten Verfahren sträubt sich mein Gerechtigkeitssinn. Warum darf die Geschichte das, was unser Rechtssystem nicht darf, nämlich das Ganze für die Taten von Teilen verurteilen?

Wie gesagt, summarisch fand ich - eigentlich - nichts, eher war der Wille der Ausstellungsmacher spürbar, dass einzelne Kriegsverbrechen zu dokumentieren und aus dem Reiche der Vergessenheit, Namenlosigkeit und Verklärung an die Oberfläche zu bringen. Nur qua dieser Erinnerung können die Opfer einen Teil ihrer Würde zurückerhalten. - Ja, das finde ich gerecht, wenn man diesen Begriff in diesem Zusammenhang überhaupt verwenden will.
Und auch wenn den Ausstellungsmachern vorgeworfen wurde, dass sie nachlässig gearbeitet haben - letztendlich waren 20 von 1433 Fotos und Bildunterschriften falsch - , stellte eine unabhängige Untersuchungskommission inhaltlich zur ersten Wanderausstellung fest:

„Es ist unbestreitbar, dass sich die Wehrmacht in der Sowjetunion in den an den Juden verübten Völkermord, in die Verbrechen an den sowjetischen Kriegsgefangenen und in den Kampf gegen die Zivilbevölkerung nicht nur „verstrickte“, sondern dass sie an diesen Verbrechen teils führend, teils unterstützend beteiligt war. Dabei handelte es sich nicht um vereinzelte „Übergriffe“ oder „Exzesse“, sondern um Handlungen, die auf Entscheidungen der obersten militärischen Führung und der Truppenführer an der Front und hinter der Front beruhten.“

Ist das Unvermögen, alle Täter spezifisch zu benennen ein hinreichender Grund, um das Ganze - sei es nun die Wehrmacht oder das ganze deutsche Volk - in Täterschaft zu sehen?
?

Eben nicht, genau um die spezifische Benennung des Unrechts bemühen sich solche Ausstellungen, wennauch nicht alle Namen der Täter, konnten doch die Abläufe etlicher Kriegsverbrechen rekonstruiert werden.


Auch wenn unsere erbliche Volkstäterschaft inzwischen gnädigerweise als "historische Verantwortung" gesehen wird, fühle ich mich dadurch dennoch gelegentlich - Verzeihung - angepisst.


Mit Interesse habe ich gelesen, dass auch - natürlich ! - die Bundeswehr darüber anders denkt. Nicht überall Schmollen und das Gefühl, "verleumdet" worden zu sein, stattdessen gilt für die Rezeption der zweiten Ausstellung durch die Soldatenschaft auch (Wiki):

Anders als bei der ersten Fassung erlaubte der damalige Verteidigungsminister Rudolf Scharping Generälen und Soldaten, in Uniform an der Veranstaltung teilzunehmen. Der damalige wissenschaftliche Direktor des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes, Horst Möller, hielt eine der Hauptreden zur Eröffnung.



Hierzu ein kleiner Hinweis:
Jeder, der selbst einmal beim Militär war, weiß, dass bei manchen Einsätzen die sog. "Freiwilligkeit" in der Regel alles andere als freiwillig ist.
(Ich spreche da aus eigener Erfahrung.) ...
Da dies (auch in der heutigen Zeit) nicht nur in Diktaturen, sondern auch in den Armeen demokratischer Staaten die Regel ist, kann man getrost davon ausgehen, dass es auch in der damaligen Wehrmacht nur eine scheinbare "Freiwilligkeit" g

Welche Konsequenz ziehst du aus dieser Erfahrung im Hinblick auf die Begehung von Kriegsverbrechen durch Soldaten, vor denen die "guten soldatischen Wertetraditionen" (s.o.) eigentlich schützen sollten?

Klingt verdächtig nach neuerlicher Gratis-PR für Stahlfront & Co. Die reiben sich wahrscheinlich schon die Hände, weil sie fix mit der Blödheit der dauerempörten Linken kalkulieren. Und leider haben sie normalerweise recht, weil auf die ist immer Verlass.

Nein - so "klingt" es nicht. Wie gesagt - eigentlich ein oft zu lesender Ratschlag in diesem Forum -: Erst die Bücher lesen und dann - gff. - mosern.
Zudem mutet die These, dass die Leser von sekundärliterarischer Forschung über rechtsextreme Science Fiction / Literatur sich dazu animiert fühlen könnte, eben diesen Forschungsgegenstand massenhaft zu kaufen, mehr als seltsam an. ;)
Oder solltest Du über Spezial-Belege für diese These verfügen? In diesem Fall bin ich ganz Ohr.

Bearbeitet von UdoTascher, 11 Mai 2011 - 08:43.


#285 Anubizz

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Geschrieben 11 Mai 2011 - 08:47

Wir sind hier nicht angetreten, um Beweise zu liefern. Welche auch immer.



Wenn ich mir einen etwas ironischen Tonfall erlauben darf: Vielleicht solltest du dann deine Beiträge mit einem Hinweis »Liebe Diskussionsteilnehmer, bitte nehmt meine Beiträge nicht ernst. Ich stelle lediglich Behauptungen auf, bin aber nicht bereit, sie argumentativ zu untermauern« versehen?

Und ich bin auch nicht so gemein, über die Amerikaner im Korea- und Vietnamkrieg schreiben zu wollen, was "Kriegsverbrechen" (für die es übrigens keine weltweit einheitliche Definition gibt, da nicht alle Staaten der Genfer Konvention beigetreten sind) angeht.



Wenn dem so ist, wozu dann diese Bemerkung?

#286 UdoTascher

UdoTascher

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Geschrieben 11 Mai 2011 - 09:23

Und ich bin auch nicht so gemein, über die Amerikaner im Korea- und Vietnamkrieg schreiben zu wollen, was "Kriegsverbrechen" (für die es übrigens keine weltweit einheitliche Definition gibt, da nicht alle Staaten der Genfer Konvention beigetreten sind) angeht.

(Interessant in diesem Zusammenhang mit Blick auf den Umgang mit Kriegsgefangenen im WKII:

Die Genfer Kriegsgefangenen-Konvention von 1929 beinhaltete weitere Bestimmungen über einen humanen Umgang mit Gefangenen einschließlich des Verbots, sie zu "unzuträglichen und gefährlichen Arbeiten zu verwenden". Ausgenommen in Japan und der Sowjetunion besaßen die Konventionen Gültigkeit in allen am Zweiten Weltkrieg beteiligten Staaten.
Allerdings erkannte die deutsche Führung den Schutz des Kriegsvölkerrechts für die nach dem Überfall auf Polen in deutsche Kriegsgefangenschaft geratenen 400.000 polnischen Soldaten nicht an. Sie aberkannte den Soldaten das Statut als Kriegsgefangene mit der Begründung, daß ein nicht mehr existenter polnischer Staat über keine bewaffneten Organe verfügen könnte. Die Gefangenen konnten zu Zivilisten erklärt und als Zwangsarbeiter in der deutschen Industrie oder Landwirtschaft eingesetzt werden. Für sie galten strengste Bestimmungen; Vergehen wurden zumeist mit Ermordung oder Einlieferung in Konzentrationslager (KZ) geahndet. ....
)

#287 My.

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Geschrieben 11 Mai 2011 - 12:05

Wenn ich mir einen etwas ironischen Tonfall erlauben darf: Vielleicht solltest du dann deine Beiträge mit einem Hinweis »Liebe Diskussionsteilnehmer, bitte nehmt meine Beiträge nicht ernst. Ich stelle lediglich Behauptungen auf, bin aber nicht bereit, sie argumentativ zu untermauern« versehen?

Du hast weiter oben geschrieben:

Und ich habe, ehrlich gesagt, im Laufe der Diskussion noch nicht den geringsten Beweis dafür gehört, dass die deutschen Soldaten im Normalfall tatsächlich mit solch schweren Gewissensnöten zu kämpfen hatten.

Du hast natürlich auch nicht den geringsten Beweis dafür gehört (oder gelesen), dass die deutschen Soldaten nicht doch mit solch schweren Gewissensnöten zu kämpfen hatten.

Ich denke, wir werden für keine Seite, keine Blickrichtung, keine Argumentation heute noch wirkliche Beweise finden. Alles, was letztlich bleibt, sind Indizien - wenn überhaupt -, Erinnerungen in der einen oder anderen, der verbalen oder niedergeschriebenen Form, viele Dinge, die Hinweise liefern, die ein Bild mit der dem zeitlichen Abstand und der Subjektivität der gelieferten Bildpunkte geschuldeten Unschärfe zu entwickeln helfen, mehr aber auch nicht. Keinesfalls wirkliche Beweise.
Und ich denke auch, es ist bei diesem Thema, bei diesen Themaaspekten, auf die wir hier teilweise eingehen, weil uns das ganze große Thema insgesamt hier darzustellen so auch gar nicht möglich ist, ich denke jedenfalls, daß es bei diesem Thema wie bei vielen anderen Themen auch ist: im Grunde sind die extremen Standpunkte, die links außen, rechts außen, die ganz vorne und die ganz hinten, immer die, die im großen Ganzen gesehen immer am falschesten sind, weil es letztlich kein wirkliches Schwarz und Weiß, kein wirkliches Gut und Böse, kein absolutes Ja und Nein gibt, sondern immer so ein bißchen von allem (und so gab es hier eben Soldaten, die "gute Nazis" im Sinne der "Oberen" waren, und solche, die es nicht waren, und solche, die nicht so recht wußten, und solche ... und solche ... und solche ...).

Letztlich gelange ich bei solchen Überlegungen irgendwann zu dem Punkt, für mich (!) zu erkennen, daß es wenig sinnvoll ist, Überlegungen anzustellen, wie böse WK-II-Soldaten - übrigens: egal auf welcher Seite - waren, was die Wehrmacht angestellt hat, was das Volk gegen die Nazis unternommen hat oder eben nicht. Es ist wichtig, die Augen offen zu halten, um eine solche - identische oder auch nur ähnliche - Entwicklung in Wiederkehr zu verhindern. Es ist immer wichtig, alle extremen Tendenzen - nicht nur von rechts, sondern auch von links, sogar von grüner Seite - zu verhindern, denn sie sind - siehe oben - nie gut, sondern meist falsch. Es ist wichtig, über die Historie zu informieren, aber es ist sinnlos, heute noch zu verurteilen. Bundeswehrsoldaten sind potenziell des Tötens von Menschen fähig, aber sie sind es, weil alle Menschen grundsätzlich des Tötens von Menschen mit allen - bis hin zu den häßlichsten - Spielarten fähig sind, und nicht etwa, weil sie Bundeswehrsoldaten der deutschen (!) Bundeswehr sind, und deshalb als Deutsche eine Generationenschuld zu tragen hätten. Deutsche sind nicht von Grund auf Nazis, weil es heute so aussieht, als wären alle Deutschen einmal Nazis gewesen - was sicherlich (auch erwiesenermaßen) nicht richtig ist -, und selbst wenn sie es wären, gäbe es auch französische, britische, US-amerikanische und jede Menge andere Nazis, gemeinhin auch als Faschisten bezeichnet.
Für mich ist es wichtig, die Augen offen zu halten, wie ich schon bemerkte. Um mich herum zu schauen, festzustellen, was vor sich geht. Nach vorne zu schauen, gefährliche Entwicklungen vielleicht zu verhindern helfen. Natürlich - auch das schrieb ich schon - ist das Bewußtsein der Geschichte wichtig. Aber es kann nicht Kern und Gegenstand für Vorwürfe aller Art, auch sich selbst gegenüber sein.

Wenn dem so ist, wozu dann diese Bemerkung?

Ein rhetorischer Kniff, wie du weißt. Ebenso einer, wie deine Nachfrage :)

Zudem mutet die These, dass die Leser von sekundärliterarischer Forschung über rechtsextreme Science Fiction / Literatur sich dazu animiert fühlen könnte, eben diesen Forschungsgegenstand massenhaft zu kaufen, mehr als seltsam an.

Ich kenne den Autor lange und gut genug, um schon jetzt, ohne vorherige Kenntnisnahme seines Manuskriptes, garantieren zu können, daß aus seinem finalen Werk hinreichend erkennbar sein wird, was derjenige "verpassen" wird, der die dort erwähnten Werke _NICHT_ kauft.

Oder solltest Du über Spezial-Belege für diese These verfügen? In diesem Fall bin ich ganz Ohr.

Wenn er dies in irgendeiner Form bejaht, lügt er. Oder er ist der Autor - was ich garantieren kann, daß er es nicht ist.

Allerdings erkannte die deutsche Führung den Schutz des Kriegsvölkerrechts für die nach dem Überfall auf Polen in deutsche Kriegsgefangenschaft geratenen 400.000 polnischen Soldaten nicht an. Sie aberkannte den Soldaten das Statut als Kriegsgefangene mit der Begründung, daß ein nicht mehr existenter polnischer Staat über keine bewaffneten Organe verfügen könnte. Die Gefangenen konnten zu Zivilisten erklärt und als Zwangsarbeiter in der deutschen Industrie oder Landwirtschaft eingesetzt werden. Für sie galten strengste Bestimmungen; Vergehen wurden zumeist mit Ermordung oder Einlieferung in Konzentrationslager (KZ) geahndet.

Danke für diese Quelle. - Wobei dieses Vorgehen ein Hintertürchen ist, das in der Politik - auch der kriegstreibenden - kein Einzelfall sein dürfte. Irgendein Türchen ist da immer, das man noch schnell aufmachen kann.

My.

#288 MartinHoyer

MartinHoyer

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Geschrieben 11 Mai 2011 - 14:54

Nachfrage: Hast Du denn die erste oder zweite Wanderausstellung des Hamburger Instituts für Sozialforschung überhaupt "gesehen"?

Ja.

Ich habe sie mir damals angeschaut und fand sie aufgrund des eine eindeutige Sprache sprechenden Bildmaterials mehr als "konkret" . Viel wichtiger als sich um den Ruf der Wehrmacht zu sorgen, finde ich, dass zunächst an die konkreten Kriegsverbrechen erinnert wird und so den Opfern eine Stimme gegeben wird.

Du möchtest also allen Ernstes behaupten, es wäre den Opfern von Kriegsverbrechen eine echte Hilfe und somit gerechtfertigt, Unschuldige aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu kriminalisieren?

Den ehrenrührigen Vorwurf, ich wäre um den Ruf der Wehrmacht besorgt, ignoriere ich jetzt einfach mal und erinnere Dich stattdessen daran, dass auch Wehrmachtssoldaten Menschen und etliche davon Opfer waren. Damit meine ich nicht, dass viele gar nicht die Wahl hatten, ob sie der Wehrmacht angehören wollen oder nicht, sondern vielmehr, dass etliche Opfer der Wehrmacht Wehrmachtsangehörige waren. Oder würdest Du Menschen, die in einen Eroberungs- und Vernichtungskrieg verheizt werden, nicht ebenfalls als Opfer bezeichnen?

„Es ist unbestreitbar, dass sich die Wehrmacht in der Sowjetunion in den an den Juden verübten Völkermord, in die Verbrechen an den sowjetischen Kriegsgefangenen und in den Kampf gegen die Zivilbevölkerung nicht nur „verstrickte“, sondern dass sie an diesen Verbrechen teils führend, teils unterstützend beteiligt war. Dabei handelte es sich nicht um vereinzelte „Übergriffe“ oder „Exzesse“, sondern um Handlungen, die auf Entscheidungen der obersten militärischen Führung und der Truppenführer an der Front und hinter der Front beruhten.“

Das bestätigt doch meine Ansicht, dass die Verbrechen der Wehrmacht tatsächlich Verbrechen der Wehrmachtsführung waren und die "vereinzelten Übergriffe und Exzesse" einzelner Soldaten ohne Befehl (und somit ohne Befehlsnotstand) eben nicht symptomatisch sind.

Ich vermute, wir haben hier ein Definitionsproblem. Wenn ich von der Wehrmacht spreche, meine ich alle ihre Angehörigen, während du offenbar eine gesichtslose Gesamtstruktur meinst und damit die landläufige Ansicht teilst. Genau damit habe ich ein Problem, auch wenn es um Kampfbegriffe wie "Verbrechen der Katholischen Kirche" oder meinetwegen "Verbrechen des Bundesdeutschen Vereins der Kleintierzüchter" geht. Noch einmal: Das Unvermögen, individuelle Täter festzustellen berechtigt nicht dazu, Gruppen zu kriminalisieren, auch wenn das bequemer ist.

Welche Konsequenz ziehst du aus dieser Erfahrung im Hinblick auf die Begehung von Kriegsverbrechen durch Soldaten, vor denen die "guten soldatischen Wertetraditionen" (s.o.) eigentlich schützen sollten?

Wenn Werte kollidieren, sind immer Gewissen und Instinkt die letzten Instanzen. Zu soldatischen Tugenden gehört ja nicht nur der Gehorsam, sondern auch der Schutz ziviler Werte der Gesellschaft, der man als Soldat dient. Wenn Mord befohlen wird, sagt beispielsweise das Gewissen "Nein!", während der Instinkt "Besser die als ich!" sagt. Der Rest ist reines Abwägen, welches je nach Mentalität des einzelnen stärker emotional oder stärker rational verläuft. Das dabei nur wenige das eigene Wohl oder das naher Angehöriger die Oberhand behält, dürfte selbsterklärend sein.

Sehe ich eigentlich genau umgekehrt: die (im LANDSER wöchentlich nun mehr als ein halbes Jahrhundert andauernde) Glorifizierung der echten Waffen-SS & Wehrmacht, die Abermillionen echte Menschen auf dem Gewissen haben ist ganz anders zu werten als skurrile deutsche Allmachtsphantasien von Fliegenden Untertassen-Deutschen, die sogar vom ungebildetsten Leser eindeutig und auf den ersten Blick als reine Fiktion zu identifizieren sind.

Die Argumentation könnte man auch umkehren: Es ist gefährlicher, wenn in "skurrilen deutschen Allmachtsphantasien von Fliegenden Untertassen-Deutschen" im Vergleich das gleiche Maß an Glorifizierung, jedoch teilweise zwischen den Zeilen versteckt stattfindet, während sie im LANDSER offen zur Einschätzung und Debatte steht.
Though my soul may set in darkness, it will rise in perfect light;
I have loved the stars too fondly to be fearful of the night.
(Sarah Williams: The Old Astronomer To His Pupil)

#289 Gast_Frank W. Haubold_*

Gast_Frank W. Haubold_*
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Geschrieben 11 Mai 2011 - 14:56

(Interessant in diesem Zusammenhang mit Blick auf den Umgang mit Kriegsgefangenen im WKII:

Die Genfer Kriegsgefangenen-Konvention von 1929 beinhaltete weitere Bestimmungen über einen humanen Umgang mit Gefangenen einschließlich des Verbots, sie zu "unzuträglichen und gefährlichen Arbeiten zu verwenden". Ausgenommen in Japan und der Sowjetunion besaßen die Konventionen Gültigkeit in allen am Zweiten Weltkrieg beteiligten Staaten.
Allerdings erkannte die deutsche Führung den Schutz des Kriegsvölkerrechts für die nach dem Überfall auf Polen in deutsche Kriegsgefangenschaft geratenen 400.000 polnischen Soldaten nicht an. Sie aberkannte den Soldaten das Statut als Kriegsgefangene mit der Begründung, daß ein nicht mehr existenter polnischer Staat über keine bewaffneten Organe verfügen könnte. Die Gefangenen konnten zu Zivilisten erklärt und als Zwangsarbeiter in der deutschen Industrie oder Landwirtschaft eingesetzt werden. Für sie galten strengste Bestimmungen; Vergehen wurden zumeist mit Ermordung oder Einlieferung in Konzentrationslager (KZ) geahndet. ....
)

Da waren die Siegermächte aber ganz anders. ;-) Nicht nur die Russen, sondern auch Amerikaner, Franzosen und Briten scherten sich einen Dreck um die Genfer Konvention, was die Behandlung deutscher Kriegsgefangener angeht.

Die große Masse der Soldaten, die erst nach der Kapitulation in Gefangenschaft kam, wurde von den Amerikanern jedoch als Disarmed Enemy Forces und von den Briten als Surrendered Enemy Personnel (SEP) bezeichnet. Auf sie wurde die Genfer Kriegsgefangenenkonvention zunächst nicht angewendet, weil sie per definitionem keine Kriegsgefangene gewesen seien.

Von Kritikern wird die anfangs äußerst mangelhafte Versorgung der Lager mit Nahrungsmitteln als Plan der Amerikaner angesehen, der mit dem Status der DEF in Zusammenhang stehe. So erklärte der Publizist James Bacque, es habe Hunderttausende von Toten in den Rheinwiesenlagern gegeben, die nicht registriert wurden. Grund hierfür sei die von der amerikanischen Armee bewusst in Kauf genommene Mangelversorgung der Gefangenen gewesen.[16] Zur Widerlegung zitiert die Historikerin Brigitte Bailer-Galanda eine Untersuchung von Albert E. Cowdrey, nach der die Zahl der nach den letzten Kampfhandlungen vermissten und nicht als tot registrierten Soldaten 56.285 beträgt. Diese Zahl wäre damit eine Obergrenze für die Zahl der Toten in den Lagern ... Arthur L. Smith weist die Einschätzung Bacques zwar zurück, stellt aber fest: „Das von Amerikanern verursachte Leiden und die oft zum Tode führende schlechte Behandlung sowie die allgemein menschenunwürdigen Zustände der deutschen Kriegsgefangenen in den Rheinlagern war ein Kriegsverbrechen. Dies sei in keiner Weise als Folge des Krieges erklärbar; „ein schändliches Kapitel“ in der Geschichte, das von der US-Regierung nie untersucht wurde.“


Wikipedia

So wurden deutsche Kriegsgefangene von den Franzosen nicht nur Zwangsarbeit, sondern auch zum Minenräumen "eingesetzt" mit dem zu erwartenden Ergebnis. Auf den Rheinwiesen ließ man deutsche Soldaten zu Tausenden verrecken, während Rote-Kreuz-Hilfstransporte zurückgeschickt wurden und über die freundliche Behandlung in Bad Kreuznach und anderswo sind sogar ganze Bücher geschrieben worden. Man darf davon ausgehen, daß die Dunkelziffer dieser Verbrechen extrem hoch ist, denn so tapfere "Aufklärer" wie Herr Reemtsa interessieren sich halt nur für Deutsche als Täter. Symptomatisch ist auch, daß die Fälschungen der Wehrmachtsaustellungen von Polen und Ungarn aufgedeckt werden mußten, weil die bundesdeutschen Historiker anderweitig beschäftigt waren ...

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Bearbeitet von Frank W. Haubold, 11 Mai 2011 - 15:57.


#290 My.

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Geschrieben 11 Mai 2011 - 16:22

Ach, Frank, das ist simple Rache. Die Alliierten waren seinerzeit letztlich nicht anders "gelagert" als die Deutschen, nur daß z.B. Franzosen und Briten ihre eigenen Toten, geschaffen durch deutsche Waffen, zu beklagen hatten. Das ist das, was ich weiter oben meinte: Niemand der Beteiligten am WK II war ein Heiliger oder in irgendeiner Form letztlich besser als die Deutschen selbst. Es gibt keine "Guten" in einem Krieg. My.

#291 Pogopuschel

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Geschrieben 11 Mai 2011 - 16:34

Ach, Frank, das ist simple Rache. Die Alliierten waren seinerzeit letztlich nicht anders "gelagert" als die Deutschen, nur daß z.B. Franzosen und Briten ihre eigenen Toten, geschaffen durch deutsche Waffen, zu beklagen hatten. Das ist das, was ich weiter oben meinte: Niemand der Beteiligten am WK II war ein Heiliger oder in irgendeiner Form letztlich besser als die Deutschen selbst. Es gibt keine "Guten" in einem Krieg.

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Wobei ich ein gewisses Racheverhalten gegenüber Deutschland zu dieser Zeit durchaus nachvollziehen kann.

#292 UdoTascher

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Geschrieben 11 Mai 2011 - 17:29

Du möchtest also allen Ernstes behaupten, es wäre den Opfern von Kriegsverbrechen eine echte Hilfe und somit gerechtfertigt, Unschuldige aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu kriminalisieren?



Hmm, worin siehst du die Kriminalisierung von Unschuldigen, wenn konkrete verbrecherische Taten von konkreten Menschen auf konkrete Weise (= mühsam eruiertes Bildmaterial) benannt werden.
Selbstverständlich hilft es den Opfern, wenn verbrecherische Taten ans Tageslicht kommen, unter denen sie oder ihre Familienangehörigen gelitten haben. Ich suche vielleicht nachher oder morgen noch ein zwei Beispiele heraus, falls das wirklich nötig ist.


Den ehrenrührigen Vorwurf, ich wäre um den Ruf der Wehrmacht besorgt, ignoriere ich jetzt einfach mal und erinnere Dich stattdessen daran, dass auch Wehrmachtssoldaten Menschen und etliche davon Opfer waren. Damit meine ich nicht, dass viele gar nicht die Wahl hatten, ob sie der Wehrmacht angehören wollen oder nicht, sondern vielmehr, dass etliche Opfer der Wehrmacht Wehrmachtsangehörige waren. Oder würdest Du Menschen, die in einen Eroberungs- und Vernichtungskrieg verheizt werden, nicht ebenfalls als Opfer bezeichnen?


Ich meinte das im Sinne einer Prioritätensetzung bei der wissenschaftlichen Aufarbeitung, *natürlich* ist das "Verheizen" von Wehrmachtsangehörigen in jedem Fall *auch* als ein Kriegsverbrechen zu sehen. Unbenommen.


Zitat
an diesen Verbrechen teils führend, teils unterstützend beteiligt war. Dabei handelte es sich nicht um vereinzelte „Übergriffe“ oder „Exzesse“, sondern um Handlungen, die auf Entscheidungen der obersten militärischen Führung und der Truppenführer an der Front und hinter der Front beruhten.“
Zitat Ende
Das bestätigt doch meine Ansicht, dass die Verbrechen der Wehrmacht tatsächlich Verbrechen der Wehrmachtsführung waren und die "vereinzelten Übergriffe und Exzesse" einzelner Soldaten ohne Befehl (und somit ohne Befehlsnotstand) eben nicht symptomatisch sind.

Deine Ansicht scheint an die Bedeutung meines Zitats herangetragen zu sein.

Mit "Handlungen, die auf Entscheidungen der obersten militärischen Führung und der Truppenführer an der Front und hinter der Front beruhten", ist nichts anderes gemeint, als dass die Kriegsverbrechen "Handlungen" waren, die auf Entscheidungen der obersten militärischen Führung und der Truppenführer an der Front und hinter der Front beruhten."
Mit verbrecherischer Handlung ist in erster Linie immer noch die verbrecherische Handlung des Landsers am Tatort gemeint. Wie anders?

Ich vermute, wir haben hier ein Definitionsproblem. Wenn ich von der Wehrmacht spreche, meine ich alle ihre Angehörigen, während du offenbar eine gesichtslose Gesamtstruktur meinst und damit die landläufige Ansicht teilst. Genau damit habe ich ein Problem, auch wenn es um Kampfbegriffe wie "Verbrechen der Katholischen Kirche" oder meinetwegen "Verbrechen des Bundesdeutschen Vereins der Kleintierzüchter" geht. Noch einmal: Das Unvermögen, individuelle Täter festzustellen berechtigt nicht dazu, Gruppen zu kriminalisieren, auch wenn das bequemer ist.


Warum "Unvermögen", es wurden doch einzelne Täter "identifiziert" - auch wenn man sie nicht mehr "dingfest" machen bzw. noch nicht mal mit Namen benennen kann - ; und wer behauptet, dass *alle* Angehörige der Wehrmacht daran beteiligt waren? Das wäre ja pauschalisierend, das Gegenteil wollten die Wehrmachtsausstellungen.

Natürlich will die Ausstellung nicht über alle Angehörigen urteilen, es sind ja dementsprechend vier ausgewählte Hauptthemen fokussiert worden:

Serbien. Partisanenkrieg 1941, Autor Walter Manoschek
Die 6. Armee. Unterwegs nach Stalingrad. 1941 bis 1942, Autoren Bernd Boll und Hans Safrian
Weißrußland. Drei Jahre Besatzung 1941 bis 1944, Autor Hannes Heer.
Die Bilder der Nachkriegsjahre.



Da waren die Siegermächte aber ganz anders. ;-) Nicht nur die Russen, sondern auch Amerikaner, Franzosen und Briten scherten sich einen Dreck um die Genfer Konvention, was die Behandlung deutscher Kriegsgefangener angeht.


Den Smiley kannst Du Dir eigentlich - sparen. Oder hast Du irgendwo Aussagen von mir gelesen, die ich zum Thema Kriegsverbrechen der United States Army und anderer ausländischer Streitkräfte getroffen habe? :)

Von Kritikern wird die anfangs äußerst mangelhafte Versorgung der Lager mit Nahrungsmitteln als Plan der Amerikaner angesehen, der mit dem Status der DEF in Zusammenhang stehe. So erklärte der Publizist James Bacque, es habe Hunderttausende von Toten in den Rheinwiesenlagern gegeben, die nicht registriert wurden. Grund hierfür sei die von der amerikanischen Armee bewusst in Kauf genommene Mangelversorgung der Gefangenen gewesen.[16] Zur Widerlegung zitiert die Historikerin Brigitte Bailer-Galanda eine Untersuchung von Albert E. Cowdrey, nach der die Zahl der nach den letzten Kampfhandlungen vermissten und nicht als tot registrierten Soldaten 56.285 beträgt. Diese Zahl wäre damit eine Obergrenze für die Zahl der Toten in den Lagern ... Arthur L. Smith weist die Einschätzung Bacques zwar zurück, stellt aber fest: „Das von Amerikanern verursachte Leiden und die oft zum Tode führende schlechte Behandlung sowie die allgemein menschenunwürdigen Zustände der deutschen Kriegsgefangenen in den Rheinlagern war ein Kriegsverbrechen. Dies sei in keiner Weise als Folge des Krieges erklärbar; „ein schändliches Kapitel“ in der Geschichte, das von der US-Regierung nie untersucht wurde.“[/i]


Es zeigen sich also auch woanders Forschungsderivate, die aufgearbeitet werden müssten. Kann ich nur begrüßen.

Symptomatisch ist auch, daß die Fälschungen der Wehrmachtsaustellungen von Polen und Ungarn aufgedeckt werden mußten, weil die bundesdeutschen Historiker anderweitig beschäftigt waren ...


Wie gesagt, letztlich waren es 20 falsch zugeordnete Fotos von über 1000. Die meinst du sicher; es waren allerdings keine "Fälschungen", eher wissenschaftliche Nachlässigkeiten.


Man darf davon ausgehen, daß die Dunkelziffer dieser Verbrechen extrem hoch ist, denn so tapfere "Aufklärer" wie Herr Reemtsa interessieren sich halt nur für Deutsche als Täter.


Nun ich denke, man muss irgendwo anfangen und da wir uns zufälligerweise in Deutschland befinden, schadet es doch nicht, zunächst etwas vor der eigenen Haustür zu kehren und eine Diskussion über die Kriegsverbrechen der hiesigen Armee anzustoßen.

Ich finde es eher sonderbar, dass diese Ausstellung / Diskussion so spät kam. Woran hat's gelegen?

Bearbeitet von UdoTascher, 11 Mai 2011 - 18:01.


#293 Pogopuschel

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Geschrieben 11 Mai 2011 - 18:07

Das mag nicht so ganz in die Diskussion passen, aber ich komme einfach nicht mit dem Wort »Kriegsverbrecher« zurecht. Wer Krieg führt, ist in meinen Augen bereits ein Verbrecher und wer sich daran beteiligt auch. (Sicher, wenn einer angreift, muss sich natürlich der Angegriffene verteidigen und Soldaten werden und wurden in der Vergangenheit dazu gezwungen zu kämpfen.) Aber ich finde es vollkommen absurd, so etwas wie Krieg einem humanitären Regelwerk wie der Genfer Konvention zu unterwerfen, nur damit sich dann die Kriegsparteien damit schmücken können, einen sauberen Krieg geführt zu haben. Für mich ist diese Konvention eine Farce. Und ich komme nicht umhin, hier wieder die Üblichen »nicht nur wir Deutsche waren die Bösen« Reflexe zu bemerken. Mit seinem unglaublichen Vorgehen während des 2. Weltkriegs hat Deutschland, in meinen Augen, jegliches Recht verspielt, anderen Kriegsparteien moralische Vorwürfe zu machen. Wäre ich am Kommando der Alliierten beteiligt, wäre ich mit kompromissloser Härte gegen Deutschland vorgegangen. Notfalls, bis kein Stein mehr auf anderen gelegen hätte. (Meine beiden Großväter waren übrigens Kanonfutter bei der Wehrmacht, einer davon hat ein Auge verloren und war in russischer Kriegsgefangenschaft). Und nein, ich bin keiner dieser Linken, der sonst mit seinen Autonomen Freunden Steine werfen geht.

#294 Gast_Frank W. Haubold_*

Gast_Frank W. Haubold_*
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Geschrieben 11 Mai 2011 - 18:10

Wobei ich ein gewisses Racheverhalten gegenüber Deutschland zu dieser Zeit durchaus nachvollziehen kann.

Solche Äußerungen erinnern mich an die Haltungen der 68er und ihrer Erziehungsprodukte: Es gibt so gut wie kein gegen die Generation ihre Eltern und Großeltern gerichtetes Verbrechen vom "moral bombing" bis zum Verhungernlassen von Kriegsgefangenen, für das sie nicht ein tiefes Verständnis entwickeln würden.

Wenn ich schreiben würde, was ich von solchen selbsternannten, im Wohlstand aufgewachsenen "Moralaposteln" halte, wäre das vermutlich nicht druckfähig.

Bin schon wieder weg, sonst reg ich mich noch auf.

FWH

Bearbeitet von Frank W. Haubold, 12 Mai 2011 - 05:15.


#295 simifilm

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Geschrieben 11 Mai 2011 - 18:23

Wenn ich schreiben würde, was ich von solchen selbsternannten, im Wohlstand aufgewachsenen "Moralaposteln" halte, wäre das vermutlich nicht druckfähig.


Es würde vor allem niemanden interessieren.

Signatures sagen nie die Wahrheit.

Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.

Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.

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#296 Pogopuschel

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Geschrieben 11 Mai 2011 - 18:41

Ich versuche gar nicht erst mit Frank zu diskutieren. Aber es besteht doch ein großer Unterschied zwischen "sich in die Köpfe der von Deutschland angegriffenen Menschen hineinzuversetzen und deren "Rachsucht" nachzuvollziehen" und "sich an solchen Sachen beteiligen zu wollen". Natürlich kann ich auch die Leiden der deutschen Bevölkerung und vor allem der Kinder in dieser Zeit nachvollziehen (ich kann es zumindest ansatzweise versuchen). Die Schilderung meiner Oma über ihre Vertreibung aus den östlichen Gebieten ist sehr eindrucksvoll. Deutschland hat den Krieg angefangen und somit sehe ich auch die Schuld für die Reaktionen der Angegriffenen auf deutscher Seite. Es liegt mir auch fern, Bombenangriffe oder sonstige Kriegshandlung als auch in irgendeiner Weise moralisch zu bezeichnen. Die Moral bleibt beim Krieg auf der Strecke, auf allen Seiten.

#297 Gerd

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Geschrieben 11 Mai 2011 - 18:48

@ Pogo: Es ehrt dich, dass du es versuchst, aber mit Menschen, die nicht willens oder in der Lage sind, mal einen Schritt zurückzutreten und die eigenen Standpunkte zu hinterfragen, ist jede Diskussion sinnlos.
Sudden moroseness. One hop too far.

#298 Pogopuschel

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Geschrieben 11 Mai 2011 - 19:02

@ Pogo:

Es ehrt dich, dass du es versuchst, aber mit Menschen, die nicht willens oder in der Lage sind, mal einen Schritt zurückzutreten und die eigenen Standpunkte zu hinterfragen, ist jede Diskussion sinnlos.


Das war auch mehr als Erklärung an die Allgemeinheit gerichtet, da ich mir doch etwas Sorgen mache, jetzt als "Kriegstreiber" (um es mal überspitzt zu formulieren) darzustehen. Und um zu betonen, dass ich da Leid der deutschen Bevölkerung nicht ausklammere und auch keine Kollektivschuld sehe. Die Schuld aber auf Seiten der deutschen Verantwortlichen (Hitler und Co.) sehe, da jemand, der einen Angriffskrieg führt, mit "unmoralischen" Gegenaktionen rechnen muss und dies für seine eigene Bevökerung billigend in Kauf nimmt.

Jetzt aber genug davon, der Tag ist noch viel zu schön um ihn mit einem solch furchtbaren Thema ausklingen zu lassen.

Bearbeitet von Pogopuschel, 11 Mai 2011 - 19:02.


#299 UdoTascher

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Geschrieben 11 Mai 2011 - 19:52

Und nein, ich bin keiner dieser Linken, der sonst mit seinen Autonomen Freunden Steine werfen geht.


Diese Info braucht's für mich eigentlich nicht, das würde ich bei Dir nie vermuten. :rofl1:
Ich denke auch nicht, dass die 900.000 Besucher der Wehrmachtsausstellung alles steinewerfende Altstalinisten und Kräuterbionade trinkende Rohrzuckerjunkies waren. :)

#300 Gast_Frank W. Haubold_*

Gast_Frank W. Haubold_*
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Geschrieben 11 Mai 2011 - 20:18

@ Pogo:

Es ehrt dich, dass du es versuchst, aber mit Menschen, die nicht willens oder in der Lage sind, mal einen Schritt zurückzutreten und die eigenen Standpunkte zu hinterfragen, ist jede Diskussion sinnlos.

Ist ja schön, daß Du mich so gut kennst, daß Du beurteilen kannst, ob ich meine Haltung hinterfrage oder nicht; ich würde mir eine derartige Beurteilung jedenfalls nicht anmaßen.

Aber in einem hast Du recht: Diese Diskussion ist sinnlos, denn die "Guten" sind nun einmal außerstande zu akzeptieren, daß sie unter den damaligen Umständen vielleicht gar nicht die Guten gewesen wären und daß ihre anmaßende Verurteilung von Menschen, die keine Möglichkeit zur rückblickenden Geschichtsbeurteilung hatten, einfach nur schäbig ist. Daß ich damit nicht Hitler und seine Spießgesellen meine, sollte eigentlich klar sein, abr wer weiß ...

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