Wenn ein SF-Autor wirklich gut ist und etwas zu sagen hat, warum versucht er es nicht im Mainstream? Als ob der Mainstream synonym für Langeweile, Ideen- und Phantasielosigkeit stehen und es einem Autor verwehren würde, seine Ideen zu transportieren.
Eschbach? Ich glaube, die wenigsten der vielen Eschbach-Leser wissen, dass der mal mit SF angefangen hat. Wir bewegen uns hier im empfindlichen Feld zwischen Genre und Label. Die Genre-Diskussion wird in der SF seit Jahrzehnten geführt. Letztlich führte sie zur Abgrenzung und Ghettoisierung. Ich finde seit jeher, dass es hilfreich ist, Genres nicht als hermetisch zu betrachten und möglichst weit zu definieren, für mich ist einer der besten SF-Autoren Haruki Murakami, (und in den 70ern hätte man ihn auch als solchen bezeichnet), in dessen Romane ich jetzt aber noch kein Raumschiff entdeckt habe. Ich nenne dieses Genre auch nicht gerne SF, sondern Phantastik. Dann muss man nicht jedesmal mit Hardcore-Fans über den Stellenwert der Technik diskutieren...
Heute haben wir Labels. Das sind Etiketten, die man auf ein Produkt draufklebt, damit der Konsument weiss, was drin ist. Ähnlich wie bei der Tütensuppe beschreibt das Label den Inhalt nur unzureichend, sondern versucht zu verkaufen. Genre und Label werden inzwischen permanent verwechselt, sei es in Buchläden, in Suchfunktionen im Netz, im Kopf der Fans und Autoren. Ich sehe ein, dass man Labels braucht, aber sie sind dazu da, hinterher auf das fertige Produkt aufgeklebt zu werden. Genauso wie bei der Tütensuppe sollten wir aber als Leser (und Autoren) Labels als solche wahrnehmen.
Ian bzw. Iain Banks ist in diesem Zusammenhang sehr interessant. Zunächst einmal hat der Autor selbst durch die kleine Änderung des Vornamens eine leicht schizophrene Unterteilung seines Werks vorgenommen, über die man als Fan lange nachdenken kann. Und dann gibt es noch den Umgang mit seinen Werken bei den Verlagen. Seine frühen "Iain"-Romane (IMHO seine besten), also die nicht expliziten Space-Abenteuer, wanderten bei Heyne munter zwischen SF und allgemeiner Reihe herum, kein einziger von ihnen war nicht SF. Das funktionierte auch, weil diese Bücher Mainstream-Leser erreichen, die z.B. seine Kultur-Romane erst einmal nicht lesen würden. Andersherum musste man den SF-Lesern , die sich die Kultur-Romane automatisch kauften,
klar machen, hey! das ist SF, das könnt ihr lesen! Alle sogenannten SF-Fans sollten mal darüber nachdenken. Und die Autoren, die auf diese Fans schielen, auch. Hier ging es um Label, mehr nicht. Ein Leser braucht ein Label nicht unbedingt, ein Fan schon.
Bearbeitet von stolle, 04 August 2012 - 06:13.