Dirk, Du hast zwar nicht unrecht mit Deinen Ausführungen, dennoch muß es moralische Grenzen geben.
Jaja. Aber eben nicht für jeden, in jedem Falle und in jedem Maße.
Das habe ich zu erklären versucht. Moralische Elemente spielen sicher eine Rolle in der Politik, etwa bei Regimen, die besonders massiv und brutal gegen ihre Bevölkerungen vorgehen. Welche Aktionen sich aus diesen moralischen Bewertungen ergeben, hängt aber eben von zahlreichen anderen Faktoren ab, die wiederum ebenfalls moralisch sein können oder eben auch nicht (oder auf der Basis unterschiedlicher Moralvorstellungen entwickelt werden). Und je nachdem, wie diese Konstellation aussieht, wird dort mal interveniert, dort einmarschiert und da mal nichts gemacht außer mit dem Zeigefinger gewackelt. Und dazu kann man dann jeweils - individuell - mal so oder so stehen.
Wichtig ist einfach, darauf hinzuweisen, dass Empörung über dieses oder jenes meist eine relativ schwache Kraft ist, wenn sie nicht ein Bündnis eingeht mit anderen Interessen. Wenn z. B. die Empörten einen Präsidenten finden, der innenpolitisch nicht so tolle aussieht und wiedergewählt werden will. Dann findet die Empörung einen Bundesgenossen, der möglicherweise aus falschen Gründen das Richtige tut. Usw.
Es ist leicht, über internationale Politik mit schwarz-weiß-Konnotationen zu reden, weil es unsere Welt sehr simplifiziert. Interessanterweise ist bei vielen Aktionen keiner der "Gute", was es einem dann erschwert, eine eindeutige Stellung zu nehmen. Ghaddafis Sturz jetzt für eine moralinsaure Vendetta gegen die böse NATO zu instrumentalisieren, ist so ein Fall, denn auch damit wird, wie immer, nur ein begrenzter Ausschnitt herausgepickt, der wiederum nur zur Emotionalisierung missbraucht wird. Das sind so Diskussionen, die ich als Politikwissenschaftler gerne vermeide, weil sie bereits vor der Analyse beim Austausch von Glaubensbekenntnissen stehen bleiben. Langweilig.
Bearbeitet von Diboo, 26 August 2011 - 13:26.