Savyon Liebrecht erzählt in Ein guter Platz für die Nacht von Menschen, die nach einer Katastrophe mit einem Zug, in einer postapokalyptischen Welt sich befinden und sich dort mit dem neuen Leben arrangieren. Sehr gut erzählt, inhaltlich bleibt y aber eher bieder.
Ich fand die Story richtig heftig. Okay, sie fügt dem Thema Apokalypse eigentlich nichts Neues hinzu (abgesehen von der sehr phantastischen Idee mit dem Limbs (Glieders?), die der Protagonistin und dem Mann im Bauch wachsen, aber das wird nicht weiter verfolgt, richtig?), sie geht da sehr bekannte Pfade.
Aber sie ist verdammt gut und hart.
Viele tolle Stellen, auch sprachlich, von der Struktur her interessant (nicht nur chronologisch). Ich hätte das auch als Roman gelesen.
Die üblichen Konflikte einer postapokalyptischen Welt: Ein kräftiger Mann (der Pole) wird eigentlich gebraucht, stellt aber der jungen Nonne nach und will sie vergewaltigen.
Dann weiß man, man braucht eigentlich eine Partnerin für den kleinen Jungen und nimmt hin, dass der Pole die Nonne vergewaltigt, in der Hoffnung, dass diese mit einem Mädchen schwanger wird.
Ich frage mich, warum das Überleben der Menschheit in solchen Momenten so oft über dem steht, was menschlich ist. Wollen wir weiterleben, aber Gewalt reproduzieren? Oder benehmen wir uns lieber anständig, auch auf die Gefahr hin, auszusterben.
Das ist eine ziemlich krasse Frage und die Story beantwortet sie anders, als ich als Leserin es beim Lesen mache, ich schätze, das ist absichtsvoll. Insofern schon sehr gut, die Story.
Nicht alle Szenen machen Spaß, aber vieles ist einfach super, auch gut beobachtet. Ich war die ganze Zeit sehr bei der Sache und habe mir meine eigenen Gedanken gemacht. Solche Szenarien haben für mich immer eine sehr starke "Was wäre wenn"-Komponente.
Als Frau, die langsam alt genug wird, dass sie vielleicht nicht mehr als "Gebärmaschine" benutzt werden würde, ändern sich meine Gefühle auch beim Lesen solcher Szenarien. Ich wäre nun vermutlich nicht mehr so stark Opfer, eher eben Mittäterin oder Zuschauerin, eine passive Antagonistin, die zulässt, dass so etwas geschieht. Oder würde ich einstehen für die junge Frau und darauf bestehen, dass sie selbstbestimmt sein darf über ihren Körper und ihr Leben? Ich hoffe es doch.
Fehlende Zivilisation, ist es das, was mich so fasziniert an solchen Geschichten?
Oft bin ich sehr streng mit diesem Subgenre, gerade weil ich schon etliches daraus gelesen habe und sehr viel gutes. Diese Story gehört für mich dennoch zu den guten.
Interessant auch, dass niemand Namen hat.
Die Autorin ist auch gestanden und inzwischen etwas älter, habe sie ergoogelt, da ich wissen wollte, ob sie Mann oder Frau ist.