Der Endspurt:
Yael Furman: Männertraum
Inhalt: Jair träumt von Rina. So weit, so normal. Nur, dass seine Träume wahr werden. Auf die Weise verwickelt er Rina in einen Autounfall und sorgt dafür, dass sie ihren Dienstausweis als Regierungsbeamte öfter vergisst. Nach einem Selbstmordversuch fällt er ins Koma. Die Frage ist: Haben Komapatienten Träume? Und was bedeutet das für Rina?
Fazit: Wenn Männerträume wahr werden, bricht das Chaos aus. Sehr intensive, niedliche Satire. Für die Betroffenen ein Alptraum, für den Leser traumhaft lustig!
Gur Shomron: Zwei Minuten zu früh
Inhalt: Tommy, David und Linda Linton machen bei der Puzzle-Meisterschaft von sich reden. Das Finalpuzzle erhalten sie zwei Minuten zu früh; aber auch ohne den Vorsprung wurden sie in Rekordzeit fertig. Doch bei der Preisverleihung gab es einige Überraschungen, an denen ihr Manager Alfred nicht unschuldig war.
Fazit: Schön und rund geschriebene Jugendgeschichte. Die Pointe, obwohl bekannt, sitzt. Aber irgendwie läuft alles ein wenig zu glatt. Bei einem echten Wettbewerb mit DER Reputation hätte das, was sich Alfred geleistet hat, ganz andere Folgen.
Nitay Peretz: Mein beschissener Herbst
Inhalt: Am Morgen nach einem großartigen Fußballspiel machte Oscher Schluss mit Ido. Praktisch aus dem Nichts! Ido fällt in eine tiefe Depression, die sich nicht bessert, als sein Freund Max auf dem sprechenden Esel Tony reitend ein UFO betritt, aber nicht berichten will, was sich da drinnen abgespielt. Ido kauft eine Pistole und bereitet so vielen Menschen wie möglich eine schlechte Zeit. Dann begibt er sich an einen einsamen Ort, um sich eine Kugel in den Kopf zu schießen. Doch noch nicht mal das gelingt ihm…
Fazit: Zwischendurch fragte ich mich: Was ist an der Story eigentlich SF? Dann fiel mir ein: das UFO, die Aliens, der sprechende Esel… In Idos schwarzgetränkter Welt haben all diese Unerhörtheiten keine Bedeutung. Ich mag Texte über Frustrierte. Die denken so herrlich ungehemmt und lassen ihre ganze Verachtung für alle anderen Menschen und ihren Ekel über die Welt ungefiltert raus. Ido ist mein Held, und Nitay Peretz ist sein Prophet. Obwohl eigentlich Max als Religionsstifter fungiert. Eine großartige Story, und ein hervorragender Einblick in das Innenleben eines Depressiven.
Das einzige, was ich Peretz übel nehme:
Shimon Adaf: Ismael
Inhalt: Ein Vater lässt mit Hilfe von Alien-Technologie eines Kopie seines sechsjährigen Sohns herstellen. Nach anfänglicher Freude versteht der Junge, was mit ihm geschah, und dass er sich nicht auf der Erde befindet…
Fazit: Ich habe nicht alles verstanden. Hat die Erde den Öko-Kollaps erlitten und sind Vater und Sohn deshalb auf einem Planetenmond? Oder wollte der „echte“ Junge seinem Vater nicht in den Weltraum folgen? Oder ist der Sohn tatsächlich jung verstorben? Aber wie?
Die Story ist so poetisch wie unbefriedigend.
Aharon Hauptmann: Nachwort / Danksagungen
Inhalt: Hauptmann erinnert sich an die Gründung der Zeitschrift „Fantasia 2000“ und welch eine rasante Entwicklung die israelische SF in den vergangenen 40 Jahren durchmachte. Außerdem reflektiert er über die Möglichkeiten und Grenzen von SF.
Fazit: Ebenso klug wie warmherzig. So ein Nachwort lasse ich mir gern gefallen. Zumal es nur drei Seiten umfasst. Auch die Danksagungen sind von echtem Respekt und echter Dankbarkeit geprägt.
Gesamtfazit:
Okay, einige der letzten Stories erreichen nicht das ganz große Niveau. Trotz allem bleibt "Zion's Ficition" eine internationale Spitzenanthologie. Ich bin mir nicht sicher, ob wir 16 deutsche SF-Geschichten zusammenkriegen würden, die ähnlich eindrucksvoll wären. Vielen Dank an Teitelbaum und Lottem für den Mut und den langen Atem bis zum fertigen Buch! Vielen Dank auch an den Hirnkost-Verlag für das Wagnis, diese Anthologie in deutscher Übersetzung rauszubringen!
Wenn mir eine Antho solche Leseerlebnisse beschert, dann müssen die Übersetzungen einfach herausragend sein!
Dankbare und geflashte Grüße
Ralf