Es ist riskant und vereinfachend anzunehmen, dass jede Figur in einem Roman das Sprachrohr des Autors sei: Zwar gibt es einige Autoren, die dies getan haben (z.b. Robert A. Heinlein in Person des Valentine Michael Smith in „Ein Mann in einer fremden Welt“ oder die Lazarus Long- Erzählungen), aber die meisten Autoren tun dies nicht. Man wird also oft Autor (und Werk) nicht gerecht, unterstellt man dies leichtfertig - insbesondere wenn der Charakter in seinen Moralvorstellungen und Überzeugungen uns nicht entspricht.
Ihre Figuren müssen nicht sympathisch sein. Man muss sie nicht mögen. Man muss sich nicht mit einer bestimmten Figur identifizieren, selbst wenn es sich um ihre Erzählperspektive handelt. Romanautoren arbeiten mit Figuren und Konzepten, um Handlung und Drama zu schaffen, die uns unterhalten und im besten Fall klüger über die menschliche Psyche und Motivationen zurücklassen als vorher. Und genau das bedeutet Fiktion. Sie bietet die Möglichkeit, einen Blick in das Leben fiktiver Menschen zu werfen, die uns und dem Autor hinsichtlich ihrer Überzeugungen und Handlungen sehr unähnlich sein können.
Manchmal macht es der Autor leicht uns zu distanzieren - wie gegenüber der Figur des Robert Vaughan in J.G. Ballard’s hochkontroversem Roman „Crash“ und es ist offensichtlich das hier nichts propagiert werden soll (trotzdem wurde es Ballard unterstellt).
Die für mich interessantesten Figuren entstehen dabei oft unter Verwendung ambivalenter Charaktere, mit denen uns Autoren die menschlichen Höhen und Tiefen vorführen und uns im besten Fall über deren Charakterentwicklung eine differenzierende Haltung einnehmen lassen.
Hier einige prominente Beispiele aus der SF & F:
* Alex - in Anthony Burgess’ „A Clockwork Orange“
* Case - in William Gibsons „Neuromancer
* Winston Smith – in Orwells „Nineteeneightyfour“
* Paul Atreides – in Frank Herbert’s Dune
* Ender Wiggin – in Orson Scott Card’s „Enders Game“
* Riddick – in Alan Dean Foster’s Buchfassungen Pitch Black / The Chronicles of Riddick
* Thomas Covenant – in den gleichnamigen Chroniken von Stephen R. Donaldson