[color=rgb(40,40,40);font-family:helvetica, arial, sans-serif;] Ich sehe den Text eher als Groteske, der mit diversen Umkehrungen spielt. Das Technische und das Biologische vertauschen die Plätze.[/color]
Stimmt, so kann man das auch sehen. Das Ergebnis, egal ob Groteske oder Persiflage, unterhält auf jeden Fall sehr gut!
Der Begriff Persiflage fiel mir ein, weil mir schon oft Geschichten untergekommen sind, deren Autoren offenbar meinen, dass es überraschend ist, wenn Maschinen, die sich genau wie Menschen verhalten, mit Menschen verwechselt werden können
[color=rgb(40,40,40);font-family:helvetica, arial, sans-serif;]Ich finde die Idee, wenn eine KI so leistungsfähig ist, das sie Bewusstsein entwickelt und dadurch auch entsprechende Nebenwirkungen hat, sehr interessant [/color]
Hier muss man einfach in Betracht ziehen, was auch der Kollege Hagen oben schrieb: Rein technisch betrachtet sind wir von menschenähnlichen Androiden ungefähr so weit entfernt wie vom Hyperraumflug. Daher ist dergleichen als Element einer Geschichte immer als fiktives, wenn nicht gar phantastisches oder magisches Element einzuordnen und dementsprechend zu bewerten. Und eben nicht als in den nächsten Jahrzehnten real erwartbare Alltagserfahrung (ganz im Gegensatz übrigens zu Klimakatastrophe oder social fiction-Themen).
Anders ausgedrückt: KIs, die spontan ein Bewusstsein entwickeln oder einen eigenen Willen, oder die sonstwie über die Grenzen ihrer Programmierung hinaus agieren, sind Märchen.
Deshalb ist es ungünstig, den gleichen Begriff (KI) für Googles Bildersuche (korrekter Begriff: Mustererkennung) wie für fiktive Denkmaschinen in SF-Geschichten zu verwenden. Naive Leser werfen das schnell durcheinander und bekommen reale Angst vor Robotern oder Algorithmen, die völlig fehl am Platze ist. Hingegen wird meiner Ansicht nach in der SF wenig Augenmerk auf die wirklichen Gefahren von KI Mustererkennung gelegt, nämlich "vorprogrammierter" Rassismus oder andere Ungleichbehandlungen, ganz zu schweigen von den Möglichkeiten, Unzulänglichkeiten zu exploiten (siehe etwa hier und hier).
Nur als Beispiel: Eine moderne, handelsübliche Musterkennungssoftware wie Tensorflow muss um die 100.000 Fotos von Tieren gezeigt bekommen (wohlgemerkt mit korrekten Metadaten versehen, also "das ist eine Katze" oder "das ist keine Katze"), um mit ungefähr 95-99%iger Sicherheit ein danach vorgelegtes Tierfoto als Katze oder Nicht-Katze einordnen zu können. Mal davon abgesehen, dass jedes Zweijährige das mit weniger Bildern lernt, passieren danach noch folgende Dinge:
- zeigt man dem Algorithmus einen männlichen Löwen, wird er "keine Katze" antworten (wegen der Mähne, bei weiblichen Löwen stehen die Chancen besser)
- zeigt man dem Algorithmus ein Foto einer Katze (also so, dass der Rand des Fotos ins Bild ragt), wird er "Katze" antworten.
Man könnte es sich jetzt einfach machen und sagen: "Ja, aber diese Algorithmen werden ja immer besser". Das stimmt. Aber sie werden weder über ihre programmierten Grenzen hinaus gehen und plötzlich anfangen, Pferde zu erkennen, noch sprechen lernen, oder den Verstand verlieren (sie haben keinen). Ein Programm, das auch nur annähernd die mentalen Fähigkeiten eines Menschen nachbildet (von den körperlichen ganz zu schweigen), wäre so aufwändig zu entwickeln, würde so viel Speicher verbrauchen und so viel Energie, dass es in 99,999% der Anwendungsfälle viel effizienter ist, für die vorgesehene Aufgabe einfach einen Menschen zu verwenden Reale oder Gedankenexperimente, künstliche Menschen zu erschaffen, ist also Grundlagenforschung und nichts, das in irgendeiner absehbaren Zeitspanne Alltag wird. Der entscheidende Punkt hierbei ist gar nicht unbedingt, dass es technisch unmöglich ist, oder gar ethische Erwägungen. Der Knackpunkt ist die Energie. Die steht nämlich nur begrenzt zur Verfügung, und das ist nichts, das sich ändern lässt. Selbst wenn man die im Moment ja für (fast) jedermann sichtbaren Folgen von Energieverschwendung außen vor lässt: Allein aufgrund des erheblichen Energiebedarfs bei Herstellung und Betrieb wird es vermutlich niemals Androiden geben, die mit Menschen verwechselt werden können.
Deshalb sind fast alle (ernsthaften) Geschichten, in denen Androiden genau oder fast genau wie Menschen handeln, Märchen. Fantasy. Nur eben nicht mit Elfen und Orks, sondern mit Robotern.
Besonders drollig finde ich das übrigens im TV: Menschliche Schauspieler, die Roboter spielen, welche so tun, als wären sie Menschen, oder die Probleme haben, die sonst nur Menschen haben ... wenn man mal drüber nachdenkt, kann man das einfach nicht ernst nehmen.
Nichts gegen Märchen. Aber ich bin froh, dass die Geschichten in NOVA dann doch fast immer etwas mehr Bezug zur Realität haben.
Bearbeitet von Uwe Post, 15 September 2020 - 09:19.