...ist Gegenstand einer Untersuchung auf Tor Online:
https://www.tor-onli...kurzgeschichten
Geschrieben 08 Dezember 2023 - 17:14
Obwohl wenig mehr als eine statistische Auswertung durchaus lesenswert insb. betreffend der gezogenen Schlussfolgerungen. Anscheinend ist die deutsche Kurzgeschichtenszene doch sehr konservativ und tradierten Sichtweisen verhaftet wenn man sie mit der angolamerikanischen vergleicht, wobei auch hier die innovativen Ansätzen heute m.E. oft aus dem afroamerikanischen und asiatischen Raum kommen.
Geschrieben 08 Dezember 2023 - 18:01
Nur wieder ein Tor-Online-typischer Werbeartikel, der zum Zwecke einer zuvor festgelegten Meinung zurechtgebogen wurde. Kein Mehrwert.
"Das Urteil folgt dem Vorurteil."
***
Warum auf alte Katastrophen zurückblicken? Es liegen noch unzählige vor einem!
Geschrieben 08 Dezember 2023 - 18:31
Mein Selbstversuch hat ergeben, das der Leser solche Experimente nicht bejubelt:
https://defms.blogsp...s-religion.html
Geschrieben 08 Dezember 2023 - 19:05
Die SF war und ist schon immer zukunftsgerichtet gewesen. Diversität und Gleichberechtigung gingen dem voraus. Es war nie nötig, einen Geschlechterkrieg in die Zukunft zu verlagern oder gar eine Minderheit aus der Unterdrückung zu befreien. Da dies in der Zukunft überwunden wurde.
Aktuell in unserer Gesellschaft gibt es aber einige priviligierte Damen und auch Herren, die überall und allerorts Rassismus, Sexismus und Unterdrückung wittern, obwohl sie selbst noch nie mit derlei in Kontakt gekommen sind, und dichten dieses uralte Problem dort herein, wo es nicht stattfindet und versperren zeitglich die Augen vor den wahren Brennpunkten dieser bizarren Problematik, die in der realen Gesellschaft abseits des gehobenen Mittelstandes Alltag ist.
Und Schuld ist der weiße Mann, irgendwie.
Um dieses Schaubild bedienen zu können wird halt viel verbogen, verdreht und verkleidet.
Am Ende geht es nur wieder um Politik und vielleicht sogar um den Selbstzweck. Ganz sicher aber nicht um ScienceFiction, denn hier war die Diversität schon angekommen, als andere noch nicht einmal wussten, dass es sie gibt. Für jemanden, der schon lange in der allgemeinen SF unterwegs ist, keine Neuigkeit.
Dass natürlich viele Leser/Zuschauer einfach nur unterhalten werden möchten spielt auch eine Rolle. Und es sei ihnen gegönnt.
Das kann man derzeit bei Disney sehen. In ihren krampfhaften Versuchen, es einer bestimmten Bewegung recht zu machen, damit diese mit ihrem gewaltbereiten Geschrei aufhören, haben sie alle Anderen verprellt, die sich jedoch nur schweigend verabschiedet haben.
Das ist am Ende auch der Unterschied. Und Unterschiede werden durch extremistische Bewegung ja so gern hervorgehoben:
Wer für Gleichberechtigung steht, nimmt diese an und arrangiert sich, da niemand einen Nachteil erhält.
Wer mehr will, engagiert sich, um für den Eigenbedarf anderen einen Nachteil zu schaffen.
Gleichberechtigung und Diversität schließt alle mit ein, nicht eine bestimmte Gruppe aus.
Aber das wird sich womöglich eines Tages wieder herstellen. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Und um mal eine Feministin zu zitieren, nachdem ihr Sexismus nachgewiesen wurde: "Na und? Dann weißt du mal, wie es uns Frauen in den letzten Jahrhunderten ging." Vielleicht geht es nicht um Politik, sondern nur ganz primitiv nur um Rache. Wer weiß das schon. Seit diesen Satz bin ich eh raus aus der Thematik.
Bearbeitet von Galax, 08 Dezember 2023 - 19:24.
"Das Urteil folgt dem Vorurteil."
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Geschrieben 08 Dezember 2023 - 19:21
Bearbeitet von Mammut, 08 Dezember 2023 - 19:36.
Geschrieben 08 Dezember 2023 - 19:29
In Exodus 38 gab es ja einen Aufruf, die SF braucht eine politische Note:
https://scifinet.org...38/#entry379135
Die hat sie mittlerweile und das hat leider auch viele negative Seiten. Ich befürchte, und der Aufruf zum KLP unterstreicht das, wird das leider zunehmen. Man sieht das mittlerweile ja an diversen Kurzgeschichten und Magazinen, dies spitzt sich weiter zu und ist aus meiner Sicht eine negative Entwicklung. Es geht nämlich längst nicht mehr um die Sache, sondern das ganze zeigt Züge von Propaganda.
@Galax, bei diesem Satz muss ich dir aber deftig widersprechen: Die SF war und ist schon immer zukunftsgerichtet gewesen.
Das ist definitiv nicht so. Da ist die SF weder besser noch schlechter als andere Arten von Literatur.
Stimme dir zu.
An der von dir zu recht kritisierten Stelle müsste man den Wortlaut abwandeln: "Die SF hat sich stets bemüht, zukunftsgerichtet zu sein."
Was das zuspitzen betrifft, ja. Den Peak haben wir noch nicht hinter uns.
"Das Urteil folgt dem Vorurteil."
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Warum auf alte Katastrophen zurückblicken? Es liegen noch unzählige vor einem!
Geschrieben 08 Dezember 2023 - 19:47
@Galax: Deine Angefressenheit von bestimmten Dingen kann ich voll und ganz verstehen und bin da auch ganz bei Dir.
Aber diese Untersuchung, um die es hier geht, finde ich gar nicht schlimm, sondern eigentlich recht interessant. Dass in deutschen SF-Stories mittlerweile auch Sex vorkommt, ist doch ein Fortschritt. Ich erinnere mich noch an die 1990er, als es noch ein Thema war, dass man zwischen all die Roboter und Raumschiffe in der deutschen SF eigentlich auch mal ein klein wenig Sex mit einbringen könnte, weil das ja nun mal irgendwie zum Leben gehört. Was das Thema angeht, war die deutsche SF etwa der amerikanischen durchaus ein gutes Stück hinterher. Nun hat sie aufgeholt - schön!
Was mir hier aber gerade auffiel:
Wann ist aus Sex & Drugs & Rock'n'Roll eigentlich Sex & Drugs & Religion geworden?
Bearbeitet von Helge, 08 Dezember 2023 - 19:48.
Geschrieben 08 Dezember 2023 - 20:03
Ich denke, Religion ist deshalb wieder mal sehr laut, weil sie stirbt. Der Rückgang der Gläubigen ist erfrischend und hoffnungsvoll. Übrig bleibt der "Bodensatz" der um seine Bedeutung fürchtet. So wie alle eingehende Bewegungen. Je kleiner, desto lauter.
Was die 90er betrifft, kann ich leider nicht viel mitsprechen. Erst so ab 2000 wurde mir die Welt bewusst. Was SF betrifft habe ich vieles der zurückliegenden Jahrzehnte nachgeholt. Anfangs TV, später Bücher.
Mir sind die Utopien im Gedächtnis geblieben, diese haben mich geprägt und eine wunderschönes Welt gezeigt, wie sie sein könnte. (Jüngstes Beispiel btw "for all mankind" - großartige alternativ-weltgeschichte. Man möchte glatt hoffen, dass es eine Parallelwelt zu unserer gibt, in der die Dinge so gekommen sind.)
In der SF lernte ich jedenfalls, dass alles Leben gleich ist, egal ob Alien oder Mensch, Mann oder Frau. Hautfarben, Geschlecht und Sexualität hatten keinen (gesonderten) Stellenwert, weil einfach nichts davon verurteilt wurde - und auch nicht emporgehoben. Beides ist einfach unangemessen. Nur bewegen wir uns derzeit halt in die entgegengesetzte Richtung, und das mit Gewalt.
Das nervt.
(Ebenso, dass einen (mir) das Gefühl vermittelt wird, dass hier etwas zerstört werden soll, wenn es sich nicht fügen will)
Bearbeitet von Galax, 11 Dezember 2023 - 20:45.
"Das Urteil folgt dem Vorurteil."
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Geschrieben 08 Dezember 2023 - 22:00
Ich glaube ja, dass es ein Missverständnis ist, dass SF (oder Kunst an sich) unpolitisch sein könne. Denn jeder Text positioniert sich. Entweder zugunsten des Status Quo oder dagegen.
Ernsthafte Textarbeit gefällig? https://www.federteufel.de/
Science-Fiction-Buchblog: https://www.jol-rose.../de/rezensionen
Geschrieben 08 Dezember 2023 - 22:21
Ich glaube ja, dass es ein Missverständnis ist, dass SF (oder Kunst an sich) unpolitisch sein könne. Denn jeder Text positioniert sich. Entweder zugunsten des Status Quo oder dagegen.
Geschrieben 09 Dezember 2023 - 07:39
Der Rückgang der Gläubigen ist erfrischend und hoffnungsvoll.
Religionen sind menschliche Phänomene und nicht per se schlecht.
Aus meiner Sicht hat der Mensch die Neigung, an etwas glauben zu wollen, das über die stoffliche Realität hinausgeht.
Falls Religionen verschwinden, so wird ein Wunderglaube an ihre Stelle treten. In dem Fall glauben die Leute halt dann an Drachen oder sonst etwas.
Religionen haben jedoch zumeist ethische Werte, die das Zusammenleben regeln sollen. Ein Wunderglaube hat dies nicht.
Geschrieben 09 Dezember 2023 - 08:07
Ich interessiere mich zwar weder für Sex, noch für Drogen, noch für Religion; aber es kommen ja noch mehr Essays und ich interpretiere das eher so, dass ich inspiriert werden könnte, meine Komfortzone mal zu verlassen.
Wenn ich als Kurzgeschichtenautorin fast immer über Mütter, Töchter und Kinder schreibe, dann ist das natürlich für mich recht sicherer Boden, weil ich mich Themen widme, mit denen ich im Alltag sehr vertraut bin. Damit kenne ich mich aus, das kann ich authentisch treffen.
Wenn ich jetzt über einen familienlosen Siebzigjährigen schreibe (was ich gerade mache), kann ich viel daneben greifen und muss mir meine Testlesenden vielleicht entsprechend auswählen. Nun sind Männer über sechzig sehr, sehr leicht zu finden, daher sehe ich da kein Problem.
Mir neue Drogen oder Alien-Religionen auszudenken, reizt mich persönlich nicht. Aber ich finde es interessant, wie gering doch unsere Bandbreite ist. Ich würde das viel weniger politisch interpretieren (jedenfalls nicht so direkt, indirekt mag da eine Komponente mitspielen), sondern einfach als fehlende Originalität. Den Schuh könnten sich die meisten von uns durchaus anziehen, wenn ich mich so umschaue. Ich habe ja auch 170 Kurzgeschichten aus 2023 aus unserer Szene gelesen (nicht genau dieselben wie Jamie, aber mit viel Überschneidung) und ohne irgendwas speziell untersucht zu haben, habe ich auch den Eindruck, dass wir ruhig etwas mehr Kreativität und Ungewöhnlichkeit wagen könnten.
Und ja. Falls das nicht sowieso klar ist: Erstmal muss natürlich die Story gut sein. Das weiß ich auch. Aber wenn wir mal ehrlich sind, diesen Anspruch erfüllt auch mindestens die Hälfte der Kurzprosa hierzulande nicht und selbst wenn man Geschmacksfragen außer Acht lässt, erkennt man doch an den Lesezirkeln und Rezensionen, dass einige Storys wirklich bei allen Lesenden durchfallen.
Und ja, falls das auch extra gesagt werden muss: Diversität alleine ist kein Qualitätsmerkmal. Aber die letzte Queer*Welten (und auch die vorletzte) zeigt, dass beides geht. Das merkt man dem Lesezirkel auch sehr an.
Podcast: Literatunnat
Geschrieben 09 Dezember 2023 - 09:10
Ich denke, Religion ist deshalb wieder mal sehr laut, weil sie stirbt. Der Rückgang der Gläubigen ist erfrischend und hoffnungsvoll. Übrig bleibt der "Bodensatz" der um seine Bedeutung fürchtet. So wie alle eingehende Bewegungen. Je kleiner, desto lauter.
Religion(en) sterben keineswegs aus:
- Der Katholizismus hat einen starken Rückhalt in Afrika und Südamerika.
- Christliche Sekten prägen die nordamerikanische Gesellschaft.
- Der Hinduismus wird in Indien täglich praktiziert, wie ich bei Besuchen in indischen Chemie- und Pharmafirmen selber erlebte.
- Der Islam ist eher auf dem Vormarsch als aussterbend.
- Selbst in China sind diverse Religionen sehr aktiv obwohl (oder weil?) von der allmächtigen Partei vehement abgelehnt.
- In Deutschland wenden sich viele von den traditionellen Kirchen ab, pflegen aber einen diffusen christlichen Glauben: da muss doch etwas nach dem Tod sein.
Mein Fazit: Reiner Atheismus ist sehr, sehr selten. Menschen wollen glauben, seit sie denken können.
Geschrieben 09 Dezember 2023 - 09:18
Wie würde they denn den Begriff politisch definieren?
Wikipdedia: "Politik bezeichnet die Strukturen, Prozesse und Inhalte zur Regelung der Angelegenheiten eines Gemeinwesens – etwa eines Staates oder einer Verwaltungseinheit – durch verbindliche und auf Macht beruhende Entscheidungen."
Demzufolge ist alles politisch, was eine Aussage über die Art trifft, wie das Gemeinwesen geregelt ist und wo die Machtstrukturen langlaufen. Entweder, in dem es, bezogen auf Fantastik, diese als gegeben hinnimmt und dadurch bestätigt. Oder in dem neue Ansätze dazu entwickelt werden oder durch einen kritisch-analytischen Blick. Ein häufiges Missverständnis besteht darin zu denken, es sei unpolitisch, das herrschende System nicht in Frage zu stellen. Das ist mE nicht haltbar. Nur bequem.
Ernsthafte Textarbeit gefällig? https://www.federteufel.de/
Science-Fiction-Buchblog: https://www.jol-rose.../de/rezensionen
Geschrieben 09 Dezember 2023 - 09:25
Geschrieben 09 Dezember 2023 - 09:42
Wikipdedia: "Politik bezeichnet die Strukturen, Prozesse und Inhalte zur Regelung der Angelegenheiten eines Gemeinwesens – etwa eines Staates oder einer Verwaltungseinheit – durch verbindliche und auf Macht beruhende Entscheidungen."
Demzufolge ist alles politisch, was eine Aussage über die Art trifft, wie das Gemeinwesen geregelt ist und wo die Machtstrukturen langlaufen. Entweder, in dem es, bezogen auf Fantastik, diese als gegeben hinnimmt und dadurch bestätigt. Oder in dem neue Ansätze dazu entwickelt werden oder durch einen kritisch-analytischen Blick. Ein häufiges Missverständnis besteht darin zu denken, es sei unpolitisch, das herrschende System nicht in Frage zu stellen. Das ist mE nicht haltbar. Nur bequem.
Geschrieben 09 Dezember 2023 - 09:43
Wobei so eine Untersuchung aber natürlich auch einen Wer-sucht-der-findet-Effekt hat. Stellt euch vor, jemand untersucht, wieviele Stories mit essen und trinken zu tun haben, und dann überlegt, wieviele Stories ihr kennt, in denen nicht an irgendeiner Stelle jemand Chips knabbert, einen Schokoriegel isst, Verpflegung in den Rucksack packt, einen Drink angeboten oder einfach Appetit auf irgendetwas bekommt. Da käme man also zu dem Schluss, dass fast sämtliche Stories damit zu tun haben. Heißt das, die Autoren und Leser sind allesamt krankhaft verfressen? Selbstverständlich nicht - es ist einfach ein normales, allgemein-menschliches Thema, so wie Sex auch, deshalb ist es sehr verbreitet. Und wenn man nur genügend verallgemeinert, kann man in praktisch allem alles finden; Jol hat schon mal damit angefangen und erklärt, dass es gar nicht möglich ist, etwas zu schreiben, was nicht politisch ist. Dann schauen wir mal weiter: Nach Josef Beuys ist alles, was der Mensch erschafft, Kunst und nach Aleister Crowley ist alles, was der Mensch tut; Magie. Dann geht es also in jeder Story zwangsläufig um Politik, Kunst und Magie und (Beliebiges einsetzen). Ich finde, das sind Nonsens-Definitionen, mit denen die Sprache letztlich ihren Sinn verliert.
Geschrieben 09 Dezember 2023 - 12:15
Ich finde, dies als Nonsens abzutun, ist eine Art, keine Verantwortung für Inhalt und Wirkung der eigenen Texte zu übernehmen. Billig. Aber wenig erwachsen.
Um einen Wer-sucht-der-findet-Effekt zu behaupten, müssten man erstmal schauen, wonach Jamie gesucht hat. Meine Wahrnehmung ist, dass Jamie gelesen hat und dann geschaut hat: Was fällt mir auf? Wenn ich lesen würde, fielen mir ganz andere Dinge auf. Das ist natürlich subjektiv. Aber trotzdem anregend.
Und nun ziehe ich mich hier zurück. Der Diskussionsstil ist mir nicht ausreichend von Wertschätzung getragen, was dazu führt, dass ich im Ärger auch weniger wertschätzend werde. Darauf verspüre ich keine Lust.
Ernsthafte Textarbeit gefällig? https://www.federteufel.de/
Science-Fiction-Buchblog: https://www.jol-rose.../de/rezensionen
Geschrieben 09 Dezember 2023 - 12:34
Podcast: Literatunnat
Geschrieben 09 Dezember 2023 - 12:45
Wobei so eine Untersuchung aber natürlich auch einen Wer-sucht-der-findet-Effekt hat.
Geschrieben 09 Dezember 2023 - 13:14
Ja, okay, wenn man sich die Details anschaut, kann es schon interessanter werden. Dass so viel mehr weibliche als männliche Prostituierte in den Stories vorkommen, könnte schlicht damit zu tun haben, dass das Verhältnis in der heutigen Realität meines Wissens auch etwa so ist.
Ja, und beim zweiten Blick kommen wir schon zu den Kriterien der Untersuchung: Beim Thema Sex reicht es aus, wenn Nacktheit erwähnt oder jemand als schön oder attraktiv bezeichnet wird, beim Thema Drogen dagegen lesen wir:
Unter dem Stichwort „Drogen“ habe ich den fragwürdigen bis schwierigen Konsum (inklusive der klassischen Abhängigkeit) von sowohl Drogen als auch Medikamenten erfasst.
Wobei die Unterscheidung zwischen Drogen und Medikamenten allein schon unsinnig ist. Oder sind da mit "Drogen" speziell "psychoaktive Drogen" gemeint? Warum steht das dann nicht da? Und was ist "fragwürdig bis schwierig"? Zählt da ein einzelner LSD- oder Pilztrip schon dazu? Oder beim wievielten Kaffee pro Tag fängt das an? Wieso wird hier nicht genauso bewertet wie beim Thema Sex und jedes getrunkene Bier, jede genommene Kopfschmerztablette und jede Erwähnung von Hustensaft oder Kamillentee mitgezählt?
Beim Thema Religion werden überhaupt keine Kriterien genannt. Reicht es da aus, wenn jemand ein Kreuz an der Halskette trägt, eine Kirche besichtigt oder "Um Gottes Willen!" sagt? Entsprechend dem Maßstab beim Thema Sex müsste es so sein.
Bearbeitet von Helge, 09 Dezember 2023 - 13:16.
Geschrieben 09 Dezember 2023 - 14:29
Zualllerst sagt so eine Statistik etwas über die Autoren der untersuchten Texte aus. Die sind nämlich zum größten Teil zwischen 50-60, westlich, männlich, christlich geprägt und konsumieren vermutlich nicht sooo viele Drogen Die meisten Autoren schreiben eben hauptsächlich über das, womit sie eigene Erfahrungen gemacht haben. Eine Binsenweisheit, natürlich.
Insofern ist die Statistik wenig überraschend.
Andersherum könnte man natürlich die Autorin fragen, warum sie ausgerechnet die Aspekte Sex (und das in so vielen Details!), Drogen, Religion herausgegriffen hat. Sie hätte ja auch eine Statistik über alle vorkommenden Themen machen können und dann wüssten wir jetzt, wie oft das Klima vorkommt, wie oft Aliens, Zeitmaschinen oder Kriege. Hätte ich persönlich ein bisschen interessanter gefunden.
Die Schlussfolgerungen (dass man ja mal was anderes schreiben könne) sind so oder so eher unbedeutend. Autoren schreiben, wonach ihnen gerade ist, vielleicht noch was Ausschreibungen sich wünschen. Ich glaube kaum, dass die vielen, durchaus spannenden Vorschläge am Ende des Artikels von irgendwelchen Autoryx groß aufgegriffen werden. Das entspricht nicht meinen Erfahrungen als Herausgeber, der dauernd Einsendungen erhält, die am gewünschten Thema mehr oder weniger weit vorbeigehen.
Trotzdem gut, dass es den Artikel gibt - und sei es auch nur als Argumentationshilfe.
Bearbeitet von Uwe Post, 09 Dezember 2023 - 14:35.
Geschrieben 09 Dezember 2023 - 14:54
Geschrieben 09 Dezember 2023 - 16:03
Obwohl wenig mehr als eine statistische Auswertung durchaus lesenswert insb. betreffend der gezogenen Schlussfolgerungen. Anscheinend ist die deutsche Kurzgeschichtenszene doch sehr konservativ und tradierten Sichtweisen verhaftet wenn man sie mit der angolamerikanischen vergleicht, wobei auch hier die innovativen Ansätzen heute m.E. oft aus dem afroamerikanischen und asiatischen Raum kommen.
Das bestätigt, was ich schon befürchtet hatte. Im Artikel heißt es:
Mit 16 Personen ist Achim Stößer (»Du magst sagen, ich sei ein Träumer, doch ich bin nicht der Einzige« in Jenseits der Traumgrenze) alleine für 16,5% aller religiösen Figuren verantwortlich.
Nun ist es ja kein Geheimnis, dass ich a) alles andere als konservativ bin und b) Anti(!)theismus eines meiner Hauptthemen ist. Aus dieser Statistik also zu schließen, »die deutsche Kurzgeschichtenszene [ist] doch sehr konservativ«, ist fatal, da eben nicht berücksichtigt wird, wie die Religion dargestellt ist. Das aber wird in dem Artikel m. E. überhaupt nicht deutlich. Auch wenn ich damit zudem für einen Großteil der nicht-christlichen Religion in dem Artikel verantwortlich bin, überwiegt auch in meinen Texten das Christentum, weil ich für andere weit mehr recherchieren muss (s.a. das inzwischen zwanzig Jahre alte Vorwort von antitheismus.de: »Aus rein pragmatischen Gründen befaßt sich diese Seite, antitheismus.de, primär mit den größeren Religionen, insbesondere mit den wesentlichen Ausprägungen des Christentums, schon aufgrund seiner Hegemonie in dem geographischen und sprachlichen Raum, in dem sie beheimatet ist. Dies bedeutet selbstverständlich nicht, daß andere Formen des Theismus weniger schädlich wären. Allerdings sind die Auswirkungen von vielen hier vergleichsweise gering, Anhänger des aztekischen Glaubens dürften kaum zu finden sein, so daß die Gefahr, daß jemand dem Sonnengott Menschenherzen darbringt, vernachlässigbar ist.«)
Aber diese Untersuchung, um die es hier geht, finde ich gar nicht schlimm, sondern eigentlich recht interessant. Dass in deutschen SF-Stories mittlerweile auch Sex vorkommt, ist doch ein Fortschritt. Ich erinnere mich noch an die 1990er, als es noch ein Thema war, dass man zwischen all die Roboter und Raumschiffe in der deutschen SF eigentlich auch mal ein klein wenig Sex mit einbringen könnte, weil das ja nun mal irgendwie zum Leben gehört.
Hm, ich habe ein schlechtes Gedächtnis, aber zufällig sind in den 90ern einige meiner Storys erschienen, darunter thematisieren mindestens folgende Sex:
Die hat sie mittlerweile und das hat leider auch viele negative Seiten. Ich befürchte, und der Aufruf zum KLP unterstreicht das, wird das leider zunehmen. Man sieht das mittlerweile ja an diversen Kurzgeschichten und Magazinen, dies spitzt sich weiter zu und ist aus meiner Sicht eine negative Entwicklung. Es geht nämlich längst nicht mehr um die Sache, sondern das ganze zeigt Züge von Propaganda.
Du meinst (siehe auch deine Kolumne dazu), dass mit der neuen Kategorie des KLP eher rechte Propaganda ausgezeichnet würde? Das will ich doch nicht hoffen. In diese Kategorie gehören, wie ein Blick in eine Tageszeitung zeigt, eher antimilitaristische Texte oder solche, die die Ursachen der Klimakrise realistisch darstellen. (Und das sage ich nicht nur, weil diese und ähnliche wie Antitheismus, Antirassismus, Antisexismus usw. zu meinen Hauptthemen gehören ;-)). Sicher gibt es da auch solche Dinge wie »Die Republik der Veganer«, ein Machwerk aus einem Nazi-Verlag (Unitall?), in dem eine der Figuren nicht zufällig Armin Stößel heißt. Aber das scheint mir eher die Minderheit zu sein.
Religionen haben jedoch zumeist ethische Werte, die das Zusammenleben regeln sollen. Ein Wunderglaube hat dies nicht.
Na, wenn man sich diese »ethischen Werte« ansieht, wäre so ein »Wunderglaube« (wieso soll das ein Gegensatz sein? Wunder sind doch gerade essenzieller Bestandteil vieler Religionen, insbesondere der hierzulande vorherrschenden) ja schon ein deutlicher Fortschritt: »Eine Hexe sollst du nicht am Leben lassen«, »Tötet die Ungläubigen, wo ihr sie findet«, »Schläft einer mit einem Mann, wie man mit einer Frau schläft, dann haben sie eine Gräueltat begangen; beide werden mit dem Tod bestraft; ihr Blut soll auf sie kommen.«, um mal wesentliche Aspekte abrahamitischer Religion zu nennen.
Da kommt ja auch noch mehr. Wenn auch vielleicht nicht unbedingt zu Nahrung. Wobei Nahrung der Zukunft auch gern mal untersucht werden könnte, das ist nämlich für meinen Geschmack zu oft einfach nur eine Nährpaste für den größten Teil der Bevölkerung.
Seit Soylent Green nix Krasses mehr?
Du hast eindeutig zu wenig von mir gelesen ;-). Aber es gab letztes Jahr eine ganze Anthologie zum Thema, Ellen Norten (Hrsg.), »Das Alien tanzt im Schlaraffenland«, die hast du doch sogar rezensiert. (Und darin enthalten ist leider tatsächlich, fällt mir gerade ein, ein aktuelleres Beispiel für dümmliche Propaganda, von der wir es eben hatten.)
Ja, und beim zweiten Blick kommen wir schon zu den Kriterien der Untersuchung: Beim Thema Sex reicht es aus, wenn Nacktheit erwähnt oder jemand als schön oder attraktiv bezeichnet wird, beim Thema Drogen dagegen lesen wir:
Unter dem Stichwort „Drogen“ habe ich den fragwürdigen bis schwierigen Konsum (inklusive der klassischen Abhängigkeit) von sowohl Drogen als auch Medikamenten erfasst.
D'accord, das ist mir auch aufgefallen. In meiner Träumer-Story (die ja für den Artikel ausgewertet wurde) zählt die Tatsache, dass die ZJ plötzlich nackt dastehen (einer der typischen Traum-Topio) demnach als »Sex«, während der Konsum von Met, Bier und Zigaretten in Walhall wohl unter den Biertisch fallen. Das verzerrt m. E. die Statistik (wie auch die zwangsläufig unvollständige und so möglicherweise nicht repräsentative Auswahl der untersuchten Texte).
Achim Stößer - Literatur/Science-Fiction, Tierrechte/Veganismus, A[nti]theismus, Kunst/Cartoons
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Geschrieben 09 Dezember 2023 - 16:11
Sicher zählt auch Flitschi, die sparsam bekleidete Gummifigur aus meiner Story in "Cybäria" als weiblich und sexualisiert. Allerdings handelt es sich um eine Satire. Erfordert eigentlich eine eigene Statistik, hihi.
Übrigens fände ich eine Statistik der beliebtesten Themen für jedes Erscheinungsjahr hochinteressant. Ob man da eine Entwicklung nachweisen könnte? Weg von Zeitreisen, hin zu Climate Fiction?
Glaub ich ja nicht ...
Bearbeitet von Uwe Post, 09 Dezember 2023 - 16:41.
Geschrieben 09 Dezember 2023 - 17:22
Du meinst (siehe auch deine Kolumne dazu), dass mit der neuen Kategorie des KLP eher rechte Propaganda ausgezeichnet würde? Das will ich doch nicht hoffen. In diese Kategorie gehören, wie ein Blick in eine Tageszeitung zeigt, eher antimilitaristische Texte oder solche, die die Ursachen der Klimakrise realistisch darstellen. (Und das sage ich nicht nur, weil diese und ähnliche wie Antitheismus, Antirassismus, Antisexismus usw. zu meinen Hauptthemen gehören ;-)). Sicher gibt es da auch solche Dinge wie »Die Republik der Veganer«, ein Machwerk aus einem Nazi-Verlag (Unitall?), in dem eine der Figuren nicht zufällig Armin Stößel heißt. Aber das scheint mir eher die Minderheit zu sein.
Du meinst weil ich mich auf die damalige Exodus in meinem Link bezogen habe?
Nein, das befürchte ich nicht. Im Gegenteil.
Ich befürchte, es wird mehr eindimensionale Geschichten wie Der Flaschenwal oder Defekt geben. Also Geschichten (oder auch Kunstschaffende) mit eindeutigem Sendebewusstsein, so wie du das auf deinem Facebook Account gemacht hast, als ich das letzte mal reingeschaut habe. Meine Befürchtung ist es, es werden extremere Sichtweisen gefördert und gesteuerte Meinungsbildung gefördert.
Ich hoffe natürlich, das dies nicht so ist. Wenn solche Aktionen zu mehr Pluralismus, Toleranz und Verständigung führen, würde mich das sogar freuen. Beurteilen wird man das erst nach ein paar Jahren können, aber die Tendenz die ich sehe, beunruhigt mich eher.
Die Gesellschaft geht ja immer noch eher weiter in Richtung Spaltung und da erscheint mir der Aufruf zur Politisierung von SF eher kontrapoduktiv. Schön ist es wenn die SF auf zu neuen Ufern geht. Möge sie das auf vielfältige Weise tun.
Geschrieben 09 Dezember 2023 - 18:59
... Nun ist es ja kein Geheimnis, dass ich a) alles andere als konservativ bin und b) Anti(!)theismus eines meiner Hauptthemen ist. Aus dieser Statistik also zu schließen, »die deutsche Kurzgeschichtenszene [ist] doch sehr konservativ«, ist fatal, da eben nicht berücksichtigt wird, wie die Religion dargestellt ist. Das aber wird in dem Artikel m. E. überhaupt nicht deutlich..
Bei allem Aufwand, der hier gemacht wurde - Chapeau! - muss man doch die methodische Rückfrage stellen, die Achim hier exemplarisch aufwirft. Auch mir war bei der Lektüre nicht klar, inwieweit sich die normativen Schlussfolgerungen aus dem Datenmaterial ergeben.
Mag aber sein, dass hier auf "TOR online" sinnentstellend gekürzt wurde. Hat jemand einen Link auf den Artikel, in dem die Methodik der Studie geschildert wird?
Geschrieben 09 Dezember 2023 - 19:43
Du meinst weil ich mich auf die damalige Exodus in meinem Link bezogen habe?
Nein, das befürchte ich nicht. Im Gegenteil.
Ich befürchte, es wird mehr eindimensionale Geschichten wie Der Flaschenwal oder Defekt geben. Also Geschichten (oder auch Kunstschaffende) mit eindeutigem Sendebewusstsein, so wie du das auf deinem Facebook Account gemacht hast, als ich das letzte mal reingeschaut habe. Meine Befürchtung ist es, es werden extremere Sichtweisen gefördert und gesteuerte Meinungsbildung gefördert.
Ich hoffe natürlich, das dies nicht so ist. Wenn solche Aktionen zu mehr Pluralismus, Toleranz und Verständigung führen, würde mich das sogar freuen. Beurteilen wird man das erst nach ein paar Jahren können, aber die Tendenz die ich sehe, beunruhigt mich eher.
Die Gesellschaft geht ja immer noch eher weiter in Richtung Spaltung und da erscheint mir der Aufruf zur Politisierung von SF eher kontrapoduktiv. Schön ist es wenn die SF auf zu neuen Ufern geht. Möge sie das auf vielfältige Weise tun.
Ah, da hatte ich dich wohl falsch verstanden. Wobei ich nicht sicher bin, ob ich dich jetzt richtig verstanden habe ;-) . Ja, natürlich ist mein Facebookaccount explizit politisch (heißt nicht ohne Grund .../antispe und verweist u.a. auf unsere Pressemitteilungen), während meine Facebookautorenseite nur implizit politisch ist (eben so politisch wie meine Storys). Ob ich dabei von »Sendebewusstsein« sprechen würde, weiß ich nicht, eher von ethischem Imperativ.
Was Toleranz angeht, wäre ich aber vorsichtig. So fordert ja auch der Sultan von Brunei Respekt und eben Toleranz für seine Religion, konkret das Steinigen von Homosexuellen, zumal die Todesstrafe dafür nur »selten« vollstreckt würde. Poppersches Toleranzparadoxon eben. Wenn es eine »extreme Sichtweise« ist, so etwas zu kritisieren: schuldig im Sinne der Anklage.
Bei allem Aufwand, der hier gemacht wurde - Chapeau! - muss man doch die methodische Rückfrage stellen, die Achim hier exemplarisch aufwirft. Auch mir war bei der Lektüre nicht klar, inwieweit sich die normativen Schlussfolgerungen aus dem Datenmaterial ergeben.
Mag aber sein, dass hier auf "TOR online" sinnentstellend gekürzt wurde. Hat jemand einen Link auf den Artikel, in dem die Methodik der Studie geschildert wird?
Das kann vielleicht Jamie selbst beantworten, die den Artikel geschrieben hat.
Bearbeitet von Achim Stößer, 10 Dezember 2023 - 13:56.
Achim Stößer - Literatur/Science-Fiction, Tierrechte/Veganismus, A[nti]theismus, Kunst/Cartoons
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Geschrieben 09 Dezember 2023 - 20:47
Ich finde den Appell nach mehr Originalität sinnvoll, wobei ich Kreativität, wenn sie über die reine Unterhaltung hinaus auch Aspekte des menschlichen Daseins oder des Universums auf neue, aufschlussreiche Weise reflektiert, noch interessanter finde. Wenn sie dann gesellschaftliche Verhältnisse in Frage stellt oder zu neuen Entwürfen greift - also politisch wird - ist das für mich auch okay, solange es nicht einfältig oder destruktiv ist.
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