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Kurd-Laßwitz-Preis 2020


364 Antworten in diesem Thema

#211 Jordan

Jordan

    Giganaut

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Geschrieben 18 Juni 2020 - 06:32

Ich muss ja sagen der KLP und internationale Romane ist ein Thema für sich. Die Ergebnisse dort sind doch aus meiner Sicht bisweilen sehr kurios. Liu und Wells vorne dafür Martine und Lostetter eher weiter hinten. Von Platz 2 gar nicht zu reden - eher eine kleine Fingerübung ( Novella ) denn wirklich Roman zu nennen. Ich denke hier kommt das von Uwe Post angesprochene was gelesen wird ist im Vorteil selbst wenn es eher schlecht bewertet wird zum tragen. Anders sind mir die Ergebnisse dort nicht erklärlich.

Die Kategorie heißt ja "Ausländisches Werk" und nicht "Ausländischer Roman" und lässt neben Romanen eben auch Kurzgeschichten, Sachbücher, Storysammlungen zu. Von daher passt Doctorows Novelle schon. Und sooo schlecht war sie von Idee und Ausführung her ja nun auch wieder nicht. Man muss hat Message Fiction mögen ...

 

Zudem, so steht es ausdrücklich auf der HP, wurde die Kategorie vor allem deshalb eingeführt, um in der ausländischen Presse Erwähnung zu finden. Dazu brauchst du "Big Names". Das mag bei manchen Abstimmungsberechtigten im Hinterkopf mitspielen.

 

Arkady Martines Roman ist erst spät im Jahr erschienen. Ich könnt' mir vorstellen, dass er deshalb nicht höher auf der Liste steht, weil für viele die Zeit eben nicht gereicht hat, ihn zu lesen.



#212 Ender

Ender

    Temponaut

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Geschrieben 18 Juni 2020 - 08:19

Ich muss ja sagen der KLP und internationale Romane ist ein Thema für sich. Die Ergebnisse dort sind doch aus meiner Sicht bisweilen sehr kurios. Liu und Wells vorne dafür Martine und Lostetter eher weiter hinten. Von Platz 2 gar nicht zu reden - eher eine kleine Fingerübung ( Novella ) denn wirklich Roman zu nennen. Ich denke hier kommt das von Uwe Post angesprochene was gelesen wird ist im Vorteil selbst wenn es eher schlecht bewertet wird zum tragen. Anders sind mir die Ergebnisse dort nicht erklärlich.

Das ist aber doch kein Phänomen der Internationalen Kategorie. "Was gelesen wird ist im Vorteil" trifft ja, wie wir uns wohl alle einig sind und wie in diesem Thread schon mehrfach angesprochen wurde, auf den "Besten deutschsprachigen Roman" ebenso zu. Das ist nun mal bei einem solchen Modus nicht zu ändern und dürfte z.B. beim Hugo Award auch nicht anders sein.

Und "Warum ist Roman X so weit oben gelandet und Roman Y so weit unten" ist sowieso immer Geschmacksache - und auch das trifft auf sämtliche Kategorien und überhaupt alle Preise zu. Ich habe jedenfalls noch keinen gefunden, mit dessen Ergebnis ich permanent übereinstimme.

 

Ich finde es sehr gut und richtig, dass die Kategorie "Internationales Werk" beim KLP existiert, denn das dürfte doch so ziemlich der einzige Preis überhaupt sein, der in deutscher Übersetzung erhältliche internationale SF-Romane auszeichnet.

Natürlich kann man sich seine Anregungen auch bei Locus, Nebula oder Arthur C. Clarke Award holen - aber ob deren Gewinner jemals übersetzt werden, ist ja alles andere als sicher. Und für all jene, die nicht auf englisch lesen (was vermutlich immer noch die Mehrheit sein dürfte), ist das nun mal entscheidend.



#213 Galax

Galax

    Giganaut

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Geschrieben 18 Juni 2020 - 08:23

Hallo zusammen,

 

puh, das ist ja alles viel komplizierter, als das Schreiben eines Textes. Aber schön, dass das Für und Wider so intensiv ausgetauscht wird.

 

Ich habe so (ergänzt um etwas Neugierde) z.B. gelernt, dass SF-Schaffende beim KLP abstimmungsberechtigt sind. Aber ich wusste bislang noch nicht, dass es so viele "professionell" mit Science Fiction beschäftigte Personen in Deutschland gibt. Habe auf der KLP Seite gelesen, dass die Adressliste 730 Personen umfasst. Da muss einem um die Deutsche Science Fiction ja nun wirklich nicht bang sein.

 

Viele Grüße

Tobias

Soweit ich mal gelesen habe, gibt es wohl über 10 000 Personen, die SF schreiben. Viele wohl nur einmalig oder so.  


Bearbeitet von Galax, 18 Juni 2020 - 08:23.

"Das Urteil folgt dem Vorurteil."

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#214 Uwe Post

Uwe Post

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Geschrieben 18 Juni 2020 - 08:27

"Sich professionell mit SF beschäftigen" ist sehr weit gefasst. Ich habe mit meinen Romanen so ungefähr Dreifünfzig verdient (grobe Schätzung) und gelte trotzdem als professionell. Das Kriterium ist relativ willkürlich und verhindert nur, dass der KLP ein Publikumspreis ist. Ein Jury-Preis wiederum hätte deutlich engere Kriterien.


Herausgeber Future Fiction Magazine (deutsche Ausgabe) ||| Aktueller Roman: ERRUNGENSCHAFT FREIGESCHALTET ||| uwepost.de ||| deutsche-science-fiction.de

#215 T. Lagemann

T. Lagemann

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Geschrieben 18 Juni 2020 - 11:10

Hallo Uwe,

"Sich professionell mit SF beschäftigen" ist sehr weit gefasst. Ich habe mit meinen Romanen so ungefähr Dreifünfzig verdient (grobe Schätzung) und gelte trotzdem als professionell. Das Kriterium ist relativ willkürlich und verhindert nur, dass der KLP ein Publikumspreis ist. Ein Jury-Preis wiederum hätte deutlich engere Kriterien.

ich hatte so etwas schon befürchtet, also das "professionell" sehr weit gefasst sein könnte. Wäre ja auch zu wunderbar, wenn die Deutsche SF-Szene so durchprofessionalisiert wäre. Nun ja, immerhin kann ich mich zumindest im Hinblick auf "Erotische Literatur" als semiprofessionell betrachten. Habe gerade mal in meine Bibliografie geschaut, die Zahl veröffentlichter SF/Phantastik ist eh nicht so doll (auch mit den zwei Texten nicht, die dieses Jahr - Stand jetzt - wohl noch kommen). Trotzdem müste ich sofort losheulen, wenn ich die Einnahmen in Relation zum Aufwand setzen würde.

 

Viele Grüße

Tobias


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"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."

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#216 Mammut

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Geschrieben 18 Juni 2020 - 17:03

Wäre eigentlich eine Kategorie Anthologien und Storysammlungen keine gute Idee?

#217 Nina

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Geschrieben 20 Juni 2020 - 00:11

Na ja, aber es ist halt so, dass sich als SF-Schaffender nicht viel Geld verdienen lässt. Verleger in dem Metier haben auch meist einen anderen Job auch noch. - Aber so gesehen außer dass immer noch das blah blah drin steht, was eh praktisch keiner erreicht, sind die Regeln, wer wie viel getan haben muss, um wählen zu können, dann doch sehr klar formuliert. Und eigentlich geht es ja wohl drum, "Eintagsfliegen" und "Autorenmamis" auszusortieren und das gelingt so auch.

 

Was das gelesen werden betrifft, gibt es auch andere Konzepte, die beispielsweise zwei Jahre umfassen, damit ein Werk, das November - Dezember erscheint, diese Probleme dann nicht so hat. 

 

 

 

[color=rgb(40,40,40);font-family:helvetica, arial, sans-serif;]Wäre eigentlich eine Kategorie Anthologien und Storysammlungen keine gute Idee?[/color]

Wäre eine Kategorie mehr und sicherlich auch erhöhter Aufwand, da viele genremäßig durchmischt sind. Prinzipiell konnte man die Herausgabe besonders toller Anthologien beim Sonderpreis vorschlagen. 



#218 ShockWaveRider

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Geschrieben 20 Juni 2020 - 16:52

Wäre eigentlich eine Kategorie Anthologien und Storysammlungen keine gute Idee?

Schlag es mal Udo vor! Es gab beim KLP immer wieder wechselnde Kategorien.

Allerdings sehe ich diesen konkreten Vorschlag ähnlich skeptisch wie Nina.

 

Gruß

Ralf


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#219 T. Lagemann

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Geschrieben 20 Juni 2020 - 19:37

Hallo Nina,

Na ja, aber es ist halt so, dass sich als SF-Schaffender nicht viel Geld verdienen lässt. Verleger in dem Metier haben auch meist einen anderen Job auch noch. - Aber so gesehen außer dass immer noch das blah blah drin steht, was eh praktisch keiner erreicht, sind die Regeln, wer wie viel getan haben muss, um wählen zu können, dann doch sehr klar formuliert. Und eigentlich geht es ja wohl drum, "Eintagsfliegen" und "Autorenmamis" auszusortieren und das gelingt so auch.

 

mhm, ich kann nur nicht einschätzen, was denn nun SF ist und was nur Texte mit Versatzstücken der SF. Bei meinen Texten bin ich a) zu voreingenommen, b) durch einen erlittenen Wohnungsinhalttotalverlust in Sachen Nachweis massiv eingeschränkt.

 

Zu a) Ich halte z.B. "Punkolution" für SF, es gibt einen Marsianer und es gibt einen durch einen etwas ungestümen Raumschifflandeanflug verursachten Flugzeugabsturz (Folge: Gagarin tot), es gibt auch Erderoberungspläne der Marsianer. Eine andere Lesart des Textes ist die einer ein klein wenig überdrehten Satire über Punk(s) mit SF Versatzstücken (s.o.). :-( Also keine SF.

 

Wie auch immer, wenn ich mir mal in Sachen 5 SF-Veröffentlichungen absolut sicher bin und die auch nachweisen kann, werde ich wahrscheinlich um Aufnahme in die Liste ersuchen.

 

Autorenmamis? Den Begriff kannte ich noch nicht ... :-)

 

Viele Grüße

Tobias

 

Nachtrag 21/6: Habe mal drüber geschlafen. Ich werde mich an dem "Teil ihres Lebensunterhalts bestreiten" orientieren. Das bedingt ja beinah zwangsläufig eine angemessene Zahl an Veröffentlichungen.


Bearbeitet von T. Lagemann, 21 Juni 2020 - 06:24.

"Wir sind jetzt alle Verräter."
"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."

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"Sentences are stumbling blocks to language."

(Jack Kerouac in einem Interview mit der New York Post, 1959)

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#220 Mammut

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    DerErnstFall Michael Schmidt

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Geschrieben 20 Juni 2020 - 19:54

Schlag es mal Udo vor! Es gab beim KLP immer wieder wechselnde Kategorien.

Allerdings sehe ich diesen konkreten Vorschlag ähnlich skeptisch wie Nina.

 

Gruß

Ralf

 

Was genau siehst du daran skeptisch?

 

@Nina: Sonderpreis soll ja herausragende Leistungen auszeichnen. Gehören da ganz allgemein Anthologien und Storysammlungen rein? Ich denke nicht.



#221 tom-c-t

tom-c-t

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Geschrieben 22 Juni 2020 - 20:26

Ich habe am Wochenende diesen Thread gelesen und verfolgt, wie engagiert hier der KLP und der DSFP verhandelt werden †¦

Ich weiss nicht genau, ob es angemessen ist, mich als diesjähriger Preisträger in die Diskussion einzuschalten †¦ und doch erlaube ich mir, einige persönliche Gedanken beizusteuern.

Vorab: der Preis hat mich ungemein gefreut und motiviert mich, weiter zu schreiben! Dabei bin ich überzeugt, dass man solche Preise nicht überschätzen sollte. Beim KLP und dem DSFP sind die Shortlists viel relevanter als der Preisträger, dort werden die Perlen des vergangenen Jahres zusammengetragen. Und wertvoll sind die Diskussionen - wie hier im Forum - die sie auslösen.

 

Wenn man wie die Jungfrau zum Kinde kommt, fragt man sich schon, was genau da vorgefallen ist. Ich hatte meine Lektorin und meinen Verleger im Verdacht, dass sie ihr Händchen im Spiel oder sogar ihr Zauberstäbchen geschwungen hatten. Auf meinen Dank reagierten beide abweisend: die Lektorin hat ihren Dienst in der Jury vor einem Jahr quittiert (zu viel Pflichtlektüre von unbekömmlichen Texten †¦) und Michael Haitel hat sich der Stimme enthalten, da er nicht alle Plots der Shortlist gelesen hatte.  Soviel zu meiner unbefleckten Empfängnis: Die Jury hat offenbar echt über die Texte debattiert, ohne dass mich jemand kennen würde oder supportet hätte. Keine Verlagspromotion, keine persönlichen Bruderschaften, das kann ich hier ausdrücklich bestätigen.

 

Dabei sollte man solche Jury-Entscheide nicht überbewerten. Wer den Preis von der Shortliste letztlich kriegt, ist irrelevant. Texte sind kein Sportanlass, wo Zehntelsekunden über Sieg oder Niederlage entscheiden,  »Coleo« von Nadine Muriel ist einfach vollkommen anders als meine Story, aber sicher nicht schlechter. Letztlich ist es der Zufall, ein Quäntchen Glück oder die Einschätzung eines einzelnen Jurymitgliedes, das die Rangordnung definiert. Das würde sich auch nicht ändern, wenn das Verfahren überarbeitet und verändert würde. In meinen Augen haben sich sowohl der DSFP wie der KLP über die Jahre bewährt, in ihrer ganzen Unterschiedlichkeit. Die Gremien leisten erstaunliches, und ich zücke meinen Hut vor all diesen Berserker-Lesern, die sich Jahr für Jahr durch Textberge quälen, sich redlich und unentgeltlich bemühen, die Szene zu durchleuchten.

 

Ich teile die Einschätzung, die Auszeichnung von Eschbachs PR-Roman sei rückwärtsgewandt, nicht. Im Gegensatz zum DSFP, bei dem eine Jury über Texte debattiert (Form, Inhalt, Originalität, Sprache, Handwerk etc. usf.) bildet der KLP mehr ab, was im vergangenen Jahr gelesen und gekauft wurde. Das schliesse ich aus meinem eigenen Verhalten: Ich kenne nur einen Bruchteil der nominierten Werke, setze meine Punkte selbstredend bei dem, was ich gelesen habe. Ich bin schlichtweg gezwungen, nicht gelesene Texte zu übergehen - und so kriegt beispielsweise Cixin Liu für "Jenseits der Zeit" immer noch einen Punkt, obwohl ich ihn nach 50 Seiten konsterniert weggelegt habe und mir unbekannte Werke mich womöglich um Welten mehr angesprochen hätten. ABER: Ich finde das nicht schlimm, es ist einfach ein völlig anderer Fokus auf die Szene. Ich teile mit, was ich lese und was ich mag, von der Auswahl, die ich unter dem Jahr getroffen habe.

(Man sollte nicht vergessen: es gibt selbstverständlich Berührungspunkte zwischen Bestsellerautoren und Exoten wir mir. Klaus W. Frick hat vor einigen Jahren aus PR-Perspektive an einem meiner Texte rumgemäkelt, Eschbach hat mich mal als Leser einiger meiner Plots ermuntert, dran zu bleiben. Ich wage zu behaupten, dass es die experimentelle Sektion der deutschen SF ohne Perry Rhodan und Erfolgsautoren in der Währung Eschbachs nicht in dieser Form geben würde. Also: Preis in meinen Augen absolut verdient;-)

 

Ich denke, jede Jury muss den Mut zur Lücke aufweisen. Wie man das Auswahlverfahren auch organisiert, immer werden gute Texte übersehen oder auf der Strecke bleiben. Wenn aber jemand hartnäckig dran bleibt, wird die Qualität irgendwann jemandem auffallen und ihn ansprechen.

 

Wie wählen Jurys aus? Muss man alles kennen, um sich einen "objektiven" und gerechten Überblick zu verschaffen? Wohl kaum: Auswählen hat viel mit statistischem Evaluieren zu tun.

Vor Jahren habe ich jeweils Studenten für eine Kunstschule ausgewählt. Zwanzig Plätze, hundert Bewerber*innen. Die ersten fünf, bestenfalls zehn Plätze waren rasch vergeben: Die wiesen Talent auf und ragten klar aus der Masse heraus. Über die Hälfte, eher 60% waren ebenfalls rasch aussortiert: Die hätten sich in einem kreativen Job sehr unglücklich gemacht. Die Krux stellte das Mittelfeld dar: wie werden die verbleibenden 35 bis 40 Personen auf die restlichen 10 bis 15 Plätze aufgeteilt? Da wurde es verdammt schwierig, objektive Kriterien aufzustellen.

Ich stelle mir vor, das Zusammenstellen der Shortlist heisst, die 5 bis 10 herausragenden Texte herauszupicken. Das bedeutet aber kaum, alle restlichen Kurzgeschichten und Romane von A bis Z zu lesen: oft genügt da ein Blick, ein Überfliegen, um den Text einzuordnen. Die ersten zwei drei Seiten - und wenn der Text den Leser nicht packt, wird er es kaum mehr schaffen. So im Sinne des Page 99-Tests von https://tell-review.de/. Natürlich ärgert uns Autoren, wenn wir Monate an einem Text rumwerkeln und der in 30 Sekunden beurteilt wird - aber diesem Elevator-Pitch müssen wir uns wohl stellen. Jeder Leser verfährt so.

Also: Ich plädiere für eine Jury mit Mut zur Lücke. Und den Mut, auf sein persönliches Urteil zu Vertrauen. Es ist ausgesprochen schade, wenn Szenenkenner*Innen immer wieder aus den Gremien flüchten, weil sie zu unmässigem Textkonsum verdonnert werden.

 

All diese Verbesserungsvorschläge in dieser Diskussionsrunde in Ehren - ich glaube aber kaum, dass sie zu "gerechteren" Preisvergaben führen würden.


Bearbeitet von tom-c-t, 22 Juni 2020 - 20:39.

"Das beste an der Zukunft ist vielleicht der Umstand, daß immer nur ein Tag auf einmal kommt." Dean Acheson

 

www.tom-turtschi.ch


#222 Bernard

Bernard

    Giganaut

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Geschrieben 22 Juni 2020 - 20:50

Gratulation zum Gewinn des DSFP, @tom-c-t ! Und danke für die ausführliche Darstellung Deiner Sicht.


www.bernardcraw.net
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#223 Galax

Galax

    Giganaut

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Geschrieben 23 Juni 2020 - 00:24

und so kriegt beispielsweise Cixin Liu für "Jenseits der Zeit" immer noch einen Punkt, obwohl ich ihn nach 50 Seiten konsterniert weggelegt habe und mir unbekannte Werke mich womöglich um Welten mehr angesprochen hätten. ABER: Ich finde das nicht schlimm, es ist einfach ein völlig anderer Fokus auf die Szene. 

 

All diese Verbesserungsvorschläge in dieser Diskussionsrunde in Ehren - ich glaube aber kaum, dass sie zu "gerechteren" Preisvergaben führen würden.

Und damit beschreibst du ja schon das Kernproblem. 100 interessierte Leser lesen einen schlechten Roman und bewerten ihn mit jeweils 2 punkten = ergo 200 Punkte Da diese Leser sich nicht für andere Werke interessieren, bekommen entsprechende null Punkte, eben weil die meisten keinen Bock haben einen "noname" zu lesen = ergo: Der schlechte Roman ist plötzlich das Beste des Jahres. Das Punktesystem müsste entsprechend der Menge an Nominierungen angepasst sein - oder die Nominierungen auf 5 beschränkt. Aber 1 - 5 Punkte auf mehr als 5 Werke aufteilen, damit man eine Liste, geordnet nach Beliebtheit eines Autoren erhält? ...


Bearbeitet von Galax, 23 Juni 2020 - 10:06.

"Das Urteil folgt dem Vorurteil."

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#224 Ender

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Geschrieben 23 Juni 2020 - 05:48

Wobei ich immer noch nicht verstehe, wieso man einem Roman, den man schlecht fand, überhaupt Punkte gibt.

#225 Naut

Naut

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Geschrieben 23 Juni 2020 - 06:10

Wobei ich immer noch nicht verstehe, wieso man einem Roman, den man schlecht fand, überhaupt Punkte gibt.

Finde ich auch eigenartig. Einen Roman, den ich abgebrochen habe, werde ich immer mit 0 bewerten.

Bearbeitet von Naut, 23 Juni 2020 - 06:11.

Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#226 Udo Klotz

Udo Klotz

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Geschrieben 23 Juni 2020 - 08:52

Ich finde es großartig, dass hier so ausführlich und engagiert über den KLP und DSFP diskutiert wird. Nichts wäre schlimmer, wenn die Preise stillschweigend als etwas gegebenes hingenommen werden würden. (Doch, hinterrücks polemisieren in asozialen Medien, aber das ist ein anderes Thema).

 

"Sich professionell mit SF beschäftigen" ist sehr weit gefasst. Ich habe mit meinen Romanen so ungefähr Dreifünfzig verdient (grobe Schätzung) und gelte trotzdem als professionell. Das Kriterium ist relativ willkürlich und verhindert nur, dass der KLP ein Publikumspreis ist. Ein Jury-Preis wiederum hätte deutlich engere Kriterien.

Vornild des KLP ist der Nebula Award, der von den Mitgliedern der SFWA vergeben wird. Da es hierzulande eine solche Organisation nicht gibt, man aber keinen Publikumspreis kreieren wollte, entstand die Vision, einen Preis "von Profis für Profis" zu vergeben. Zum einen wollte man eine Art Jury mit Fachkenntnis im Sinne von "wer selbst erfolgreich schreibt, kann mit Sachverstand andere Werke beurteilen", um zu verhindern, dass alljährlich der meistverkaufte bzw. meistgelesene Roman prämiert wird, sondern der "literarisch beste" ausgzeichnet wird. Nicht nur der Inhalt im Sinne von Thema und Ideen, sondern auch der Schreibstil und die handwerklichen Fähigkeit (Spannungsbogen, Charaktere, etc.) sollten in die Bewertungen eingehen. Nun gibt es hierzulande kaum Autoren, die vom SF-Schreiben alleine leben können, sei es durch hohe Verkaufszahlen oder innerhalb eines Teams für regelmäßig erschienende Serien. Daher wird das "professionell" sehr weit gefasst und ich verwende den Begriff SF-Schaffende (auch um hier nicht nur die Autoren, sondern auch die anderen Berufszweige wie Übersetzer, Graphiker, Herausgeber, Lektoren, Verleger, Hörspielregisseure etc. mit zu erfassen). Daher stehen in den Statuten für jede der Berufsgruppen Mindestvoraussetzungen im Sinne von Art und Anzahl der Veröffentlichungen. Ganz bewusst sollte damals eine Abgrenzung gegenüber dem Fandom und Fanzines gemacht werden, also Fanautoren und Fanzeichner erst dann als Abstimmungsberechtigte aufgenommen werden, wenn deren Werke auch mal erfolgreich durch professionelle Verlagsprozesse gelaufen sind. Heutzutage entspricht das der Frage, inwiefern ein Selfpublisher solche Prozesse wie ein Lektorat benutzt. Dass bei rund 700 Personen, die als Autor, Übersetzer, Graphiker, Verleger oder Herausgeber diese Kriterien erfüllen, nur sehr wenige mit der SF tatsächlich viel Geld verdienen oder damit ihren Lebensunterhalt bestreiten, ist klar - ansonsten wäre der Personenkreis, der abstimmungsberechtigt wäre, viel zu klein und würde beispielsweise die umfangreiche Kleinverlagsszene komplett ausblenden. Dass nur ein Drittel dieser 700 Personen sich aktiv jedes Jahr oder unregelmäßig jedes zweite, dritte Jahr beteiligen, habe ich auch schon mal erwähnt. Alle anderen sagen, sie haben zu wenig Zeit oder Interesse, sich mit den Werken der Kollegen auseinanderzusetzen.  


Udo

#227 Udo Klotz

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Geschrieben 23 Juni 2020 - 09:16

Zur Idee einer eigenen Kategorie für Kurzgeschichtensammlungen für den KLP:

Die Idee ist nicht neu, aber die damit verbundenen Probleme bleiben ungelöst:

  • Was soll ausgezeichnet werden? Die Gesamtleistung von mehreren Autoren, die (zufällig) im gleichen Buch vertreten sind? Oder die Arbeit des Herausgebers? Wie kann man diese beurteilen, wenn man nur das Ergebnis sieht, aber nicht weiß, ob er unkritisch alles veröffentlcht hat, was ihm angeboten wurde, oder aus einem großen Pool die besten Werke aussuchen konnte. Ob er als Lektor mit den Autoren gearbeitet hat oder alles in der "Rohfassung" der Autoren übernommen hat. Und wie trenne ich das von der Qualität der Stories? Hat automatisch der Herausgeber die beste Arbeit geleistet, dessen Stories die besten sind?
  • Wie vergleicht man Anthologien mit Collections und Magazinen? Einerseits Anthologien mit wenigen, langen Erzählungen, andererseits solche mit mehreren Dutzend kurzen Geschichten - da ist der Arbeitsaufwand des Herausgebers underschiedlich hoch. Daneben die Collections, die meist nicht von einem dritten, sondern dem Autor selbst herausgegeben werden. Bewertet man da die Fähigkeit eines Autors, objektiv aus seinen Werken die besten Erzählungen auszuwählen. Und schließlich die Magazine, die durch bessere optische Aufmachung punkten und wo man weniger den Herausgeber, sondern den Storyredakteur bewerten müsste.
  • Das Problem der Erstveröffentlichung: Wie sind Kurzgeschichtensammlungen zu bewerten, die nur wenige, vielleicht nur eine einzige neue Story enthalten und ansonsten aus Nachdrucken bestehen? Wie kann man vom Wähler verlangen, die Nachdrucke bei der Bewertung auszublenden, wenn es etliche Herausgeber noch nicht einmal für nötig befinden, die bibliographischen Daten anzugeben, die eine Identifizierung der Erstveröffentlichungen erlauben würden.

Sollte es herausragenden Anthologien oder Magazine geben, können diese für den Sonderpreis nominiert werden. Nicht als Gemeinschaftswerk der dort enthaltenen Autoren, sondern als Leistung des Herausgebers. Das wird regelmäßig gemacht, und so haben Ralf Boldt und Wolfgang Jeschke 2013 für eine Anthologie den Sonderpreis erhalten. Oder Helmuth Mommers, der 2008 für seine "Visionen"-Anthologien den Sonderpreis erhielt. Nicht zu vergessen mehrere Herausgeberteams, die für die langjährige Arbeit an Magazinen (Nova, Exodus) ausgezeichnet wurden.


Udo

#228 Udo Klotz

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Geschrieben 23 Juni 2020 - 09:59

Und noch ein paar Fakten zum Thema Punktervergabe: Ich kann natürlich nicht beurteilen, ob jemand allen gelesenen Werken Punkte vergibt oder nur selektiv, oder ob jemand nur wenige oder alle Werke gelesen hat. Dass jemand einem Werk Punkte gibt, das er gar nicht gelesen hat, ist nicht zu verhindern, aber meines Erachtens sehr selten, das zeigt der hohe Anteil an Wahlbögen, in denen nur wenige Kategorien bewertet werden. Denn beim KLP gibt es in jeder Kategorie (außer den Jury-Kategorien Übersetzung und Hörspiel) nicht nur die Option "kein Preis - ich halte in dieser Kategorie keine der Nominierungen für preiswürdig", sondern auch die Option "Enthaltung - ich stimme in dieser Kategorie nicht ab, z.B. weil ich zu wenige der Nominierungen kenne oder weil ich selbst nominiert bin". Und letztere wird stark genutzt.

Hierzu ein paar Zahlen aus diesem Jahr. Es haben (neben den Juroren bei Hörspiel und Übersetzung) dieses Jahr 93 Personen gewählt, aber nur zwischen 58 und 79 pro Kategorie. Also wurde nicht 6 Kategorien mal 93 Wähler = 558 Mal gewählt, sondern nur 432 Mal, in den anderen 126 Fällen wurde die Option "Enthaltung angekreuzt".

In den 432 Fällen haben die 93 Wähler ihre Punkte auf 1105 Nominierungen verteilt, das sind 2,56 Nominierungen pro Kategorie. Man kann, wie von Uwe schon beschrieben, 5-4-3-2-1 Punkte auf fünf Nominierungen innerhalb einer Kategorie verteilen, aber nur wenige tun das. Viele kreuzen nur eine Nominerung pro Kategorie an, manche zwei oder drei. Wenn ich mal davon ausgehe, dass der typische Wähler, wenn er in einer Kategorie abstimmt, dort mehr als zwei oder drei Werke gelesen hat, dann ist das ein deutliches Indiz dafür, das die Werke, die nicht gefallen haben, auch keinen Punkt bekommen.

Ich kann bei meiner Auswertung auch erkennen, ob eine Nominierung nur wenig, aber durchwegs mit hoher Punktzahl, oder viel, aber mit wenigen Punkten gewählt wurde, auch wenn ich das nicht mehr veröffentliche. Insofern kann ich Auffälligkeiten erkennen, doch diese sind sehr selten.

Ich lege mal ausnahmsweise hier ein paar Zahlen offen, da ja so intensiv über die Tatsache diskutiert wurde, dass ein Perry-Rhodan-Roman gewonnen hat: Von den 77 Personen, die in der Kategorie Roman abgestimmt haben, haben 29 für den Sieger, 30 für den Zweitplatzierten und 25 für den Drittplatzierten Punkte abgegeben, die Höchstpunktzahl erhielten die drei Werke 15, 6 und 8 Mal, die Durchscnittspunktzahl lag bei 3.9, 3.0 und 3.5. Das heißt, der Sieger war in allen Bereichen vorne, aber der Zweite hat den Dritten überholt, weil er trotz niedrigeren Punktzahlen häufiger gewählt wurde. Und das, obwohl er in einem Kleinverlag veröffentlicht wurde - im Unterschied zum Zweiten. Und das ist dieses Jahr die einzige Auffälligkeit, in den anderen Kategorien gab es solche Überholungen nicht.

Ein Hinweis noch: Seit Jahren ist die Kategorie mit den meisten Enthaltungen die der Erzählung. Hier stimmen 20-25% weniger ab als in den anderen Kategorien. Und das ist völlig unabhängig davon, ob die Nominierungen in nur vier zu besorgenden Büchern oder Magazinen stammen oder aus zehn. Sprich, die Verfügbarkeit ist nicht das Problem, und die fehlende Zeit schon gar nicht. Alle nominierten Erzählungen zusammen waren weniger Text als der Sieger in der Romankategorie. Warum also werden Kurzgeschichten immer unbeliebter?


Udo

#229 Mammut

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Geschrieben 23 Juni 2020 - 10:24

Ein Hinweis noch: Seit Jahren ist die Kategorie mit den meisten Enthaltungen die der Erzählung. Hier stimmen 20-25% weniger ab als in den anderen Kategorien. Und das ist völlig unabhängig davon, ob die Nominierungen in nur vier zu besorgenden Büchern oder Magazinen stammen oder aus zehn. Sprich, die Verfügbarkeit ist nicht das Problem, und die fehlende Zeit schon gar nicht. Alle nominierten Erzählungen zusammen waren weniger Text als der Sieger in der Romankategorie. Warum also werden Kurzgeschichten immer unbeliebter?

 

Das Phänomen ist beim Vincent Preis ähnlich. Da stimmen für die Kurzgeschichte viele bei der Nominierung ab (beim Vincent Preis kann man für sich selbst stimmen), bei der Endrunde ist es dann wesentlich weniger im Verhältnis.

Meines Erachtens ist die Erzählung vermehrt zum Produzentenmarkt gewandelt (oder war es schon immer). Viele schreiben und veröffentlichen Kurzgeschichten aber lesen selbst keine, selbst die Anthologien, in denen die Autoren vertreten sind, werden scheinbar oft genug nicht gelesen oder aus anderen Gründen nicht gewählt.

Helmuth Mommers hat mal hier im Forum eine Umfrage bezüglich Kurzgeschichten erstellt, die hat das glaube ich untermauert.

Seit der Einstellung der Visionen ist die Anzahl der Anthologien/Storysammlungen m.E. nochmal explodiert und ein Flagschiff wie die Visionen selbst gibt es nicht, wenn man den Nominierungen glauben darf, sind die aktuellen Flagschiffe Nova und Exodus und zuletzt die Bände von Modern Phantastik.

Dazu kommen c´t, Spektrum der Wissenschaften, die jährliche Begedia Anthologie, Gegen unendlich, Tor Online, etc...wer soll das alles lesen? Und wenn man dann die Nominierungen anschaut und sich die Geschichten anschaut, die man selbst gelesen hat, motiviert das vielleicht auch nicht immer, die anderen Nominierten zu lesen.



#230 Mammut

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Geschrieben 23 Juni 2020 - 10:36

Zur Idee einer eigenen Kategorie für Kurzgeschichtensammlungen für den KLP:

Die Idee ist nicht neu, aber die damit verbundenen Probleme bleiben ungelöst:

  • Was soll ausgezeichnet werden? Die Gesamtleistung von mehreren Autoren, die (zufällig) im gleichen Buch vertreten sind? Oder die Arbeit des Herausgebers? Wie kann man diese beurteilen, wenn man nur das Ergebnis sieht, aber nicht weiß, ob er unkritisch alles veröffentlcht hat, was ihm angeboten wurde, oder aus einem großen Pool die besten Werke aussuchen konnte. Ob er als Lektor mit den Autoren gearbeitet hat oder alles in der "Rohfassung" der Autoren übernommen hat. Und wie trenne ich das von der Qualität der Stories? Hat automatisch der Herausgeber die beste Arbeit geleistet, dessen Stories die besten sind?
  • Wie vergleicht man Anthologien mit Collections und Magazinen? Einerseits Anthologien mit wenigen, langen Erzählungen, andererseits solche mit mehreren Dutzend kurzen Geschichten - da ist der Arbeitsaufwand des Herausgebers underschiedlich hoch. Daneben die Collections, die meist nicht von einem dritten, sondern dem Autor selbst herausgegeben werden. Bewertet man da die Fähigkeit eines Autors, objektiv aus seinen Werken die besten Erzählungen auszuwählen. Und schließlich die Magazine, die durch bessere optische Aufmachung punkten und wo man weniger den Herausgeber, sondern den Storyredakteur bewerten müsste.
  • Das Problem der Erstveröffentlichung: Wie sind Kurzgeschichtensammlungen zu bewerten, die nur wenige, vielleicht nur eine einzige neue Story enthalten und ansonsten aus Nachdrucken bestehen? Wie kann man vom Wähler verlangen, die Nachdrucke bei der Bewertung auszublenden, wenn es etliche Herausgeber noch nicht einmal für nötig befinden, die bibliographischen Daten anzugeben, die eine Identifizierung der Erstveröffentlichungen erlauben würden.

Sollte es herausragenden Anthologien oder Magazine geben, können diese für den Sonderpreis nominiert werden. Nicht als Gemeinschaftswerk der dort enthaltenen Autoren, sondern als Leistung des Herausgebers. Das wird regelmäßig gemacht, und so haben Ralf Boldt und Wolfgang Jeschke 2013 für eine Anthologie den Sonderpreis erhalten. Oder Helmuth Mommers, der 2008 für seine "Visionen"-Anthologien den Sonderpreis erhielt. Nicht zu vergessen mehrere Herausgeberteams, die für die langjährige Arbeit an Magazinen (Nova, Exodus) ausgezeichnet wurden.

 

Ich würde die Gesamtleistung auszeichnen. Einfach jede neu erschienene Anthologie/Storysammlung/Magazin mit Schwerpunkt SF zulassen und stellvertretend den Herausgebern den Preis verleihen.

Bei den Visionen und Nova ist das ja ein anderer Fall beim Sonderpreis. Das sind ja Reihen (Visionen mit 4 Ausgaben, Nova aktuell 28), da kann man schon mal den Sonderpreis ausloben.

Wofür allerdings hat "Die Stille nach dem Ton" den Sonderpreis gewonnen? Für die Idee, die Gewinner des DSFP in einem Band zu präsentieren? Oder für ein unhandliches Format, vor dem es dem Leser graut und dessen kleine Schrift die Lektüre gerade für älter Semester Schwierigkeiten bereitet?

Gerade bei einem solchen Buch sind doch viele Faktoren, die dafür sorgen, dass es zum Sonderpreis nominiert wird (und im vorliegenden Fall gewonnen hat). Und das sind nicht nur die Leistungen/Nichtleistungen der Herausgeber/Verleger. In Klammern steht ja auch noch dabei; sowie Michael Haitel und der SFCD).

Kurzgeschichtensammlungen haben gegen Anthologien bei so einer Preisvergabe eher einen Nachteil, daher ist es meines Erachtens eher weniger relevant ob sie neues Material enthalten oder eine Art Lebensleistung sind.

 

Für mich sind die oben genannte Argumente gegen eine solche Kategorie nicht sonderlich stichhaltig, sehe aber an der bisherigen Diskussion, das niemand da ist, der diesen Vorschlag unterstützt. Das passt aber zu deinem obigen Argument das Kurzgeschichten immer unbeliebter werden.



#231 Uwe Post

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Geschrieben 23 Juni 2020 - 10:52

Wenn sich schon für Kurzgeschichten relativ wenig Leute begeistern, dann wäre eine eigene Kategorie für Sammlungen und Anthologien sicher nicht besonders aussagekräftig. Zumal es nicht viele in Frage kommende Kandidaten gibt, und für besonders herausragende Fälle kann man ja wie bisher Sonderpreise vergeben - eine Kategorie, die es beim KLP glücklicherweise gibt, beim DSFP leider nicht.

 

Wäre es heutzutage nicht so lächerlich einfach, Anthologien oder Sammlungen rauszubringen, sondern würden knallharte wirtschaftliche Belange dahinterstecken, gäbe es ja deutlich weniger: Kurzgeschichten werden hauptsächlich geschrieben, um geschrieben und gedruckt zu werden, und nicht etwa, weil die Leser danach gierten. Das meint Mammut mit "Produzentenmarkt" und liegt 100% richtig.

 

Die meisten Kurzgeschichtensammlungen sind wie Ein-Euro-Läden: Bis oben hin vollgestopft, aber den größten Teil des Sortiments braucht eigentlich kein Mensch. Das Zeug wird nur hergestellt, weil man es kann.

 

Gerade liegt wieder ein dicker Wälzer auf meinem Tisch: 426 Seiten, über 30 Geschichten, 17 Euro 90, Durchschnittsalter der AutorInnen irgendwas um die 60. Mehr als ein paar dieser mehr oder weniger verklausilierten und teils völlig unterhaltungsfreien Warnungen vor menschlicher Idiotie anlesen (ein paar wenige, die wirklich fesseln und kurz genug sind, vielleicht ganz) wird da nicht passieren. Schade angesichts der Arbeit, die sich die Autoren machen - aber absehbar.


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#232 Amtranik

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Geschrieben 23 Juni 2020 - 10:58

 aber der Zweite hat den Dritten überholt, weil er trotz niedrigeren Punktzahlen häufiger gewählt wurde. Und das, obwohl er in einem Kleinverlag veröffentlicht wurde - im Unterschied zum Zweiten.

Das liegt meines Erachtens nach daran, das wir es bei Platz 3 mit einem Autoren zu tun haben der stark polarisiert. Er wird meistens entweder sehr gemocht oder gleich ganz gemieden. Daher haben ihn gar nicht so viele gelesen weil alleine der Name auf manche eine abschreckende Wirkung hat.


Bearbeitet von Amtranik, 23 Juni 2020 - 14:58.


#233 Uwe Post

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Geschrieben 23 Juni 2020 - 12:34

Gut möglich. Davon abgesehen darf man nicht vergessen, dass Michael Marrak recht bekannt ist und sich der Roman meiner Einschätzuung nach recht gut verkauft hat. Bei Amrûn gibt es sowohl Werke mit hohen verkauften Auflagen als auch Ladenhüter (letzteres kenne ich aus eigener Anschauung).


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#234 Narrania

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Geschrieben 23 Juni 2020 - 13:15

"Warum also werden Kurzgeschichten immer unbeliebter?"

 

Die Frage ist bei wem? Ich lese unwahrscheinlich gerne Kurzgeschichten und freue mich über die vielen Anthologien. Ich weiß aber, dass es immer mehr Leute gibt, die unbedingt dicke Wälzer haben wollen, damit sie länger in der Geschichte sind. Komischwerweise sind die auch mit offenen Enden zufrieden, weil man sich da je die Geschichte selbst weiter denken kann. Für mich ist das ein Widerspruch, aber die dicken  Bücher passen in die Welt wo man viel für sein Geld haben will. Wenn also ein Buch 10 Euro kostet, dann soll es aber auch entsprechend viele Seiten haben. Ist es vielleicht das? ich weiß nicht. Es gibt ja jetzt auch schon Antologien, die den dicken Wälzern in nichts nachstehen.



#235 Mammut

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Geschrieben 23 Juni 2020 - 13:39

Wenn sich schon für Kurzgeschichten relativ wenig Leute begeistern, dann wäre eine eigene Kategorie für Sammlungen und Anthologien sicher nicht besonders aussagekräftig. Zumal es nicht viele in Frage kommende Kandidaten gibt, und für besonders herausragende Fälle kann man ja wie bisher Sonderpreise vergeben - eine Kategorie, die es beim KLP glücklicherweise gibt, beim DSFP leider nicht.

 

Kandidaten gibt es reichlich:

Nova 27

Nova 28

Exodus 39

Flucht von Zumura

Elvis hat das Gebäude verlassen

c´t Jahrgang 2020

Spektrum der Wissenschaft Jahrgang 2020

Tor Online Jahrgang 2020

Spährenklänge

phantastisch! Jahrgang 2020 (oder die vier Ausgaben einzeln)

Gegen unendlich 15

Alien Eroticon

2029 - Geschichten von morgen

Andromeda Nachrichten Jahrgang 2020 (oder die vier Ausgaben einzeln)

Der Raum zwischen den Worten

Krieg der Mondvölker

Aeronautica: Logbuch der Lüfte

 

Und noch ein paar gemischte:

https://www.sf-lit.d...achige-sf-2019/



#236 Narrania

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Geschrieben 23 Juni 2020 - 15:09

Die meisten habe ich gelesen, alle habe ich nicht geschafft, aber wenn ich einen Preis vergeben könnte, wäre es das "Alien Eroticon" Ich bin kein Erotic-Fan und lese wenig aus diesem Genre und bin zufällig auf der LBM darauf gestoßen im Wissen, dass der Neue Stern ein Erotik Sonderheft machen wollte. Also dachte ich das passt. Ich war und bin begeistert, da mir bis auf ganz wenige Ausnahmen alle Geschichten sehr gut gefallen haben. Erotic zwischen nicht zusammenpassenden Wesen ja bis hin zu einander abstoßend findenden Wesen zu zeigen fand ich einfach super gelungen. und dabei ohne Gossensprache auskommen, noch ein Pluspunkt. Leider scheinen solche Geschichten nicht so beliebt wie Kriegsgeschichten. dabei finde ich, dass sie viel mehr Phantasie benötigen. 



#237 Ender

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Geschrieben 23 Juni 2020 - 16:07

Also, dass Sex in der Literatur nicht so beliebt sei, möchte ich jetzt aber doch bezweifeln ;)

#238 Mammut

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Geschrieben 23 Juni 2020 - 16:17

Also, dass Sex in der Literatur nicht so beliebt sei, möchte ich jetzt aber doch bezweifeln ;)

 

Gibt es sogar ein sehr lesenswerten Roman zu Sex der verschiedenen Rassen:

https://www.phantast...von-aussenwelt/



#239 Narrania

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Geschrieben 23 Juni 2020 - 17:16

Ja Das Buch steht mit vielen von  P..A. in meinen Bücherregalen, ist aber sehr lange her, dass ich es gelesen habe. ich könnte auch noch andere Beispiele nennen, vor nicht allzulange Zeit habe ich begeistert die Geschichten gelesen von

Aleksandar Žiljak "Welche Farbe hat der Wind".

 

 

ob Sex in der Literatur beliebt ist kann ich nicht sagen, meist gefällt es mir nicht, da zumindest deutsche Autoren (komischerweise auch Frauen) dabei ziemllich oft in Gossensprache verfallen (auf Nachfrage kam die Begründung, es gäbe keine andere Möglichkeit über Sex zu schreiben) .

 

Die Frage ist ja, wer liest es. Es gibt ja hier im Forum einen Thread zu "Alien Eroticon" mit zwei Empfehlungen, aber es wurde nur zum cover diskutiert. 



#240 tom-c-t

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Geschrieben 23 Juni 2020 - 21:39

Ein Hinweis noch: Seit Jahren ist die Kategorie mit den meisten Enthaltungen die der Erzählung. Hier stimmen 20-25% weniger ab als in den anderen Kategorien. Und das ist völlig unabhängig davon, ob die Nominierungen in nur vier zu besorgenden Büchern oder Magazinen stammen oder aus zehn. Sprich, die Verfügbarkeit ist nicht das Problem, und die fehlende Zeit schon gar nicht. Alle nominierten Erzählungen zusammen waren weniger Text als der Sieger in der Romankategorie. Warum also werden Kurzgeschichten immer unbeliebter?

1950 sollen die Leute vor den Buchhandlungen Schlange gestanden sein, als Bradburys Mars Chroniken erschienen. Diese Zeiten sind definitiv vorbei. Wenn Leute noch lesen und nicht netflixen, dann sicher keine SF Kurzgeschichten. Die epische Länge von Endloserzählungen findet seine Gefolgschaft - ich stelle mir vor, das Publikumsinteresse an Kurzgeschichte versus Roman entspricht dem Verhältnis von Kurzfilmliebhabern zu Serienkommaglotzern.

Warum werden Kurzgeschichten immer unbeliebter, Udo? Ist die Qualität der Publikation dermassen schlecht, wie Uwe oben beschreibt? Weitgehend Schrott und ohne Unterhaltungswert, ein Privatvergnügen älterer Herren, die auch gerne mal etwas Gedrucktes von sich sehen möchten? Sollte man die Kurzgeschichten-Kategorie nicht besser abschaffen, weil sie dermassen quer zum Zeitgeist steht? Wäre doch irgendwie naheliegender, als eine weitere Kurzgeschichten-Anthologie-Kategorie aus dem Boden zu stampfen. (Die meines Erachtens keinen einzigen zusätzlichen Leser generieren würde)

 

Und doch möchte ich eine Lanze brechen für die SF-Shortstory. Für mich ist es die perfekte Form für das Genre. Die 30 bis 50 Seiten reichen um eine Idee zu vermitteln, den Weltenbau, einen Plot zu entwickeln und die Figuren zu zeichnen. Alles weitere ist Ausschmückung und Beigemüse. Fast alle grossen SF-Geschichten, die Relevanz entwickelt haben (meist in der filmischen Umsetzung), sind Kurzgeschichten. Man denke nur an Dick - oder Ted Chiang mit Story of Your Life, usw. usf. Irgendwie bin ich nicht bereit, diese Form zu Grabe zu tragen - auch wenn sie kaum Leser findet. Will man sich den Gesetzen des Marktes und dem Publikumsinteresse beugen, schreibt man wohl besser  gleich Fantasy oder Kriminalromane, gewürzt mit etwas Lokalkolorit, Kulinarik und einer Prise Erotik.

 

Ich habe keine Ahnung, wie man das Interesse an Kurzgeschichten ankurbeln könnte. Mir geht es oft auch wie Uwe - bei den Anthologien beginne ich meist sehr rasch, quer zu lesen und switche irgendwann zu Netflix †¦

Wie wäre es mit einer weiteren Publikation - wenn aus der Shortlist eine Anthologie zusammengestellt würde? Immerhin wurde hier von Szenenkenner und Kennerinnen eine Auswahl getroffen, die "Auslese" des Jahres, die doch für eine gewisse Qualität steht. Der Zugang zu diesen Geschichten zu vereinfachen wäre ein Ansatz. Oder irgend eine mediale Umsetzung der Sieger-Story?

Vermutlich ist das alles nicht sehr originell und ein ziemlich hilfloser Input †¦


Bearbeitet von tom-c-t, 23 Juni 2020 - 21:48.

"Das beste an der Zukunft ist vielleicht der Umstand, daß immer nur ein Tag auf einmal kommt." Dean Acheson

 

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