Ich weiß Yvonne, deshalb geht es mir ja auch nicht darum, es allen recht zu machen.
Ich bin hier auf etwas aufmerksam gemacht worden, das mir in dem Maße nicht bekannt war, und das sich auch in der zuletzt von Michael verlinkten Rezension von Rahel Schmitz wiederfindet. Das ist wirklich spannend. Dort hebt die Autorin zwei Story-Arten hervor, in die sie einen Teil der Erzählungen aus dem letzten Exodus einordnet. Eine Art hält sie für Technologie-betont und diese umfasst zwei Geschichten, u.a. Humanicity. Das ist interessant, denn meine Geschichte handelt nur am Rand von Technologie. Technik bildet lediglich einen Kontext für die überspitzte Behandlung ganz anderer Themen, die mit Gesellschaftskritik, menschlichen Beziehungen und Werthaltungen zu tun haben. Wenn ich die Stellen, die sich mit Technik befassen, in Worte quantifiziere, komme ich auf einen Anteil am gesamten Text von rund 4,6 %.
Das erscheint wenig, aber im Grunde kann ein einziger Satz unseren Eindruck eines gesamten Textes prägen. So etwas ähnliches ist hier offenbar geschehen. Mir war bekannt, dass manche Menschen für diese Plausibilisierungen nicht affin sind und dann mehr oder weniger überlesen. Das Phänomen, das sich hier jedoch gezeigt hat, war mir neu und ist sehr aufschlussreich, nämlich dass diese relativ geringen Anteile bei manchen Leseri alles andere überstrahlen können.
Hinzu kommt, dass es für manche Leseri offenbar wesentlich schwerer ist als ich dachte, die Implikationen im Rest des Textes abzuleiten z.B. in Bezug auf die Beziehungen und die psychischen Verfassungen.
Ich schreibe Geschichten, um unterhaltsam Überlegungen zu kommunizieren, die ich für interessant halte. Mir ist es deshalb wichtig, verstanden zu werden. Ich weiß, dass manche Autori einen anderen Schwerpunkt haben und z.B. lieber nur wenige Menschen erreichen, solange sie eine bestimmte Form, die ihnen zusagt, verwirklicht haben. Mein Schwerpunkt ist jedoch die unterhaltsame Kommunikation meiner Überlegungen, über die ich mich dann auch gerne mit den Leseri austausche. Das ist ein anderer Ansatz. Bei diesem Ansatz ist es wichtiger, für möglichst viele Menschen angenehm und verständlich zu schreiben. An den Überlegungen hingegen würde ich nichts ändern, weil ich sie mitteilenswert finde. Wenn sie der Grund wären für Ablehnung und ich sie nach eingehender Reflektion weiterhin wichtig fände, würde ich aufhören für andere zu schreiben. Mir geht es nicht um Verkauf, sondern um Austausch.
Deshalb werde ich versuchen, die Plausibilisierungen auf ein Mindestmaß zu beschränken. Ich werde andere Wege dafür verstärkt nutzen, die nicht zu dieser Hürde beitragen. Eine wissenschaftlich und logisch fundierte Basis der Erzählungen werde ich weiter gewährleisten, denn das gehört für mich zur SF dazu. Auch werde ich versuchen, die Bezüge und Bedeutungen leichter greifbar, transparenter zu machen, ohne ins didaktisch plakative zu verfallen, das die normale Welt ja auch nicht bietet, und den Diskurs allzu künstlich wirken lassen würde.
Ich danke Euch für Eure Hinweise und nehme gerne weitere entgegen.
Ich fände es auch total interessant zu erfahren, was Du, Yvonne, im deutschsprachigen Bereich vermisst. Das ist in meinen Augen ein interessantes Thema, da ich auch gerne Werke englischsprachiger und französischer Autoren lese und tatsächlich auch Unterschiede zu den deutschsprachigen festgestellt habe.
Bearbeitet von Christian Hornstein, 11 August 2023 - 17:50.