[color=rgb(40,40,40);font-family:helvetica, arial, sans-serif;]Wissenschaftsbashing würde ich jetzt Mammut nicht unterstellen.[/color]
[color=rgb(40,40,40);font-family:helvetica, arial, sans-serif;]"Vermuten" (im Sinne einer noch nicht hinreichend gesicherten physikalischen Theorie) und "Glauben" liegen sprachlich ja eng beieinander. Aber trotzdem könnte der Unterschied zwischen Wissenschaft und Religion nicht mehr deutlich werden als in diesem Knackpunkt, deshalb reite ich auch drauf rum, und das zum Glück nicht alleine, daher Danke, Lapismont.[/color]
Schauen wir doch mal den Schluss der Geschichte an:
Enola sagt im Moment ihres Endes (eigentlich steht da, dass sie "stirbt", aber sie ist eine künstliche Lebensform, daher ist es eher so, dass sie einen letzten Stromausfall erleidet): [color=rgb(40,40,40);font-family:helvetica, arial, sans-serif;]"Es werde Licht."[/color]
Ich habe echt lange überlegt, wieso sie das sagen sollte, zumal weder Luft da ist, um den Schall zu transportieren, noch irgendjemand, um es zu hören, und leider ist mir nichts eingefallen. Es ist ein Zitat aus der Genesis, aber Enola hatte zuvor mit Religion ja nichts am Hut. Ferner ist sie, ganz platt gesagt, nicht Gott, ihre Worte sind also wirkungslos. Das Universum ist am Ende, da gibt es nichts als ewiges Nichts. Die Sache ist durch, gegessen, der Kosmos hat Feierabend. Ewigen Feierabend.
Und dann der letzte Satz, der kommt wieder vom Erzähler, und obwohl gerade nachweislich das letzte intelligente Wesen verendet ist, das Universum also endgültig tot und aus und vorbei ist, folgt völlig überraschend ein "Anfang":
[color=rgb(40,40,40);font-family:helvetica, arial, sans-serif;]Und am Anfang war das Wort.[/color]
Das ist der Anfang des Johannes-Evangeliums, der sich auf die Genesis bezieht. Meinem Verständnis nach besagt der Satz, dass Gott durch seinen Willen (seine Worte wie "Es werde Licht") die Welt geschaffen hat (Johannes schlägt danach den Bogen zu Jesus, aber darum geht's hier nicht). Letztlich legt der Satz am Ende der Geschichte die Vermutung nahe, dass Enola mit ihrem vorangegangenen Satz ein neues Universum erschafft. Was natürlich außerhalb ihrer Macht steht, zumal ihr gerade die Energie ausgeht. Diese Macht hat nur Gott, Enola ist nicht Gott, und Gott existiert davon abgesehen überhaupt nicht, es sei denn, man glaubt ganz fest an sie.
Natürlich wirkt es erzählerisch total cool, nach den in Latein (alte Kirchensprache!) gehaltenen Zwischenüberschriften den Bogen zu einem göttlichen Akt zu schlagen. Aber inhaltlich ergibt es keinen Sinn. Es passt nicht nur nicht zum ansonsten naturwissenschaftlich korrekten Inhalt, es führt ihn auch ad adsurdum. Denn der Autor gibt sich ja deutlich Mühe, die Entwicklung von Erde und Kosmos plausibel darzustellen. Und dann kommt er plötzlich mit Religion. Nur weil es cooler klingt? Irgendwie den für Spirituelles empfindlichen Hirnlappen ansprechen soll? Der einzig konsequente letzte Satz wäre gewesen: Und Enola starb. ENDE. Ein endigeres Ende kann es gar nicht geben, es kommt nichts mehr danach. Der Text macht das Ende des Kosmos hervorragend spürbar, besser als jeder wissenschaftliche Text zu dem Thema, den ich gelesen habe. Und dann ... Bibelzitate.
In meinen Augen ein Versuch, den Text runder zu machen, weil das echte Ende zu hart, zu gnadenlos gewesen wäre. Aber genau das sind die Naturgesetze (im Gegensatz zu Gott, wie mir gelegentlich versichert wird): gnadenlos.
Deshalb hat mich der Schluss so ein bisschen geärgert.
Bearbeitet von Uwe Post, 09 Mai 2018 - 08:44.