Was bleibt denn von Autoren wie Peter Terrid, Marianne Sydow oder Robert Feldhoff jenseits der Serien, an denen sie mitgewirkt haben? Und hätten sie eine unverwechselbare, von einer Serie unabhängige erfolgreiche Karriere erreicht, wären sie nicht bei PR oder Mythor eingebunden gewesen?
Aber vielleicht wären sie nie regelmäßige Schreiber geworden, wenn es kein Atlan oder Terra Astra gegeben hätte.
Was mir (von Rhodan und Atlan) bleibt, sind (manchmal) nette mails von Lesern, die mich (noch) nicht vergessen haben.
Im übrigen wird ja normalerweise niemand Autor, weil einem andere das vormachen, sondern weil man halt den Kopf voller Geschichten hat. Und weil das zu viele Geschichten sind, als das man sie alle im Kopf behalten könnte, fängt man an, sie aufzuschreiben. Ich habe mir Geschichten ausgedacht, solange ich denken kann. Seit meiner ersten Bekanntschaft mit der SF kam mir bei all meinen Geschichten früher oder später ein Außerirdischer dazwischen. Regelmäßige Schreiberin bin ich seit meinem 12. Lebensjahr - ich konnte für die Serien arbeiten, weil ich eh an regelmäßiges Schreiben gewöhnt war, nicht umgekehrt. Und nein: ich sehe nicht die geringste Chance, daß mein emsiges Unterbewußtsein vor meinem von der Natur vorgegebenen Verfallsdatum aufhören wird, mich mit Geschichten und Ideen vollzuballern. Mein Problem ist im Moment, daß ich keine Zeit zum Schreiben habe - weil ich Geld verdienen muß, was nach meinen bisherigen Erfahrungen mit der Schreiberei einfach nicht im nötigen Umfang möglich wäre.
Es gab eine Zeit, in der ich ernsthafte Versuche machte, von PR wegzukommen. Um das, was dann geschah, zu erklären, müßte ich Namen, Verlage und Zahlen nennen. Danach würde dieser Thread geschlossen. Also lasse ich es.
Zu PR: eine Japanerin sagte mir mal, sie verstehe die Deutschen nicht. Perry Rhodan ist die größte Science Fiction-Serie der Welt - wäre die in Japan herausgekommen, von Japanern ausgedacht und geschrieben, wäre das ganze Land stolz darauf, und die Autoren wären bekannt und geachtet und hätten es nicht nötig, ein so popeliges Leben in einem so popeligen Haus zu führen, wie sie das bei mir besichtigen konnte (sie drückte sich natürlich etwas höflicher aus). Auch die Amerikaner hätten inzwischen sicher mehr daraus gemacht. Wäre Rhodan ein französisches Erzeugnis, wäre die Serie selbstverständlich Kunst und ein nationales Denkmal. In Deutschland war, ist und bleibt sie Schund. Genau wie "Der Luftpirat und sein lenkbares Luftschiff" - das war die
erste echte SF-Serie der Welt, und die ist
auch in Deutschland erschienen (und mit 165 Heften auch keine Mini-Serie!). Ist das nicht toll? Wir haben die erste und die größte - eine wirklich tolle Tradition. Könnten wir doch gut ein bißchen stolz drauf sein! Was gibt´s da noch zu meckern?
Daß es Heftromane sind? Nun: die Hefte waren eine preiswerte Alternative zu den viel teureren Büchern, die für viele Leute einfach nicht erschwinglich waren. Leser, richtige Leser, brauchen mehr als die zwei Bücher, die sie sich zu Weihnachten oder zum Geburtstag wünschen durften. Ein richtiger Leser will Lesefutter haben, reichlich, massenhaft, für stundenlanges Abtauchen in eine andere Welt. "Lesefieber" nannte man das und tat alles, um es zu unterbinden, denn es war dem Arbeitseifer am Fließband und der Bereitschaft zum soldatischen Exerzieren nicht eben förderlich, und es weckte Sehnsüchte nach einem anderen, interessanteren Leben - auch nicht gut für die Arbeit im Hammerwerk oder unter Tage.
Nicht alles, was in Heftform produziert wurde, war schlecht. Unter anderem erschienen so ziemlich alle revolutionären Schriften und Aufrufe erstmal in der billigen, leicht zu verteilenden Form von Flugblättern und Heften. Und landete damit natürlich auch nicht auf der Hitliste der staatlicherseits erwünschten Lektüre.
Weil es so mühsam war, das alles auseinanderzusortieren, schüttete man schon um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert alle Hefte in eine gemeinsame Tonne mit der Aufschrift "Untergeistige Literatur" und hielt ein Streichholz dran, womit das dann alles Asche war. Weg mit den Träumen von einem anderen, schöneren, leichteren, interessanteren, gerechten Leben - weg mit allem, was der Obrigkeit nicht gefiel. Man sammelte dieses widerwärtige Zeug ein, wo immer man es finden konnte und vernichtete es mit Stumpf und Stiel.
Das war natürlich der beste Dienst, den man den "Schundverlagen" erweisen konnte. Die kulturelle Oberschicht hat seit jeher versucht, der schwer schuftenden Unterschicht alles zu vermiesen, was Spaß machte. Wenn also die Oberschicht so wild hinter den Heften her war, mußte ja wohl was an den Dingern dran sein. Und so wurden die armen, kleinen, verfolgten Schunddingerchen an allen Orten heimisch, wo man ein klein wenig Abwechslung bitter nötig hatte: in Krankenstuben, in den Unterkünften der Dienstmädchen, in den Kasernen und natürlich in den Schulen. Daraus entwickelten sich die drei deutschen Meinungskonstanten in Sachen Heftliteratur: 1. Hefte sind schlecht. 2. Hefte sind interessant. 3. Für den Besitz von Heften sollte man sich besser vorbeugend schon mal schämen, sie verstecken und in der U-Bahn dem pikiert dreinblickenden Sitznachbarn sofort erklären, daß man sowas sonst nicht liest - "Ich hab das nur grad so gefunden, und da dachte ich mir, ich schau doch mal rein..." - Damals, vor über 100 Jahren, stand in manchen Zeitungsläden extra ein Papierkorb, damit die besseren Herren den bunten "Nick Carter"-Umschlag darin entsorgen konnten, ehe sie mit dem nunmehr neutraler wirkenden Schriftblock ihre Straßenbahn entern konnten.
Irgendwie ist da kollektiv bei uns Deutschen was hängengeblieben. Es gibt immer wieder Leute, die ganz ernsthaft und streitbar behaupten, sie hätten wirklich nie-nie-niemals in ihrem Leben einen Heftroman auch nur angefaßt, geschweige denn auch nur eine Zeile darin gelesen. Ich kenne auch eine ganze Menge Männer (mein verstorbener Gatte gehörte dazu) die mit ebenso großem Ernst versichern, daß sie absolut überhaupt nichts mit Pornos anfangen können - wie kann man sich sowas ansehen, nein, nein und nochmal nein. (Und in einem Loch neben der Straße sitzt ein kleiner Hobbit...)
Perry Rhodan hat die SF-Szene
nicht zerschossen. Aber im Moment scheint sich manch einer aus der SF-Szene zu bemühen, die Rhodan-Serie zu zerschießen...
Edit: Dreckpfuhler
Bearbeitet von Marianne Sydow, 24 April 2011 - 20:59.