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Wie aktuell ist die aktuelle SF?


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82 Antworten in diesem Thema

#1 Pogopuschel

Pogopuschel

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Geschrieben 20 Juni 2011 - 17:59

Wie aktuell ist die aktuelle Science Fiction Literatur? Gibt es neben Space Operas und Co. auch noch aktuelle Neuerscheinungen, die brisante und aktuelle Themen aufgreifen? Wenn ja, welche? Als Beispiel nenne ich mal die beiden Bücher »Daeomon« und »Darknet« von Daniel Juarez, die man auch als ein Werk betrachten kann. »Daemon« beginnt mit dem Tod des »Oberlump«, der mit seinem Tod einen Daemon in Gang setzt. Das ist eine Art Computerprogram/Virus/Bot der sich über das Internet ausbreitet, Computer unter seine Kontrolle bringt und eine Reihe von gescripteten Ereignissen in Gang setzt. Dieser Daemon agiert vollkommen unabhängig von lebenden Menschen und scheint Fight Club mäßig eine Armee aufzubauen. Hier verschwimmen die Grenzen zwischen Virtualität und Realität. Ein Computerprogramm agiert vollkommen autonom und hat teilweise massive Auswirkungen auf Menschen und deren Leib und Leben. Hintergrund ist, dass wir nur in einer vermeintlichen Freiheit leben, in Wirklichkeit aber von einem System gesteuert werden, das sich verselbständigt hat und ohne moralische Instanzen agiert. Ein System, das unter allen Umständen versucht, einen Ausbruch aus Selbigem zu verhindern.Eine Gruppe, die sich zusammentut, um vollkommen autark, auf technisch hohem Niveau, vom vorherrschenden Wirtschaftssystem zu leben, wird gnadenlos attackiert. Juarez zeigt sehr glaubhaft ein System, in dem die Politik Schritt für Schritt ihre macht an Wirtschaftsunternehmen abgibt. Beispiel: private Militärfirmen (siehe Blackwater), outgesourcte nachrichtendienstliche Tätigkeiten, Lobbyisten in sämtlichen Ausschüssen und Beratungsgruppen usw. Die Menschen haben längst die Kontrolle verloren, ohne es zu merken. Multinationale Konzerne müssen sich nicht an nationale Gesetze halten und agieren wie Psychopathen (siehe die sehr sehenswerte Doku »The Corporation«). Saatgut wird genmanipuliert, patentiert, auf Versuchsfeldern angebaut, verteilt sich auf benachbarte Felder von Bauern und verändert deren Erbgut (das des Saatguts, Mais z.B.). Dann kommen die Genmaiskonzerne und verklagen den Bauern wegen Patentrechtsverletzung. Auch Saatgut, das seit Jahrhunderten angebaut wird, wird patentiert. Was Juarez Bücher so besonders macht, ist die Aktualität und der Realismus seiner technischen Beschreibungen. Das ist fast alles plausibel und nach heutigem technischen Stand möglich (so weit ich das beurteilen kann). Im Darknet verschwinden die Grenzen zwischen Realität und Computerspiel. Mit sogenannten Hud-Brillen sind die Mitglieder ständig mit dem Netz verbunden, können die Namen anderer Mitglieder und deren Fähigkeiten-Level sehen und diese bewerten. Information über Mitmenschen, Firmen und Sonstiges sind praktisch in Echtzeit verfügbar und durch den Daemon auch manipulierbar. Die Konzerne wiederum versuchen die Menschen in Unsicherheit und Panik zu versetzten, um durch restriktive Maßnahmen mehr Kontrolle zu erlangen (man denke nur an die Bedrohungsskala in den USA oder die oft hysterische Medienberichterstattung). Für mich ist »Daemon/Darknet« eine der aufregendsten SF-Neuerscheinungen der letzten Jahre. Die Themen sind alle schon irgendwie aus anderen Romanen bekannt, aber auf diese konsequente und realistische/beängstigende Weise, habe ich sie noch nicht umgesetzt gesehen. Einschränkung zum Realismus: Im Actionbereich übertreibt der Roman an der ein oder anderen Stelle sicher, aber das macht in nur noch unterhaltsamer, trotzdem regt er sehr zum Nachdenken an. Ich möchte in diesem Thread am nicht den Roman im speziellen diskutieren, sondern seine brisanten Themen, bzw. auch andere aktuelle Bücher, die diese oder andere Themen aufgreifen. Hier noch mal zur Diskussionsanregung einige brisante Themen aus »Daemon/Darknet«: †¢ System hat sich verselbstständigt, ohne, dass noch jemand weiß/kontrollieren kann, wo es hinsteuert †¢ Algorithmen und Computersysteme übernehmen immer mehr Kontrolle (siehe Aktienhandel) †¢ Multinationale Konzerne agieren jenseits jeglicher nationaler Gesetzgebung und Kontrolle, und zwar ohne jegliches moralisches Handeln (systembedingt) †¢ Selbstständigkeit und Unabhängigkeit vom System ist unerwünscht und wird von diesem als gefährlich eingestuft und verhindert (Konsumenten sollen gefälligst weiter kaufen) †¢ Alles wird kommerzialisiert, auch die Natur (Privatisierung der Wasserversorgung usw.) und das menschliche Leben (siehe Patentierung von Saatgut, Erbgut usw.) Ich denke, das reicht für den Anfang erstmal. Ich bin kein Verschwörungstheoretiker, aber die Anzeichen einer solchen Entwicklung sind kaum noch zu übersehen. Ein Roman wie „Daemon“ kann da durchaus zum nachdenken anregen und dazu sich weiter mit diesen Themen zu beschäftigen.

Bearbeitet von Pogopuschel, 20 Juni 2011 - 18:00.


#2 Henrik Fisch

Henrik Fisch

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Geschrieben 20 Juni 2011 - 18:55

... Hier noch mal zur Diskussionsanregung einige brisante Themen aus »Daemon/Darknet«:
†¢ System hat sich verselbstständigt, ohne, dass noch jemand weiß/kontrollieren kann, wo es hinsteuert
†¢ Algorithmen und Computersysteme übernehmen immer mehr Kontrolle (siehe Aktienhandel)
†¢ Multinationale Konzerne agieren jenseits jeglicher nationaler Gesetzgebung und Kontrolle, und zwar ohne jegliches moralisches Handeln (systembedingt)
†¢ Selbstständigkeit und Unabhängigkeit vom System ist unerwünscht und wird von diesem als gefährlich eingestuft und verhindert (Konsumenten sollen gefälligst weiter kaufen)
†¢ Alles wird kommerzialisiert, auch die Natur (Privatisierung der Wasserversorgung usw.) und das menschliche Leben (siehe Patentierung von Saatgut, Erbgut usw.)
...

Tja, ich kann da leider überhaupt nicht mit diskutieren. Schlichtweg einfach, weil ich ALLE Argumente nachdrücklich bejahen und rot unterstreichen würde.

Aber den Roman muss ich mir, glaube ich, mal ansehen.

Bis dennen,
Henrik
Gerade fertig gelesen
Gregory Benford, Larry Niven, "Himmelsjäger"
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Gregory Benford, Larry Niven, "Sternenflüge"
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Serie "Mad Men"

#3 Pogopuschel

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Geschrieben 20 Juni 2011 - 19:17

Tja, ich kann da leider überhaupt nicht mit diskutieren. Schlichtweg einfach, weil ich ALLE Argumente nachdrücklich bejahen und rot unterstreichen würde.

Aber den Roman muss ich mir, glaube ich, mal ansehen.

Bis dennen,
Henrik


Ein mögliches Diskussionsthema wäre: Was kann man dagegen tun?
In den beiden Romane "Daemon" und "Darknet" wird eine Möglichkeit* gefunden, aber die möchte ich hier jetzt nicht spoilern.



*Wobei diese Möglichkeit auch sehr umstritten ist, da sie nicht ohne Verluste daherkommt (Stichwort: Feuer mit Feuer bekämpfen um langfristig eine Verbesserung zu erreichen) und auf der Kippe steht, ob sie demokratisch oder autoritär endet.

#4 Henrik Fisch

Henrik Fisch

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Geschrieben 20 Juni 2011 - 19:44

Die Systeme sind darauf aus, Geld und Macht auf einige Wenige zu konzentrieren. Das geht so lange gut, wie es den Massen immer noch gut geht. Doch irgend wann kippt das System und man hat einen Krieg/Bürgerkrieg, der abstrakte Definitionen wie »Patente« und »Gesetze« außer Kraft setzt. Wenn danach noch genug Menschen übrig sind, dann geht alles wieder von vorne los. Wenn nicht: Tja, dann hat sich eine Zivilisation ausgelöscht. Genau genommen war das in der menschlichen Geschichte bisher immer so. Jetzt kann das ja mal auf einen ganzen Planeten zutreffen. Ich sehe das Problem allerdings nicht sooo tiefschwarz. Ich finde sogar ganz im Gegenteil, dass wir alle, jeder von uns, sehr sehr viele Möglichkeiten zur Einflussnahme haben: Zunächst gibt es Organisationen, die sich genau dieser Probleme annehmen und auf sie aufmerksam machen. Ich denke da an diverse Umweltverbände, ATAC, Greenpeace. Dann hat jeder Bürger hier in Deutschland schon vom Grundgesetz her die Möglichkeit sich Politisch zu engagieren. Wir haben im Gesetz verankerte Volksabstimmungen. Wir dürfen sogar demonstrieren! Und wir haben immer noch die Wahlen. Wer bei letzterer Möglichkeit verächtlich prustet, den mag ich an das Ergebnis der letzten Landtagswahl in Baden-Württemberg erinnern, der wir den ersten grünen Ministerpräsidenten verdanken. Und das sind nur die Möglichkeiten, die mir spontan einfallen. Wenn ich mir so ansehe, was auf Deutschlands Straßen in letzter Zeit so los ist, dann habe ich das Gefühl, dass das eine sehr aufgeweckte interessierte Generation anmarschiert kommt. Bis dennen, Henrik

Bearbeitet von Henrik Fisch, 20 Juni 2011 - 19:58.

Gerade fertig gelesen
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#5 Beverly

Beverly

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Geschrieben 20 Juni 2011 - 19:59

Ich habe so oft das Gefühl, selbst in einem schlechten resp. dystopischen SF-Roman zu leben, dass ich keine große Lust auf Romane habe, die diesen "Roman" nur wiederspiegeln resp. fortschreiben. Beim Schreiben und Überarbeiten eines eigenen Romans, der in der nahen Zukunft spielt, hatte ich oft das Gefühl, von der Wirklichkeit - im negativen Sinne - eingeholt und überholt zu werden. Ohne Trash, Transen und Umsturz noch und nöcher hätte ich da nicht gegenhalten können. Aber das soll keine Verwerfung von Literatur sein, die sich mit der Gegenwart auseinandersetzt. Ich bin der Meinung, dass das, was vor dreißig Jahren noch "Nahe Zukunft" war, heute als Gegenwartsliteratur zu schreiben und zu verstehen ist. Ich denke da an "Der letzte seiner Art" von Andreas Eschbach und "Ghost" von Robert Harris. Für mich zwei recht ähnliche Werke, die mich gleichermaßen gut unterhalten haben. Was da für ein Label draufsteht, ist nicht so wichtig. Hauptsache, es ist spannend, schnell und hart geschrieben. Die Welt, die da behandelt wird, ist so trostlos, dass ihre Reflexion - zumindest bei mir - keine Längen verträgt.

#6 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 20 Juni 2011 - 23:25

Vorab ein Bauchgefühl zur Threadfrage: Viele aktuellere SF-Romane, die ich vor die Brille kriege, (i) langweilen mich bzw. (ii) sind einfach zu lang (now go to i). Daher tendiere ich eher zum Lesen von verpassten Klassikern (momentan This Immortal von Zelazny).

Aber es gibt im Schnitt so 1-2 Mal im Jahr Ausnahmen: Teile des Eingangsposts erinnern mich an Max Barrys 8 Jahre altes Logoland, der von der Idee her sehr gut war, und die kommerzielle Übernahme krass-lustig extrapoliert, aber in der Ausführung des Romans dann doch etwas besser hätte sein können; wieder so ein Roman, wo man das Gefühl hat, der Autor wollte eigentlich gut bezahlter Drehbuchschreiber werden, aber da klappte es dann nicht also wurde zurückgeschaltet aufs Romane schreiben... Insofern sind die von dir, Pogo, vorgestellten Bücher natürlich interessant.

Allerdings nervt mich diese ewige Kapitalismuskritik und Wahrnehmung der Welt als Dystopie je älter ich werde, um so mehr. Den meisten Leuten, denen ich begegne, und die 2-3 Länder die ich ein wenig kenne, bei zeitnahen Besuchen, wirken als ob sie an einem besseren Platz wären als vor z.B. 30 Jahren. Und trotzdem soll alles viel schlimmer sein als vorher... Vielleicht werden wir heutzutage einfach nur über den (m.E. noch immer nur punktuellen) Zustand des Planeten einfach viel öfter informiert als früher, so dass alles schlimmer wirkt? (Immerhin müssen die Zeitungen und Nachrichtensendungen auch was tun, damit jemand sie noch konsumiert.)

Mich würde also eigentlich mal eine Vision der Menschen der nicht all zu fernen Zukunft - sagen wir, ab 10 Jahren bis maximal 200-300 Jahren - interessieren, die (auch positive) neue Entwicklungen verfolgt - also Dinge, die die Welt bzw. unser Leben stark verändern, und so ein neues "Blatt" aufschlagen. In etwa so wie TV-Serien wie Raumpatrouille und Star Trek ganz am Anfang wirkten. Oder auf der "E-Lit"-Seite, Romane wie Stephensons Diamond Age, McHughs ABC Zhang oder (älter) Brunners Sheep Look Up.

P.S.: Persönlich suche ich noch nach einer aktuellen als Roman umgesetzten Entwicklung einer baldigen Luddistischen Revolution. Sozusagen DAS Prequel zu Dune... :rolleyes:

/KB

Yay! KI-generiertes SF-Zitat Ende November...
"In the sprawling city forums of the galaxy, where chaos reigns and time flows differently, true power is found not in dominance, but in moderation. The wise use their influence to temper ambition with reason, and chaos with order."

(Auf Bing.de generierter Monolog von der Copilot-S/W - die ich hiermit NICHT bewerbe! - nach Aufforderung nach einem "s.f. quote" mit einem bestimmten Wort darin; ich ersetzte nur das 4. Wort mit "city forums")


#7 †  a3kHH

†  a3kHH

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Geschrieben 20 Juni 2011 - 23:53

P.S.: Persönlich suche ich noch nach einer aktuellen als Roman umgesetzten Entwicklung einer baldigen Luddistischen Revolution. Sozusagen DAS Prequel zu Dune... :rolleyes:

Vielleicht findest Du hier etwas : http://forums.spaceb...ad.php?t=121484

#8 alexandermerow

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Geschrieben 20 Juni 2011 - 23:56

Für mich ist »Daemon/Darknet« eine der aufregendsten SF-Neuerscheinungen der letzten Jahre.


Das klingt in der Tat interessant. Die dort bearbeiteten Themen halte ich auch für sehr aktuell.

Bearbeitet von alexandermerow, 21 Juni 2011 - 00:00.

"Jedes Zeitalter strahlt am hellsten vor seinem Untergang!"
www.alexander-merow.de.tl
https://www.thalia.d...ID33696499.html

https://www.thalia.d...D143787146.html

  • (Buch) gerade am lesen:Timothy Zahn - Der Zorn des Admirals
  • • (Film) gerade gesehen: Black Mass
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#9 Pogopuschel

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Geschrieben 21 Juni 2011 - 00:24

Allerdings nervt mich diese ewige Kapitalismuskritik und Wahrnehmung der Welt als Dystopie je älter ich werde, um so mehr. Den meisten Leuten, denen ich begegne, und die 2-3 Länder die ich ein wenig kenne, bei zeitnahen Besuchen, wirken als ob sie an einem besseren Platz wären als vor z.B. 30 Jahren. Und trotzdem soll alles viel schlimmer sein als vorher... Villeicht werden wir heutzutage einfach nur über den (m.E. noch immer nur punktuellen) Zustand des Planeten einfach viel öfter informiert als früher, so dass alles schlimmer wirkt? (Immerhin müssen die Zeitungen und Nachrichtensendungen auch was tun, damit jemand sie noch konsumiert.)


Ich halte die Kapitalismuskritik für gerechtfertigt. Nicht, dass er generell schlecht ist und das er nur Schlechtes hervorgebracht hat. Ich denke auch, dass es einem nicht unbeträchtlichen Teil der Welt besser geht, als je zuvor------ noch. Wie bei jeder Zivilisation, die Fortschritt betreibt, handelt es sich um ein fragiles System, das auf der Kippe steht. Noch geht es uns besser als je zuvor. So ging es auch den Rapa Nui auf den Osterinseln*, bis der Raubbau alle Ressourcen verbraucht hat. Dann gab es Kriege, Hungersnöte und schließlich den Untergang. Lassen wir den Kapitalismus, dieses System, weiter machen wie bisher - und es wird immer schlimmer werden, da es dank Computertechnologie etc. immer amoralischer wird - dann steht auch unsere Zivilisation auf der Kippe.
Es geht nicht darum, alles schlecht zu machen, was bisher erreicht wurde. Sondern darum, es zu bewahren. Kritik hält wachsam. Ohne Regulierung wird es aus dem Ruder laufen, weil sich niemand verantwortlich fühlt. Irgendwann wird niemand mehr verstehen, wie das System funktioniert, weil es zu kompliziert und undurchsichtig geworden ist (siehe die Finanzderivate, die mit zur Finanzkrise beigetragen haben oder die Aktien, die in Bruchteilen von Sekunden von Algorithmen gekauft und wieder verkauft werden). Und dann kann es niemand mehr stoppen. Bis zum Crash.







*Kleiner Lesetipp zu dieser Thematik: »Collapse: How Societies Choose To Fail Or Succeed http://frankboehmert...-schicksal.html

#10 Pogopuschel

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Geschrieben 21 Juni 2011 - 01:03

Kleiner Nachtrag:

Die Kluft zwischen Arm und Reich ist in den letzten 50 Jahren immer weiter auseinandergegangen. Dabei gibt es ein erhebliches Nord-Südgefälle. Egal, nach welcher Methode Armut gemessen wird (z.B. pro Kopf Einkommen, Kaufkraftparität, Human Development Index, Human Poverty Index usw.).

Ein konkretes ( auch Berliner) Beispiel für die Verschlechterung durch Kapitalismus/Kommerzialisierung: Die Privatisierung der Wasserversorgung.
In Frankreich wurde ein Großteil der Wasserversorgung privatisiert. Seitdem sind die Preise rapide angestiegen und die Qualität rapide gesunken, weil Investitionen zur Instanthaltung extrem gekürzt wurden. Und das Beste, die Konzerne (allen voran Veolia, die auch in Berlin mit drinhängen) mussten noch nicht mal für die Übernahme der Stadtwerke zahlen. Das muss durch einige Trickserei der Steuerzahler. Die fahren also Gewinner ein, ohne vorher irgendeine Eigen- bzw. Geldleistung gebracht zu haben (dann geklüngelter Verträge)*. Nach erheblichen Protesten und Gerichtsurteilen (wegen sittenwidrigen Verträgen und Koruption) kam es zu einer Rekommunalisierungswelle und die Preise sanken wieder.
Trotzdem wollen in Deutschland immer noch Kommunen diese sogenannten PPPs (Public Private Partnerships) eingehen, die für dien Konzerne Gelddruckmaschinen sind. Gewinne werden privatisiert, Verluste trägt die Öffentlichkeit.



* Ich muss morgen nochmal genauer nachlesen, wie das mit der Trickserei war. Vor kurzem kam eine tolle Doku auf Arte zu dem Thema und der Rekommunalisierung der Wasserbetriebe: "Water makes Money" geheime Waserverträge (die Seite des Films)

#11 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 21 Juni 2011 - 07:24

:rolleyes: (die Augenbrauen waren ein doppeltes Ausrutscherle des Zeichners):

Die Kluft zwischen Arm und Reich ist in den letzten 50 Jahren immer weiter auseinandergegangen. Dabei gibt es ein erhebliches Nord-Südgefälle. Egal, nach welcher Methode Armut gemessen wird (z.B. pro Kopf Einkommen, Kaufkraftparität, Human Development Index, Human Poverty Index usw.).

Aber dieses Thema in seiner globalen Form*, zusammen mit dem Thema Welthunger, interessiert die Öffentlichkeit - und die kaufende SF-Leserschaft - kaum. Es gibt 20 Artikel zum angeblichen katastrophalen Klimawandel bevor es bei einem um Welthunger oder Maßnahmen zur Besserung der Armen weltweit geht. Die Thematik (insbes. Welthunger) ist eine, der ich persönlich ziemlich genau folge, und sehr dafür bin, dass da etwas verbessert wird. Aber im G&G sind wir EUronen da uninformiert, und m.E. eher uninteressiert.

(* Lokale Armut wirkt wohl meistens interessanter als globale, aber letztere ist m.E. wesentlicher, und oft auch schlimmer als z.B. Armut in Berlin. Vieles Wirtschaftliche, das heute lokal wirkt, hat globale Ursachen. Wenn also Stadtverwaltungen schlechte Deals mit Versorgern eingehen, liegt das evtl. an Etatdruck wg. sinkender Wirtschaftskraft der Region, die wiederum durch globalisierende Verschiebung der Arbeit beeinflusst wird. Globalisierung - die es m.E. schon lange gibt - ist aber auch immer eine Chance für Schwellenländer ihren Bevölkerungen mehr und besser bezahlte Arbeit zu besorgen. Sie führt zu einer - wahrscheinlich oft unmenschlich brutalen - Angleichung der Lebensverhältnisse. Wobei ich mir bewusst bin, dass sie auch vieles zerstört; da sollten EU-Bürger z.B. aufmerksamer darauf achten was in ihrem Namen von der EU mit ärmeren Ländern ausgehandelt wird, z.B. in punkto Zollabkommen und - punktuell - Fischereirechte an westafrikanischen Küsten.)

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#12 simifilm

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Geschrieben 21 Juni 2011 - 09:59

Ich halte die Kapitalismuskritik für gerechtfertigt. Nicht, dass er generell schlecht ist und das er nur Schlechtes hervorgebracht hat. Ich denke auch, dass es einem nicht unbeträchtlichen Teil der Welt besser geht, als je zuvor------ noch. Wie bei jeder Zivilisation, die Fortschritt betreibt, handelt es sich um ein fragiles System, das auf der Kippe steht. Noch geht es uns besser als je zuvor. So ging es auch den Rapa Nui auf den Osterinseln*, bis der Raubbau alle Ressourcen verbraucht hat. Dann gab es Kriege, Hungersnöte und schließlich den Untergang. Lassen wir den Kapitalismus, dieses System, weiter machen wie bisher - und es wird immer schlimmer werden, da es dank Computertechnologie etc. immer amoralischer wird - dann steht auch unsere Zivilisation auf der Kippe.
Es geht nicht darum, alles schlecht zu machen, was bisher erreicht wurde. Sondern darum, es zu bewahren. Kritik hält wachsam. Ohne Regulierung wird es aus dem Ruder laufen, weil sich niemand verantwortlich fühlt. Irgendwann wird niemand mehr verstehen, wie das System funktioniert, weil es zu kompliziert und undurchsichtig geworden ist (siehe die Finanzderivate, die mit zur Finanzkrise beigetragen haben oder die Aktien, die in Bruchteilen von Sekunden von Algorithmen gekauft und wieder verkauft werden). Und dann kann es niemand mehr stoppen. Bis zum Crash.


Ich denke, dass man - gerade für diesen Thread - zwischen zwei Dingen unterscheiden sollte: Dass es heute - wie zu jeder Zeit - viel zu kritisieren gibt am Lauf der Welt, steht ausser Frage. Und man darf und soll Unrecht kritisieren. Allerdings wird die Kritik in der Regel umso unpräziser und auch nutzloser je allgemeiner sie ist. Aber das wäre die rein politische Dimension, die mit der SF an sich mal nichts zu tun hat.

Die andere Frage ist die literarische Verarbeitung dieser Kritik, nenn wir das mal die ästhetische Dimension. Zweifellos gibt es seit längerem die Tendenz, immer wieder die gleichen Dystopie-Bausteine zu verwenden. Sehr viel ist hier seit Huxley und Orwell nicht dazu gekommen. Der grosse Unterschied vieler neuerer Dystopien im Vergleich zu den Urvätern ist wohl die Rolle der Wirtschaft, eben die Kapitalismuskritik: Sind es bei Huxley und Orwell noch der Staat, die herrschen, sind es heute meist anonyme Konzerne. Aber die Mechanismen der Überwachung, Kontrolle und Verdummung sind selten wirklich neu. In der Dystopie ist mittlerweile vieles zum Klischee verkommen, neue Ansätze sind rar.

Wenn man nun der Ansicht, dass gute SF immer beide Dimensionen - ästhetisch und politisch - abdecken muss (wovon ich keineswegs überzeugt bin), stellt sich das Problem, wie interessant ist es, wenn immer wieder die gleichen Bausteine verwendet werden. Können abgenudelte Dystopieklischees noch als Kritik funktionieren?

Signatures sagen nie die Wahrheit.

Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.

Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.

Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
 

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#13 Pogopuschel

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Geschrieben 21 Juni 2011 - 12:53

Die andere Frage ist die literarische Verarbeitung dieser Kritik, nenn wir das mal die ästhetische Dimension. Zweifellos gibt es seit längerem die Tendenz, immer wieder die gleichen Dystopie-Bausteine zu verwenden. Sehr viel ist hier seit Huxley und Orwell nicht dazu gekommen. Der grosse Unterschied vieler neuerer Dystopien im Vergleich zu den Urvätern ist wohl die Rolle der Wirtschaft, eben die Kapitalismuskritik: Sind es bei Huxley und Orwell noch der Staat, die herrschen, sind es heute meist anonyme Konzerne. Aber die Mechanismen der Überwachung, Kontrolle und Verdummung sind selten wirklich neu. In der Dystopie ist mittlerweile vieles zum Klischee verkommen, neue Ansätze sind rar.

Wenn man nun der Ansicht, dass gute SF immer beide Dimensionen - ästhetisch und politisch - abdecken muss (wovon ich keineswegs überzeugt bin), stellt sich das Problem, wie interessant ist es, wenn immer wieder die gleichen Bausteine verwendet werden. Können abgenudelte Dystopieklischees noch als Kritik funktionieren?


Ich habe »Daemone/Darknet« z.B. nicht als Dystopie gesehen, da der Roman auch einen Weg aufzeigt, wie sich der aktuelle Zustand verbessern liese. Es ist sozusagen der Weg von einer Dystopie hin zu einer Utopie (wenn auch keiner idealen).
Interessant finde ich es, wenn Romane eben auch Lösungsansätze präsentieren. Egal ob sie jetzt realistisch sind, oder nicht. Bei Juarez geht es eben um Möglichkeiten, die sich dank der technischen Entwicklung auftun. Und diese Verschmelzung aus Technischem und Sozialem habe ich so noch nicht oft gelesen.

#14 simifilm

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Geschrieben 21 Juni 2011 - 13:14

Ich habe »Daemone/Darknet« z.B. nicht als Dystopie gesehen, da der Roman auch einen Weg aufzeigt, wie sich der aktuelle Zustand verbessern liese. Es ist sozusagen der Weg von einer Dystopie hin zu einer Utopie (wenn auch keiner idealen).
Interessant finde ich es, wenn Romane eben auch Lösungsansätze präsentieren. Egal ob sie jetzt realistisch sind, oder nicht. Bei Juarez geht es eben um Möglichkeiten, die sich dank der technischen Entwicklung auftun. Und diese Verschmelzung aus Technischem und Sozialem habe ich so noch nicht oft gelesen.


Ich habe Darknet nicht gelesen; mein Post war vielleicht auch mehr eine Antwort auf yiyippeeyippeeyay Post, auf das Du geantwortet hast. Respektive, es ging mir unter anderem darum, die politische/kritische Stossrichtung von der literarischen zu trennen.

Dass sich Yiyippeeyippeeyay über die immergleiche Kapitalismuskritik nervt, kann ich ganz gut nachvollziehen. Letztlich würde ich behaupten, dass praktisch alle Punkte, die Du im Eingangspost aufführst, in der SF bereits seit Jahrzehnten verhandelt werden (selbständige Systeme und Computer, die die Kontrolle übernehmen, sind definitiv ein alter Hut. Die totale Kommerzialisierung ebenfalls. Mächtige multinationale Konzerne sind spätestens seit dem Aufkommen des Cyberpunks ein Topos).

Bearbeitet von simifilm, 21 Juni 2011 - 13:15.

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#15 Beverly

Beverly

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Geschrieben 22 Juni 2011 - 20:41

Allerdings nervt mich diese ewige Kapitalismuskritik und Wahrnehmung der Welt als Dystopie je älter ich werde, um so mehr. Den meisten Leuten, denen ich begegne, und die 2-3 Länder die ich ein wenig kenne, bei zeitnahen Besuchen, wirken als ob sie an einem besseren Platz wären als vor z.B. 30 Jahren. Und trotzdem soll alles viel schlimmer sein als vorher... Vielleicht werden wir heutzutage einfach nur über den (m.E. noch immer nur punktuellen) Zustand des Planeten einfach viel öfter informiert als früher, so dass alles schlimmer wirkt? (Immerhin müssen die Zeitungen und Nachrichtensendungen auch was tun, damit jemand sie noch konsumiert.)


An Kapitalismuskritik würde mich höchstens nerven, wenn sie als Mode mit zu wenig Tiefgang und Analyse zelebriert wird. Weil ich Apologien des Kapitalismus kaum nachvollziehen kann, scheint mir eine "Kritik der Kapitalismuskritik" besser. Schließlich hat es im 20. Jahrhundert mehr als genug Bestrebungen gegeben, aus dem Kapitalismus auszusteigen. Nur sind die gescheitert, ohne dass sich die Notwendigkeit zur Überwindung des Kapitalismus erledigt hätte.

Ohne in den Medien exzessiv nach Hiobsbotschaften zu suchen, weiß ich, wie mies das Leben vieler Menschen ist und ziehe daraus den Schluss, dass sich seit dem Zusammenbruch des Ostblocks im Großen und Ganzen nichts verbessert hat. OK, vor 1989 haben wir wegen Repression, Mauer und Stacheldraht den Kommunismus verdammt, bis er endlich perdü war. Das Nachfolgesystem hatte 22 Jahre Zeit, um zu zeigen, dass es besser ist. So "toll" wie die letzten 22 Jahre für viele Menschen waren, sagen ich: es hat seine Chance gehabt und sie verspielt. Noch 10-20 Jahre, dann ist Feierabend.

Ich korrigiere gerade einen Roman von mir, in dem es in 30 Jahren noch den Euro gibt. So "vielversprechend", wie sich die Euro-Zone gerade entwickelt, weil ich aber nicht, wie lange es ihn noch gibt und ob ich schon in wenigen Jahren den Roman wieder umschreiben muss.

Mich würde also eigentlich mal eine Vision der Menschen der nicht all zu fernen Zukunft - sagen wir, ab 10 Jahren bis maximal 200-300 Jahren - interessieren, die (auch positive) neue Entwicklungen verfolgt - also Dinge, die die Welt bzw. unser Leben stark verändern, und so ein neues "Blatt" aufschlagen. In etwa so wie TV-Serien wie Raumpatrouille und Star Trek ganz am Anfang wirkten. Oder auf der "E-Lit"-Seite, Romane wie Stephensons Diamond Age, McHughs ABC Zhang oder (älter) Brunners Sheep Look Up.


Es macht wenig Sinn, die Zuständen von heute in die Zukunft fortzuschreiben und das Ergebnis als Science Fiction zu etikettieren (Siehe meinen letzten Post). Wozu soll ich lesen, dass im Jahr 2311 statt 7 Milliarden 30 Milliarden Menschen auf der Erde ums Überleben kämpfen? Dann bin ich schon längst tot und nur deswegen nicht froh darüber, weil sich Tote nicht mehr freuen können. Du nennst die Anfänge von Star Trek als mögliche positive Vision für die nächsten Jahrzehnte. Nun ja, den Dritten Weltkrieg finde ich nicht so toll, aber danach geht es aufwärts. Aber das bedeutet doch, als Vision für die nahe Zukunft die Anfänge einer mehr oder weniger bombastischen Vision für die ferne Zukunft zu haben. Ein "weiter so" ist demnach in keinem Fall Grundlage für eine positive Zukunftsvision. Das habe ich bei der Lektüre von "Axis" gemerkt, wo die Menschheit zwar mit Wurmlöchern zu anderen Planeten reist, aber nichts Besseres zu tun hat, als dort Ableger der akuten US-amerikanischen Gesellschaft zu schaffen.

Es geht nicht darum, alles schlecht zu machen, was bisher erreicht wurde. Sondern darum, es zu bewahren. Kritik hält wachsam.


Ich verbinde das Positive an unserer Epoche mit dem Begriff "technische Zivilisation". Demzufolge nervt mich pauschale Wissenschafts- und Technikfeindlichkeit viel mehr als Kritik am Kapitalismus. Ärgernis Nr. 1: Gegner der Raumfahrt :thumb: Auch, weil ich mich viel mit Geschichte beschäftige, weiß ich, was wir der Technik zu verdanken haben. Vortechnische Zivilisationen gingen schon mit viel, viel weniger Menschen als heute an ihren Widersprüchen zugrunde.

Bearbeitet von Beverly, 22 Juni 2011 - 20:59.


#16 Jaktusch † 

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Geschrieben 22 Juni 2011 - 21:09

Ich korrigiere gerade einen Roman von mir, in dem es in 30 Jahren noch den Euro gibt. So "vielversprechend", wie sich die Euro-Zone gerade entwickelt, weiß ich aber nicht, wie lange es ihn noch gibt und ob ich schon in wenigen Jahren den Roman wieder umschreiben muss.


Über solche Aussagen stolpere ich immer wieder.
Schreibst du Romane oder futurologische Sachbücher oder beteiligst dich an Zukunftsvorhersage-Wettbewerben? Für die literarische Qualität eines Romans ist es vollkommen unerheblich, ob es den Euro in der Romanzeit noch gibt und in der realen Zukunft dann doch nicht; da muss nichts umgeschrieben werden...

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#17 Beverly

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Geschrieben 23 Juni 2011 - 10:26

Für die literarische Qualität eines Romans ist es vollkommen unerheblich, ob es den Euro in der Romanzeit noch gibt und in der realen Zukunft dann doch nicht; da muss nichts umgeschrieben werden...


Ja, viele Romane und Erzählungen von Philipp K. Dick spielen - aus seiner zeitlichen Perspektive - in einer nahen Zukunft, die von den Entwicklungen schon längst überholt wurde. Das tut ihrer Qualität tatsächlich keinen Abbruch.

Nur nimmt bei meinem Schreibprojekt der Euro als letztendlich gescheitertes Projekt eine Schlüsselstellung ein. Da ist es schon ein bisschen ... erstaunlich, dass er viel schneller und gründlicher scheitern könnte als ich es mir vorgestellt habe.

#18 Diboo

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Geschrieben 23 Juni 2011 - 10:30

Nur nimmt bei meinem Schreibprojekt der Euro als letztendlich gescheitertes Projekt eine Schlüsselstellung ein. Da ist es schon ein bisschen ... erstaunlich, dass er viel schneller und gründlicher scheitern könnte als ich es mir vorgestellt habe.


Trotz allem Alarmismus, den manch Schadenfroher jetzt gerne ventiliert, ist die Währungsunion weit von einem Scheitern entfernt. Man sollte den Lärm nicht so ernst nehmen.

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#19 valgard

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Geschrieben 23 Juni 2011 - 10:35

Trotz allem Alarmismus, den manch Schadenfroher jetzt gerne ventiliert, ist die Währungsunion weit von einem Scheitern entfernt. Man sollte den Lärm nicht so ernst nehmen.


Das denke ich auch!
Wobei man das auch mit "Gewalt" umsetzen und beibehalten wird.

Und auf Kosten wie immer der Gleichen ...

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#20 Diboo

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Geschrieben 23 Juni 2011 - 10:40

Das denke ich auch!
Wobei man das auch mit "Gewalt" umsetzen und beibehalten wird.


Ich erkenne nicht, welche Gewalt da anzuwenden wäre. Früher oder später wird es für Griechenland einen Schuldenschnitt geben. Das wird letztlich die Banken betreffen, die noch griechische Anleihen im Portfolio haben und die dann rekapitalisiert werden müssen. Das wird so 20 Mrd. Euro kosten, also Peanuts. Die deutschen Banken und Versicherer haben kaum noch was von dem Dreck in ihren Portfolios, es wird also keine direkten Konsequenzen geben. Die Frage ist ja eher, was mit Wackelkandidaten wie Portugal oder Irland passiert. Allerdings stehen die durchweg etwas besser da als Griechenland. Letztlich braucht die EU ein geregeltes Bail-out- und Konkurssystem. Das fehlt, davor hat man noch Angst, es ist aber letztlich unausweichlich. Aber manchmal müssen die Entscheidungsträger halt getrieben werden.

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#21 Beverly

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Geschrieben 23 Juni 2011 - 10:41

Wobei man das auch mit "Gewalt" umsetzen und beibehalten wird.

Und auf Kosten wie immer der Gleichen ...


In meinem Roman ("Das Kommen der Großen Schlage") geht es um das dicke Ende, das darauf folgt.

#22 valgard

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Geschrieben 23 Juni 2011 - 10:45

Ich erkenne nicht, welche Gewalt da anzuwenden wäre. Früher oder später wird es für Griechenland einen Schuldenschnitt geben. Das wird letztlich die Banken betreffen, die noch griechische Anleihen im Portfolio haben und die dann rekapitalisiert werden müssen. Das wird so 20 Mrd. Euro kosten, also Peanuts. Die deutschen Banken und Versicherer haben kaum noch was von dem Dreck in ihren Portfolios, es wird also keine direkten Konsequenzen geben. Die Frage ist ja eher, was mit Wackelkandidaten wie Portugal oder Irland passiert. Allerdings stehen die durchweg etwas besser da als Griechenland. Letztlich braucht die EU ein geregeltes Bail-out- und Konkurssystem. Das fehlt, davor hat man noch Angst, es ist aber letztlich unausweichlich. Aber manchmal müssen die Entscheidungsträger halt getrieben werden.

Warum hab ich wolh Gewalt in Anführungszeichen gesetzt?

So wie die EU ihre jetzige Politik betriebt ist sie weit davon weg Bürgerfreundlich zu sein.
In vielen Breichen.
Auf den Bürger wird sehr oft keine Rücksicht genommen.
Auch unter dem Vorwand das dieser nicht wisse was gut für ihn ist.

valgard
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#23 Diboo

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Geschrieben 23 Juni 2011 - 10:48

So wie die EU ihre jetzige Politik betriebt ist sie weit davon weg Bürgerfreundlich zu sein.


Was hat das mit der Währungsunion zu tun?
Tatsächlich halte ich die Einführung des Euros für eine der größten Errungenschaften in Bürgerfreundlichkeit überhaupt. Und den Erhalt desselben damit auch.

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#24 †  a3kHH

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Geschrieben 23 Juni 2011 - 10:57

Was hat das mit der Währungsunion zu tun?
Tatsächlich halte ich die Einführung des Euros für eine der größten Errungenschaften in Bürgerfreundlichkeit überhaupt. Und den Erhalt desselben damit auch.

:thumb: :thumb: :thumb:
Mehr zu sagen ist unnötig.

#25 Beverly

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Geschrieben 23 Juni 2011 - 18:32

So wie die EU ihre jetzige Politik betriebt ist sie weit davon weg Bürgerfreundlich zu sein.
In vielen Breichen.
Auf den Bürger wird sehr oft keine Rücksicht genommen.
Auch unter dem Vorwand das dieser nicht wisse was gut für ihn ist.

valgard


In den 1970ern hielt ich Die dunklen Jahre von John Brunner in den Händen. Das Thema: ein von Niedergang im Allgemeinen und Rechtsextremismus im Besonderen geprägtes Europa um das Jahr 2000. Das Buch brauchte ich wirklich nicht zu lesen, denn jetzt ist es Wirklichkeit geworden.

Was hat das mit der Währungsunion zu tun?
Tatsächlich halte ich die Einführung des Euros für eine der größten Errungenschaften in Bürgerfreundlichkeit überhaupt. Und den Erhalt desselben damit auch.


Bevor der Euro 2002 eingeführt wurde, war ich auch von ihm überzeugt - schon, weil man sich bei Geschäften im europäischen Ausland die blöde Umrechnerei sparte. Ich habe damals sogar "Starter-Sets" mit den kleinen Euro-Münzen zu Weihnachten verschenkt.
Kaum war der Euro da, kam der Satz: "Die Leute haben kein Geld mehr!" Dabei ist es geblieben :rolleyes: - er hat sich als Totgeburt erwiesen.

Bearbeitet von Beverly, 23 Juni 2011 - 18:38.


#26 Diboo

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Geschrieben 23 Juni 2011 - 18:50

In den 1970ern hielt ich Die dunklen Jahre von John Brunner in den Händen. Das Thema: ein von Niedergang im Allgemeinen und Rechtsextremismus im Besonderen geprägtes Europa um das Jahr 2000. Das Buch brauchte ich wirklich nicht zu lesen, denn jetzt ist es Wirklichkeit geworden.


Ich bin ja offenbar nicht auf dem Laufenden. Welches Land Europas wird derzeit gerade von "Rechtsextremismus geprägt"? Selbst, wenn ich mir Ungarn ansehe, so bin ich mir nicht sicher, ob ich Deiner Definition von "Prägung" - wie immer die aussehen mag - folgen kann. Oder hast Du einfach nur schlecht gefrühstückt?

Bevor der Euro 2002 eingeführt wurde, war ich auch von ihm überzeugt - schon, weil man sich bei Geschäften im europäischen Ausland die blöde Umrechnerei sparte. Ich habe damals sogar "Starter-Sets" mit den kleinen Euro-Münzen zu Weihnachten verschenkt.
Kaum war der Euro da, kam der Satz: "Die Leute haben kein Geld mehr!" Dabei ist es geblieben :rolleyes: - er hat sich als Totgeburt erwiesen.


Die Tatsache, dass DU kein Geld mehr hast, ist Dein Problem. Du musst, mal wieder, von Dir auf andere schließen. Ich kenne niemanden, dem es nach dem Euro schlechter geht als vorher. Aber ich glaube wirklich, dass Du schlecht gefrühstückt hast. Wirf Dir mal besser noch die Portion Flakes ein, Ballaststoffe sind wichtig.

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#27 valgard

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Geschrieben 23 Juni 2011 - 18:53

In den 1970ern hielt ich Die dunklen Jahre von John Brunner in den Händen. Das Thema: ein von Niedergang im Allgemeinen und Rechtsextremismus im Besonderen geprägtes Europa um das Jahr 2000. Das Buch brauchte ich wirklich nicht zu lesen, denn jetzt ist es Wirklichkeit geworden.



Bevor der Euro 2002 eingeführt wurde, war ich auch von ihm überzeugt - schon, weil man sich bei Geschäften im europäischen Ausland die blöde Umrechnerei sparte. Ich habe damals sogar "Starter-Sets" mit den kleinen Euro-Münzen zu Weihnachten verschenkt.
Kaum war der Euro da, kam der Satz: "Die Leute haben kein Geld mehr!" Dabei ist es geblieben :rolleyes: - er hat sich als Totgeburt erwiesen.


Das Buch hab ich auch noch im Regal stehen.

Der Grundgedanke eines vereinten Europas ist sehr gut!
Aber die Umsetzung läßt zu wünschen übrig.
Aufgeblähter Beamtenstaat, Entscheidungen über die Köpfe der Bürger hinweg und noch Vieles mehr.

valgard
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#28 UdoTascher

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Geschrieben 23 Juni 2011 - 19:01

In den 1970ern hielt ich Die dunklen Jahre von John Brunner in den Händen. Das Thema: ein von Niedergang im Allgemeinen und Rechtsextremismus im Besonderen geprägtes Europa um das Jahr 2000. Das Buch brauchte ich wirklich nicht zu lesen, denn jetzt ist es Wirklichkeit geworden.


Ich bin ja offenbar nicht auf dem Laufenden. Welches Land Europas wird derzeit gerade von "Rechtsextremismus geprägt"? Selbst, wenn ich mir Ungarn ansehe, so bin ich mir nicht sicher, ob ich Deiner Definition von "Prägung" - wie immer die aussehen mag - folgen kann.


Der Begriff "Prägung" trifft's nicht; für die These, dass sich Rechtsextremismus in Europa zunehmend ausprägt, d.h. ausweitet, spricht jedoch einiges.

#29 Diboo

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Geschrieben 23 Juni 2011 - 19:02

Aufgeblähter Beamtenstaat, Entscheidungen über die Köpfe der Bürger hinweg und noch Vieles mehr.


Das Demokratiedefizit der EU ist evident. Da bin ich mit Dir einig.
Das mit dem aufgeblähten Beamtenapparat hätte ich gerne erklärt. Woran genau machst Du das fest? Die EU hat grob 25.000 Beamte. Österreich - mit etwa 7 Mio. Einwohnern - runde 132.000. Die Bundesrepublik 2,1 Millionen. Definiere mir bitte mal aufgebläht, ich begreife es nicht.

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#30 Diboo

Diboo

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Geschrieben 23 Juni 2011 - 19:04

Der Begriff "Prägung" trifft's nicht; für die These, dass sich Rechtsextremismus in Europa zunehmend ausprägt, d.h. ausweitet, spricht jedoch einiges.


Erzähl. Und ich hätte gerne, dass Du tatsächlich über Rechtsextremismus redest, nicht darüber, dass jemand aus Versehen konservativ ist und das Dir möglicherweise nicht in den Kram passt. Bleiben wir bei der Benutzung der Begriffe sauber, ja?

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