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Sex, Drugs & Religion in deutschsprachigen SF-Kurzgeschichten


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84 Antworten in diesem Thema

#61 Mammut

Mammut

    DerErnstFall Michael Schmidt

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Geschrieben 13 Dezember 2023 - 10:57

Diese Schlussfolgerung kommt immer wieder durch. Also, die Aussage "Der Großteil der Lesenden ist total zufrieden mit dem, was veröffentlicht wird, Yvonne, ganz egal wie wenig gut oder originell du das finden magst."

 

Meine Schlussfolgerung muss dann lauten: Okay, dann bin ich vermutlich nicht die Zielgruppe der Szene und sollte aufhören, deutschsprachige Kurzgeschichten zu lesen.

 

Eine Szene nicht zu lesen, in der ich mich selbst bewege (auch als Kurzgeschichtenautorin) ist aber irgendwie schräg, oder?

 

 

Wenn ich mir unsere Lesezirkel so anschaue, dann scheint es aber so zu sein, dass ich doch nicht so ganz alleine bin. Bei der Anthologie Biokalypse haben viele andere dieselben Dinge bemängelt wie ich, während bei den letzten Queer*Welten und auch jetzt beim Lesezirkel zu In andere Welten ähnliches gefeiert oder angejammert wird. (Leichte Unterschiede gibt es, aber Tendenzen sind gut ablesbar).

 

Man könnte nun vermuten, dass die kritischen Personen in diesem Forum durchaus oft ähnliche Meinungen vertreten, aber die schweigende Masse da draußen hoch zufrieden mit deutschsprachigen SF-Anthologien ist. Dann würde die sich aber besser verkaufen, oder? Oder wir würden begeisterte Rezensionen bei amazon von uns fremden Lesenden entdecken könne, doch ist da meistens ... nichts. Eine rühmliche Ausnahme würde das Alien Contagium mit immerhin 36 amazon-Rezensionen darstellen, das ist aber auch in unserer Szene ganz gut angekommen.

 

 

Wie bereits an anderer Stelle gesagt wurde vor zwanzig Jahren schon ähnliches bemängelt, es hat sich nicht geändert, nur werden heute doppelt so viele Kurzgeschichten gedruckt. Vermutlich drucken wir 2043 dann pro Jahr fast tausend Kurzgeschichten und es wird nur noch schwieriger sein, die Perlen zu finden.

 

Alien Contagium hat 36 Amazon Bewertungen, aber 7 Rezensionen, das ist ein Unterschied. Das ist mir anfangs auch nicht aufgefallen, das es da einen Unterschied gibt. 

Aber das Buch scheint sich ja gut verkauft zu haben. Chris hatte das ja hier irgendwo gepostet. 

Auf dem Bucon hatte ich einen Programmpunkt zu Zwielicht, da waren wir mit über 20 Zuhörern gut, so dachten wir. Waspoint FiftyNine hatte über 60 Zuhörer, das ist dieses Buch:

https://leserattenve...tyNine::36.html

 

Woran hängt dann der Erfolg eines Kurzgeschichtenbuchs? 

Wenn es das Thema ist, beide oben genannten Bücher sind Themenanthologien, dann kauft sich ja jemand nicht unbedingt das Buch wegen einzelner Kurzgeschichten. Die Leute springen ja auch auf das Thema an. Zum Teil sind es auch die Autoren, die da Zugkraft entwickeln. Eine Trillion Euro soll sich auch 4000mal über den Ladentisch geschwungen haben und "Hunger", eine Zombieanthologie, lief ausgesprochen gut, weil da bekannte Namen enthalten waren. Oft gut läuft ja auch was mit Sherlock Holmes, egal, was sich zwischen den Buchdeckel befindet.

 

Also den reinen "Erfolg" eines Buches an den Verkaufszahlen oder den Bewertungen auszumachen, das scheint mir ein wenig kurzgesprungen.

Wenn also 400 Kurzgeschichten im Jahr erscheinen, von denen 300 nicht so dolle sind, muss mich das als Kurzgeschichtenliebhaber ja nicht unbedingt stören.

Ich kann ja die Creme abschöpfen. Jetzt gibt es natürlich keine "Die besten Science Fiction Geschichten des Jahres" Sammlungen. Aber es gibt ja eine Häufung an Büchern, die überaus positiv wahrgenommen werden. Früher waren das vor allem Nova und die Visionen, in den letzten Jahren Exodus und die Hirnkostbücher (bezogen auf KLP und DSFP).

 

Meines Erachtens muss da ein "Von oben nach unten" Ansatz betrachtet werden, nicht der umgekehrte Fall, die zahlreichen Herausgeber müssen einfach bessere Bücher machen (was natürlich trotzdem zutreffend ist). 

Wenn ich also mit zwei Exodus Ausgaben (11 Nominierungen der letzten 4 Jahre sowie 3 Gewinner) zufrieden bin, habe ich doch genügend guten Lesestoff.

 

Man kann sich schon fragen, ob Exodus die entsprechende Qualität liefert, natürlich auch, welche Publikationen da Konkurrenz machen (Nova, FFM, bestimmte Herausgeber) und ob da nicht Luft nach oben ist.

Und gerade bei den Literaturpreisgewinner muss man sich fragen, ist das wirklich die Spitzenleistung? Und findet diese Spitzenleistung, egal ob als Literaturpreisgewinner oder als Qualitätspublikum genügend positive Resonanz, um den Kreis der Lesenden zu vergrößern?

 

Mir persönlich ist es egal ob 300 oder 1000 Kurzgeschichten im Jahr erscheinen. Ich lese in der Regel sowieso nur 2-3 SF Kurzgeschichtenbücher im Jahr. Die pure Quantität an Veröffentlichungen stört nicht, sie kann sogar langfristig zur Qualitätssteigerung dienen. Schließlich will man als Autor ein Ziel haben und Veröffentlichungen und Rückmeldungen gehören einfach dazu.

Aber bei den Qualitätsbüchern ist meines Erachtens die Grenze nicht erreicht. Ich fand z.B. die beiden Exodusausgaben dieses Jahr doch sehr mäßig und wenig inspirierend.

 

EDIT: Was ich persönlich an einschränkend aus Sicht als Autor finde:

Genrekonventionen und Grenzziehungen (was ist SF und was nicht)

Zeichenbegrenzungen (20T Geschichten ähneln sich doch oft)


Bearbeitet von Mammut, 13 Dezember 2023 - 11:03.


#62 Rezensionsnerdista

Rezensionsnerdista

    Yvonne

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Geschrieben 13 Dezember 2023 - 11:15

Ich würde ggf. mich dann auch mal Michaels Strategie nähern und noch weniger lesen (habe ja schon von ca. 350 auf 170 heruntergefahren), nur sehr viel weniger sollte ich nicht lesen, wenn ich weiterhin den Kurzgeschichtenrückblick machen will. Dazu reicht es jedenfalls nicht ganz, nur die Magazine zu lesen.

 

 

Es gibt Storys, die richtig schweinescheißgut sind aus 2023 und die stammen bei weitem nicht alle aus der Exodus. Die muss man suchen. Und das ist schwierig. Aber vielleicht gelingt uns das kooperativ?


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#63 Uwe Post

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Geschrieben 13 Dezember 2023 - 11:41

(offtopic: @Mammut Wo gibt's denn Zeichenbegrenzung auf 20000 Zeichen??)


Herausgeber Future Fiction Magazine (deutsche Ausgabe) ||| Aktueller Roman: ERRUNGENSCHAFT FREIGESCHALTET ||| uwepost.de ||| deutsche-science-fiction.de

#64 Mammut

Mammut

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Geschrieben 13 Dezember 2023 - 12:04

(offtopic: @Mammut Wo gibt's denn Zeichenbegrenzung auf 20000 Zeichen??)

 

Die gab es z.B. bei den von dir genannten Wurdack SF Anthologien. 

 

Ansonsten:

Queerwelten 16-30t Zeichen:

https://queerwelten....ir-suchen-dich/

 

Anthologie 12 – Sonnen-Erwachen 15-20T Zeichen:

https://muenchnersch...usschreibungen/

 

Die beiden Beispiele habe ich auf die Schnelle gefunden. Bei Ausschreibungen sind oft Zeichenvorgaben enthalten, zumindest war das so, als ich da regelmäßig reingeschaut habe.



#65 Naut

Naut

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Geschrieben 13 Dezember 2023 - 12:13

Die gab es z.B. bei den von dir genannten Wurdack SF Anthologien. 

 

Ansonsten:

Queerwelten 16-30t Zeichen:

https://queerwelten....ir-suchen-dich/

 

Anthologie 12 – Sonnen-Erwachen 15-20T Zeichen:

https://muenchnersch...usschreibungen/

 

Die beiden Beispiele habe ich auf die Schnelle gefunden. Bei Ausschreibungen sind oft Zeichenvorgaben enthalten, zumindest war das so, als ich da regelmäßig reingeschaut habe.

Die Begrenzungen gab/gibt es, wobei das schon immer eine Frage der Geschichte war: Ich glaube nicht, dass jemals eine Iwoleit-Erzählung wegen Sprengung des Rahmens abgelehnt wurde. Andere durchaus.


Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#66 Mammut

Mammut

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Geschrieben 13 Dezember 2023 - 12:21

Die Begrenzungen gab/gibt es, wobei das schon immer eine Frage der Geschichte war: Ich glaube nicht, dass jemals eine Iwoleit-Erzählung wegen Sprengung des Rahmens abgelehnt wurde. Andere durchaus.

 

Darum ging es hier aber nicht. Es geht darum, das enge Vorgaben die Kreativität begrenzen. Dazu gehörten Genregrenzen, enge Themenvorgaben und Zeichenbegrenzungen. Was du natürlich richtigerweise ansprichst, gelten die Regeln oft nicht für die etablierten Autoren. Also sollte man gerade von denen ein mehr an Innovation erwarten.

Da fällt mir ein, das ich Nova 4 besonders misslungen fand, bis die Geschichte von MKI kam. Die nahm allerdings auch besonders viel Raum ein. Sowas hat man aber in den Wurdack Anthologien z.B. nicht gefunden.



#67 Uwe Post

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Geschrieben 13 Dezember 2023 - 13:07

Enge Themenvorgaben finde ich auch fatal. Die gab es bei den Wurdack-Anthologien und Visionen nicht ohne Grund nicht.


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#68 Naut

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Geschrieben 13 Dezember 2023 - 15:18

Darum ging es hier aber nicht. Es geht darum, das enge Vorgaben die Kreativität begrenzen. Dazu gehörten Genregrenzen, enge Themenvorgaben und Zeichenbegrenzungen. Was du natürlich richtigerweise ansprichst, gelten die Regeln oft nicht für die etablierten Autoren. Also sollte man gerade von denen ein mehr an Innovation erwarten.
Da fällt mir ein, das ich Nova 4 besonders misslungen fand, bis die Geschichte von MKI kam. Die nahm allerdings auch besonders viel Raum ein. Sowas hat man aber in den Wurdack Anthologien z.B. nicht gefunden.

Ohne jetzt extra nachzuforschen: Ich meine, das wäre auch mal vorgekommen. Du hast aber meine Intention missverstanden, es ging mir darum, darauf hinzuweisen, dass die Herausgebenden zwar oft Thema und Länge vorgeben, es aber letztendlich doch verhandelbar ist, wie streng das gehandhabt wird. Klar, es nervt, wenn ich eine SF-Antho ausschreibe und dafür 20 erotische Vampirgeschichten bekomme (ist so passiert), aber es wäre auch dumm, wenn ich, sagen wir mal, Uwe Hermann ablehne, weil er das Limit um 1000 Zeichen reißt. Eine Anthologie ist schließlich kein medizinisches Fachjournal.

Bearbeitet von Naut, 13 Dezember 2023 - 15:20.

Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#69 ChristophGrimm

ChristophGrimm

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Geschrieben 13 Dezember 2023 - 16:03

Ähem … macht die einzige Anlaufstelle, die tatsächlich ein nennenswertes Honorar zahlt, nicht strikte Vorgaben?
https://www.heise.de...ry/bbstory.html
Oder ist das nicht mehr aktuell?

Warum überraschen Vorgaben bezgl. Thema und Länge gerade so sehr?
Jana hat mir bspw. für meine Anthologien 450.00-600.000 Gesamtzeichen vorgegeben. Einfach, damit das Buch a.) bezahlbar bleibt, b.) einen gewissen Umfang hat und c.) Abwechslung bietet.
Ich möchte mit dem „Weltenportal“ auch Abwechslung auf den veranschlagten 56 Storyseiten präsentieren. Das können mal 10 oder mal 5 einzelne Werke sein, aber ein „Richtwert“ bietet sich an.

Bearbeitet von ChristophGrimm, 13 Dezember 2023 - 18:52.

„Alien Contagium: Erstkontakt-Geschichten“: https://eridanusverlag.de | "En passant - Die Reisen des Sherlock Holmes": https://burgenweltverlag.de

Kostenloses SF/Fantasy-Literatur-Webzine: https://weltenportalmagazin.de


#70 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 14 Dezember 2023 - 06:32

Ähem … macht die einzige Anlaufstelle, die tatsächlich ein nennenswertes Honorar zahlt, nicht strikte Vorgaben?
https://www.heise.de...ry/bbstory.html
Oder ist das nicht mehr aktuell?

Warum überraschen Vorgaben bezgl. Thema und Länge gerade so sehr?
Jana hat mir bspw. für meine Anthologien 450.00-600.000 Gesamtzeichen vorgegeben. Einfach, damit das Buch a.) bezahlbar bleibt, b.) einen gewissen Umfang hat und c.) Abwechslung bietet.
Ich möchte mit dem „Weltenportal“ auch Abwechslung auf den veranschlagten 56 Storyseiten präsentieren. Das können mal 10 oder mal 5 einzelne Werke sein, aber ein „Richtwert“ bietet sich an.

 

Ich bin unsicher, ob das hier noch on-topic ist, aber als positive Beispiel kann ich mal In andere Welten nennen. Da bin ich nun bei knapp 70%. Die Themenvorgabe war sehr breit und die Längenbegrenzung war extrem großzügig (72.000 Zeichen). Das Ergebnis (bisher): Die Geschichten ähneln sich thematisch angenehm wenig und ganz offensichtlich haben die beiden Herausgeber Wert auf Abwechslung gelegt. Es ist zwar vermutlich unmöglich, dass irgendjemandem ALLES darin gefällt, aber bisher gefällt den meisten doch das meiste und es gibt klare Highlights.

 

Die meisten Storys sind natürlich trotzdem eher Kurzgeschichten oder kurze Erzählungen, jetzt habe ich aber eine vor der Nase mit 45 Minuten Lesezeit. 

 

Ich habe absolut nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet diese Anthologie mein Favorit 2023 wird, aber zurzeit sieht's danach aus. Da kann durchaus (auch) an der bewusst offenen Ausschreibung liegen, sicher spielt auch die Bekanntheit der beiden Herausgeber eine Rolle, die haben einfach auch gute Texte erhalten.


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#71 J. A. Hagen

J. A. Hagen

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Geschrieben 14 Dezember 2023 - 09:06

Mich würde interessieren, wie die Herausgeber und Herausgeberinnen das sehen.


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#72 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 14 Dezember 2023 - 09:19

Mich würde interessieren, wie die Herausgeber und Herausgeberinnen das sehen.

 

Chris Grimm hat sich ja schon geäußert. 

 

Da ich eine Anthologie herausgegeben habe und an der NOVA 34 beteiligt bin, mache ich mal eine Aussage dazu:

 

Ich bin schon hochzufrieden, wenn eine Story lesenswert ist. Dann wird sie gedruckt. Wenn es das zigste Weltraumabenteuer aus der Sicht eines weißen Cis-Mannes ist, dann kann ich das zur Kenntnis nehmen, aber ich konnte es mir bisher nie leisten, so eine Story abzulehnen.

Sofern aber Ismen drin sind, würde ich die Story entweder ablehnen oder auf eine Behebung dessen bestehen.

Es gab diesen Fall bei Der Tod kommt auf Zahnrädern, dass eine Story einen rassistischen und außerdem dickenfeindlichen Spitznamen beinhaltete. Hier haben Janika und ich auf die Behebung bestanden ("Entweder das kommt raus oder die Story ist draußen" - vielleicht etwas diplomatischer formuliert.)

 

Bei Male Gaze würde ich auch Einspruch erheben, sofern ich diese Möglichkeit habe. Aber ich würde als Herausgeberin nicht zu den Autory sagen: "Pass mal auf, da fehlt mir noch eine weibliche Figur! Schreib um!".

Was Janika aber in einem Fall bei Der Tod kommt auf Zahnrädern getan hat, sie hat dem Autor gegenüber angeregt, er möge auch ein paar nicht fürchterlich typische deutsche Namen wählen. Etwas ähnliches hatte sie mir gegenüber auch angeregt. Sowohl der Autor als auch ich haben das angenommen und der tatsächlichen Bevölkerung Deutschlands zu jener Zeit angepasst. 

 

Es ist die Frage, wie viel Zeit man hat, wie gut man zur Not Beiträge doch noch ablehnen kann, weil man genügend gute hat (hat man je genügend gute?) und wie überarbeitungswillig die schreibende Person ist. Einige nehmen ja nicht mal normale Lektoratsvorschläge an, da kann ich nicht auch noch mit einem Wunschkonzert auf anderen Ebenen kommen. 

Plus, wie viel Mitspracherecht habe ich wirklich als Herausgeberin (beim Tod auf Zahnrädern massiv viel beispielsweise, aber im Lektorat hatten die Autory das letzte Wort) und wie stark muss ich mich nach der bereits etablierten Redaktion richten?

 

 

Es kommt auch ein bisschen drauf an, wie dick mein Name vorne drauf steht. Wenn ich "nur so mithelfe" hinter den Kulissen, bin ich weniger dickköpfig als wenn ich prominent als Herausgeberin benannt bin, wie es beim Tod kommt auf Zahnrädern der Fall war.

 

Edit, da ich eine ohne es zu merken ein abfälliges Wort verwendet hatte, entschuldigt dafür und danke für den Hinweis!


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#73 fancy

fancy

    Temponaut

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Geschrieben 14 Dezember 2023 - 10:46

Ich habe zu Anfang meiner Herausgeberschaft keine Zeichenbegrenzung gemacht und für eine Anthologie einen Text mit über 200 Seiten erhalten, der das Gefüge des Buches gesprengt hätte. Wir haben eine Lösung dafür gefunden, aber seit dem mache ich grobe Vorgaben. 

 

Für mich spielt es keine Rolle, ob oder nicht queere Personen in den Storys vorkommen, solange die Story mich überzeugt. 

Ich mache das nicht zur Religion. 

Ich finde es auch nicht verwerflich, wenn ein Antagonist sich einer Sprache bedient, die ich nicht verwenden würde und käme nicht auf die Idee, eine Story alleine deshalb abzulehnen. 

In Bezug auf Namen frage ich mich oft, warum die alle immer so verdammt exotisch sein müssen. Mir kommt es oft so vor, als seien "normale" Namen in SF-Storys tabu und den Grund dafür sehe ich nicht. Schlimm finde ich, wenn alle Namen so abstrakt gehalten sind, dass ich Probleme habe, die Protagonisten auseinander zu halten. Aber gut, das wird wohl Geschmackssache sein. 

 

Es stimmt zwar, dass im Lektorat die Autoren das letzte Wort haben, aber ich habe zum Beispiel schon mal einen Text noch abgelehnt, weil der Autor absolut nicht überarbeitungswillig war. Das Recht behalte ich mir vor, denn wie Yvonne schon sagte, steht mein Name auf dem Cover und ich möchte, dass der auch für eine gewisse Qualität steht. 

 

Ich bin Optimistin und schätze, das zukünftige Texte eh bunter werden. ;-) 


Fang nicht an, Dinge zu tun, tu sie einfach!
Wer wenig denkt, irrt viel (Leonardo da Vinci)
Meinungsverschiedenheiten über ein Kunstwerk beweisen, dass das Werk neu, komplex und lebenswichtig ist. (Oscar Wilde)
Wenn Kritiker uneins sind, befindet sich der Künstler im Einklang mit sich selbst. (Oscar Wilde)

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#74 Jol Rosenberg

Jol Rosenberg

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Geschrieben 14 Dezember 2023 - 12:30

Ich komme mal nochmal auf die Frage zurück, warum es im deutschen Sprachraum so wenig gute SF gibt. Mir sind da nämlich beim radelnden Grübeln mehrere Aspekte eingefallen, die hier noch nicht benannt sind. Und vielleicht hat ja jemand Einblicke, die einen internationalen Vergleich erlauben.

 

a) Wer schreibt wie KGs?

KGs sind in Deutschland brotlose Kunst. Dass überhaupt ein nennenswertes Honorar gezahlt wird, ist selten. Mir ist kein Fall bekannt, in dem das Honorar auch nur dem Mindestlohn entspricht (wenn ich mal davon ausgehe, dass alle ähnlich schnell schreiben wie ich). Das wird natürlich professionelle Autor*innen, die Geld verdienen müssen, eher abschrecken, fürchte ich. KGs-Schreiben ist dann so etwas wie ein Hobby und gilt auch vielfach als etwas, was Autor*innen zum Üben machen. Das führt aber dazu, dass die Kunst der KG kaum geschätzt wird. KGs sind dann so eine Art Nebenprodukt, das man als Hobby schreibt, und es reicht, wenn sie veröffentlich werden. Ich denke, diese Rahmenbedingungen tun der Qualität nicht gut.

Und wer schreibt? Nun ja, aufgrund der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen die, die Zeit und Geld haben. Und das sind dann zu einem Großteil cis Männer, die sich nicht mit Familiendingen plagen müssen.

 

b) Was gilt als SF?

Mein Gefühl ist, dass Leute, die sich mit psychologischen oder soziologischen Themen auseinandersetzen, es in der deutschen SF-Szene nicht so leicht haben, ernst genommen zu werden. Außerdem erreichen sie in anderen Kategorien viel mehr Leserschaft. Es scheint mir, als habe geisteswissenschaftlich fundierte SF in anderen Ländern wesentlich mehr Tradition und Leserschaft.

 

c) Was darf eine KG kosten?

Das hängt eng an a). Mir scheint oft, dass meine Herangehensweise, monatelang an KGs zu feilen, eher die Ausnahme als die Regel ist. Und angesichts meines bisherigen Outputs habe ich mir vorgenommen, ihn weiter zugunsten von Qualität zu begrenzen, um mehr Zeit für Recherche und das Durchdenken zu haben. Die Frage scheint mir vor allem, wie viel emotionale und Denkarbeit in KGs gesteckt wird. Momentan ist mein Gefühl: nicht genug.

 

d) Wie viel lesen Autor*innen?

Nun ja. Wer nicht liest, merkt nicht, dass die eigene Idee uralt ist.

 

e) Welche Hilfen gibt es?

Ich betreibe ja seit mittlerweile hmm 10 Jahren? ein Schreibforum und bin seit 6 Jahren oder so Teil der Romanrunde Berlin. Ich war bei den Nornen aktiv und bei der GNL. Trotzdem habe ich nach wie vor Schwierigkeiten, die richtigen Probeleser*innen für meine Texte zu finden. (Mit "richtig" meine ich, die, die mir die Rückmeldungen geben, die ich brauche, um die Texte besser oder gar richtig gut zu machen.) Rückmeldungen zu geben, muss gelernt werden. Einige hier werden meine Art, probezulesen und zu rezensieren, kennen. Es gibt Leute, die das schätzen, mir scheint aber, dass es wesentlich mehr Leute gibt, die das anstrengend finden. Manches daran liegt an mangelnder Passung oder Geschmack, ich habe aber den Verdacht, dass allgemein die Fähigkeit zu konstruktiver Kritik und deren Aufnahme im deutschen SF-Bereich unterentwickelt ist. Da wird einerseits Lobhudelei bemängelt, aber wenn man nicht lobhudelt (nicht meine Stärke) dann ist man das Meckertonkel und glaubt mir, das ist keine angenehme Position.

Ich frage mich, wie wir es hinbekommen, Orte für Textarbeit zu schaffen. Mit Wertschätzung und einem klaren Blick für Verbesserungspotenzial. Meine Federteufel sind da schon hilfreich, ich erlebe es aber seit Jahren, dass bevorzugt Anfänger*innen dazustoßen und es dann schwierig ist, das Niveau zu halten, das ich mir wünsche. Sowohl, was die Rückmeldungen angeht (und da braucht es eben dann auch Rückmeldungen zu den Rückmeldungen um zu lernen, wer was wie hören kann), als auch was das Aufnehmen von Kritik und Lob  und das Textniveau angeht. Ich habe das Gefühl, ich kann da noch viel Lernen und das, obwohl ich mittlerweile seit über 20 Jahren lerne.

Last not least gibt es teilweise enorm wenig Austausch über Texte, der über "gefällt mir, liest sich spannend" oder "bäh, voll öde" hinausgeht.

 

f) Wo lernt man Handwerk?

Auch das scheint mir in D unterentwickelt. Es gibt VHS-Kurse und ich habe zahlreiche Werkstätten besucht. Gerade für Anfänger*innen ist das Angebot breit. Aber auf richtig hohem oder auch nur mittlerem Niveau? Ich habe nicht wirklich Angebote finden können. (Wenn ihr welche wisst: immer her damit).


Ernsthafte Textarbeit gefällig? https://www.federteufel.de/

 

Science-Fiction-Buchblog: https://www.jol-rose.../de/rezensionen

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#75 Rezensionsnerdista

Rezensionsnerdista

    Yvonne

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Geschrieben 14 Dezember 2023 - 14:10

Passend dazu würde mich interessieren, wie viele Kurzgeschichten aus 2023 von dieser Zielgruppe gelesen wurden.


Zu f) Jol, ich fand ja den Workshop in Wolfenbüttel mit Klaus N Frick sehr cool. Allerdings hatte ich Glück: Je nachdem, wer so teilnimmt, ist es eben ggf. auch weniger gut. Unsere Truppe war ziemlich klasse (haben Leute gesagt, die öfter dabei sind). Es gab nur eine Person, die (hüstel) nicht wirklich das Handwerk beherrschte, bei allen anderen kann ich mir gut vorstellen, dass wir noch von ihnen hören werden. Oder schon gehört haben.

 

Ich wollte auch mal wieder mitmachen, aber 2024 reise ich vermutlich eh schon zu viel, daher muss das noch etwas warten.


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#76 Achim Stößer

Achim Stößer

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Geschrieben 14 Dezember 2023 - 20:17

Oben habe ich ja (am Beispiel Religion) darzulegen versucht (siehe https://scifinet.org...ndpost&p=446849), dass diese »Schlussfolgerungen« eben keine sind, die sich aus der aufgeführten Statistik (sondern eher an den Haaren herbei) ziehen lassen (auch keine wären, wenn die Stichproben repräsentativ wären). Offenbar war ich nicht deutlich genug, jedenfalls haben die folgenden Beiträge das augenscheinlich weitgehend ignoriert, im Gegenteil wurde meist davon ausgegangen, dass diese Behauptungen tatsächlich Schlussfolgerungen aus der Statistik seien.

 

Wenn dann als Vorschlag für Themen, die angeblich noch nie da waren, beispielsweise so etwas wie Alien-Religion kommt (»Gleiches gilt für Aliens, für die man sich sehr kreativ neue Religionen samt deren Ausübung, Tradition, Struktur, Institutionen und Einflüsse überlegen und durchspielen könnte.«) kann ich nur sagen: Soll sie halt mal meine Geschichten lesen. Ich habe mehrere geschrieben über Alienreligionen. Oder »Bei den Ergebnissen zum Thema Religion frage ich mich, warum wir davon ausgehen, dass in weit entfernter Zukunft die Kerngedanken der christlichen Religion überleben werden und sich genauso zeigen, wie sie es zurzeit tun? Warum spielen Religionen außerhalb des christlichen Bereiches nicht wirklich eine (auch ernstzunehmendere) Rolle in den Geschichten? Und was könnte uns ein Fokussieren auf andere Religionen für neue Erzählungen geben?«: Soll sie halt mal meine Geschichten … na, das hatten wir schon. Wobei, eine hat sie ja für ihre Statistik verwendet. Eine deren Inhalt diese These doch eher widerlegt und zu der Yvonne schreibt: »Seine Story zieht Religion ziemlich durch den Kakao. Sicher nicht für streng gläubige Menschen witzig, die ihre Religion sehr ernst nehmen. Für mich als Nichtgläubige ist es hochwitzig – und trotzdem zwischendurch grausam (da viele Religionen nun mal grausame Komponenten haben oder da[mit] drohen)  [...] Die Story ist hervorragend strukturiert und ein Teil des Humors zieht sich aus gekonnten Wiederholungen oder Anspielungen auf vorher [E]rwähntes. Es gibt eine klare Prämisse, die hier ansprechend verpackt wird, die Klischees sind offenbar dem Autor wohl bekannt, so dass er sie hervorragend verdrehen kann. Die gewählten Metaphern passen zum Genre SF und zum Thema des Texts. Einige Witze sind ein bisschen böse, was aber die Prämisse gut unterstreicht.« Seltsam.

 

Und deshalb kann ich dieses Fazit bezüglich Religion nicht ernst nehmen.

Sieht es mit den beiden verbleibenden Themen, die, im Gegensatz zu Religion (»Warum ist Religion überhaupt so ein präsentes Thema?« - in meinem Fall: weil ich Antitheist bin, ethischer Imperativ), nicht zu meinen Hauptthemen zählen, anders aus?

 

Sex: »Findet in der Science Fiction Selbstbefriedigung überhaupt statt?« Bei mir schon vor einem viertel Jahrhundert (wie im oben verlinkten Beitrag erwähnt).

 

 »Origineller« Sex?

 

Nun, wenn ich in zwei Sätzen einen Kunstdruck an der Wand, der Hokusais »Traum der Fischersfrau« von 1814 zeigt, beschreibe (sachlich, in einer eher zu einem Biologiebuch passenden Sprache), und ein Leser dann moniert, die Story hätte einer »nicht jugendfrei«-Warnung bedurft, weil sie »auf halber Strecke« zu einem »Tentakelporno« eskaliere, ist das dann ein Problem des Autors oder des Lesers?

Wenn ich in einer Story Objektophile, die beispielsweise den schiefen Turm von Pisa oder eine Telefonzelle o.ä. heiraten, thematisiere (was ich ja, auch wenn Objektophilie eher selten ist, so dass sie im LGBTQIA+ keinen eigenen Buchstaben bekommt, nicht erfunden habe) und als Leserreaktion dann ein respektvolles »Das ist Blödsinn« oder gar den Vorwurf, ich würde damit die »Ehe für alle lächerlich machen«, bekomme, ist das dann ein Problem des Autors oder des Lesers?

Es wird natürlich spätestens dann ein Problem des Autors, wenn der Leser sagt, »ihh, so ein Schmuddelkram, von dem Perversen lese ich nichts mehr« oder »bäh, diesen irgendwasphoben alten weißen Mann, der bestimmt AfD wählt [auch wenn mir im wirklichen Leben die Linke an vielen Stellen zu konservativ ist], boykottiere ich«.

 

Es wird noch mehr ein Problem, wenn der Leser Herausgeber ist und deshalb meine Story ablehnt. Tatsächlich wurde eine meiner Storys explizit als »zu pornografisch« abgelehnt. Fand ich nicht (auch wenn sie mit einer Sexszene zwischen dem vermutlich weiblichen Ich-Erzähler unbekannten Geschlechts und einem Transmann begann), war aber erstmal nicht tragisch, da ich zwei eingereicht hatte und die andere angenommen wurde.

Aber wenn wir weiterdenken: Wenn eine solche Story deshalb nicht (vielleicht nie) veröffentlicht wird und sie deshalb überhaupt niemand liest: Ja, dann wird sie eben auch nicht in einer solchen Statistik landen, und es bleibt der Vorwurf, dass die »deutsche SF« nur 0815-Sex von der Stange enthält.

Drogen?

Die kommen bei mir tatsächlich eher selten vor. Ich schreibe gerade eine Story, die in den 50-ern spielt, klar, da rauchen alle. Wenn aber Picard nach seiner Pensionierung zum Drogenbaron (»Winzer«) wird, ist das absurd; und wenn gar ein Captain-Kollege Picards (den Namen habe ich vergessen) bei der Reise ins 21. Jahrhundert begeistert endlich »eine echte Zigarre« rauchen kann, ist das so, als ob er ins 19. Jahrhundert warpslingshottet und schwärmt, in einer Opium-Höhle »endlich echtes Opium« zu bekommen: Die Autoren haben m.E. den Phaserschuss nicht gehört. Wenn in dem Artikel also gefragt wird »wo in den Storys der neue heiße Scheiß im Bereich der Drogen stattfindet«: stimmt, bei mir wohl nicht. Da kommen Drogen nicht so gut weg, wenn sie überhaupt eine Rolle spielen: Der Trend geht, sorry, wohl eher weg von Drogen.

 

So, jetzt bin ich aber erstmal wieder genug Leuten auf die Zehen gestiegen.

 



#77 Helge

Helge

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Geschrieben 14 Dezember 2023 - 20:27


Sex: »Findet in der Science Fiction Selbstbefriedigung überhaupt statt?« Bei mir schon vor einem viertel Jahrhundert (wie im oben verlinkten Beitrag erwähnt).

In der Feuerstraße-Trilogie von Andreas Brandhorst kam das tatsächlich explizit vor. (Das war allerdings schon vor mehr als einem Vierteljahrhundert)



#78 Achim Stößer

Achim Stößer

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Geschrieben 14 Dezember 2023 - 20:32

In der Feuerstraße-Trilogie von Andreas Brandhorst kam das tatsächlich explizit vor. (Das war allerdings schon vor mehr als einem Vierteljahrhundert)

Ich wollte ja auch nicht sagen, dass ich der erste und/oder einzige bin, sondern lediglich durch ein Beispiel, das ich grade zur Hand hatte, die implizite Behauptung, es gäbe sie nicht, widerlegen. Mit deinem ist sie nun doppelt widerlegt ;-) .



#79 Helge

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Geschrieben 14 Dezember 2023 - 20:45

Zwei Zitate, die mir hier beim Durchlesen aufgefallen sind:

 

Rezensionsnerdista:

Was Janika aber in einem Fall bei Der Tod kommt auf Zahnrädern getan hat, sie hat dem Autor gegenüber angeregt, er möge auch ein paar nicht fürchterlich typische deutsche Namen wählen.

 

Fancy:

In Bezug auf Namen frage ich mich oft, warum die alle immer so verdammt exotisch sein müssen. Mir kommt es oft so vor, als seien "normale" Namen in SF-Storys tabu und den Grund dafür sehe ich nicht.

 

Wenn solche Vorlieben und Abneigungen bestehen, sollten Herausgeber vielleicht von vornherein darauf hinweisen, ob die Figuren der Stories Namen wie Yllf'grxx'qoolaan tragen sollten oder ob sie auch Franz und Frieda heißen dürfen.



#80 Jol Rosenberg

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Geschrieben 14 Dezember 2023 - 21:24

Achim, das klingt aber schon sehr nach "eine Stichprobe, die nicht sämtliche meiner Storys enthält, kann ja nicht repräsentativ sein".

 

Ansonsten gibt es bestimmt etwas zwischen Franz und Frieda und Yllf'grxx'qoolaan. Wobei ich ja finde, dass es zu viele Geschichten mit englischen Namen gibt. OO, wenn ich herausgebe, wird das Chaos.  :bighlaugh: 


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#81 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 15 Dezember 2023 - 07:09

Achim, du meinst jetzt nicht wirklich, nur weil du (teilweise in Storys, die außerhalb der Stichprobe des Essays lagen) in einigen Storys die eingeforderten Dinge thematisiert hast, taugt das Fazit des ganzen Essay nichts?

Dein Religionstext wurde ja auch erwähnt und ohne diesen Text wäre es bei Religionen noch dürftiger gewesen, das steht ja explizit im Essay drin. Den hat Jamie gelesen. 

 

Und Texte, die nicht 2023 erschienen sind, sind außerhalb der Stichprobe. 

 

Ich finde nicht, dass nur, weil einige Texte vielleicht die fehlenden Themen bespielen (und ich bezweifle, dass es so viele sind), könnte man das Fazit vom Tisch wischen.

 

An anderer Stelle hast du auch gesagt, die Schlaraffenland-Anthologie habe ja Texte zum Thema Nahrung gehabt. An irgendetwas Originelles kann ich mich aus der Anthologie trotzdem nicht erinnern. 


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#82 Achim Stößer

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Geschrieben 15 Dezember 2023 - 07:16

Achim, das klingt aber schon sehr nach "eine Stichprobe, die nicht sämtliche meiner Storys enthält, kann ja nicht repräsentativ sein".

 

Wo liest du das denn bitte?

Was ich versucht habe, zu sagen, ist, dass eine Allaussage aufgrund einer winzigen, nicht repräsentativen Stichprobe (oder willst du etwa behaupten, die verwendete Stichprobe sei in irgendeiner Weise repräsentativ?) unsinnig ist, erst recht, wenn die Aussage in keiner Weise aus den Zahlen folgt, sondern aus den Fingern gesaugt scheint; darüber hinaus habe ich einige dieser Aussagen durch Beispiele widerlegt (zwangsläufig Beispiele aus dem, was ich schreibe, da fallen mir am ehesten welche ein).

 

Wenn du behaupten würdest, es gäbe keine geraden Primzahlen, würde ich eben selbstverständlich »2« sagen (womit deine Behauptung widerlegt wäre); wenn du behaupten würdest, es gäbe keine sexistischen Gesetze in Deutschland, würde ich normalerweise erstmal nicht StGB § 183 nennen (obwohl der Paragraph natürlich sexistisch ist), sondern als Betroffener Art. 12a GG (aufgrund dessen ich jahrelang mit einem Bein im Gefängnis stand, die BRD verklagen musste, »gewonnen« habe und daher zu Zwangsarbeit verurteilt wurde, so dass ich mein Studium für drei Semester unterbrechen musste).

 

Wenn also behauptet wird, es gäbe kein X in der »deutschen SF«, dann werde ich, wenn ich eine Story mit X geschrieben habe, diese nennen, um die Behauptung zu widerlegen, und nicht erst lang in meinem eh miesen Gedächtnis nach einer Story mit X wühlen, die nicht von mir ist (auch wenn es sie gibt, siehe https://scifinet.org...ndpost&p=447232). Ist das nicht einleuchtend? Zudem habe ich ja gerade im Fall Drogen darauf hingewiesen, dass diese in meinen Texten tatsächlich nicht, wie gewünscht, »der heiße Scheiß« ist. Texte, in denen das so ist, gibt es aber natürlich.



#83 Achim Stößer

Achim Stößer

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Geschrieben 15 Dezember 2023 - 07:21

Achim, du meinst jetzt nicht wirklich, nur weil du (teilweise in Storys, die außerhalb der Stichprobe des Essays lagen) in einigen Storys die eingeforderten Dinge thematisiert hast, taugt das Fazit des ganzen Essay nichts?

Nein, siehe oben.

 

 

 

Dein Religionstext wurde ja auch erwähnt und ohne diesen Text wäre es bei Religionen noch dürftiger gewesen, das steht ja explizit im Essay drin. Den hat Jamie gelesen.

 

Um so unverständlicher die »Schlussfolgerungen«, die mein Text ja eben widerlegt.

 

 

 

 

Und Texte, die nicht 2023 erschienen sind, sind außerhalb der Stichprobe.

 

Ein weiterer Beleg dafür, dass die Stichprobe nichteinmal ansatzweise taugt, um Behauptungen wie »es gibt i der deutschen SF kein X« zu folgern (allenfalls, »es gab 2023 [in den paar Texten, die ich mir angesehen habe] kein X«.

 

 

 

An anderer Stelle hast du auch gesagt, die Schlaraffenland-Anthologie habe ja Texte zum Thema Nahrung gehabt. An irgendetwas Originelles kann ich mich aus der Anthologie trotzdem nicht erinnern.

 

 

Dann würde sie nicht die Behauptung »es gibt keine originellen Texte zum Thema Nahrung« widerlegen.

Sie widerlegt aber die Behauptung, »es gibt keine Texte zum Thema Nahrung«.

 

 


Bearbeitet von Achim Stößer, 15 Dezember 2023 - 07:23.


#84 Uwe Post

Uwe Post

    FutureFictionMagazin'o'naut

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Geschrieben 15 Dezember 2023 - 08:45

Du meine Güte, man könnte ja ein bisschen weniger drauf rumreiten  :bigcry: 

Dass eine statistische Auswertung eben nur eine verallgemeinernde Aussage über gewisse Aspekte der untersuchten Texte ist, ist doch eine Binsenweisheit.

Natürlich gibt es einzelne Autoryx wie Dich, Achim, die mit besonderer Vorliebe gewisse Themen aufgreifen, die in der Gesamtheit deutlich seltener vorkommen als andere.

Natürlich ist so eine Auswertung ungenau, es ist ja keine naturwissenschaftliche Forschungsarbeit.

Natürlich kann man sich wünschen, dass Autoryx etwas originellere Themen aufgreifen als das zuletzt der Fall zu sein scheint. 

 

Aber geht euch doch nicht an den Hals. Schreibt in der Zeit doch lieber neue Geschichten  :blush:


Herausgeber Future Fiction Magazine (deutsche Ausgabe) ||| Aktueller Roman: ERRUNGENSCHAFT FREIGESCHALTET ||| uwepost.de ||| deutsche-science-fiction.de

#85 head_in_the_clouds

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    Ufonaut

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Geschrieben 04 Januar 2024 - 12:47

Da fallen mir allerdings zuallerst angelsächsische ein (ich hab da aber einen Bias was deutsche Veröffentlichungen -short oder longs- anbetrifft) und schreit nach einem Blog - zumindest im Bereich Religion gibt's da 1 Idee bei mir.

Und damit meine ich explizit ALLE Religionen.

 

Es gibt gute Romane die das thematisieren (eine Rezension meinerseits bzgl Zelazney's "Herr des Lichts" gibts im Scifinet.org hier).

So ein Zwischenkandidat ist PKD was Drugs&Religion angeht.

Bei Sex fällt mir Philip Jose Farmer ein. Aber da lern ich noch dazu (also Autor*innen die das thematisieren) :)


Bearbeitet von head_in_the_clouds, 04 Januar 2024 - 12:51.

"Why should one be afraid of something merely because it is strange?"

  • (Buch) gerade am lesen:Quicksilver- Neal Stephenson
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