Geschrieben 10 September 2007 - 23:02
Hmmm, mit den kleinen Göttern kann anscheinend keiner was anfangen ... Dann eben noch ein weiterer Ausschnitt des Romans, in dem geschildert wird, wie die Hauptperson zur Beerdigung seines Vaters kommt.Xxxxxx konnte jetzt die Trauergesellschaft sehen und wechselte die Laufrichtung, um einen geeigneten Weg dorthin zu finden. Etwa dreißig Personen, vielleicht auch mehr, umstanden das Grab. Die Frauen trugen dunkle Kleider und große schwarze, mit ebensolcher Spitze geschmückte Hüte, die wie fantastische Blumen aussahen. Die Männer trugen Anzüge ohne Schwitzflecken. Die Kinder wirkten ernst und feierlich. Xxxxxx verlangsamte sein Tempo zu einem respektvollen Schritt, versuchte sich zu beeilen, ohne durch schnelle Bewegungen erkennen zu lassen, dass er in Eile war, und als er die Trauergruppe erreicht hatte, versuchte er sich in die vorderen Reihen zu schlängeln, ohne allzu viel Aufmerksamkeit zu erregen. Angesichts dessen, dass er mittlerweile schweißgebadet war, keuchte wie ein Walross im Hochgebirge und im Vorbeigehen auf mehrere Füße trat, war dieser Versuch zum Scheitern verurteilt.Es gab feindselige Blicke, doch Xxxxxx tat so, als würde er sie nicht bemerken. Man sang ein Lied. das Xxxxxx nicht kannte. Er wiegte den Kopf im Takt des Liedes und bewegte auch die Lippen auf eine Art, die für den Beobachter zumindest nicht ausschloss. dass er sich aktiv, wenn auch sotto voce, am Gesang beteiligte. Dabei nutzte er die Gelegenheit, hinunter auf den Sarg zu blicken. Mit Befriedigung nahm er zur Kenntnis, dass dieser verschlossen war.Der Sarg war eine prachtvolle Angelegenheit, gefertigt allem Anschein nach aus extra strapazierfähigem dunkelgraublauem Armierungsstahl. Im Falle der glorreichen Auferstehung, dachte Xxxxxx, wenn Gabriel in seine mächtige Trompete bliese und die Toten ihren Särgen entstiegen, würde sein Vater in seinem Grab feststecken, würde vergeblich gegen den Sargdeckel schlagen und sich wünschen, er wäre mit einer Brechstange, wenn nicht einem Autogenschweißbrenner als Grabbeigabe beerdigt worden.Ein letztes, zuliefst melodisches Halleluja verklang. In der anschließenden Stille konnte Xxxxxx jemand am anderen Ende des Ehrengartens rufen hören, nahe der Stelle, wo er diesen betreten hatte.Der Prediger sagte: »Also, hat irgendjemand etwas auf dem Herzen, das er zum Angedenken an den guten Menschen sagen möchte, den wir hier zur Ruhe betten?«Mehrere der Personen, die am nächsten zum Grab standen, legten eine Miene auf, die erkennen ließ, dass sie in der Tat die Absicht hatten, etwas zu sagen. Aber Xxxxxx wusste, dass dies ein Moment war, in dem es hieß: Jetzt oder nie. Du musst deinen Frieden machen mit deinem Vater, weißt, du. Genau.Tief Luft holend, trat er einen Schritt vor, sodass er direkt am Rand des Grabes stand, und sagte: »Ähm. Entschuldigung. Ja. Ich glaube, ich hätte etwas zu sagen.«Das ferne Rufen wurde lauter. Einige der Trauergäste blickten sich um, um festzustellen, wo es herkam. Die anderen starrten Xxxxxx an.»Ich hatte zu meinem Väter niemals das, was man eine enge Beziehung nennen würde«, sagte Xxxxxx. »Wir wussten vermutlich nicht, wie das geht. Zwanzig Jahre lang habe ich nicht zu seinem Leben gehört und er nicht zu meinem. Es gibt vieles, das zu vergeben schwerfällt, doch dann steht man eines Tages da und hat keine Familie mehr.« Er wischte sich mit der Hand über die Stirn. »Ich glaube nicht, dass ich in meinem ganzen Leben auch nur einmal ›ich liebe dich, Dad‹ gesagt habe. Sie alle, Sie haben ihn wahrscheinlich besser gekannt als ich. Einige von Ihnen haben ihn vielleicht geliebt. Sie waren ein Teil seines Lebens und ich war es nicht. Daher schäme ich mich nicht vor Ihnen, es zu sagen. Es zum ersten Mal seit mindestens zwanzig Jahren zu sagen.« Er blickte auf den unüberwindlichen Metallsargdeckel. »Ich liebe dich«, sagte er. »Und ich werde dich nie vergessen.«Jetzt wurde das Rufen sogar noch lauter, und inzwischen war es laut genug und auch deutlich genug, dass in der Stille, die auf Xxxxxxs Erklärung folgte, jeder verstehen konnte, was da quer durch den Ehrengarten gebrüllt wurde: »Xxxxxx! Hör auf, diese Leute da zu belästigen, und mach, dass du herkommst, aber sofort!«Xxxxxx starrte auf das Meer unvertrauter Gesichter, auf denen ein brodelnder Eintopf aus Schock, Verwirrung, Wut und Schrecken sich Ausdruck verschaffte; mit brennenden Ohren erkannte er die Wahrheit.»Ah. Tut mir leid. Falsche Beerdigung«, sagte er.Ein kleiner Junge mit großen Ohren und einem sehr breiten Lächeln sagte stolz zu ihm: »Das war meine Oma.«Gevo