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Fügt der "Labelwahn" der Phantasik Schaden zu?


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81 Antworten in diesem Thema

#1 Martin Stricker

Martin Stricker

    Jawasdennjetztfüreinnaut

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Geschrieben 15 Januar 2012 - 16:08

Im Thread zur Clockpunk-Anthologie "Uhrwerk Venedig" bin ich auf folgende Aussage gestoßen:

Ich reg mich auf, weil dieser Labelwahn der Phantastik so enormen Schaden zufügt.

Es ging darum, daß die Anthologie als "Clockpunk" bezeichnet wurde und nicht einfach nur als Phantastik. Stimmt diese Aussage, und wenn ja, wieso?

Ich finde möglichst genaue (Sub-)Genrebezeichnungen sehr hilfreich (solange sie zutreffend sind, Etikettenschwindel ärgern mich sehr), da ich damit gezielter suchen und kaufen kann. Ich hasse Verlage, die ihre SF-Titel im Gemischtwarenladen ihrer "Allgemeinen Reihe" verstecken - wie soll ich die da finden? <_<

Welche Gründe sprechen denn gegen eine klare Einordnung von Büchern in ihr Genre bzw. ihre Genres?

#2 yiyippeeyippeeyay

yiyippeeyippeeyay

    Interstellargestein

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Geschrieben 15 Januar 2012 - 16:45

Auf Anhieb, dass es sich nicht wirklich um eine Hilfe für Fans handelt, sondern m.E. nur eine Methode für Buchhändler & Verlage ihre Sachen "besser" zu platzieren. Leider lassen sich Fans oft sehr darauf ein, und diskutieren dann endlos darüber, ob ein bestimmtes Werk dem einen oder anderen Genre zugeordnet werden kann (ist oft genug hier im SFN passiert).

Anstatt dessen wäre eine inhaltliche Besprechung m.E. wichtiger. Stil, typische "plot devices" oder bemerkenswerte Storylines fände ich viel interessanter anstatt Aufhängung an irgendwelchen "gadgets" oder sonstigen Mitbringseln (Schwerter, z.B.).

Letztendlich leidet die verdiente gute Bewertung alter oder neuer Schreibe oft daran, dass sie in kein Schema passt, und deshalb von Fans gar nicht erst wahr genommen wird. (Ich halte z.B. Anthem von Ayn Rand für SF. BItte nicht all zu laut lachen.) Außerdem werden gelegentlich erfolgreiche Autoren als Nonplusultra eines Genres dargestellt, und prägen damit dieses Genre auf einem evtl. zweifelhaften Niveau.

Mich persönlich interessieren meistens eh die AutorInnen. Wenn ich ein interessantes Buch von X gelesen habe, suche ich nach mehr von X.

/KB

Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.

Da ergriff eins der kleinsten das Wort:

"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,

dann wünschen wir einfach mit Willen

die Wünsche-Erfüllung fort!"

Sie befolgten den Rat und von Stund an war

wieder spannend das Leben und heiter.

Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr

und vielleicht gar ein wenig gescheiter.

(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)


#3 Pogopuschel

Pogopuschel

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Geschrieben 15 Januar 2012 - 16:47

Ich kann Jakobs Aussage gut nachvollziehen. Ich finde dieses zwanghafte »Labeln« in tausend verschiedene Unterkategorien auch ganz furchtbar. Für viele Leser mag es ja hilfreich sein, um sich zu orientieren, aber nicht für mich. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich Bücher aus allen Genres und Bereichen lesen, ohne auf irgendein Label zu achten. Deshalb stören mich gemischte Buchregale auch nicht, da man dort immer wieder auf Überraschungen stößt. Das große Problem beim Labeln sehe ich darin, dass sie diese Schubladen nicht nur in den Köpfen der Leser festsetzen (die sofort enttäuscht sind, wenn sie mal ein Buch erwischen, das nicht hundertprozentig in diese Schublade passt), sondern auch in den Köpfen der Autoren und sie sich dadurch in ihrer Fantasie einschränken lassen. Ich liebe es, wenn Autoren sich nicht im geringsten um Genregrenzen kümmern und wild drauflos fabulieren, ohne sich durch Schubladendenken einschränken zu lassen. Für viele Verlage ist dies aber vermutlich ein Alptraum, da sie dann nicht wissen, wie sie diese Bücher vermarkten und den Buchhändlern nahebringen sollen. Furchtbar finde ich es, wenn ich eine Geschichte lese, bei der ich merke, dass der Autor hier die Checkliste für ein bestimmtes Genre abarbeitet und sich tunlichst von allem Genrefremden fernhält. Also SF aus dem Baukasten. Aber SF-Fans (und auch Fantasyfans) sind ja bekanntlich konservativ und mögen es nicht, wenn Autoren nicht ihren Genreerwartungen entsprechen. (Ist zumindest mein Eindruck).

#4 Diboo

Diboo

    Kaisertentakel

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Geschrieben 15 Januar 2012 - 17:02

Ich kann Jakobs Aussage gut nachvollziehen. Ich finde dieses zwanghafte »Labeln« in tausend verschiedene Unterkategorien auch ganz furchtbar. Für viele Leser mag es ja hilfreich sein, um sich zu orientieren, aber nicht für mich.


Vieles davon wird nur gemacht, um rumcoolen zu können. Sowas kaufe ich dann schon aus Prinzip nicht :-)

"Alles, was es wert ist, getan zu werden, ist es auch wert, für Geld getan zu werden."
(13. Erwerbsregel)

"Anyone who doesn't fight for his own self-interest has volunteered to fight for someone else's."
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#5 fictionality

fictionality

    Illuminaut

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Geschrieben 15 Januar 2012 - 17:03

Welche Gründe sprechen denn gegen eine klare Einordnung von Büchern in ihr Genre bzw. ihre Genres?


Eigentlich gar keine. Es ging dem Zitierten wohl eher darum, die Kommerzialisierung und Überspitzung einzelner Subgenres zu kritisieren, so dass am Ende die SF womöglich ausschließlich nur durch diese repräsentiert wird. Diese Gefahr ist sicherlich vorhanden, aber dies alles hat auch positive Effekte. Zum Beispiel eine größere Wahrnehmung von SF in der Öffentlichkeit. Durch solche Speerspitzen werden so manche auf das Genre SF aufmerksam, die vorher noch nichts damit anfangen konnten. Ich finde eine Überetikettierung nicht sinnvoll (warum z. B. "Clockpunk" und nicht einfach bloß Steampunk? Wo liegt der praktische Nutzen?), aber eine sinnvolle Verwendung führt zu Klarheit und Übersichtlichkeit im Bücherregal.

Bearbeitet von fictionality, 15 Januar 2012 - 17:07.


#6 Jakob

Jakob

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Geschrieben 15 Januar 2012 - 17:11

In Bezug auf die Clockpunk-Anthologie war meine Aussage damals etwas unfair und überzogen, im Kern würde ich aber noch dazu stehen. Wahrscheinlich stammt meine Abneigung gegen Etiketten vor allem aus der Arbeit im Buchhandel, wo man doch sehr oft damit konfrontiert wird, dass LeserInnen ein Buch von vorneherein ablehnen, weil es bestimmte Genrekriterien nicht exakt erfüllt, die sie im Kopf haben. Das ist in Ordnung, wenn die Leute so etwas einfach als persönliche Vorliebe begreifen und entsprechend äußern ("Ich mag keine Bücher mit Drachen!"), auch, wenn ich das vielleicht schwer nachvollziehbar finde. Es wird ein bisschen ärgerlich, wenn sie anfangen, zu verallgemeinern ("Bücher mit Drachen sind schlecht!"). Ich glaube, die Etikettierungswut trägt zu dieser Haltung bei: Ein neues Subgenre wird "entdeckt", ein bestimmter Satz von eigentlich völlig oberflächlichen Elementen (Uhrwerke, Elfen, Vampire, Dampfmaschinen) wird ihm zugeordnet, und ein "richtiger" Roman des Subgenres ist dann einer, der sich möglichst genau an das vorgegebene Inventar hält. Ich habe den Eindruck, dass viele Leser sich dadurch in der Annahme bestärkt fühlen, dass man die Qualität von Romanen anhand von oberflächlichen Merkmalen (auftauchen von Drachen, Elfen, Uhrwerken, oder, in der SF: Wissenschaftliche Korrektkeit) beurteilen könnte, bzw. etwas abgeschwächter, dass die Qualität eines Romans als Werk innerhalb eines bestimmten Subgenres sich objektiv darüber bestimmen ließe, inwieweit er die Elemente enthält, die man im entsprechenden Subgenre vorzufinden erwartet. Ich finde das ermüdend und ärgerlich, weil es in meinen Augen allzuoft den Blick auf die eigentlichen Qualitäten von Texten verstellt. Gerade an Rezensionen merkt man m.E. oft, dass Rezensenten ein Buch als schlecht abqualifizieren, weil es nicht exakt dem Schema eines bestimmten Subgenres folgt.
"If the ideology you read is invisible to you, it usually means that it’s your ideology, by and large."

R. Scott Bakker

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#7 Ming der Grausame

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Geschrieben 15 Januar 2012 - 17:27

Ich finde eine Überetikettierung nicht sinnvoll

Korrekt. Schlussendlich gibt es nämlich nur gute und schlechte Literatur und wer sich für gute Literatur interessiert, interessiert sich für die Etikettierung nicht sonderlich. Ich halte es diesbezüglich mit Oscar Wilde: „Ich habe einen ganz einfachen Geschmack: Ich bin immer mit dem Besten zufrieden.“
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#8 simifilm

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Geschrieben 15 Januar 2012 - 17:32

Juhuu, mal wieder eine genretheoretischer Thread. ;) Grundsätzlich sind Genres - wie jede andere Art der Kategorisierung - etwas, was der Mensch braucht, um sich zu orientieren. Das gilt nicht nur für die Literatur, sondern ist grundlegend für die Art und Weise, wie wir als Menschen die Welt erfassen. Ohne Kategorienbildung wäre die Welt nur ein ununterscheidbarer Einheitsbrei. Auch wenn kaum zwei Leute das gleiche unter einer bestimmten Genrebezeichnung verstehen, hantiert auch jede/r mit entsprechenden Kategorien. Das gilt auch für Leute, die von sich behaupten, dass Genrebezeichnungen für sie nicht wichtig sind. Die orientieren sich dann eben weniger an Labels "Horror" oder "SF", sondern vielleicht an Kategorien wie "Ich mag Bücher, die so und so sind †¦", was ja auch nichts anderes als eine Kategorisierung sind. Dass der Markt dazu tendiert, gleich aus allem einen Trend zu machen, der sich dank griffigem Label auch entsprechend verkaufen lässt, ist nichts neues. Der Begriff "Science Fiction" wurde in den 1920er Jahren ja auch als Unterscheidungsmerkmal auf dem Zeitschriftenmarkt geschaffen ("Fantasy" taucht als Genrebezeichnung sogar erst in den 70ern auf). Und viele dieser Labels haben nur eine sehr kurze Halbwertszeit; es gibt wenige Genrebezeichnungen, die es wirklich schaffen, sich fest zu etablieren, so dass auch nach längerer Zeit noch eine grössere Gruppe weiss, was damit gemeint ist. Ich kann zwar Jakobs Ärger über das Bemühen, für alles und jedes ein sexy Label zu finden (dass dann möglichst noch englisch sein und das Element "Punk" enthalten muss), aber ich kann ihn auch beruhigen: 95% dieser Labels verschwinden wieder so schnell, wie sie gekommen sind.

Bearbeitet von simifilm, 15 Januar 2012 - 17:33.

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#9 T. Lagemann

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Geschrieben 15 Januar 2012 - 17:40

Hallo zusammen,

ob der Labelwahn der Phantastik Schaden zufügt, vermag ich nicht zu beantworten, denn a1) kenne ich die Verkaufszahlen nicht, a2) kenne ich die Verkaufszahlen nicht, die erreicht worden wären, ohne all das Labeln (bzw. Nichtlabeln), b 1-3) weiß ich nicht, welche Bücher aus Label-Gründen nicht bzw. anders oder erst überhaupt geschrieben worden sind ... und c) ... und d) ... und so weiter.

Mich persönlich nervt es manchmal, wenn auf 'nem Buch drauf steht, das sei jetzt Emo-SF oder was sonst auch immer tolles neues. Aber das nervt nur, wenn es mir an Gelassenheit mangelt. Denn ob da nun was auf dem Buch draufpappt oder nicht, es ändert am Inhalt erst mal nichts. Ist halt Verpackung. Und, hey, wenn da wer ein Buch vollpropft mit Clock-Punk Versatzstücken und es liest sich für mich toll, dann ist das Buch für mich toll. Mit oder ohne Label macht da für mich keinen Unterschied.

Und, hey, Bücher werden nicht nur für mich gemacht. Und es gibt gewiss zahllose Leser/innen, die dankbar für den Labelwahn sind, eben weil sie dann genau wissen, was sie auf den Tischen mit den z.B. Biss-Büchern erwartet ... Noch mehr Biss, Überbiss und Bisstigkeit (oder so). Wenn denen Label helfen und sie mir nicht schaden, kann ja eigentlich nicht wirklich ein Schaden im Sinne des Threadtitels entstehen (es sei denn natürlich, die Verkaufszahlen gingen wie bei 'nem Tagesbruch von jetzt auf gleich 100m in die Tiefe).

@Ming Es gibt nicht nur gute und schlechte Literatur, es gibt auch viel dazwischen Eingefügtes Bild Und hinzu kommt der persönliche Geschmack - und der lässt manchen Grottenolm wie 'ne Fee aussehen und manchen Engel wie eine Erdkröte.

Viele Grüße
Tobias
"Wir sind jetzt alle Verräter."
"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."

(James Corey, Calibans Krieg)

"Sentences are stumbling blocks to language."

(Jack Kerouac in einem Interview mit der New York Post, 1959)

"Na gut, dann nicht, dann bin ich eben raus
Ich unterschreib' hier nichts, was ich nicht glaub'
Na gut, dann nicht, nicht um jeden Preis
Ich gehöre nicht dazu, das ist alles was ich weiß"

(Madsen, Strophe 1 des Songs "Na gut dann nicht")
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#10 Jakob

Jakob

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Geschrieben 15 Januar 2012 - 17:45


Ich kann zwar Jakobs Ärger über das Bemühen, für alles und jedes ein sexy Label zu finden (dass dann möglichst noch englisch sein und das Element "Punk" enthalten muss), aber ich kann ihn auch beruhigen: 95% dieser Labels verschwinden wieder so schnell, wie sie gekommen sind.


Mag sein. Trotzdem halte ich die gegenwärtige Tendenz in der SF/Fantasy, aus jeder neuen Setting-Idee gleich wieder ein neues Genre machen zu wollen, für ungut, unabhängig, davon, wie lange diese Etikettierung denn bestand hat: Sie führt meiner Meinung nach nämlich auch dazu, dass viele AutorInnen übertrieben auf oberflächliche Gimmicks achten, entweder, weil sie für ein bestimmtes Genre schreiben wollen oder weil sie gerne ein bestimmtes Genre neu erfinden wollen. Da wird Energie an der falschen Stelle investiert: Der Ansatz "ich schreibe mal was Viktorianisches mit Uhrwerken" ist im Prinzip nicht besser und nicht schlechter und auch nicht kreativer als "ich schreibe mal was Interplanetares mit Raumschiffen" oder "ich schreibe mal was, wo der Gute ein Dunkelelf ist". Ich habe oft den Eindruck, dass sich AutorInnen und LeserInnen genau über diesen Kram den Kopf zerbrechen, den ich für völlig zweitrangig halte.
Tolle Autoren wie Samuel Delany erfinden eben nicht unbedingt neue Genres, die greifen einfach z.B. wie in "Neveryona" Sword & Sorcery und machen etwas Eigenes damit. Das, was daran neu und anders ist, lässt sich meistens eh nicht durch die Einführung einer neuen Unterkategorie erfassen.

Hallo zusammen,

ob der Labelwahn der Phantastik Schaden zufügt, vermag ich nicht zu beantworten, denn a1) kenne ich die Verkaufszahlen nicht, a2) kenne ich die Verkaufszahlen nicht, die erreicht worden wären, ohne all das Labeln (bzw. Nichtlabeln), b 1-3) weiß ich nicht, welche Bücher aus Label-Gründen nicht bzw. anders oder erst überhaupt geschrieben worden sind ...


Es geht mir ja nicht um finanziellen Schaden (siehe mein voriger Post).
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#11 My.

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Geschrieben 15 Januar 2012 - 17:46

Ich halte Labels für überflüssig, jedenfalls für mich. Die Kriterien, nach denen ich meine Lektüre auswähle, sind so abstrus, dass Labels vom Konzept her da nicht reinpassen. My.

#12 simifilm

simifilm

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Geschrieben 15 Januar 2012 - 17:51


Mag sein. Trotzdem halte ich die gegenwärtige Tendenz in der SF/Fantasy, aus jeder neuen Setting-Idee gleich wieder ein neues Genre machen zu wollen, für ungut, unabhängig, davon, wie lange diese Etikettierung denn bestand hat: Sie führt meiner Meinung nach nämlich auch dazu, dass viele AutorInnen übertrieben auf oberflächliche Gimmicks achten, entweder, weil sie für ein bestimmtes Genre schreiben wollen oder weil sie gerne ein bestimmtes Genre neu erfinden wollen. Da wird Energie an der falschen Stelle investiert: Der Ansatz "ich schreibe mal was Viktorianisches mit Uhrwerken" ist im Prinzip nicht besser und nicht schlechter und auch nicht kreativer als "ich schreibe mal was Interplanetares mit Raumschiffen" oder "ich schreibe mal was, wo der Gute ein Dunkelelf ist". Ich habe oft den Eindruck, dass sich AutorInnen und LeserInnen genau über diesen Kram den Kopf zerbrechen, den ich für völlig zweitrangig halte.


Du hast sicher mehr Leseerfahrung in diesem Bereich und wahrscheinlich auch konkrete Beispiele im Kopf, aber eigentlich bin ich ziemlich fest davon überzeugt, dass der Prozentsatz guter Autoren immer etwa gleich bleibt. Und diese schreiben mit oder neue Labels gute Literatur. Und schlechte Autoren, die in erster Linie versuchen, mittels einer Masche Geld zu machen, gab es immer, wird es immer geben und sie werden auch immer die Mehrheit darstellen. Einige übereifrige Marketingheinis sollten noch kein Anlass für Kulturpessimismus sein.

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#13 Ming der Grausame

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Geschrieben 15 Januar 2012 - 18:00

Das gilt auch für Leute, die von sich behaupten, dass Genrebezeichnungen für sie nicht wichtig sind. Die orientieren sich dann eben weniger an Labels "Horror" oder "SF", sondern vielleicht an Kategorien wie "Ich mag Bücher, die so und so sind …", was ja auch nichts anderes als eine Kategorisierung sind.

Selbstverständlich. Die Kategorisierung ist schließlich ein ontologisches Grundmerkmal des Seienden. Ich orientiere mich z.B. daran, ob ein Science-Fiction-Autor schon mal ein Nebula oder Hugo Award gewonnen hat, bei deutschsprachigen Autoren lasse ich aber auch mal den Kurd-Laßwitz-Preis gelten. Wer es nicht einmal dazu geschafft hat, hat bei mir keine sonderlich große Chance. Die rein werbeorientierte Etikettierung ist mir dabei folglich absolut gleichgültig. Ich weiß ja aus erster Hand, was davon zu halten ist.
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#14 Jakob

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Geschrieben 15 Januar 2012 - 18:12


Einige übereifrige Marketingheinis sollten noch kein Anlass für Kulturpessimismus sein.


Klar, man kann das auch gelassener sehen und sich einfach weiterhin seine Lektüre nach Kriterien zusammenstellen, die man selbst als vernünftig empfindet. Manchmal wird mir aber schon etwas kulturpessimistisch zumute, wenn mir etwas als der heißeste Scheiß angepriesen wird, weil es die erste Bronzezeit-Vampire-mit-Überbiss-Punk-Anthologie ist. Klar, dass Literatur vermarktet wird, ist normal und auch legitim, dabei darf auch gerne der eine oder andere Trick zum Einsatz kommen. Nur nervt der Subgenre-Trick mich eben persönlich ganz besonders, ich empfinde das einfach als enorm aufdringlich ...
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#15 Ming der Grausame

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Geschrieben 15 Januar 2012 - 18:12

aber eigentlich bin ich ziemlich fest davon überzeugt, dass der Prozentsatz guter Autoren immer etwa gleich bleibt.

Du triffst den Nagel auf den Kopf. Wer sich z.B. für Science-Fiction interessiert und nur das Œuvre von Jules Verne, H. G. Wells und Robert A. Heinlein kennt, kennt bereits das Beste vom Besten.
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#16 simifilm

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Geschrieben 15 Januar 2012 - 18:17

Du triffst den Nagel auf den Kopf. Wer sich z.B. für Science-Fiction interessiert und nur das Œuvre von Jules Verne, H. G. Wells und Robert A. Heinlein kennt, kennt bereits das Beste vom Besten.


Nun ja … Verne war sicher enorm einflussreich. Aber wenn man sich mal die Mühe macht, einen seiner Romane in ungekürzter Fassung zu lesen — es ist kein Zufall, dass viele Übersetzungen massiv gekürzt sind —, merkt man doch relativ rasch, dass Verne bei allem Einfallsreichtum und Einfluss literarisch nun wirklich kein allzu grosses Licht war. Die langen populärwissenschaftlichen Ausführungen sind doch ziemlich bemühend.

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#17 Nina

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Geschrieben 15 Januar 2012 - 18:19

Ach so, mit Labels meint ihr Genres und Subgenres und nicht das, dass die großen Verlagen zuletzt einige neue Labels gegründet haben ... Das hatte ich angesichts der Überschrift gedacht. Mit den "Genreschildchen" sehe ich das gelassen. Im Buchhandel kommt doch das meiste ohnehin in ein allgemeines "SF- und Fantasyregal". Natürlich ist es auch nicht gut, wenn es immer mehr und mehr gibt und man sich dann gar nicht mehr zurecht findet. Zumal es genug Bücher gibt, bei denen man selbst mit etablierten Genres kaum eine eindeutige Zuordnung treffen kann. Umgekehrt habe ich mich vor ein paar Jahren empört, als dieses neue Genre "Dark Fantasy" aufgekommen ist. Ich dachte mir damals: "Warum sagen die nicht einfach Horror? Nur weil es cooler klingt???". Inzwischen ist aber eine solche Flut an solchen Büchern erschienen, dass die Unterschiede augenscheinlich sind. Und inzwischen finde ich auch gut, dass diese ganzen Geschichten, die meist ganz ähnlich wie "Frauenromane" aufgebaut sind, nur dass eben der Mann da drinnen kein Ritter oder Highlander, sondern Vampir, Gestaltwandler oder Werwolf ist, dadurch vom "richtigen" Horror abgegrenzt werden können. Mit den ganzen Subgenres wird man schon sehen, was sich hält. Manches sicher, anderes wohl nicht. Ich denke aber, dass es aus Autorensicht nicht so ist, dass etwas als "Geldmaschine" herhalten muss. Sehr oft wird so etwas überhaupt nur geschrieben, um bei einer Agentur oder einem größeren Verlag mal den Fuß überhaupt in die Tür zu bekommen. Und später ist es auch mitunter nicht die Idee der Autoren, eine bestimmte Kategorie zu bedienen. - Mal abgesehen davon, dass es daneben auch einfach so sein kann, dass ein Autor beim Lesen auf den Geschmack kommt. Auch das ist oft ein Grund, warum man "Moderichtungen" folgt, weil es dann eben viele neue solcher Bücher gibt, die auch gefallen dürfen.

#18 T. Lagemann

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Geschrieben 15 Januar 2012 - 18:28

Hallo Jakob,


Mag sein. Trotzdem halte ich die gegenwärtige Tendenz in der SF/Fantasy, aus jeder neuen Setting-Idee gleich wieder ein neues Genre machen zu wollen, für ungut, unabhängig, davon, wie lange diese Etikettierung denn bestand hat: Sie führt meiner Meinung nach nämlich auch dazu, dass viele AutorInnen übertrieben auf oberflächliche Gimmicks achten, entweder, weil sie für ein bestimmtes Genre schreiben wollen oder weil sie gerne ein bestimmtes Genre neu erfinden wollen. Da wird Energie an der falschen Stelle investiert: Der Ansatz "ich schreibe mal was Viktorianisches mit Uhrwerken" ist im Prinzip nicht besser und nicht schlechter und auch nicht kreativer als "ich schreibe mal was Interplanetares mit Raumschiffen" oder "ich schreibe mal was, wo der Gute ein Dunkelelf ist". Ich habe oft den Eindruck, dass sich AutorInnen und LeserInnen genau über diesen Kram den Kopf zerbrechen, den ich für völlig zweitrangig halte.
Tolle Autoren wie Samuel Delany erfinden eben nicht unbedingt neue Genres, die greifen einfach z.B. wie in "Neveryona" Sword & Sorcery und machen etwas Eigenes damit. Das, was daran neu und anders ist, lässt sich meistens eh nicht durch die Einführung einer neuen Unterkategorie erfassen.



Es geht mir ja nicht um finanziellen Schaden (siehe mein voriger Post).


aber welcher Schaden entsteht denn? Autor/innen schreiben für Leser/innen (oder sollten es zumindest tun). Selbst wenn da wer Labelmerkmalen sklavisch folgt, was solls, auch dafür gibt es Leser/innen. Die wollen das so! Und finden das gut! Schau dir Perry Rhodan an - Label pur. Und die Fans fahren drauf ab! Wer mit so 'nem Kosmos wie dem von PR seine Probleme hat, der lässt die Finger davon. Schon klar, die PR Autor/innen könnten ihre Zeit nutzen und was anderes schreiben ... Aber was ist dann mit den Fans?

Mit anderen Worten: Nicht das Label ist das Problem. Das Problem ist - wenn es denn überhaupt eines gibt - der Leser/die Leserin. Sie haben sich mit X amüsiert, also wollen sie wieder X. Denn sie wollen sich ja amüsieren. Oder gut unterhalten werden. Oder spannendes lesen. Das mag man oberflächlich oder wie sonst auch immer nennen, letztlich ist es der Markt. Die einen liefern, die anderen kaufen. Und peu a peu wird an der Schraube dessen gedreht, was X ausmacht, denn so sehr die Fans auch X wollen, immer das selbe Essen, das schmeckt auf Dauer fade. Und natürlich kommt immer mal wer mit Y daher ... Und, wow, ist das neu, ist das toll. Davon will dann auch jemand mehr.

Ich sehe das Labeln nicht pessimistisch, ich sehe es als gegeben an (bis auf die Male, wo es mir an Gelassenheit fehlt).

Und ich sehe es auch als gegeben an, dass Leser/innen oberflächliche Merkmale heranziehen, um die Qualität zu beurteilen. Und kann damit leben, wenn die sich durch was auch immer in ihrem Vorgehen bestärkt fühlen (sei es auch nur durch wechselseitiges Schulterklopfen z.B. zur These, dass der ideale SF-Roman nicht mehr als 300 Seiten haben dürfe). Es sind ja nicht alle Leser/innen so.

Viele Grüße
Tobias
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"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."

(James Corey, Calibans Krieg)

"Sentences are stumbling blocks to language."

(Jack Kerouac in einem Interview mit der New York Post, 1959)

"Na gut, dann nicht, dann bin ich eben raus
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#19 Pogopuschel

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Geschrieben 15 Januar 2012 - 18:46

Hallo Jakob,



aber welcher Schaden entsteht denn? Autor/innen schreiben für Leser/innen (oder sollten es zumindest tun). Selbst wenn da wer Labelmerkmalen sklavisch folgt, was solls, auch dafür gibt es Leser/innen. Die wollen das so! Und finden das gut! Schau dir Perry Rhodan an - Label pur. Und die Fans fahren drauf ab! Wer mit so 'nem Kosmos wie dem von PR seine Probleme hat, der lässt die Finger davon. Schon klar, die PR Autor/innen könnten ihre Zeit nutzen und was anderes schreiben ... Aber was ist dann mit den Fans?


Ich sehe durchaus Potenzial für einen Schaden. Zumindest für mich als Leser. Ich kann mir nämlich gut vorstellen, dass es nicht wenig Autoren gibt, die beim Schreiben immer diese Labels im Kopfe haben und sich dadurch einschränken lassen. Ebenso gibt es sicherlich auch Vorgaben der Verlage oder Agententen in die Richtung, "das muss Raus, dass würde die Hardcore-SF-Mantasyleser nicht aktzeptieren" oder "mit diesen Elementen wissen wir nicht, wie wir es vermarkten sollen".

#20 fictionality

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Geschrieben 15 Januar 2012 - 19:28

Ebenso gibt es sicherlich auch Vorgaben der Verlage oder Agententen in die Richtung, "das muss Raus, dass würde die Hardcore-SF-Mantasyleser nicht aktzeptieren" oder "mit diesen Elementen wissen wir nicht, wie wir es vermarkten sollen".


Das wird es sicherlich geben. Vor allem bei den größeren Verlagen. Kenne ich aus meiner Zeit als Werbetexter nur zu gut. Die besten Ideen werden radikal gekürzt oder ganz rausgestrichen (Zitat: "Das versteht doch niemand!") ...

#21 My.

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Geschrieben 15 Januar 2012 - 19:36

Was ich noch viel schädlicher finde ... Eine eigentliche Etikettierung erfolgt ja heute nicht mehr so, wie vielleicht noch früher. Da bappt niemand "SF", "Thriller", "Romanze" vorne aufs Buch. Natürlich wird das bei Amazon & Co. "einsortiert", das ist sicherlich auch sinnvoll. Aber in einem Buchladen - wie Thalia z.B. - wird die "Einsortierung" ja schon dadurch "aufgelockert", dass sie - wie im Falle der Fantastik - gar nicht mehr erfolgt (sprich: alles in ein Regal, was danach aussieht, SF, Fantasy, alles gemischt) oder durch die Platzierung auf den "Grabbeltischen" am Eingang und unter den Bestsellern wegfällt. Viel schlimmer als eine Etikettierung im Allgemeinen - und eine irreführende im Besonderen - finde ich irreführende, in Fällen, die ich zuletzt gesehen habe, fast schon betrügerische Klappen- und Buchrückseitentexte, nicht nur mit völlig belanglosen, aus dem Zusammenhang gerissenen Pressezitaten, sondern auch mit Formulierungen, die inhaltlich überhaupt nichts mit dem Buch zu tun haben. Bei einem Kauf im Internet stört mich das weniger; die Kriterien, nach denen ich da vorgehe, sind welche, die damit nichts zu tun haben. Aber im Oktober letzten Jahres war ich nach langer Zeit mal wieder in einem Buchladen (Thalia) und suchte mir zwei Bücher nach dem Rückseitentext aus - und in einem Falle handelte es sich um nichts anderes als "Etikettenschwindel" (wobei mit dieser Bezeichnung der Bogen wieder gebogen wäre). My.

#22 Jakob

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Geschrieben 15 Januar 2012 - 20:35

Mit anderen Worten: Nicht das Label ist das Problem. Das Problem ist - wenn es denn überhaupt eines gibt - der Leser/die Leserin. Sie haben sich mit X amüsiert, also wollen sie wieder X. Denn sie wollen sich ja amüsieren. Oder gut unterhalten werden. Oder spannendes lesen. Das mag man oberflächlich oder wie sonst auch immer nennen, letztlich ist es der Markt. Die einen liefern, die anderen kaufen. Und peu a peu wird an der Schraube dessen gedreht, was X ausmacht, denn so sehr die Fans auch X wollen, immer das selbe Essen, das schmeckt auf Dauer fade. Und natürlich kommt immer mal wer mit Y daher ... Und, wow, ist das neu, ist das toll. Davon will dann auch jemand mehr.


Das Problem sind in meinen Augen nicht die Leser, sondern das "System", so geschwollen das jetzt auch klingen mag. Es ist ja z.B. schön, wenn die Leute Spannung wollen - dummerweise bekommen sie unter den verschiedenen Labels der Spannungsliteratur aber gerade das nicht, weil die Autoren offenbar zu beschäftigt sind, im Auftrag ihrer Agenten Checklisten abzuhaken, anstatt mal einen knackigen Spannungsbogen zu entwickeln. Es geht mir hier gar nicht um high-brow vs. low-brow, es geht darum, dass (selbstverständlich) versucht wird, gleich eine ganze Marke zu verkaufen anstelle des einzelnen Produkts. Gerade die kleinen versuchen das dann oft um so nachdrücklicher, um dadurch irgendwie eine relevante Position im Gesamtmarkt behaupten zu können.
Und das ist insgesamt sehr schade, finde ich.
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#23 Ming der Grausame

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Geschrieben 15 Januar 2012 - 20:51

es geht darum, dass (selbstverständlich) versucht wird, gleich eine ganze Marke zu verkaufen anstelle des einzelnen Produkts.

Wundert dich das jetzt ernsthaft? Käuferentscheidungen sind immer markenprägend und ein jeder versucht da mitzuschwimmen, weil die Konsumenten so über die ideelle Schiene angesprochen werden anstatt über die rationelle, was die Kaufentscheidung nun mal psychologisch entscheidend erleichtert. Wer Waren und Dienstleistungen vermarktet, wird immer auf dieses Pferd setzen – weil es immer einfacher ist, das Label zu wechseln als das Produkt.
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#24 Gast_Guido Latz_*

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Geschrieben 15 Januar 2012 - 21:17

Hm. In dem Augenblick, in dem ich einem Roman ein Lapel aufdrücke - Steampunk als Beispiel - mache ich ihn für alle interessant, die sich dafür interessieren. Und für alle anderen uninteressant. Ohne Label ist vielleicht schlauer (dass man ein Stückweit im Klappentext immer etwas raus lassen muss, okay, und eine Unterteilung in SF, Fantasy und Horror ist vielleicht so doof auch nicht; aber sonst würde ich das eher nicht gut finden).

#25 Nina

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Geschrieben 15 Januar 2012 - 23:03

Ja, aber umgekehrt: Nach der Definition ist auch SF ein Label. Und mal ehrlich, schaut ihr euch um, ob ihr in "Belletristik" was Interessantes für euch findet oder doch eher bei der SF? - Wo auch immer, man liest da natürlich auch eher in solchen Foren und (Online-)Magazinen. Es gibt eine unglaubliche Zahl von Büchern und ich persönlich lese in wenigen Genres (dreien) überhaupt - aber auch da nicht alle Subgenres. Also ich lese z.B. keine "Funny Fantasy" oder unter welchem Label ("Fantasy Parodie" etc.) das auch immer gerade läuft. Ich bin hier auch froh, wenn ein Verlag das raufpappt, dann weiß ich gleich, dass ich das nicht haben muss. (Bevor jemand jetzt dafür eintritt: Es ist mein persönlicher Lesegeschmack, natürlich gibt es sicherlich auch hier einige gute, intelligente Werke.) Und das obwohl ich natürlich weiß, dass es natürlich auch in anderen Genres ganz hervorragende Bücher. Aber hervorragendes Buch + Lieblingsgenre ist halt besser. Und nicht so tolles Buch + Lieblingssgenre ist meist immer noch zumindest erträglich für mich. Ich bin über Einordnungsmöglichkeiten ganz froh. Und bevor man von "Oberflächlichkeit" redet: Wenn einer erst viele Rezensionen ohne große Zielrichtung liest (in allen Genres) u.ä., das dauert so viel Zeit, dass man da schnell schon mal ein Buch gelesen haben kann. Bevor man ein Buch gelesen hat, gibt es recht wenige "zeitsparende" Orientierungsmöglichkeiten und eine Genreeinteilung gehört halt dazu. Oder auch, dass einem gesagt wird, dass Buch Y ganz ähnlich dem Buch X ist, das einem gefallen hat. Das mag "oberflächlich" sein, aber für einen Leser auf jeden Fall zielführend - so nicht wie bereits erwähnt, bei Klappentext und Co. "geschwindelt" wird.

#26 lapismont

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Geschrieben 16 Januar 2012 - 08:10

Bestimmte Labels halte ich für notwendig und finde ihr Fehlen ärgerlich. Aber eigentlich nur in Bezug auf den Besuch von echten Buchhandlungen. Dort möchte ich im SF-Regal genau das finden und keine Krimis. Den Großteil meiner Lektüre wähle ich aber inzwischen nach den Labels aus, die ihr durch Internet-Quellen verliehen wurden, etwa durch dieses Forum. Aber selbst da bin ich konservativ. Mir reichen für die SF eigentlich Space-Opera, Hard-SF und Parodie. Das sind die Grundstimmungen, wohin das Buch dann geht, soll eine Überraschung sein. Bestes Beispiel für unnötige Labels ist ja gerade "Steampunk". Es beschreibt eher ein technologisches Setting als die literarische Herangehensweise.

Überlicht und Beamen wird von Elfen verhindert.

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#27 Ming der Grausame

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Geschrieben 16 Januar 2012 - 18:17

Dort möchte ich im SF-Regal genau das finden und keine Krimis.

Was hast du gegen The Surrogates einzuwenden? Definitiv ein Krimi. Ebenso Das Wittgenstein-Programm von Philip Kerr oder Der sechste Klon von Michael Marshall? Aber auch Der fiebernde Planet von Isaac Asimov oder Die Stadt und die Stadt von China Miéville ist ein reinrassiger Krimi – und letzterer gewann trotzdem den Locus, Hugo und World Fantasy Award.
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#28 WortKuss

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Geschrieben 16 Januar 2012 - 18:40

Ich halte Labels für überflüssig, jedenfalls für mich. Die Kriterien, nach denen ich meine Lektüre auswähle, sind so abstrus, dass Labels vom Konzept her da nicht reinpassen.

My.


Da halte ich es mit My. Die aktuelle Etikettierungswut irritiert mich; nicht selten stehe ich im Buchladen und frage mich: "Was ist denn das nun wieder?" (Stichwort Emo-SF Eingefügtes Bild ). Hauptgenres sind hilfreich, mehr brauche ich beim Aussuchen eines Buches nicht. Ob nun der Phantastik aber ein Schaden durchs Labeln entsteht, wage ich zu bezweifeln. Wer lesen will, liest - unabhängig vom Etikett.

#29 Jaktusch † 

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Geschrieben 17 Januar 2012 - 02:04

Mir reichen für die SF eigentlich Space-Opera, Hard-SF und Parodie.


Falls du den Begriff "Hard-SF" nicht sehr, sehr weit auslegst, würde ich da auf jeden Fall die SF vermissen, die sich mit möglichen gesellschaftlichen Entwicklungen befasst.

Jaktusch
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#30 lapismont

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Geschrieben 17 Januar 2012 - 07:23

Was hast du gegen The Surrogates einzuwenden? Definitiv ein Krimi. Ebenso Das Wittgenstein-Programm von Philip Kerr oder Der sechste Klon von Michael Marshall? Aber auch Der fiebernde Planet von Isaac Asimov oder Die Stadt und die Stadt von China Miéville ist ein reinrassiger Krimi – und letzterer gewann trotzdem den Locus, Hugo und World Fantasy Award.

Ich habe nichts gegen Krimis, erst recht nicht welche im phantastischen Gewand. Aber ich bevorzuge es, wenn ein Krimi auch Krimi genannt wird.

Falls du den Begriff "Hard-SF" nicht sehr, sehr weit auslegst, würde ich da auf jeden Fall die SF vermissen, die sich mit möglichen gesellschaftlichen Entwicklungen befasst.

Jaktusch

Das ist doch aber der grundlegende gemeinsame Nenner für alle SF-Unterarten, oder?

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