@Susanne11: Ich sprach ganz allgemein von gutem Stil. Davon, was das für dich heißt, wodurch er sich auszeichnet, oder eben, woran du schlechten Stil erkennst. Ich denke, die Kriterien sind beim Leser vielleicht andere als beim Lektor.
Das ist jetzt schwierig, weil ich rein gefühlsmäßig an Literatur herangehe. Ich habe keinerlei literarische Bildung. Ich versuche mal eine Kategorisierung und einige Beispiele. Anhand von Beispielen wird vieles klarer.
Guter Stil ist, wenn Inhalt und Form harmonisch zusammenpassen. Der Erzählstil muss so unauffällig und harmonisch zu der Geschichte passen, dass er nicht weiter auffällt. Es muss ein Lesefluss entstehen, der die Geschichte unterstützt. Abwechslungsreicher und origineller Sprachgebrauch. Sprachbeherrschung.
Und Phantasie - das wichtigste überhaupt - überbordende Phantasie.
Ich hasse Stereotypen und Klischees, Gut-Böse-Dualismen ebenfalls. Eine gute Geschichte sollte ohne solche auskommen.
Die Charakterisierung der Personen muss zur Geschichte passen. Wenn die Geschichte komplexe Charaktere erfordert, sollten sie auch komplex rüberkommen.
Ich liebe vielschichtige Geschichten - gerne auch Romane über 800 Seiten.
Ich mag Wortspiele sehr.
Ich mag es sehr, wenn es Einflüsse aus Literatur, Mythologie, Völkerkunde, Popkultur usw. gibt und entsprechende Anspielungen.
Und wenn ich beim Lesen oder Hören den Raum, in dem sich alles zuträgt, fühlen kann.
Es ist unumgänglich, dass Themen immer wiederkehren. Wenn sie interessant wiederkehren, dann ist das gut. Beispiel: Die Art und Weise wie Neil Gaiman in "American Gods" die alten Götter agieren lässt und sein Worldbuilding das ist interessant. Dagegen ist Wolfgang Hohlbein eine Zumutung.
Oder "Der Schrecksenmeister" von Walter Moers. Da gibt es einen Einfallsreichtum in jeder Hinsicht. Die Idee eine Geschichte von Gottfried Keller zu nehmen, zu variieren und einen eigenständigen Roman daraus zu machen zeugt von literarischem Wissen, viel viel Phantasie und großem schriftstellerischen Talent. Das Orm.
Auch bei Michael Marrak gibt es jede Menge Einflüsse aus Literatur, Ethnolgie, Mythologie. Das bringt er total stimmig zusammen und in die Handlung hinein.
Oder nehmen wir Haruki Murakami, bei dem Inhalt und Form perfekt zusammenfließen. Wenn man das hört, das ist wie Musik. Er ist ein sehr musikalischer Schreiber.
Dan Simmons - "Hyperion" und "Ilium/Olympos". Sehr gekonnt, wie er die literarischen und mythologischen Themen verarbeitet und in die Geschichten verwebt.
Tim Curran "Dead Sea" [color=rgb(40,40,40);]ist langweilig.[/color][color=rgb(40,40,40);] Zwar wird alles detailliert beschrieben, dennoch bleibt das alles irgendwie farblos. Es kommt weder Spannung noch Grusel auf. Die Figuren sind stereotyp und nichtssagend.[/color]
Bei Hörbüchern hört man stilistische Mängel sofort. Ich habe die Wächter-Serie von Lukianenko gerne gelesen. Dann wollte ich den 2. Band als Hörbuch hören und es war unangenehm. Wiederholungen von Satzphrasen fielen mir als erstes auf. Und Sperrigkeiten im Satzbau, die die Geschichte nicht flüssig rüberkommen ließen.
Jetzt isses sehr lang geworden.