Okay, ich sehe schon, du bist viel ausführlicher als ich, meine Notizen zu den nächsten Storys sind auch deutlich kürzer. Ich habe auch die ersten entdeckt, die mir weniger gefallen haben. Dann wird's kurz bis sehr schweigsam, denn ich werde nicht wie 2022 und 2021 und auch schon in weiten Teilen 2020 wieder 300+ SF-Kurzgeschichten lesen, die mir weniger gefallen, geschweige denn rezensieren.
Es wäre ja schön, wenn noch mehr mitlesen würden, dann würde sich das nämlich relativieren? Bei der Exodus sind wir schon drei bis fünf Leute, das ist ausgewogener.
Ich habe also den nächsten Schwung gelesen:
Neugebauer, Frank Museum für Menschen
Eschbach hat mal eine Story mit einer Art Menschenzoo gebracht, die mir ganz gut gefallen hat. Die war anders aufgebaut. Hier bin ich nicht wirklich mitgegangen, sprachlich war es aber recht gut und der Schluss sehr konsequent.
Grießer, Anne Die lange Wacht
Das hatte was. Wenn ich an die Aufgabe der Anthologie zurückdenke, sogar sehr viel. Hätte ich auch sowas von genommen, bringt Abwechslung in die Anthologie, ohne vom Thema abzuweichen. Hier lebt eine Art Geist irre lange weiter in einem versiegelten Endlager für Atommüll und beobachtet von dort aus (zwangsläufig passiv) extrem lange, was aus der Menschheit so wird. Gute Story, interessanter Schluss. Hätte auch in eine Story Gegen Atomkraft gut gepasst als Idee. Der Ton ist eigenwillig und hat mir nicht immer gefallen, aber die Story-Idee ist so gut und auch so gut umgesetzt, dass mich das nicht abgehalten hat.
Wehrle, Ute Der Sinn des Überlebens
Hier war das Ende gut, der clevere R2-D2-ähnliche Roboter am Ende war schick, die anderen Roboter waren nicht so recht meins. Den Popo auf den Illustrationen muss ich wohl im Text überlesen haben.
Tunnat, Yvonne Nanita findet Leben
Nur der Vollständigkeit halber, das ist ja mein eigener Text.
Mira, Aiki Zwischen der Musik
Zu Beginn ein Touch Military SF, dann viel über Vorurteile und Glaubenssätze und Misstrauen gegenüber dem Fremden oder (wogegen wir immer schon waren, ob KI oder Mensch oder Rest-Mensch) in der B-Story. Jemanden zu überzeugen ist schwierig, selbst wenn man alle Fakten auf seiner Seite hat.
Manske, Christian Wimpernschlag der Ewigkeit
Das war auf eine Art verschachtelt und die Perspektivwechsel haben mich fertig gemacht, da bin ich raus.
Kugler, Hans Jürgen Die Heimkehrer
Ich bin großer Fan seiner letzten beiden Romane und halte gute Figurenzeichnung sogar für eine Stärke des Autors. Nur in Kurzgeschichten macht er das offenbar nicht. Warum denn nicht?
Hermann, Uwe Alles eine Frage der Energie
Hier mal wieder ein Highlight nach der Schattschneider-Story vom Anfang.
Die Figur ist mir schon auf Seite 2 sympathisch, als er sich eine zwölfstellige Zahlenkombination nicht merken kann oder will. Es braucht gar nicht viel!
Plus, ich mag die Idee mit dem Histomaten und genieße die Dialoge, es gibt auch sofort Spannung und Neugier auf meiner Seite. Ich bewundere außerdem, wie leichtfüßig (oder scheinbar leichtfüßig) der Autor die Aufgabe der Anthologie gelöst hat, während andere sich entweder voll einen abgebrochen haben oder das Erwartbare, Langweilige geschildert haben.
Zwischendurch verliert die Story sich ein wenig in viel Action und großer. lebensbedrohlicher Dringlichkeit, fängt sich aber wieder, liefert zwei Twiste, die ich beide haben kommen sehen (aber die nicht zu offensichtlich waren) und bringt die Story sauber und gut zu Ende.
Steinmüller, Angela und Karlheinz Unheil aus der Tiefe
Man merkt stilistisch schon, dass da jemand nicht erst seit ein paar Jahren schreibt. Aber inhaltlich hat mich die Geschichte diesmal nicht so abgeholt. Der Anfang ist recht stark, auch atmosphärisch. Ich lese gerade einiges zur DDR-Literatur im neuen Sachbuch von Hans Frey und sicher wäre das eine gute Richtung zur Analyse dieser Kurzgeschichte. Die werde ich aber nicht wagen. Vielleicht kommt ja noch jemand vorbei, der sich damit ein bisschen besser auskennt.