Es scheint keinen 2. JL-Thread zu geben, hier also mein 1. (möglichst spoilerloses) Fazit nachdem ich die neue "Snyderverse"-Version in den letzten 24 Stunden "anderthalb" Mal gesehen habe auf DVD*.
Zur Produktions-Historie vorab: Die '17er-Version, die oben hier im Thread bisher besprochen wurde, wurde zwar von Regisseur Snyder aufgenommen & es gab auch eine einigermaßen feste Storyline, dann kam aber seine Tochter unter sehr traurigen Umständen um, und er verabschiedete sich erstmal, ohne dass der Schnitt begonnen worden war. Daraufhin holte Warner Avengers-Regisseur Whedon ins Boot (und gab ihm außer dem Schnitt auch einen konkreten 2. Auftrag, spekuliere ich - s. P.S.); dieser schrieb Einiges um, insbes. viele Dialoge, und veranlasste entspr. Reshoots. Danach kam der Film in die Kinos und bekam eine deutlich geteilte Reaktion - viele beklagten den wirren Ablauf, den etwas einfältigen (& wohl schlecht gerenderten) Bösewicht; im Laufe der #MeToo-Welle gab es auch RezensentInnen, die das sexuelle Innuendo an einigen Stellen im Film beklagten. Ungefähr zu der Zeit als der Film erschien, warf Whedons Ex-Frau ihm vor, verlogen zu sein apropos seines Feminismus (er sei mehrfach untreu gewesen), und von da an gab es zunehmende Vorwürfe wg. seines machohaften Verhaltens; Gadot deutete an, er hätte ihre Karriere verbal bedroht, wenn sie nicht bestimmte Sätze aufnimmt, und Fisher (der Cyborg spielt) kündigte an, nie mehr mit Warner zusammen zu arbeiten, wenn Whedon nicht deutlicher geächtet würde. Das alles mag wahr sein, aber ich persönlich halte da noch an der Unschuldsvermutung fest; wenn Whedon erfolgreich verurteilt wird in einem normalen Gericht, dann überlege ich wie ich mich - als langer Fan vieler seiner medialen Erzeugnisse - verhalte. (So lief es bei mir auch mit Bill Cosby, zu dessen Nachteil letztendlich.) -- In der Corona-Zeit kam dann der Ruf (v.a. der Fans) auf, dass der "ursprünglichere" Snyder-Schnitt zustande kommen soll; letztendlich kam dann soviel Geld zusammen, dass Snyder eine "nicht-kino-fähige" 4-stündige (!) Version fürs Streaming baute, auch mit einigen Reshoots. Von dieser neuen Version wurde ALLES Whedon'sche in einem Rausch voreilenden PC'ness und fanorientierten Hypes getilgt!
Vorab, es ist m.E. unmöglich das neue Werk "ursprünglich" zu bewerten wenn man den Urfilm vor fast 4 Jahren gesehen hat. Ich will gar nicht erst versuchen, diesen Vierstündler objektiv zu bewerten - das schaffe ich leider nicht. Mein erster Eindruck ist dass letzterer sehr dunkel ist, und viel deutlicher das kindliche Ich adressiert - wo alle HeldInnen nur HeldInnen sind, und alles was sie tun ein (auch musikalisch) triumphales Ende hat. Außerdem finde ich allgemein gut, dass die Vorgeschichten der potenziellen "neuen" League-Mitglieder klarer werden. Die Interaktionen des Bösewichtes mit dem Ultra-Bösewicht im Hintergrund (was nach Thanos drüben im MCU etwas alt wirkt) fand ich dagegen wirr.
Grundsätzlich finde ich es auch interessant, die ganze - dunkle! - Vision Snyders mit zu bekommen; diese endlosen Epiloge - wohl das gewünschte weitere "Snyderverse" definierend - scheinen mir auch fast alle schon Teil des ursprünglich gefilmten Materials zu sein... Nur eben Schade, dass ich diese Vision nicht besonders mag, u.a. auch weil sie nicht gerade originell ist. ("Absolute Macht korrumpiert ...")
Letztendlich bleibt mir nur, einen Vergleich anzubieten zwischen den beiden Versionen, beginnend mit einem punktuellen Pro & Contra:
PRO
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- Die erweiterten Exposés insbes. Cyborgs & Flashs - insbes. diese Szene, wo letzterer zum 1. Mal auf seine große Liebe aus den Comics stößt, ist ziemlich erstaunlich, wenn auch reichlich makaber. Dadurch wurden einige Plotfäden auch klarer, und der Film wirkte weniger chaotisch.
- Flashs Versuche der ganzen Sache etwas Humor zuzuordnen.
- Klarerer Ablauf der Wiedererweckung Supies - ich mochte, dass das Team dort gegen Steppenwolf kämpft, und wie der Vater seinem Sohn einen Weg in die Hand gibt, Steppenwolf nachher zu finden.
- Dianas kurze Detektei-Szenen mit dem Pfeil unter dem Amazonentempel.
- Dass Diana in Kämpfen mehr zum Zuge kommt.
- Alle Dialoge und Monologe um die Kentfarm herum.
- Diane Lanes Szenen.
CONTRA
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- Die dröhnende Schwere vieler Dialoge, wohl passend zur visuellen Dunkelheit. Ich denke Snyder kommuniziert dauernd blut-und-eisenhaft "ein Krieg beginnt, ein Krieg beginnt"... Okay, we got it! -- Die teils Whedon'schen Dialoge im Urfilm in '17 waren deutlich leichter und auch einfach menschlicher.
- Es gibt auch mindestens einen dümmlichen Dialog um Batmans neues "Carrier"-Flugzeug zwischen dem Erbauer und Cyborg. ("Sie will fliegen..." -- "Du auch.")
- Die ewige melodramatische Musik - v.a. nervte, dass wirklich JEDE Action-Sequenz ab dem Ende des 1. Drittels ein wie immer kurzes Thema der jeweiligen HeldIn bekam, bei Diana waren das IMMER seelenvolle Frauenstimmen!
- Gesteigerte Aggressivität mit zusätzlichen Splatter-Effekten, auch von "Miss World Peace" Wonder Woman. (Wieso also Gadot meinte, bei Whedon sei sie aggressiver projiziert worden, ist mir ein Rätsel.) Der Bösewicht wird am Ende regelrecht abgeschlachtet.
- Das TV-Format! Wie kann man deutlicher dem Kino absagen, Mr. Snyder? Mann-o!
- Einfach zu lang; ein gefühlter Marathonlauf, den in einem Schwung zu sehen.
Was mir auch allgemein fehlt, ist dieses "realistisch menschlichere" dass die X-Men-Filme damals einführten und vom MCU stark fortgeführt wurde; ich behaupte mal, das ist mit ein Grund warum die Marvelfilme besser laufen - das war für mich früher auch ein Unterschied zwischen den meisten DC-Titeln und allen Marvel-Titeln auf Papier. Die DCEU-Filme sind mit einigen Ausnahmen alle deutlich dunkler und urcomichafter - s.h. die Linien zwischen wer/was gut und wer böse ist, sind stärker gezeichnet.
Der '17er-Film zeigt auch Schwächen der HeldInnen, und es wird dort genau um diese auch gerungen. (S. Dianas & Bruces Auseinandersetzung um ihre Rolle als Anführerin; dass Batman nie der Anführer der Liga sein wollte, wird bei Snyder völlig ignoriert.) Batman ist im Urfilm schlauer UND schwächer als bei Snyder - z.B. schlauer als er Lois Lane als "big gun" hinzu holt bei der Situation in der Nähe des kryptonischen Schiffes, und schwächer als er in Gegenwart von WW mit seinem ausgerenkten Arm zu tun hat (& der Dialog dann zwischen ihm und ihr).
Der '17er-Film gibt auch Lois Lane etwas mehr Raum Lois-Lane-seit-eh-und-je zu sein. Dass sie seit Superman Returns nun immer die langhaarige Schönheit ist, kann man ja noch schlucken. Aber in Snyders Film ist von der taffen Reporterin einfach gar nichts mehr da; Lane ist nur noch die unterstützende Heimkümmerin, die letztendlich ihren "im Krieg" kämpfenden Mann unterstützt.
Fazit: Letztendlich ist der neue Film in meinen Augen also so etwas wie "Justice League Doom 300"... Offensichtlich ein "fan candy"-Projekt bei dem ich mir relativ unsicher bin, ob es wirklich fortgesetzt wird. Letztendlich auch ein Beispiel dafür, dass ein zu starker Einfluss auf die kreative Entwicklung, von Fan-Seite her, abträglich sein kann.
P.S.: Wenn man annimmt, dass ca. 10% des neuen Werks zeitnahe Umbauten von Snyder sind, also Dinge die er jetzt hinzugefügt/umgebastelt hat, bleiben noch immer 90% von 4 Stunden übrig! Ich frage mich, wie die Studiobosse das fanden - erneut einen mehr-als-3-stündigen Superheldenfilm. Daher spekuliere (!) ich, dass ein starker Teilauftrag an Whedon auch war, den Film in '17 auf akzeptablere Länge zu kürzen. Das würde erklären, warum Einiges am Plot gestrafft werden musste (wodurch der "whedonisierte" Urfilm schwerer nachzuvollziehen wurde); und Whedon dann seine eigene Art von Horror als Beweggrund für einige Abläufe gen Ende mit hinein bringen konnte (das Thema Angst, und dass die Flügelmänner das riechen konnten), weswegen er auch diese Extraszene mit Batman auf dem Dach wohl filmen ließ. Auch erlaubt es das Zustandekommen einer möglichen Quelle von Auseinandersetzungen zwischen Fisher (Cyborg) und dem Regisseur, denn Cyborgs Szenen fielen am meisten der Cutter-Schere zum Opfer im Urfilm, was den Schauspieler ev. nervte; da Cyborg deswegen einige Dinge anders tut im Urfilm (Reshoots nötig machend). Wenn es so wäre, könnte es also auch der Druck von Warner-Seite sein, der Whedon unausstehlicher als sonst machte. (Oder war es einfach nur der Scheidungskrieg mit seiner Frau?)
(* genau, die gibt es jetzt zu beschaffen, und mein Lieblingsvideoladen in Kreuzberg hat das auch gleich getan! )
Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 06 September 2021 - 17:38.
/KB
Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.
Da ergriff eins der kleinsten das Wort:
"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,
dann wünschen wir einfach mit Willen
die Wünsche-Erfüllung fort!"
Sie befolgten den Rat und von Stund an war
wieder spannend das Leben und heiter.
Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr
und vielleicht gar ein wenig gescheiter.
(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)