Obwohl der Roman fast zeitlos ist, kann man an einigen wenigen Stellen das Alter des Romans erkennen. Die Problematisierung des Sex ist so eine Sache.
Was haltet ihr eigentlich von Keyes Idee, in Charlies Vorstellung immer wieder diesen alten Charlie auftauchen zu lassen, der den klugen Charlie immer wieder als herumspukender Geist, quasi als schlechtes Gewissen, in den unpassendsten Momenten, heimsucht. Ich bin kein Psychologie und weiß deshalb nicht, ob so etwas vorkommt. Schien mir aber als psychologisches Stilmittel, die Hemmung Charlies darzustellen, seine Beziehung mit Alice zu vertiefen (sprich mit ihr Sex zu haben), eher störend und nicht wirklich überzeugend. Ehrlich gesagt haben mich diese Szenen in denen der alte Charlie auftauchte sogar etwas genervt.
LG Trurl
Der "alte" Charlie stellt für mich in diesen Szenen wirklich eine Form von Gewissen dar und für mich war er auch ein Stilmittel um die unterschiedliche Entwicklungsgeschwindigkeit der intellektuellen und der emotionalen Ebene darzustellen. Daher wirkte es auf mich nicht störend. Mir scheint es irgendwie glaubwürdig, da ich nicht wirklich überzeugt davon bin, dass Menschen eine wie auch immer geartete fest geformte Identität haben und man wohl auf die ein oder andere weise, frühere Selbste mit sich "herum schleppt". Hier wird es stilistisch als Halluzination umgesetzt. Sicherlich hätte es auch ein Monolog getan oder ein alter Freund aber Keyes hat sich dafür entschieden.
Für mich hängt da auch ein bisschen mit die Frage dran, wer man ist, wenn sich eine "Kenngröße", hier der IQ, drastisch ändert. Was macht das mit der Persönlichkeit?!
Bin nun durch. Das sehr traurige Ende war zu erwarten. Sehr gut umgesetzt. Unglaublich ist lediglich die Wiederaufnahme in die Bäckerei und dass die meisten dort einfach so in ihre alte Beziehung zu Charlie zurückschlüpfen. Schade, dass es keine weiteren Bericht aus dem Warren-Heim gibt.
Auf jeden Fall ist das Buch eine gelungenen Umsetzung der dahintersteckenden Idee. Und eine Beschreibung der USA zu jener Zeit.
Für mich war das Zurückschlüpfen nicht so unglaubwürdig. Hier würde die Geschichte von Daedalus passen. Charlie ist zu hoch geflogen und abgestürzt, nun ist er doch wieder dort wo er hergekommen ist. Auch so eine Warnung die zur "Baum der Erkenntnis"-Metapher passt.
(Das was jetzt kommt, ist etwas gemein.) In einigen sozialen Schichten sind Menschen auch froh, wenn andere versagen, da fühlen sie sich nicht so minderwertig. Daher kann ich mir vorstellen, dass die Mitarbeiter der Bäckerei Charlie diesen "Ausrutscher" verzeihen und weiter machen wie bisher.
Eine andere Seite der Glaubwürdigkeit kommt für mich aus der Annahme und der Darstellung, dass der "alte" Charlie halt nicht wirklich helle ist und die Sticheleien nicht als diese wahrnimmt. Das wird aus meiner Sicht auch durch die Szene mit Alice in der Schule sichtbar. Dort denkt er nur, dass er etwas böses getan hat. Charlie besitzt halt nur seine eingeschränkten Wahrnehmungs- und schriftlichen Darstellungsfähigkeiten und da kann er die nun verkomplizierte Beziehungsstruktur, durch seine Wiederkehr, gar nicht komplett erfassen.
Am Ende weiß Charlie nur, dass irgendetwas anders ist. Aber so richtig kann er damit nichts anfangen und deswegen geht er freiwillig in das Warren-Heim.