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Roman 2022: Neongrau von Aiki Mira

Neongrau 2022 Aiki Mira

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#121 Future Remains

Future Remains

    Yoginaut

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Geschrieben 04 Januar 2023 - 18:02

Seite 130

Quäl mich grad etwas. Die Figuren sind weiterhin toll geschrieben, aber ich hab irgendwie keinen Anreiz, ihnen beim Leben zuzusehen. 

Das ist und bleibt ein Manko, dass sich meiner Einschätzung nach - ich habe noch 90 Seiten bis zum Ende - nicht auflösen wird. Und Du formulierst das ja treffend: Man hat keinen Anreiz, den Figuren beim Leben zuzusehen. Ich würde ergänzen: ... mit ihnen zu fiebern, ... Anteil zu nehmen an ihrem Schicksal. Es herrscht eine Distanz zur Leserschaft. So nehme ich das zumindest wahr. 

 

Andererseits sehe ich darin mittlerweile eine bewusste Entscheidung von Aiki, die emotionale Ausstrahlung der Protagnisten auf Sparflamme zu halten. Sie hat eine kalte, nasse Welt erschaffen, in der das Miteinander zum Nebeneinander geworden ist. Nennenswerte Interaktion als Miteinander findet fast ausnahmslos in der VR statt und dient dort bloß dem Kräftemessen und Kampf. Nur die Figur Tayo mit ihrem Mitgefühl und Familiensinn steht da (v.a. ab S. 347) als Ausnahme separat, wie ein Relikt mir Retro-Ansichten aus längst vergangenen Zeiten.



#122 fancy

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Geschrieben 04 Januar 2023 - 18:28

Hm, meine Wahrnehmung ist da völlig anders. Ich fiebere schon mit Go und ELLL mit. Ich hatte sogar Angst, Aiki könnte jemanden von meinen Lieblingen nicht überleben lassen. 

Schon witzig, wie unterschiedlich wir alle lesen. 


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#123 Jol Rosenberg

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Geschrieben 04 Januar 2023 - 18:39

Ich empfand auch eine große Distanz und das hat mich immer mal wieder auch gequält. Genau wie Future Remains habe ich das als gewollt gelesen, als ein Abbild der Beziehungsunfähigkeit der Protas. Mitgefiebert habe ich allerdings trotzdem.

 

Was mich interessieren würde: Wie geht es euch denn mit dem Ende? Bin ich die einzige Person hier, die damit Schwierigkeiten hatte?


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#124 lapismont

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Geschrieben 04 Januar 2023 - 19:15

Ich hab jetzt 40 Seiten weiter gelesen und es passiert jetzt ja etwas. Ich fiebere eigentlich mit Go/Stuntboi mit, das ist so mein Fokus und Tayos Perspektive ist mir als Vater schon nah.

Aber tatsächlich interessieren mich Figuren, die wie ich sind, gar nicht.  :closedeyes:


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#125 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 04 Januar 2023 - 20:28

Ich bin da näher an Marianne. Ich mochte Go sehr. Den Vater auch. Auch anderen Figuren, eher Nebenfiguren.

Ich war auch irgendwie nach vier Tagen schon fertig beim ersten Durchgang. Fand es viel zu spannend

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#126 Jol Rosenberg

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Geschrieben 04 Januar 2023 - 21:28

Da bin ich jetzt neugierig: Wen mochtest du warum? Und wen warum nicht?

 

Für mich ist es so, dass das verschiedene Dinge sind: Ob ich einen Prota mag und wie nah ich mich der Person fühle. Ich fand Go als Prota durchaus liebenswert, aber ich konnte mich ihm/ihr nie wirklich nah fühlen. Ich habe bis zum Schluss nicht das Gefühl gehabt, Go irgendwie greifen oder verstehen zu können. Trotzdem habe ich mit Go mitgefiebert.

Ich überlege auch gerade, ob es im Buch eine Person gab, die ich nur unangenehm fand. Die ich also gar nicht mochte. Vielleicht den Polizisten, der schien mir einfach böse (und darin dann auch recht eindimensional). Alle anderen fand ich vielschichtig, wenig greifbar - aber auch sympathisch. Bei Ren beispielsweise schwankte das sehr. Und daran fand ich auch was sehr spannend.

 

Was ich auch spannend finde, ist, wie verschieden Nähe wahrgenommen wird. Da gibt es ja auch hier im Thread sehr verschiedene Meinungen dazu.


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#127 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 05 Januar 2023 - 06:38

Das würde ich ja lieber deutlich detaillierter beantworten, Jol. Nur habe ich es als PDF gelesen, da lässt mich der Tolino nichts notieren, selbst notiert habe ich mir auch nichts, ich habe den Roman in einem Happs verschlungen und mir ein zweites Lesen vorgenommen, womit ich auch begonnen habe, aber bin noch nicht sehr weit.

 

Aus dem Gedächtnis: Go/Stuntboi fand ich gelungen in seiner Leidenschaft und seinem Konflikt (bin ich so okay, wie ich bin oder muss ich mich in eine der beiden Richtungen entscheiden?) und ich fand auch seine Unsicherheiten toll.

Seinen Vater hat die Verantwortung für alles komplett alleine übernommen als die Mutter weg ist und ich mochte es, dass auch ältere Menschen näher beleuchtet wurden, nicht nur sehr junge Erwachsene. 

 

Details müssen warten, bis ich durch bin, aber ich lasse mir damit Zeit und lese zwischendurch auch andere Sachen


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#128 ChristophGrimm

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Geschrieben 05 Januar 2023 - 06:52

Ich bin da näher an Marianne. Ich mochte Go sehr. Den Vater auch. Auch anderen Figuren, eher Nebenfiguren.

Ich war auch irgendwie nach vier Tagen schon fertig beim ersten Durchgang. Fand es viel zu spannend

Ich bin hier bei dir und Marianne.
Wobei ich hinzufügen möchte, dass ich in Bücher, Filmen, Serien keine Figuren brauche, die ich „sympathisch“ finde oder mit denen ich mich „identifizieren“ kann - ich muss die Charaktere eher glaubwürdig und interessant finden. Das hat Aiki geschafft. (Sympathisch waren mir insbesondere Go, Elll und Tayo trotzdem).

Für mein Empfinden wollte Aiki mit dem Erzählstil einerseits bewusst eine gewisse Distanz zwischen Lesenden und dem Figuren-Ensemble aufbauen - um den Gesamtüberblick zu geben -, aber gleichzeitig greifbar machen, was in allen Einzelnen vorgeht.
Diese Gratwanderung zwischen Nähe und Distanz hat they für mein Empfinden grandios gemeistert.

Ich betrachte es auch unter dem Punkt, dass Kommunikation unter und Beziehungen zwischen Menschen ein zentrales Thema des ganzen Werks ist. Gerade da wir in einer Zeit leben, in der wir als Gesellschaft mehr als jemals zuvor kommunizieren, aber durch Technik eine Distanz zwischen uns aufgebaut haben, erscheint mir Aikis Stil in diesem Werk wie ein (sehr) subtiler Kommentar zur gesellschaftlichen Gegenwart.

Bearbeitet von ChristophGrimm, 05 Januar 2023 - 07:38.

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#129 lapismont

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Geschrieben 05 Januar 2023 - 07:11

Ja, ich denke auch, dass es hier mit dem Stil sehr Meta zugeht. Das ist bisher (bin ja noch mittendrin) konsequent durchgezogen und so langsam wird das Beziehungsnetz für mich deutlicher. Schon in Rudi Nuss’ Roman »Die Realität kommt« ging es um die Frage, wie alltägliches VR-Leben die Menschheit verändert. Ich dachte ja, dass das Thema vorbei sei nach dem Abebben der Hypes um Second life oder die Gadgeds wie Occulus Rift oder die Google-Brille. Aber offensichtlich ist das Thema wieder aktuell.

Wird sehr spannend sein, ob und wie wir diese Techniken in unser Leben implantieren. Die Smartphone-Nutzung ist ja auch sehr fix ins soziale Gefüge eingedrungen.


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#130 Mammut

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Geschrieben 05 Januar 2023 - 08:18

Ich habe das Buch im Urlaub durchgelesen und kann klar vermelden, dass das nicht meine bevorzugte Sorte Buch ist. Und dafür, dass dem so ist, hatte ich dabei wirklich viel ... hmm, Spaß ist nicht der richtige Ausdruck. Ich denke, dass Unterhaltung nicht das ist, worum es Aiki geht. Eher geht es um Verstörung - und ja, das tut das Buch. Dass ich das nicht mag, ist dann eher mein Problem.

 

Diese Bewertung erscheint mir ein wenig optimistisch. Der Roman hat über 500 Seiten und ist doch inhaltlich sehr generisch. Die Idee der Geschichte trägt meines Erachtens keine 500 Seiten+ und viele interessante Aspekte bleiben leider auf der Strecke. Aus meiner Sicht ist der Roman rund 200 Seiten zu dick und das letzte Drittel besteht nur daraus, das eigentliche Thema, der Event samt Anschlag einigermaßen spannend zu erzählen. 

Der Roman will einerseits tolle Bilder produzieren und hat ja auch sehr interessantes Personal aufgefahren, verliert sich aber insgesamt doch eher im Beliebigen. Schade, ich fand gerade die erste Hälfte sehr erfrischend und spannend. Aber unter dem Strich war ich doch eher ernüchtert. Ich glaube nicht das ich beim nächsten Roman von Aiki Mira zugreife. Da würde ich erstmal abwarten.



#131 Jol Rosenberg

Jol Rosenberg

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Geschrieben 05 Januar 2023 - 09:34

Aus dem Gedächtnis: Go/Stuntboi fand ich gelungen in seiner Leidenschaft und seinem Konflikt (bin ich so okay, wie ich bin oder muss ich mich in eine der beiden Richtungen entscheiden?) und ich fand auch seine Unsicherheiten toll.

Seinen Vater hat die Verantwortung für alles komplett alleine übernommen als die Mutter weg ist und ich mochte es, dass auch ältere Menschen näher beleuchtet wurden, nicht nur sehr junge Erwachsene. 

 

 

Na, da bin ich gespannt. Wahrscheinlich habe ich die Details dann schon wieder vergessen.  :unsure: Tayo und Ren als Figuren fand ich auch wichtig, um den Altersdurchschnitt etwas zu heben. Wobei beide ja noch deutlich jünger sind als ich - und ich verstehe mich nicht als "älterer Mensch". Interessant finde ich, dass du bei Go von Leidenschaft sprichst. Was hat denn Go deiner Meinung nach für eine Leidenschaft? Ich fand Go gerade so wenig leidenschaftlich, dass ich mich manchmal gefragt habe, was ihm eigentlich wichtig ist. Außer dem Board schien es da wenig zu geben.

 

Ich bin hier bei dir und Marianne.
Wobei ich hinzufügen möchte, dass ich in Bücher, Filmen, Serien keine Figuren brauche, die ich „sympathisch“ finde oder mit denen ich mich „identifizieren“ kann - ich muss die Charaktere eher glaubwürdig und interessant finden. Das hat Aiki geschafft. (Sympathisch waren mir insbesondere Go, Elll und Tayo trotzdem).

Für mein Empfinden wollte Aiki mit dem Erzählstil einerseits bewusst eine gewisse Distanz zwischen Lesenden und dem Figuren-Ensemble aufbauen - um den Gesamtüberblick zu geben -, aber gleichzeitig greifbar machen, was in allen Einzelnen vorgeht.
Diese Gratwanderung zwischen Nähe und Distanz hat they für mein Empfinden grandios gemeistert.

Ich betrachte es auch unter dem Punkt, dass Kommunikation unter und Beziehungen zwischen Menschen ein zentrales Thema des ganzen Werks ist. Gerade da wir in einer Zeit leben, in der wir als Gesellschaft mehr als jemals zuvor kommunizieren, aber durch Technik eine Distanz zwischen uns aufgebaut haben, erscheint mir Aikis Stil in diesem Werk wie ein (sehr) subtiler Kommentar zur gesellschaftlichen Gegenwart.

 

Was Sympathieträger angeht, geht es mir genau wie dir: Ich finde nur sympathische Figuren eher langweilig. Sowohl im eigenen Schreiben als auch im Lesen.

Was die Gratwanderung zwischen Nähe und Distanz angeht, denke ich auch, dass sie ein zentrales Thema des Buches ist. (Es ist auch ein zentrales Thema meines Geflechts, aber ich bin es sehr anders angegangen.) Aus meinem Empfinden heraus ist mir das alles zu distanziert - pendelt also fast nie in meine Wohlfühlnähe - aber ich denke, das hängt sehr mit meinen individuellen Vorlieben zusammen. Niemand kann da alle Lesenden mitnehmen. Als Kommentar zu Gegenwart habe ich das allerdings auch gelesen, auch diese Frage von Stars als Influencer.

 

Diese Bewertung erscheint mir ein wenig optimistisch. Der Roman hat über 500 Seiten und ist doch inhaltlich sehr generisch. Die Idee der Geschichte trägt meines Erachtens keine 500 Seiten+ und viele interessante Aspekte bleiben leider auf der Strecke. Aus meiner Sicht ist der Roman rund 200 Seiten zu dick und das letzte Drittel besteht nur daraus, das eigentliche Thema, der Event samt Anschlag einigermaßen spannend zu erzählen. 

Der Roman will einerseits tolle Bilder produzieren und hat ja auch sehr interessantes Personal aufgefahren, verliert sich aber insgesamt doch eher im Beliebigen. Schade, ich fand gerade die erste Hälfte sehr erfrischend und spannend. Aber unter dem Strich war ich doch eher ernüchtert. Ich glaube nicht das ich beim nächsten Roman von Aiki Mira zugreife. Da würde ich erstmal abwarten.

 

Hmm. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich sagen könnte, was der Inhalt ist. Aber ich würde doch behaupten, dass es nicht um das Event und den Anschlag geht. Für mich war das beim Lesen nie zentral. Ich habe mir einige Notizen zu möglichen Prämissen gemacht, aber keine davon passt so recht zum Schluss. Der fällt für mich einfach komplett aus dem Buch raus.

 

Dass ich zukünftig Aikis Romane nicht mehr lesen werde, ist bei mir auch so. Ich liebe Aikis Sprache, aber die Romanwelten waren mir doch beide deutlich zu düster. Dem kann ich aufgrund meiner abweichenden Vorlieben nicht wirklich gerecht werden. 


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#132 fancy

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Geschrieben 05 Januar 2023 - 11:42

Ich werde auf jeden Fall weitere Romane von Aiki lesen. Mir macht es neben den Inhalten einfach viel zu viel Spaß zu sehen, wie Aiki mit Sprache umgeht. Das ist so außergewöhnlich, dass ich es nur genieße. 

Go hat sich doch leidenschaftlich in ELLL verliebt und war sich unsicher, ob diese Liebe erwidert wird. Go sieht sich viel kritischer als der Rest der Welt.

ELLL mag Go und schon deshalb mag ich ELLL. Außerdem gefiel mir, wie sie ihr Leben aus der Gosse heraus gemeistert hat. 

Tayo mochte ich auch sehr, weil er sich verantwortungsvoll um seine Tochter kümmert und auf eine weitere Beziehung zu Ren hofft. 

Ren hatte Defizite, deren sie sich bewusst war und unter denen sie litt. Ich fand Ren so interessant, dass ich mir eine Fortführung des Romans aus ihrer Sicht gut vorstellen könnte. Da waren noch so viele Fragen unbeantwortet. Was für Ziele verfolgt sie eigentlich und wie will sie die erreichen? 

Den Polizisten mochte ich nicht. 

Den Mann, der ELLL großgezogen hatte, mochte ich im Prinzip auch nicht, obwohl er an manchen Stellen zu verstehen war. Ich fand den Moment, in dem er sich von ELLL abwandte, weil sie Drogen konsumierte, an die er sie ja von klein auf herangeführt hatte, fürchterlich. 

Meiner Meinung nach geht es in dem Roman in erster Linie darum, für Verständnis für alle Lebensentwürfe zu bitten. Gesellschaftliche Schieflagen aufzuzeigen und darum, Vorurteile zu bekämpfen. 

 

Aber ich denke auch, dass VR, AR und seine weiteren Varianten in Zukunft weit mehr Bedeutung finden werden, als wir uns das heute noch vorstellen können. 


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#133 Zack

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Geschrieben 06 Januar 2023 - 14:08

Was mich interessieren würde: Wie geht es euch denn mit dem Ende? Bin ich die einzige Person hier, die damit Schwierigkeiten hatte?

Spoiler

 

Allgemein zu den Figuren:

 

Ich mochte auch Go/Stuntboi sehr gerne und mir war die Figur auch nah, ich konnte meist gut nachvollziehen, wie sich Go fühlt.

 

Insgesamt ist es Aiki gut gelungen, das Gefühlschaos von jungen Erwachsenen darzustellen, die noch auf Identitätssuche sind und mit gesellschaftlichen Ansprüchen hadern - und diese auch überschätzen, schließlich hat Gos Umfeld weniger Probleme, sie/ihn zu akzeptieren, wie sie/er ist, als Go selbst. Wobei das in der zukünfitgen Gesellschaft trotzdem nicht ganz unproblemaltisch zu sein scheint. Trans Personen sind akzeptieren, aber genderfluid weniger - parallel zu der heutigen Situation, dass Homosexualität besser akzeptiert wird als trans Personen.

 

Wer hier zu kurz kommt: Ash - ich fand ihn sehr spannend und mit ELLL hätte eine richtig tolle Freundschaft entstehen können und ich hätte gern mehr über ihn gelesen ...

 

Spoiler

 

Tayo hat mir ebenfalls gut gefallen als alleinerziehender Vater - und ich fand es auch allgemein gut, dass neben den jungen Erwachsenen auch ein paar ältere Figuren dabei waren und wir diese nicht nur, aber eben auch in der Rolle als Eltern erleben konnten.

 

Die Antagonisten, den Bombenbauer und den Polizisten, fand ich dagegen zu eindimensional und platt bösartig-verrückt.


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#134 fancy

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Geschrieben 06 Januar 2023 - 15:52

Hm, den Bombenbauer fand ich persönlich nicht zu platt und eindimensional. Immerhin hat er sich um ELLL gekümmert, sie quasi groß gezogen. Natürlich nur mit seinen beschränkten Mitteln, aber immerhin. Und dann ist es ja erst ihr vermeintliches Schicksal als Opfer des ersten Anschlags, das ihn überhaupt erst zum Agieren bringt. Davor hat er andere machen lassen und daran verdient, aber dass seine Nachbarin und ELLL sterben sollten und das niemanden zu interessieren scheint, das bringt ihn erst dazu, selbst aktiv zu werden. 

 

Ash und seine Schwester fand ich als Nebenfiguren auch interessant. Sie haben für mich das verkörpert, was man häufig in der Realität auch findet: Überforderte Superstars, die zwar materiell alles haben, aber doch nicht glücklich werden. Auch irgendwie tragische Figuren. 


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#135 Zack

Zack

    Illuminaut

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Geschrieben 06 Januar 2023 - 16:28

Ich empfand es als klischeehaft, dass ihn der persönliche Bezug dazu treibt, selbst aktiv zu werden, auch wenn der persönliche emotionale Bezug immer ein gutes Argument ist. Aber für mich war es hier nicht ganz schlüssig, warum er lebenslang im Hintergrund bleibt und plötzlich in die andere Richtung kippt - und sich dann auch noch nichtmal wirklich gut dabei anstellt.

 

Bei Jazmin erleben wir immerhin noch eine Art Emanzipation, sie befreit sich zunehmend von den Erwartungen und steht mehr zu sich selbst. Ash war das leider nicht vergönnt - da wäre aber sehr viel möglich gewesen, eine echt coole Figur.


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#136 Jol Rosenberg

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Geschrieben 06 Januar 2023 - 16:31

Mich hat geärgert, dass er dann das Bombenserum an die Lippen setzt. Schnitt. Und dann hat er es doch nicht getrunken, obwohl vorher angelegt war, dass er es ganz schnell trinken muss. Ich hätte mir da auch eine etwas komplexere Auflösung gewünscht als nur: hat er sich halt jetzt anders überlegt. Klar, mit Grund und so, aber da wäre mehr möglich gewesen.


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#137 Uwe Post

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Geschrieben 07 Januar 2023 - 09:34

 

 

 Ich dachte ja, dass das Thema vorbei sei nach dem Abebben der Hypes um Second life oder die Gadgeds wie Occulus Rift oder die Google-Brille. Aber offensichtlich ist das Thema wieder aktuell.

Das Thema wird ja nicht dadurch in der Breite aktuell, dass Romane zu dem Thema erscheinen (die wohl eher keine Bestseller sind).

Zumindest bisther haben VR und AR sich nicht durchsetzen können, weil sie zu umständlich sind und nicht zu bestimmten menschlichen Verhaltensweisen kompatibel sind. Man kann sich auf den Standpunkt stellen, dass die Technik noch nicht weit genug ist, oder dass eine Generation, die mit der Technik aufwächst, sie leichter annehmen wird. Aber das liegt sehr weit in der Zukunft, denn den größten Nachteil von VR/AR habe ich noch nicht genannt: Es hat nämlich (abseits von Gaming und Spezialanwendungen) keine entscheidenden Vorteile, sie zu benutzen. Ein großer Bildschirm und Kopfhörer genügen uns Menschen nämlich völlig, uns in eine andere Welt zu versetzen. Es soll sogar schon passiert sein, dass ein sogenanntes "Buch" dafür genügt...

Diese ziemlich plausiblen Argumente (ich hab die nicht erfunden!) sind nicht nur die Gründe für das Ausbleiben der VR-Revolution, sondern auch dafür, dass Cyberpunk ein bisschen ins Abseits geraten ist. Klar, das Grau, die fertigen Typen, die Konzerne - das haben wir längst alles. Aber die VR-Technik eben nicht. Die braucht es auch gar nicht.

 

Zurück zum Buch: Die Sprache ist bisweilen wirklich prima. Aber bei vielen Szenen frage ich mich, ob die hätten sein müssen, und ob die nicht nur der Coolness halber eingebaut wurden. Klar, kann man machen, ist auch beileibe nicht schlecht geschrieben. Aber ein knackiger Handlungsbogen sieht anders aus, und ein innovatives Setting vermag ich auch bisher nicht zu erkennen. Vor allem ersteres wird wohl dafür sorgen, dass der Roman eher kein Bestseller wird. Für ein breites Publikum ist das einfach zu schwierig.


Herausgeber Future Fiction Magazine (deutsche Ausgabe) ||| Aktueller Roman: ERRUNGENSCHAFT FREIGESCHALTET ||| uwepost.de ||| deutsche-science-fiction.de

#138 Future Remains

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Geschrieben 07 Januar 2023 - 12:57

Mich hat geärgert, dass er dann das Bombenserum an die Lippen setzt. Schnitt. Und dann hat er es doch nicht getrunken, obwohl vorher angelegt war, dass er es ganz schnell trinken muss. Ich hätte mir da auch eine etwas komplexere Auflösung gewünscht als nur: hat er sich halt jetzt anders überlegt. Klar, mit Grund und so, aber da wäre mehr möglich gewesen.

Da gebe ich Dir vollends Recht. Das Bombenserum wurde dem Attentäter schneller weggenommen als unsereiner bei einer Handgepäckkontrolle die versehentlich eingesteckte Nagelfeile. So eine verschenkte Szene!  

 

 

 

Zurück zum Buch: Die Sprache ist bisweilen wirklich prima. Aber bei vielen Szenen frage ich mich, ob die hätten sein müssen, und ob die nicht nur der Coolness halber eingebaut wurden. Klar, kann man machen, ist auch beileibe nicht schlecht geschrieben. Aber ein knackiger Handlungsbogen sieht anders aus, und ein innovatives Setting vermag ich auch bisher nicht zu erkennen. Vor allem ersteres wird wohl dafür sorgen, dass der Roman eher kein Bestseller wird. Für ein breites Publikum ist das einfach zu schwierig.

 

Bin gestern Nacht fertiggeworden mit dem Buch. Ja, die eindeutige Stärke des Romans ist die Sprache, vor allem die Sprachfiguren in der ersten Hälfte.

 

Vom Inhalt her sind eine ganze Reihe von Kapiteln und Szenen nicht wirklich wichtig, eben weil sie die Handlung nicht tragen, den Spannungsbogen nicht halten und stattdessen sich wiederholende statische Elemente (Beobachtungen, Gefühle, innere Treiber) beschreiben - und das zu ofl. Leider muss ich sagen, dass dem Roman eine Kürzung um mindestens 100 Seiten gutgetan hätte. Und ein Finale mit mehr Tempo und  weniger (buchstäblichem) Händchenhalten zwischen Ren und Tayo.

 

Ich muss meine Gedanken zu dem ganzen Roman noch mal ordnen. Und dann werde ich sie hier im Chat niederschreiben. Trotz des eben Gesagtem: Ein Verriss wird es nicht werden.



#139 Rezensionsnerdista

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    Yvonne

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Geschrieben 07 Januar 2023 - 12:59

Bin sehr gespannt!

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#140 Jol Rosenberg

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Geschrieben 07 Januar 2023 - 17:26

Ich auch! Ich arbeite auch an einer ausführlichen Rezi, die ich dann verlinke. Es wird auch kein Verriss sein - wobei ja auch meine Lobe die Tendenz haben, von einigen als Verriss gelesen zu werden.


Bearbeitet von Jol Rosenberg, 07 Januar 2023 - 17:33.

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Geschrieben 07 Januar 2023 - 18:54

Ich finde übrigens die meisten actionbeladenen Showdowns in Romanen Recht langweilig und lese die schneller als das davor, fand es daher hier gut, dass es nicht so übertrieben rasant war

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#142 Future Remains

Future Remains

    Yoginaut

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Geschrieben 07 Januar 2023 - 22:37

Action hatte ich nicht im Sinn, sondern ich dachte dabei an Spannung – also an Suspense im klassischen Sinne. Spannung mit einer Kulmination, in der die Handlung einem Höhepunkt zustrebt, der entweder kathartisch positiv ausfällt oder disruptiv negativ oder irgendwas dazwischen. Also eher Drama und Thrill. Ganz intergalaktisch ausgedrückt: Mehr im Sinne von Hitchcock als im Sinne von `Stirb langsam´ mit Bruce Willis im verschwitzten Rippunterhemd.


Bearbeitet von Future Remains, 07 Januar 2023 - 22:38.


#143 Future Remains

Future Remains

    Yoginaut

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Geschrieben 13 Januar 2023 - 19:53

... Nicht mehr viel Traffic hier. Aber gut. Ich hatte versprochen, noch mal ausführlich in mich zu gehen. Hier also meine persönliche Gesamteinschätzung zu »Neongrau«, die ich in insgesamt vier Posts übers Wochenende hier platzieren werde. Freue mich über Resonanz jeder Art. 

 

1. Handlung und Spannungsbogen

Aiki Mira legt in ihrem Roman – wie in den Shortstorys, die ich jetzt von ihr kenne – viel Wert auf das Atmosphärische und die Schilderung von Beziehungen. Das ist völlig OK! Doch ein Roman von 500 Seiten verlangt meiner Meinung nach mehr Zündstoff und Energie – wenn er damit eine breitere Leserschaft erreichen will. Handlung ist zwar da, aber sie scheint wie ein langsamer Fluss dahinzufließen – unaufgeregt, ohne dass sich die Handlungsströme länger an einem steinigen Hindernis aufstauen und Suspense auslösen würden.

 

Manche Szenen, wie die von der Entwaffnung des Bombenlegers im Stadion, schreien förmlich nach einer dramatischeren Auflösung. Da tut sich aber nichts: Bombe aus der Hand genommen. Gefahr gebannt. Bösewicht verhaftet. Ende. Auch eine andere Szene, bei der ELLL und Go einen bösen Polizisten auf einem Hausboot stellen, wirkt einfach nur skurril statt spannend, besonders als eine Figur dem Eindringling zur Abwehr einfach herzhaft in den Arm beißt, während die andere ungerührt daneben steht.

 

 

Spannung entsteht jedoch für mich auch immer durch die Szenerie, in der etwas passiert. Und da ist Aiki wieder ganz groß. Im überfluteten Hamburg und im Stadion während des `Turniers der Legenden´ bin ich nicht einfach Leser gewesen, sondern fühlte mich mittendrin.

 

Ich würde sagen, diesem Roman hätte eine Straffung durch Kürzung einiger, die Handlung nicht stützender Kapitel gutgetan – wenn man eine breitere Leserschaft erreichen will. Etwa wiederholte Einblicke in Gos/Stuntbois Beziehung zu ihren/seinen Eltern Ren und Tayo hätten gern knapper ausfallen dürfen, weil nicht viel Neues dazukam. Auf der anderen Seite hätte ich als Leser zumindest EINMAL in ein VR-Game abtauchen wollen, um die Spielwelt näher kennenzulernen.

 

 

Spannungsvolle Andeutungen, die zuweilen im Roman anklingen, hätte ich gern weiterentwickelt gesehen. Beispiel: Auf S. 99 findet Tayo ein Buch (!) in Gos Zimmer – aber nicht irgendeines, sondern »Der Fänger im Roggen«. Bei der Wucht dieses Coming-of-Age-Klassikers hätte es mich schon interessiert, zu erfahren, was Go darüber denkt und welche Schlussfolgerungen sie/er daraus für sich gezogen hat. Aber dazu kommt nichts mehr. – 2tes Beispiel: Auf S. 383 werden nachtaktive Krähen erwähnt, möglicherweise künstlich im Labor erschaffen. Geile Idee, hätte man was draus machen können. Aber dazu kommt nichts mehr.

 

 

Ergo: So ein bisschen Pageturner hätte nicht geschadet. Mehr Spannung, mehr Twists. Doch zu oft fehlte mir beides. Die Handlung fasziniert, aber sie ließ mich als Leser nicht brennen.



#144 Future Remains

Future Remains

    Yoginaut

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Geschrieben 13 Januar 2023 - 19:57

2. Der Weltenbau

Oh, Ihr Elenden! Lasset alle Hoffnung fahren! Denn die Welt ist abgesoffen, und die Überlebenden kämpfen in einer post-sintflutlichen High-Tech-Welt ums Überleben. – Etwa so war mein Eindruck nach den ersten vierzig Seiten des Romans. Und diese kalte, nasse Welt ließ mich über die ganze Strecke von 500 Seiten nicht mehr los. Schon auf Seite 10 verkündet Aiki, dass chronische Angst vor dem Untergang der Welt mittlerweile als anerkannte psychische Störung gilt.

 

Weiteres Plus: Der Roman ist gespickt von sensationell guten Einfällen für neuartige Gadgets in der elektronischen Kommunikation, wobei mir die In-Augen am besten gefallen haben. Und ich stelle es mir gespenstisch vor, wie Tausende von Fans in der Arena dieses optische Upgrade z.B. als Taschenlampen nutzen wie unsereiner das Handy in einem Popkonzert. Brrr!

 

Und es gibt noch so viele andere, teils erschreckende bzw. erschreckend gute Einfälle: etwa fliegende Sonnenscheinwerfer, weil die Wolkendecke niemals mehr aufreißt; mutierte Ratten, die Menschen in den M … - Nein, das beschreibe ich jetzt besser nicht; auf Einbrüche spezialisierte Roboter; eine – shissh! – von Neologismen strotzende Sprache, die man besser fix lernt, um sie nicht ständig im Glossar nachschlagen zu müssen. Und dann natürlich die Arena mit dem riesigen Becken aus Neurosubstrat. Wer dann noch liest, dass in Hamburg mindestens einmal pro Monat eine Bombe hochgeht und regelmäßige Überflutungen des Stadtgebiets dazugehören, weiß, dass das Leben in 2112 kein Zuckerschlecken ist. – Großartig dystopisch!

 

 

Nur eines will mir nicht in den Kopf: Wieso gibt es in knapp 90 Jahren noch Podcasts? – Aber das ist Mäkeln auf sehr hohem Niveau.

 

 

 

3. Die Kommunikation im System »Neongrau«

Eine besondere Faszination des Romans geht für mich von dem Umstand aus, dass Kommunikation und Interaktion der Charaktere in der Welt von »Neongrau« allgegenwärtig sind – oft genug medial: also digital, virtuell, unter Einbindung künstlich-intelligenter Counterparts. Und doch scheint das Menschliche darin einen Nischenplatz einzunehmen. Die Kommunikation erzeugt eher größtmögliche Distanz zueinander. – Wie viel Liebe, Zuwendung, Mitgefühl oder Toleranz zeigen die Figuren einander in dem Buch? Außer bei Tayo und später in hoffnungsvollen Ansätzen bei ELLL und Go/Stuntboi ist da Ebbe! Und das scheint mir gewollt. – Mit einer bitteren Botschaft als Konsequenz.

 

Unterstellt man, dass Menschen nur durch ihre Interaktion (Hören, Verstehen, Lernen, Informieren, Austauschen etc.) als soziale Wesen überleben können und erst so eine Gesellschaft erzeugt wird, ist eine Gesellschaft, die einander nur noch wenig mitzuteilen hat und Empathie missen lässt (beste Beispiele: Ren als Mutter von Go; Phoenix und Ash als Geschwister), eine Gesellschaft auf dem Weg in den Niedergang.

 

Ok, das klingt jetzt akademisch, genauer gesagt: systemtheoretisch. Aber ich sauf‘ eine Kiste Alupax, wenn Aiki als studierte MedienkommunikationsexpertiX hier keine Anregung beim Obersystemtheoretiker Niklas Luhmann eingeholt hat.



#145 Helli-S

Helli-S

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Geschrieben 13 Januar 2023 - 21:21

Hi,

 

ich bin erst auf Seite 39, habe zu viel Zeit mit "Oryx and Crake" verbracht. Lässt sich aber gut an.


Viele Grüße, Helli

 

 

 

Immer cool bleiben.


#146 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 13 Januar 2023 - 21:40

Diese Woche habe ich über den Roman mit aike gesprochen, ist im Podcast - siehe literatunnat - der Sound war them sehr wichtig, steht oft über anderen Dingen.

Beim ersten Lesen habe ich nichts vermisst, beim zweiten eh nicht, weil ich ja schon weiß was mich erwartet, lese aber langsam und parallel anderes

Deine Gedanken zu dem Roman finde ich hochinteressant und freue mich auf mehr!
Und ja der Weltenbau ist gruselig gut!

Podcast: Literatunnat

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#147 lapismont

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Geschrieben 13 Januar 2023 - 22:49

Bin Seite 280

Der Roman zieht sich und hört einfach nicht auf.

Weiterhin toll geschriebene Szenen, aber ich hänge nicht am Haken. Muss mich zum Weiterlesen zwingen.


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#148 Jol Rosenberg

Jol Rosenberg

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Geschrieben 14 Januar 2023 - 18:04

Ich habe es endlich hinbekommen, meine Gedanken in Worte zu fassen. Ihr findet sie hier: https://www.jol-rose...ongrau-polarise


Bearbeitet von Jol Rosenberg, 14 Januar 2023 - 18:06.

Ernsthafte Textarbeit gefällig? https://www.federteufel.de/

 

Science-Fiction-Buchblog: https://www.jol-rose.../de/rezensionen

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#149 Future Remains

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    Yoginaut

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Geschrieben 14 Januar 2023 - 18:18

Und weiter geht's mit den beiden letzten Posts mit meinen Gesamtfazit zu »Neongrau«:

 

4. Sprache und Formulierungsskulpturen

Ich steh auf Sprache, die wie eine Reportage daherkommt. Szenisch. Beschreibend. Im Präsens. Da folge ich den Figuren förmlich im Windschatten durch die Story. Das ist eine Nähe, die in einem völligen Widerspruch zu der von mir empfundenen Äquidistanz gegenüber dem Schicksal der (allermeisten) Charaktere steht. So nah, und doch so fern fühlte ich mich als Leser. – Und das muss man als AutorInX erstmal hinkriegen. Ob so von Aiki gewollt oder nicht: Mich hat das fasziniert.

 

Womit ich zu den Sprachskulpturen komme. Im ersten Teil hageln diese wunderbaren Formulierungen förmlich aus den Seiten, im zweiten Teil wird es dann eher handelsüblich; und die eine oder andere Figur „knurrte“ und „brummte“ mir dann allzu oft im Dialog.

 

Womit ich, wie im Chat vor einiger Zeit versprochen, zu meinen Top 10-Formulierungen bzw. -Sätzen in Aikis Roman komme. – Ich habe Aiki auf dem BuCon in Dreieich gefragt, wie sie an ihren Texten arbeite. Sie sagte, Schreiben sei für sie wie Musik. Da entstehe eine Flow. Erst danach folge das Feilen an den Sätzen. – Na, das muss eine mordsmäßig filigrane Feile sein! Hier also meine Top-10:

 

 

Platz 10: „Im Fahrwind prickelt sein Gesicht, als rauschte die Fähre durch eine Wolke elektrischer Entladungen.“ (S. 228)

 

Platz 9: „Jetzt, wo die … Gamerin weder Polster noch Perücke trägt, sieht sie aus wie etwas, das eben erst geschlüpft ist.“ (S. 344)

 

Platz 8: „Auf ihrer Fingerkuppe klebt ein feuchter Film. So etwas ist ihr im Leben noch nicht passiert. Ren riecht daran. Ihre erste Träne als Mutter. – Sie ist geruchlos.“ (S. 171)

 

Platz 7: „Eine physische Form ist überhaupt nicht nötig, solange er kommuniziert.“ (Seitenzahl versehentlich nicht notiert, aber irgendwo zwischen S. 134 u. 162)

 

Platz 6: „Mit einem anderen Programm … fügt sie einen neuen Audioschnipsel ein, der wie ein Chor zischender Dieselschiffe klingt.“ (S. 129)

 

Platz 5: „Denn wenn das Produkt kostenlos ist, dann sind die Nutzer das eigentliche Produkt.“ (S.188)

 

Platz 4: „Ihr Herz besteht aus vielen toten Winkeln“. (S. 178)

 

Platz 3: „… das Leben ist doch nichts anderes als eine hochaggressive Form von Malware.“ (S.354)

 

Platz 2: „Die Vorstellung, sie selbst könnten Teil der nächsten Nachricht sein – das ist Terror.“ (S. 163)

 

Platz 1: „Das Gegenteil von Lachen ist nicht Weinen, sondern Singen.“ (S. 80)



#150 Future Remains

Future Remains

    Yoginaut

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Geschrieben 14 Januar 2023 - 18:24

5. Die Charaktere

Die ca. 15 zentralen Charaktere des Romans wirken plastisch und glaubwürdig. Jedoch blieben sie für mich weitgehend unnahbar. Es war mir nicht möglich, ihrer Gefühlswelt nachzuspüren. Bis auf Tayo, der in seinem Denken noch der alten, längst untergegangenen Welt und ihren Werten verbunden scheint. Dessen Frau Ren ist das krasse Gegenstück, Symbol einer Gesellschaft, deren Individuen von der VR-Welt geprägt wird und vorwiegend dort ihre Bestätigung sucht. Dass beide am Ende wieder dauerhaft zueinander finden, darf trotz der romantischen Ansätze getrost bezweifelt werden. Die Hoffnung, dass es anders sein könnte, verbleibt mit dem verliebten Pärchen ELLL – Go/Stuntboi. Wobei das ja so eine Sache ist mit der ersten Liebe.

 

Enttäuschend finde ich es nicht, dass die Charaktere mir fremd geblieben sind. Es zeigt vielmehr Aiki Miras Gespür dafür, eine glaubhaft dystopische Welt zu entwickeln, in der Kälte und Düsternis auf die Figuren direkt abfärben.  

 

Noch ein paar Einzelbeobachtungen: Bei der Komplexität und Anzahl der Figuren hätte mir ein Personenregister sehr geholfen, die Übersicht zu bewahren. Damit hätte ich mehr anfangen können als mit Shownotes, die ich nicht mehr benötige, wenn ich das Buch ja schon gekauft habe.

 

Was die Spaltung der Figur Go/Stuntboi und ihre Wandlungsfähigkeit betrifft – mal die weibliche Konnotation, mal die männliche – ist hier schon einiges im Chat diskutiert worden. Ich finde hier auch keine Logik drin. Beispiele: Auf S. 452 wird von einem Absatz zum anderen aus Stuntboi wieder Go, ohne dass die Figur selbst gar anwesend ist. Auf S. 472 wird Go als Junge bezeichnet und auf S. 501 ist es Go, die erstmals Skateboard fahren möchte. Das Glossar half mir mit der Erklärung zu Stuntboi leider auch nicht weiter.

 

Ach so: Und ich gebe einigen Stimmen Recht, die den Charakter des verdeckten SEK-Beamten als eindimensional bewertet haben. Etwas mehr Plastizität durch Zerrissenheit, wie bei anderen Figuren, hätte ihr gutgetan.

 

 

 

6. Gesamtfazit

Für den breiten Publikumsgeschmack dürfte »Neongrau« zu abgefahren und eigen sein, fürchte ich. Der Roman verlangt von der Leserschaft einiges an (Denk)Arbeit ab. Das Weiterlesen kann anstrengend sein: Manche Teilnehmer/innen im Lesezirkel äußerten, sie quälten sich durch das Buch und bräuchten nach wenigen Kapiteln eine Pause. Das sollte Aiki zu denken geben.

 

 

Eine Leserschaft jedoch, die dazu bereit ist, ihre gelernten Lesegewohnheiten beiseitezulegen und sich einen literarischen Alptraumtrip zu gönnen, der ein komfortables Zurücklehnen und Genießen eben nicht gönnt, wird hier auf ihre Kosten kommen. Mit einer Einschränkung: Wer einen stabilen Spannungsbogen für diesen Trip braucht, beendet den Roman mit einem gehörigen Kater ... Der kann aber auch von zu viel frisierter Limo und CCC-Tropfen herrühren. 





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