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Zwielicht 20


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64 Antworten in diesem Thema

#61 Rezensionsnerdista

Rezensionsnerdista

    Yvonne

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Geschrieben 16 April 2024 - 11:57

Ich ziehe mal eine Story vor, die ich etwas ausführlicher betrachten möchte:
 
Lena Marlier: Schnee
 
Die Autorin hatte ich aus dem letzten Zwielicht noch positiv in Erinnerung, das hilft mir immer. 
Gleich zu Beginn erfahre ich, dass die Hauptfigur, Nilda, einen Stock hat. Ich frage mich natürlich sofort: Alt oder blind?
Stellt sich heraus: Beides.
Fand ich gut, dass ich ein wenig rätseln durfte, aber auch, dass es noch beantwortet wird (inklusive dem Grund ihrer Erblindung). 
 
Sätze wie 
 
 

Der eisklate Wind biss sich an ihrem Gesicht fest

 
 
mag ich richtig gern, weil es so aktiv, so bedrohlich, wirkt.
 
Richtig spannend, der Höhepunkt für mich in der Story war es, als Nilda neben sich eine Stimme ausmacht und ihr klar wird, dass einiges fehlt. Sie hört keine Schuhe auf Schnee knirschen, eine körperlose Stimme. Wie eine blinde Person das spürt, das sicher ausmachen kann, das hatte eine sehr feine, gelungene Horror-Komponente. 
Wir erinnern uns alle an die Szene in Schweigen der Lämmer? Er hat ein Nachtsichtgerät, sie hört aber nichts und richtet zwar die Waffe nach vorn, ist aber wegen der Dunkelheit total unfähig, ihn auszumachen. Nur hören kann sie natürlich, was ihr am Ende das Leben rettet. Eine der gruseligsten Szenen der Fimgeschichte, weil sie so stark im Nachteil ist und ich mir richtig vorstellen kann, wie es für sie sein muss.
 
Nilda ist ähnlich gefährdet, nur dass sie noch mal den Nachteil hat, dass ihr das Hören auch nicht wirklich was bringt, ihr Gegenüber ist körperlos und solange er nicht spricht, macht er kein Geräusch. (Nun, zumindest gehe ich davon aus, dass er körperlos ist, ich kenne ja nur Nildas Perspektive und bin demnach genauso blind wie sie.)
 
Das hier ist es in a nutshell:
 

Sie war gebrechlich und orientierungslos, er dagegen schien nicht einmal einen Körper zu brauchen.

 
 
Fieses Machtgefälle, oder?
 
Dann outet er sich als das, was er ist und wir erfahren, was Nilda getan hat. Leider fällt die Story für mich da schwer ab und ich versuche mal zu ergründen, warum ich so empfinde.
 
Spoiler

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#62 Rabenbraut

Rabenbraut

    Nochkeinnaut

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Geschrieben 21 April 2024 - 20:37

Hallo Yvonne,

 

wow, danke für so viel wertvollen Input! Erstmal habe ich mich wie irre darüber gefreut, dass dir der Anfang so gut gefallen hat. Mit Schweigen der Lämmer verglichen zu werden geht runter wie Öl

Dass dir das Ende nicht mehr so zugesagt hat, finde ich schade, aber ich kann deine Meinung und deine Gründe gut nachvollziehen. Danke, dass du das so intensiv aufgedröselt hast!

 

Spoiler

 

Ich kann deine Kritik wirklich gut nachvollziehen, und du hast sie wunderbar verpackt und es mir damit leicht gemacht, sie anzunehmen. Aber für mich ist es genau die Geschichte geworden, die ich erzählen wollte :) Ich dank dir vielmals für den detaillierten Einblick!


Bearbeitet von Rabenbraut, 21 April 2024 - 20:37.


#63 Rezensionsnerdista

Rezensionsnerdista

    Yvonne

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Geschrieben 25 April 2024 - 15:28

Das ist für mich so ein Fall von: Leserin hat was erwartet und nicht gefunden und jammert, dabei war es eine ganz andere Story und das wurde total übersehen ...

 

Wenn ich was von toten Kindern lese, dann erwarte ich Emotionen und wenn keine kommen, habe ich erstmal den Generalverdacht, dass da was fehlt. In diesem Fall habe ich dabei wohl die eigentliche Geschichte verpasst, da würde sich nochmaliges Lesen unter dem gemeinten Aspekt lohnen. Gut, dass wir drüber gesprochen haben. :-)


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#64 Rezensionsnerdista

Rezensionsnerdista

    Yvonne

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Geschrieben 25 April 2024 - 15:33

Nele Sickel: Ein Mädchen in Gold mit Schuhen aus Glas

 

Inhaltlich hatte ich mich schon dazu geäußert. Jetzt gehe ich mal stilistisch ein wenig näher darauf ein und da bleiben keine Wünsche offen, finde ich. Der SF-Weltenbau gefällt mir auch. Der Protagonist Zane hat kybernetisch verbesserte Ohren, mit denen kann er in der Disco quasi den Bass ausblenden. (Geht der Bass nicht eigentlich auch noch durch andere Körperteile oder kommt mir das nur so vor? Ernstgemeinte Frage.)

 

Es gibt so nette Details, wie z. B. hier über Zane:

 

[quote]

... vor ein paar Jahren eine Luxusleber und innere Organe geleistet, die sogar Batteriesäure standhalten konnten

[quote]

 

Eigentlich geht es ihm natürlich nur um starke Drinks. Das Beste ist ja, es hat einen Sinn für den Plot, dass Zane derartig aufgemotzt ist. Es ist nicht einfach Selbstzweck.

 

Insofern ist das für mich schon SF-Horror, klar, ein Schuss Märchen ist dabei. Aber würde man Aschenputtel nicht kennen, man würde in dieser Story nichts vermissen. Also, Kenntnis des Märchens ist nicht notwendig und es ist auch keine Märchen-Adaption, total anderer Plot, nur lose daran angelehnt, weil schon ein Teil des Lesespaßes ist, aber eben für das Verständnis des Plots nicht wichtig.


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#65 Rezensionsnerdista

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    Yvonne

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Geschrieben 25 April 2024 - 15:51

Silke Brandt: Die Burg über den Rheinwüsten

 

Die Story ist kurz, SF und jetzt darf mir sie gern mal jemand erklären!

 

Mit Google im Tab ist es etwas einfacher. Die Story muss ja im Januar 2100 spielen, da der Architekt Gottfried Böhm im Januar 1920 geboren wurde um am Anfang heißt es "180 Jahre Gottfried Böhm". 

 

Ich vermute hier einen Hinweis:

 


Sechs modifizierte Kinder und zwei Türme - so war die Versuchsanordnung. Sprache der Zukunft hätte Modifizierten wie uns irgendwann in den kommenden Jahrzehnten eine barrierefrei Kommunikation mit ihren Raumschiffen und später sogar extraterrestrischen Biostationen ermöglicht.

 

Allerdings scheiterte das Experiment. Die Türme gibt es aber noch. Offenbar wurden die Türme 2075 gebaut.

 

Die Ich-Erzählerin Taika ist Archivarin. Die Türme stehen an der Rheinbucht (nahe Köln). Das Klima scheint sich stark verändert zu haben, so gibt es in Grönland "ewigen Frühling". Die Gegend dort leert sich ziemlich.

 

Dann kommen drei andere Personen ins Spiel:

 

Jan: Hydrophiliker, sehr kurze Haare, Blut am Finger (vom Ohr, wohl durch einen Hochfrequenzton, der zuvor ertönt war), braungebrannt

 

Martens: Pilzzüchter (beide sind niederländische Exilanten, die Niederlande sind versunken), blass

 

Offenbar kommuniziert der Westturm nun doch. Obwohl er das verweigert hatte. Scheint es aber selbst entschieden zu haben. Ich schätze, dass die Ich-Erzählerin zu den modifizierten Kindern gehört, jedenfalls ist das angedeutet. Ihr wurde jedenfalls als Kind schon etwas implantiert.

 

Ein "homo sapiens naturalis" ist vermutlich einfach ein Homo sapiens, der nicht modifiziert wurde?

 

Toby: homo sapiens naturalis, aus Köln, kommt dazu, weil er Problem mit seinem Kontrollzentrum hat und Hilfe benötigt

 

Toby ist dann auch der, dem alles erklärt wird, so dass ich auch ein bisschen was erfahre, wie, dass man davon ausgeht, dass der Westturm "den Verstand verloren hatte".

 

Okay, ich versuche mal eine Interpretation:

 

Spoiler

 

Jedes Detail raffe ich nicht, aber wenn es sich ungefähr so darstellt, wie ich es nun verstanden habe, ist das eine ziemlich geil gemachte Story. Sie fügt zwar dem SF-Kanon nichts total neues hinzu, erzählt das aber einfach richtig gut und verknüpft es gut und es ist zudem mega literarisch (fast ein bisschen zu viel für meinen Verstand).

 

Ich bin ziemlich begeistert. 

 

Wobei ein erstmaliges Verstehen nach dreimal Lesen wohl auch etwas viel ist. Als ich mir beim Lesen Notizen gemacht habe, ging es. Aber das mache ich ja sonst nicht. 


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