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Was muss sich ändern in der SF?


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161 Antworten in diesem Thema

#61 Jürgen

Jürgen

    CyberPunk

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Geschrieben 13 April 2005 - 12:11

Lieber Michael.

wir reden hier ein wenig aneinander vorbei.

Back to the roots....

Tichy behauptete, Gibson wäre der "Erfinder" des Cyberpunk.

Yip wollte ein Statement von mir, weil ich mich speziell mit dem Sub-Genre Cyberpunk eingehend beschäftigt und auseinandergesetzt habe.

Ich habe darauf geantwortet und meine Meinung mit Fakten begründet (nein Sullivan, es war KEIN vorbereiteter Text, aber ich habe schon in so vielen Threads und Boards gleichlautende Statements gepostet, dass ich es schon auswendig runterbeten kann :rolleyes: )

Wenn du also Zweifel an meiner Aussage hast, dann begründe sie ebenfalls mit Fakten. Dann können wir darüber gern diskutieren.
Nimmst du nur EINEN Bereich aus Gibson´s Handlungsumgebung raus und reitest darauf rum, wird das diskutieren schwierig.
Ich kann doch auch nicht einfach behaupten, das der Erfinder des Rads das Auto erfunden hat, nur weil ein Auto Räder hat.

Gibson hat etwas Neues geschaffen, in dem er verschiedene Komponenten (vorhandene und eigene) zusammengebaut hat. Man kann seine SF-Bücher nur als Gesamtwerk betrachten.

Na, deine Liebe zu Gibson in Ehren.

Das ist so nicht ganz richtig.
Meine "Liebe" gilt anderen Autoren wie z. B. Douglas Copeland oder Neal Stephenson.
William Gibson hat für mich persönlich das Thema SF wieder atraktiv gemacht, und das rechne ich ihm hoch an.

Gruss
Jürgen

Nachtrag:
In jedem Bereich der Phantastik gab/gibt es Schriftsteller, die als "Begründer" einer Richtung aufgeführt werden. Ob diese Autoren in dem Bereich "ewige Werte", sprich Klassiker hervorgebracht haben, sei dahingestellt. Der "Klassiker" im Bereich CP ist für mich persönlich kein Gibson-Werk, sondern Hardware von Walter John Williams aus dem Jahre 1986.

Bearbeitet von Jürgen, 13 April 2005 - 12:42.

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#62 Mammut

Mammut

    DerErnstFall Michael Schmidt

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Geschrieben 13 April 2005 - 13:02

Hallo Jürgen,der letzte Satz in deinem Posting war der Grund meines Einwurfes. Ich hatte ja anhand des Beispieles von den beiden Automobilkonzernen meine Meinung begründet. Zu den Aussichten einer virtuellen Welt Anfang der Achtziger kann ich nichts sagen, da kenne ich mich nicht aus.Mein Posting ist auch nichts gegen Gibson, von dem ich noch nichts gelesen habe. Man sollte nur bei aller Begeisterung die Zukunftsprognosen mit Vorsicht genießen. Vieles ist eben noch nicht zugetroffen, unabhängig ob die "Vision" von einem Schriftsteller, einem Wissenschaftler oder einem Politiker ist.Ob das Internet den Stellenwert einnimmt, den der Cyberpunk beispielsweise erwarten lässt, ist ja immer noch fraglich. Es gibt ja auch immer wieder Entwicklungen, die nicht gradlinig verlaufen. Das 3-D Fernsehen kam ja bisher nicht, überhaupt scheint das bisher keine Rolle zu spielen und wenn überhaupt, so scheint es, wechselt es als dreidimensionale Komponente in die virtuelle Realität.Interessant wäre mal eine alternative Entwicklung zu der jetzt voraussehbaren, und wenn sie nur als Spekulationsgrundlage dient. Aber die meisten Zukunftsvisionen sind da recht konventionell. Wen wundert es. Wie sieht denn z.B.: eine Alternative zur heutigen Gesellschaft des Turbokapitalismus aus?Generell gebe ich dir aber Recht: Wenn ein Autor es schafft, genügend Leute von seiner Idee (Cyberpunk) zu überzeugen, ist er innovativ und begründet eine neue Richtung. Das wollte ich auch gar nicht in Abrede stellen.Ad Astra,Michael

#63 tichy

tichy

    Typonaut

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Geschrieben 13 April 2005 - 13:38

Hej!Unter "Vision" versteht wahrscheinlich auch wieder jeder etwas anderes. Ich meine damit, dass der Autor ein zu diesem Zeitpunkt mögliches Szenario der Zukunft entwirft und es nutzt, um 1) eine spannende Geschichte zu erzählen und dabei 2) auch die sich aus diesen Veränderungen ergebenden Chancen Probleme herausarbeitet. Ein paar Jahrzehnte später kann sich herausgestellt haben, dass einiges davon nicht eingetroffen ist (so faszinierend die Treffer auch sein mögen); das schmälert nicht den Wert der Vision, man muss sie nun freilich in ihrem historischen Kontext lesen.Lem wird immer wieder mal als "Kassandra des Weltraums" bezeichnet, weil er frühzeitig Probleme vorhersagt, ohne zu erwarten, an ihrem Eintreffen etwas ändern zu können. Ich halte ihn da für zu pessimistisch. Literatur kann großen Einfluß haben, und man muss einem George Orwell und anderen "Dystopisten" vielleicht dankbar sein für ihre Warnungen, dank derer ihre Visionen womöglich nicht wahr wurden.-- tichy
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#64 Armin

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    Entheetonaut

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Geschrieben 13 April 2005 - 13:48

Interessant wäre mal eine alternative Entwicklung zu der jetzt voraussehbaren, und wenn sie nur als Spekulationsgrundlage dient. Aber die meisten Zukunftsvisionen sind da recht konventionell. Wen wundert es. Wie sieht denn z.B.: eine Alternative zur heutigen Gesellschaft des Turbokapitalismus aus?

Das gibt's doch schon längst und in großer Zahl. Meist sind's allerdings Dystopien. Mir fällt spontan Margaret Atwoods The Handmaid's Tale (dt.: Der Report der Magd) ein. Da hast du einen richtig krassen Gegenentwurf zur heutigen Gesellschaft. Ich zitiere mal den Klappentext:

Gegen Ende des 20. Jahrhunderts haben fanatische religiöse Sektierer im Norden der USA die sogenannte Republik Gilead installiert, deren oberstes Ziel die Sicherung der Fortpflanzung ist, nachdem die "europiden" Rassen seit Jahren einen drastischen Geburtenrückgang zu verzeichnen hatten. Perfide Machtstrukturen sollen die größtmögliche Ausbeutung der weiblichen Gebärfähigkeit gewährleisten; dazu gehören die totale Entmündigung der Frauen und ihre Klassifizierung in Hausfrauen, Gebärmaschinen und Dienerinnen. Wer nicht funktioniert oder sich widersetzt, wird zur "Unfrau" erklärt und in die Kolonien zur Giftmüllbeseitigung abgeschoben. Eine dieser jungen, zu Reproduktionszwecken rekrutierten Frauen, der sogenannten Mägde, die den männlichen Führungskräften von Gilead als Zweitfrau zugewiesen werden, ist Desfred, die Hauptfigur und Erzählerin des Romans.

#65 Mammut

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Geschrieben 13 April 2005 - 13:57

Na, ob das Beispiel eine Alternative ist?Aber richtig, aus der Sicht gesehen gibt es eine Menge Alternativen.

#66 Armin

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Geschrieben 13 April 2005 - 14:07

Na, ob das Beispiel eine Alternative ist?

Ich sag ja: Dystopie. Ich habe absichtlich ein noch relativ aktuelles Beispiel (na ja, der Roman ist von 1985) ausgewählt, hätte aber auch Orwell oder Bradbury nehmen können. Wenn du natürlich ein Beispiel für eine wie auch immer geartete "positive" alternative Entwicklung der Gesellschaft suchst, also eine Utopie, tue ich mich auch schwer, dir eins zu präsentieren. Gruß Armin

#67 Gast_Jorge_*

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Geschrieben 13 April 2005 - 16:31

Es als SF-Roman auf den Index zu schaffen, seh ich schon als innovativ an :rolleyes:. Kennt jemand noch einen?

Vom gleichen Autor: "Die Bruderschaft des Schmerzes" Blutig-gut :unsure: Ein weiterer Roman(nicht auf dem Index) der 70er, der ebenfalls die ausgetretenen Pfade der Routine-SF verläßt, wäre z.b. noch Christopher Priests "Der steile Horizont"(1974).

#68 Armin

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Geschrieben 13 April 2005 - 17:00

Ein kurzer Nachtrag zu Gibson und den hier mehrfach angesprochenen Visionen der SF-Autoren im allgemeinen. Gibson selbst meint: „Ich denke nicht, daß Science Fiction eine große Voraussagekraft hat, aber es ist ein interessantes Instrument zur Betrachtung der Welt, in der wir leben."

Stammt aus einem Artikel im Magazin der Basler Zeitung von 1998. Zu finden hier.

#69 Diboo

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Geschrieben 13 April 2005 - 18:41

Interessant wäre mal eine alternative Entwicklung zu der jetzt voraussehbaren, und wenn sie nur als Spekulationsgrundlage dient. Aber die meisten Zukunftsvisionen sind da recht konventionell. Wen wundert es. Wie sieht denn z.B.: eine Alternative zur heutigen Gesellschaft des Turbokapitalismus aus?

Verstehe ich nicht. Was für ein Turbokapitalismus? Du kannst doch nicht den real existierenden Sozialismus der Bundesrepublik Deutschland mit einem freien, kapitalistischen System verwechseln, oder? (In punkto kapitalistische Utopien verweise ich auf L. Neil Smith)

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#70 Pixelprimat

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Geschrieben 13 April 2005 - 23:55

Du kannst doch nicht den real existierenden Sozialismus der Bundesrepublik Deutschland [...]

*hust hust* Ich würde die SF nicht als Pool der Zukunftsprognosen sehen. Ein Autor entwickelt nunmal Vorstellungen, aus denen sich eine interessante oder wenigstens spannende Geschichte machen lässt. Ich denke, die beste SF ist die, die Verhältnisse der Gegenwart (!) aufnimmt und eine mögliche Zukunft entwickelt, die entstehen könnte, wenn man den gegenwärtigen Kurs weiter verfolgt. Das ganze ist dann eine Warnung vor dem Eisberg; zumindest soll der Autor ein Eulenspiegel und Karikaturist sein. Dabei darf man aber auch nicht vergessen, dass es bestimmte Trends gibt; ich meine jetzt nicht unbedingt Moden, sondern eher Weltanschauungen, die Moden bedingen. Nach meiner eigenen Weltanschauung ist die Weltanschauung der meisten Menschen heute vermutlich eher negativ, jedenfalls in meiner jungen Generation spüre ich das so (was für ein Satz...). Es scheint bei Leuten meines Alters (ich bin 19) einen Drang zum "Neo-Barock" zu geben: Das Leben ist kurz, genieße es. Alle Probleme werden verdrängt, man flüchtet sich in irreale Phantasien und zerbricht sich nicht gerne den Kopf. Das ist mE mit ein Grund für den Aufschwung der Fantasy; man könnte ihn geschickt nutzen, um auf mit Fantasy verwobene SF hinzulocken (Steampunk, Steamfantasy...) . Und es gibt einen Hang zum "Neo-Biedermeier": Überlasse die Probleme der Welt anderen und versuche, mit dir selbst zufrieden zu sein. Die Folgen: Die heranwachsende Leserschaft ist an Phantastik generell nicht mehr so stark interessiert. Ich bin zu jung um zu beurteilen, ob das früher anders war, aber ich habe den dringenden Verdacht, in einem sehr dekadenten Jahrzehnt zu leben und vermute, dass sich früher wesentlich mehr Menschen für Visionen begeistern konnten als heute und deshalb auch die SF im großen und ganzen qualitativ besser war (es kann aber auch daran liegen, dass ich die jüngere postmoderne Einheitsschreibe nicht mag). Wie passend, dass gerade Gothic und Horror so "in" sind, haben sie doch oft diesen Touch des Mittelalterlichen bzw. Viktorianischen, in dem die Zeit stillzustehen schien und es so gut wie keine merkbare kulturelle Evolution gab! Es herrscht das Zeitalter der Konsumgesellschaft, und die stopft sich lieber den Bauch voll als sich hochgeistige Gedanken zum Klonen, zu zukünftigen Technologien, zu der Problematik des Begriffes "Realität" zu stellen. Warum auch? Das ist eine Gesellschaft der Egoisten, und Egoisten interessieren sich nicht dafür, wie man die Welt durch Visionen verbessern kann, solange sie selbst vom Schlechten nicht betroffen sind. Es gibt auch eine recht starke Opposition, die sehr wohl an der Welt jenseits der eigenen vier Wände interessiert ist, die sich politisch engagiert und aktiv für ihre Interessen gegenüber anderen eintritt; aber ich vermute dass diese Gruppe relativ gesehen kleiner ist als zu früheren Zeiten. Meine Wünsche an die SF sind deshalb: Sie sollte visionär, neu und unverbraucht sein, aber nicht utopisch (hier im Sinne von "nicht realisierbar"). Wir Jugendlichen mögen 50% unserer Lebenzeit betrunken oder bekifft sein, aber wir können dennoch durchaus entscheiden, was wir für realisierbar und logisch und deshalb auch für gut halten und was nicht. Wenn sich schon die wenigen der jungen "Denker" mit SF befasst, dann sollte SF wiederum auf die Probleme der Gegenwart, wie gesagt, eingehen und realistisch sein: d.h. sich mit aktuellen Problemen beschäftigen, die wirklich heiß diskutiert werden, und sie darf ruhig in naher Zukunft spielen, auch in einer Zeit wo Autos noch mit Benzin betankt werden und Zeitungen aus Papier bestehen. Zumindest mich würde es auch nicht sonderlich stören, irgendwo eine Jahreszahl zu lesen, die längst in der Vergangenheit liegt (2001 - Odyssee im Weltraum...). Das Hauptproblem ist wohl, dass es schwierig ist, Innovationen zu schaffen. Heute erscheint alles nur noch ein Abklatsch vergangener Stile und Moden zu sein. Heute sind die 80er in, gestern waren es die 70er. (Ich frage mich wann die 40er in Mode kommen und alle in grauen Wehrmachtsuniformen oder zumindest mit Judensternen rumlaufen). Man muss da schon verdammt kreativ sein, um noch etwas zu schaffen, das wirklich eine Bedeutung hat, eine Meinung, die nicht schon von jemand anderem gesagt wurde. Ich weiß, man sagte schon vor 100 Jahren, dass "alles, was erfunden werden kann, bereits erfunden ist" und es dann doch ganz anders kam; aber das Heute kommt mir verdammt so vor. Meines Erachtens ist die gesamte Medienwelt in der vergangenen Zeit sehr abgestumpft: Der Anspruch ist stark gesunken, weil meine Generation offenbar jede Form von Medium als Unterhaltung betrachtet, nicht mehr und nicht weniger. Man braucht sich nur in den Deutschunterricht zu setzen. Liest man eine Lektüre, regen sich alle darüber auf dass das Buch langweilig wäre - was es in der Regel auch ist - , aber wird die eigentliche Aussage und Intention eines Textes besprochen, hat der Lehrer 30 Fragezeichen vor sich sitzen... wohin soll das führen, gerade weil die SF eben nicht bloß unterhalten will, sondern den Leser bewusst und offen auffordert, sich seine eigene Meinung zu bilden und über eine Sache zu philosophieren? Worauf ich hinaus will ist die Forderung nach besseren Büchern allgemein, auch in der SF. Sie sollten nichts von ihren früheren Qualitäten aufgeben. Wenn ich einen Stoff interessant finde, dann lese ich ihn, auch wenn er vor mittlerweile 200 Jahren geschrieben wurde, in einem grauenhaft altertümlichen Deutsch verfasst, und es mittlerweile eine Zillion Verfilmungen und Persiflagen gibt. Die Vision stellt einen geistigen Anspruch an den Leser, nicht die Sprache. Ich vermute dass den meisten auch der Umfang eines Buches egal wäre; ein Harry Potter mit 700 Seiten findet ja auch viel Absatz. Allerdings ist Buch nicht gleich Buch. Wenn ich heute ein Buch für meine Altersgruppe kaufen gehe, das in der jüngsten Zeit geschrieben wurde, dann verkaufe ich im Gegenzug meine Seele an den Teufel. Warum? Anstatt ein einziges Buch zu drucken, dass teuer und umfangreich, aber in sich geschlossen ist, werden heute gerne Serien produziert; So muss sich der deutsche Leser von "Eine Reihe unglücklicher Ereignisse" dreizehn Bücher einer Serie zulegen, die jeweils 13 Euro kosten, und das bei einem Umfang von etwa 200 Seiten je Buch. Wäre ich nicht so verschossen in die Serie, handelte es sich nicht um Kinderbücher und wüsste ich nicht dass die englischen Bücher billiger sind, würde ich das als Abzocke pur empfinden. Wer mit solchen Drogen aufwächst, ist in zehn Jahren längst abhängig - ich schätze, dass einzelne, dünne Serienhefte zu einem moderaten Preis verkauft sich durchsetzen werden. Dementsprechend werden die Geschichten pro Heft etwa so viel Aussagekraft besitzen wie die Dialoge in GZSZ. (Falls aktive Autoren anwesend sind: lasst es nicht soweit kommen! Schreibt Wälzer oder wenigstens einzelne Werke statt Serien! Bewahrt der Literatur ihren intellektuellen Touch!) Das führt gleich zum zweiten Punkt: Ich denke dass sich die Schwerpunkte der SF verlagern müssen, damit sie im Medienangebot der Zukunft überleben kann. Wir hatten bisher immer nur von Büchern geredet. Ich selbst lese sehr gerne, aber Druckerzeugnisse werden von meinen Altersgenossen eher ignoriert oder belächelt. Deshalb sollte sich die SF der Zukunft nicht allein auf Bücher beschränken, wenn sie mehr als nur eine Handvoll ansprechen möchte. Man kann visionäre Ideen auch in Filmen und Computerspielen umsetzen; dort sind sie für die meisten Jugendlichen am interessantesten, am einfachsten dargeboten (Motto: möglichst wenig denken!) und gleichzeitig erreicht man damit auch den größten Teil der Zielgruppe. Einige Filme der jüngsten Vergangenheit haben ja bewiesen, dass sie sowohl recht durchdacht als auch gutaussend Kultstatus erlangen können, und das obwohl SF als abendfüllender (Kino-)Film anscheinend gar nicht so sehr beliebt ist und meiner Erfahrung nach die meisten lieber eine Kinokarte für American Pie und Konsorten (*kotz*) kaufen. Ich denke da an Matrix, Cube und Equilibrium (als moderner Fahrenheit 451-Aufguss). Das sind natürlich alles Filme, die sehr aufbereitet wirken: Ein hohes Maß an Spezialeffekten, z.T. wird die Story dünn, es gibt unfreiwillige Komik etc... Popkornkino, das wohl nicht so beliebt wäre, wenn es den Verstand mehr ansprechen würde als das Auge. Aber solche Filme eignen sich doch hervorragend als Einstiegsdroge! Wenn sich die Zeiten nicht bald ändern und die Dekadenz und der Pessimismus der Gesellschaft durch eine Revolution o.ä. abgeschafft wird, braucht die SF mE eine breitere Basis als bisher, um überleben zu können. Und jetzt wo ich das Schlagwort genannt habe: Die Schwerpunkte der SF-Thematik muss sich verlagern. Was ich damit meine, erkläre ich am besten anhand ein wenig Wehmut. Ich wünschte, ich hätte den Tag live miterlebt, an dem Neil Armstrong auf dem Mond landete; stattdessen bin ich in dem Jahr geboren, in dem Tschernobyl hochging und die Challenger explodierte, und die MIR wurde vor vier Jahren im Meer versenkt. Wenn George W Bush davon redet, dass er eine Mission zum Mars plant, dann kann ich das Feuer und die Begeisterung, die er bei vielen auslöst, nicht verstehen, weil die Mondlandung und die meisten anderen positiven Meilensteine der Raumfahrt für meine Generation eben nur ein bisschen Geschichte ist. Wenn man mir von der Angst vor dem Atomkrieg erzählt, kann ich das nicht nachvollziehen, weil ich den Kalten Krieg nicht bewusst erlebt habe. Wenn man mir vom Kommunismus/Sozialismus vorschwärmt, verstehe ich diese Begeisterung nicht, weil sich diese Ideologie als dem Kapitalismus unterlegen erwiesen hat. Worauf will ich hinaus? Die Welt hat sich in den letzten paar Jahren sehr stark verändert. Raumfahrt, das Szenario des Nuklearen Winters oder politische Ideologien, damit können wir jungen Menschen einfach zu wenig anfangen. Als mögliche verwertbare Themen für die zukünftige SF halte ich z.B. Klonen, Genmanipulierung, der Wert des menschlichen Lebens (vgl. Euthanasie, Todesstrafe), Umwelt und Klimawandel, so ziemlich der ganze Cyberpunk, Liberalisierung der Wirtschaft und Bildung des "Wirtschaftsabsolutismus'", Polizeistaat und Terrorismus, Stagnation der Wissenschaft, die Konkurrenz zwischen Mensch und Maschine. Diese Themen schließen eine Menge der "alten" SF mit ein, z.B. das Klischee Roboter, 1984. Ich will also nicht die alte SF vollkommen über den Haufen werfen, sondern lediglich um zukunftsträchtige Themen, die Jugendliche heute interessieren, erweitern. Vermutlich wird dann das Interesse an einigen Themen zurückgehen. Bedeutet das, sich von SF á la Star Trek zu entfernen? Ja, ein Stück. Es mag Zeiten geben, in der die Raumfahrt wieder aufblüht und deshalb auch wieder in der Literatur/Kunst allgemein interessant wird; doch ich fürchte, die nächsten paar Jahre wird das wohl nicht geschehen. Hm... last but not least ein paar Beispiele, wie ich mir die zukünftige SF vorstelle. Da wäre Eschbachs "Eine Billion Dollar", oder ein Roman der sich mit Klonen beschäftigt und dessen Autorin ich leider vergessen habe, "Blueprint"; Im Bereich Film z.B. "Gattaca", "AI". ...bleibt die Frage, was einen Klassiker auszeichnet. Ich würde sagen, ein Klassiker ist ein Roman, das sich nicht mit einem Trend auseinandersetzt, sondern Allgemeingültigkeit besitzt. Ich finde die Foundation-Trilogie ist da ein gutes Beispiel, denn es gibt religiöse, politische, technische, ethische Aspekte, die angesprochen werden, und deshalb wird man Asimov auch lesen wenn niemand mehr etwas von Raumschiffen und fremden Planeten wissen will, oder wenn niemand mehr an Politik-SF interessiert ist. Ist ein Klassiker = ein Meilenstein eines bestimmtes Subgenres, z.B. Neuromancer? Da bin ich zweigeteilt. SF ist nicht gleich SF, es gibt Leute die lieben politische Utopien und verabscheuen Cyberpunk, Ich würde sagen, solche Bücher wären eher Klassiker im weiteren Sinne. Ist also die SF der Zukunft eine SF ohne Klassiker? Nicht wenn sie es versteht, mehrere interessante Themen ansprechend in einem Roman/Film darzustellen. Matrix ist nicht das perfekte Beispiel... aber hier hätten wir z.B. Virtuelle Welten, Physik und Naturgesetze UND den Konkurrenzkampf zwischen Mensch und Maschine. Hach... ich könnte diesen Artikel stundenlang weiterschreiben, aber ich glaube, ich sollte langsam mal ins Bett.

Bearbeitet von Pixelprimat, 14 April 2005 - 00:46.

...mfg Talh/Pixelprimat

#71 Diboo

Diboo

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Geschrieben 14 April 2005 - 07:16

*hust hust*

Komm, ich klopf Dir auf den Rücken. Du hast da was im Hals. Ansonsten lese ich in Deinem Beitrag viel "sollte". Ich frage mich die ganze Zeit, auf welcher Basis Du zu der Auffassung kommst, dass "die Jugend" (wer immer das sein mag) "das" noch lesen will und "jenes" eben nicht mehr. Was die Vermittlungsformen angeht, kann ich Dir noch ein Stück weit folgen, aber sobald es um die Inhalte geht, verläßt es mich. Im Endeffekt schauen wir doch mal, welche Themen sich gut verkaufen. Das kann ein knackiger Roman zur Gentechnik sein, keine Frage. Ich habe aber kein valides Argument entdecken können, warum es nicht auch ein knackiger Roman über die Invasion der Tentakeloiden von Altair VII sein kann.

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#72 molosovsky

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Geschrieben 14 April 2005 - 09:06

@ Sullivan:
Mit vielen Welten (oder Kulturen, usw) meine ich alle überzeugenden Geschichten, Schilderungen, in denen sich eben mindestens zwei, besser noch mehere Welten nebeneinander existieren. Das kann man auch ganz hervorragend in realistischen Geschichten machen. Nimm sowas wie »Zähne zeigen« von Zadie Smith, spielt in London und zeigt die Vermischung und Abgrenzung von Alt-Britten und Kolonial-Britten.

Wegen einer Gaiman-Geschichte sag ich immer: »Gerne her damit.« Meine Privatemail findet sich auf meinem Blog bei Impressum. - Vielen Dank für das Angebot (auch wenn ich jetzt langsam mal in Pötte kommen sollte, um beim aktuellen Lesezirkel mal Senf beizusteuern).

@ Pixelprimat:
Wow! Also, auch wenn Dein langer Beitrag eine große Deviation ist, ich habe ihn mit Vergnügen gelesen. Lass Dir versichern, daß ich als Dreiunddreissigjähriger (immer noch) so ohngefähr ähnlich auf das Problemfeld SF, Deutschland (westlich erste Welt) und junge Generation blicke. Danke für für Deine Meinung!


Grüße
Alex / molosovsky

Bearbeitet von molosovsky, 14 April 2005 - 09:48.

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.

Mehr Gesabbel von mir gibts in der molochronik

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#73 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 14 April 2005 - 11:01

@Pixelprimat...
Toller Beitrag, großes Lob! Ich denke du hast aus deinem Umfeld zitiert, wenn du beschreibst was "in" ist und was nicht, was (noch) ankommt. Ich merke daran zum ersten Mal bewusst, dass mein (sich in den besten Jahren befindender) Geschmack wahrhaftig noch mehr in Richtung Weltraum geht als die "biologischeren" Themen.

Ich gebe dir vollkommen recht, dass die Welt sich sehr schnell ändert. Ich finde man lebt beim dauernden Mithalten und "Vernunft bewahren" z.Zt. mental ähnlich angestrengt, wie ich mir das ca. 5 Jahre nach einem Weltkrieg vorstelle. Das Erschreckende ist, dass einem immer mehr suggeriert wird, dass man tagtäglich die Belange des ganzen Globus mit berücksichtigen / tragen soll. Eigentlich eine wahnwitzige Idee. :D

Das mit dem anscheinenden Fehlen an innovativen Ideen sehe ich nicht so extrem wie du - ich denke einfach es geht uns (zu) gut, und diese ganzen Retro-Ausflüge der aktuellen Kunst/Mode/Kultur sind Begleiterscheinungen davon. Ich darf dir aus eigener Erfahrung empfehlen, mal eine Zeit im nicht-europäischen Ausland zu verbringen, und du wirst sehen, dass da ganz andere Impulse wirken. (Vieles "Neue" kommt ja inzwischen aus dem asiatischen Raum; um mal 2 Beispiele zu nennen: Bollywood-Ästhetik und Manga-Manie.)

Ich denke trotzdem die Innovation ist nach wie vor da, aber eben nicht mehr so sichtbar wie zu "drängenderen" Zeiten. Also wird es nach wie vor gute futuristische bzw. Alternativwelt-Romane geben, die man auch findet wenn man ein wenig sucht. (Oder dieses Forum besucht! ;))

P.S.: Im Thread zum Film Blueprint hatte ich mal den Namen der Autorin erwähnt - C. Kerner. Hast du dir denn den Film inzwischen mal angeschaut?

Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 14 April 2005 - 11:06.

/KB

Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.

Da ergriff eins der kleinsten das Wort:

"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,

dann wünschen wir einfach mit Willen

die Wünsche-Erfüllung fort!"

Sie befolgten den Rat und von Stund an war

wieder spannend das Leben und heiter.

Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr

und vielleicht gar ein wenig gescheiter.

(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)


#74 Pirx

Pirx

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Geschrieben 14 April 2005 - 20:12

*hust hust*

Komm, ich klopf Dir auf den Rücken. Du hast da was im Hals. Ansonsten lese ich in Deinem Beitrag viel "sollte". Ich frage mich die ganze Zeit, auf welcher Basis Du zu der Auffassung kommst, dass "die Jugend" (wer immer das sein mag) "das" noch lesen will und "jenes" eben nicht mehr. Was die Vermittlungsformen angeht, kann ich Dir noch ein Stück weit folgen, aber sobald es um die Inhalte geht, verläßt es mich. Im Endeffekt schauen wir doch mal, welche Themen sich gut verkaufen. Das kann ein knackiger Roman zur Gentechnik sein, keine Frage. Ich habe aber kein valides Argument entdecken können, warum es nicht auch ein knackiger Roman über die Invasion der Tentakeloiden von Altair VII sein kann.

Hallo, schön, dass hier nicht alle so kritisch mit dem Beitrag von Pixelprimat umgehen. Allerdings bin ich nicht der Meinung, dass SF-Autoren "nicht bloss unterhalten wollen". Ferner gab und gibt es immer noch zahlreiche gute SF-Romane die unterhalten und "visionär" sind. Etlich Beispiele wurden schon aufgezählt. Insgesamt betrachtet, kann ich persönlich keine Krise der SF-Literatur erkennen. Auch in anderen Bereichen (Rollenspiele, früher Fantasy-Literatur usw.) wurden Katastrophen erahnt bzw. vorausgesagt. Beide haben sich gefangen, oder nicht? Ferner auch schon frühere Generationen, haben seufzend von "den alten und viel besseren Zeiten" geschwärmt. Die Quellen sind voll davon...
Gruß

Pirx
  • (Buch) gerade am lesen:Asprin: Tambu
  • (Buch) als nächstes geplant:Heitz: Drachenkaiser
  • • (Buch) Neuerwerbung: Greenland: Sternendieb
  • • (Film) gerade gesehen: Cargo
  • • (Film) als nächstes geplant: Illuminati
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#75 Diboo

Diboo

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Geschrieben 15 April 2005 - 06:58

schön, dass hier nicht alle so kritisch mit dem Beitrag von Pixelprimat umgehen.

Diesen Satz erkläre mir bitte. Besteht für Dich eine Diskussion darin, dass alle sich gegenseitig versichern, die gleiche Meinung zu haben? Ich finde Deinen Kommentar außerordentlich verwirrend.

"Alles, was es wert ist, getan zu werden, ist es auch wert, für Geld getan zu werden."
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#76 Jürgen

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Geschrieben 15 April 2005 - 07:52

Ich persönlich find ja grade die Tentakeloiden von Altair VII so toll.Sätze wie "... händeringend suchte er nach einer Lösung, um die Katastrophe zu verhindern." bekommen eine vollkommen neue Bedeutung. :D Sorry, daß ich den Verlauf der Diskussion unterbreche, aber diese Tentakeloiden habens mir echt angetan.

Bearbeitet von Jürgen, 15 April 2005 - 07:55.

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#77 HarryW

HarryW

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Geschrieben 15 April 2005 - 08:34

Hab mir die ursprüngliche Frage noch mal durch den Kopf gehen lassen ... Was muss sich ändern in der SF?Für mich ist der Fall klar. Die Arroganz muss weg. Die Arroganz der Autoren selbst und die mancher Fans (aber auch da gibts natürlich Ausnahmen, ich will ja nicht alle in einen Topf werfen).Da sich dies wahrscheinlich nicht ändern wird, wird sich auch in der SF nicht viel tun und die alten Probleme werden die neuen sein.

#78 Diboo

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Geschrieben 15 April 2005 - 08:46

Für mich ist der Fall klar. Die Arroganz muss weg. Die Arroganz der Autoren selbst und die mancher Fans (aber auch da gibts natürlich Ausnahmen, ich will ja nicht alle in einen Topf werfen).

Interessante Theorie. Mal gucken, mit welchen deutschen und ausländischen Genreautoren hatte ich bereits das Vergnügen intensiver und andauernder Kommunikation: Walter Appel Michael McCollum Werner Kurt Giesa Jürgen Heinzerling Martin Kay Claudia Kern Frank Rehfeld Nicole Rensmann John Ringo Kein Arroganter dabei. Im Gegenteil, alles liebe und nette Menschen. Kannst Du mir Beispiele für arrogante deutsche und ausländische SF-Schriftsteller nennen, die eine hinreichende Grundlage für Deine Behauptung liefern würden?

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#79 HarryW

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Geschrieben 15 April 2005 - 08:58

Kannst Du mir Beispiele für arrogante deutsche und ausländische SF-Schriftsteller nennen, die eine hinreichende Grundlage für Deine Behauptung liefern würden?

Klares NEIN. Ich hab mich wohl schlecht ausgedrückt. Es sind ihre Werke, die teilweise arrogant wirken. Mit den Werken kann ich leider nicht sprechen, ich kann sie nur lesen.

#80 Diboo

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Geschrieben 15 April 2005 - 09:03

Klares NEIN. Ich hab mich wohl schlecht ausgedrückt. Es sind ihre Werke, die teilweise arrogant wirken. Mit den Werken kann ich leider nicht sprechen, ich kann sie nur lesen.

Ah, jetzt kapier ich es. Wie definierst Du "Arroganz" in einem literarischen Werk? Kümmert sich der Autor darin nur um seine Vorlieben und ignoriert die des Lesers? Das würde mir spontan als erstes einfallen. Doch wie antizipiert ein Autor, was die Leser wollen? Das geht doch nur über klassische Topoi des "Massengeschmacks". Sobald er den aber nicht mehr trifft, wird er für die einen zum "Visionär" - und für die anderen möglicherweise "arrogant". Ich halte das für ein sehr problematisches Beurteilungskriterium.

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#81 Oliver

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Geschrieben 15 April 2005 - 09:18

Wie definierst Du "Arroganz" in einem literarischen Werk? Kümmert sich der Autor darin nur um seine Vorlieben und ignoriert die des Lesers?

Ich bin kein Gedankenleser, denke aber, ich weiß, was HarryW meint (wenn nicht, bitte sofort korrigieren, niemand soll der Deutungshoheit seiner eigenen Statements verlustig gehen :D ): Er meinte nicht unbedingt Arrognaz, sondern den Unwillen vieler SF-Autoren und -Leser, ihr (eigentlich beklagtes) Ghetto verlassen zu wollen. Wenn es ein SF-Autor mal wagt, Mainstream-Elemente wie z.B. eine Liebesgeschichte einzuführen, gibt es häufig gleich Ärger. "Das ist doch keine SF!" und so. Und ausgrenzende Elemente wie exzessives Technobabble tragen einige Fans schon auch mit Stolz vor sich her; wer mal mit ein paar Perry-Fans zusammen gesessen hat, weiß, wovon ich rede. Na, HarryW, liege ich richtig? Oder habe ich Dich falsch interpretiert? ;)

Bearbeitet von Oliver, 15 April 2005 - 09:19.

  • (Buch) gerade am lesen:"Tales of the Shadowmen 1", J.-M. Lofficier (ed.)
  • (Buch) als nächstes geplant:"Tales of the Shadowmen 2", J.-M. Lofficier (ed.)
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  • • (Film) gerade gesehen: "Das Testament des Dr. Mabuse" (Fritz Lang)
  • • (Film) als nächstes geplant: "Jurassic World: Dominion" (Dinos!!!!!)
  • • (Film) Neuerwerbung: "Judex" (Louis Feuillade)

#82 Diboo

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Geschrieben 15 April 2005 - 09:20

Wenn es ein SF-Autor mal wagt, Mainstream-Elemente wie z.B. eine Liebesgeschichte einzuführen, gibt es häufig gleich Ärger. "Das ist doch keine SF!" und so.

Hm, vielleicht ein schlechtes Beispiel. Ich kenne recht viele SF-Romane mit Romanzen darin, und das über Dekaden hinweg. Problematischer wird es möglicherweise beim Thema Sex http://www.scifinet....tyle_emoticons/default/cool.png

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#83 HarryW

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Geschrieben 15 April 2005 - 09:21

Wie definierst Du "Arroganz" in einem literarischen Werk?
Kümmert sich der Autor darin nur um seine Vorlieben und ignoriert die des Lesers? Das würde mir spontan als erstes einfallen. Doch wie antizipiert ein Autor, was die Leser wollen? Das geht doch nur über klassische Topoi des "Massengeschmacks". Sobald er den aber nicht mehr trifft, wird er für die einen zum "Visionär" - und für die anderen möglicherweise "arrogant".

Anmassung ... das triffts wohl am besten.

Da Sprache aber keine feste Sache ist und jeder sie stimmungsmässig ein wenig anders interpretiert, dürfte etwas, das für mich arrogant klingt, für dich niedlich sein. Gut möglich. Daher habe ich auch geschrieben:

"Für mich ist der Fall klar ..."

#84 Diboo

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Geschrieben 15 April 2005 - 09:35

Anmassung ... das triffts wohl am besten.

Da Sprache aber keine feste Sache ist und jeder sie stimmungsmässig ein wenig anders interpretiert, dürfte etwas, das für mich arrogant klingt, für dich niedlich sein. Gut möglich. Daher habe ich auch geschrieben:

"Für mich ist der Fall klar ..."

Aber das hilft uns doch nicht weiter.
Du hast das Argument doch in Zusammenhang mit einem Erklärungsversuch gebracht, warum es einen "Niedergang" der SF gäbe. D.h. es muss doch Gültigkeit über Deine individuelle Rezeption hinaus genießen, wenn es tatsächlich auf ein beobachtbares Phänomen anwendbar sein soll. Du schränkst es jetzt selbst als persönliche Wahrnehmung ein, womit wir uns im Kreis gedreht haben: Denn wenn Deine Begründung nur auf einer persönlichen Wahrnehmung beruht, beruht möglicherweise auch die Problemanalyse nur auf einer, d.h. es mag objektiv gar keinen "Niedergang" geben.

Und ich bin mir auch durch die Wahl des anderen Begriffes - Anmaßung - immer noch nicht im Klaren, worüber Du eigentlich redest. Was ist anmaßend? Und, selbst wenn Du dies definieren kannst: Sind es die Autoren allein, oder sind es auch/mehr die Verlage und Lektoren (lassen wir die wenigen selbstverlegten Autoren mal beiseite)? Worin besteht also die Anmaßung und wer ist für diese verantwortlich?

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#85 sarah may

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Geschrieben 15 April 2005 - 23:20

Entschuldigt, wenn ich mich so mal dazwischendrängle (obwohl ich mir gerade vorkomme, als wäre ich der absoluten Außenseiter inmitten eines Fachgespräches, der mit einem "äh ... also ... ja ..." vor sich hinmurmelt):SF vermischt sie zunehmend mit anderne Genres. Dabei ist SF mulittask - sie kann (so es der Autor möchte) mit kriminalistischen, satirischen, parodistischen, erotischen und noch vielen anderen "fremdgehen". Als Leser ist es mir egal, ob das SF oder allgemeine Belletristik draufsteht - wenn ein Text mich fesselt. Allerdings muss ich auch zugeben, dass - wenn denn da schon vor dem Fiction Science steht, dass ich auch darauf auch Wert lege. Als Autorin befinde ich mich zunehmend außer einer möglichen Balance. Ich selbst bin der Meinung, dass der Ursprung in der SF in der Kurzgeschichte beruht . Anders ausgedrückt, sie ist (für mich!) die beste Form der SF. Nur sind Kurzgeschichten auf dem Markt nicht mehr gefragt. Also muss ich zumindest mehr als 200 Manuskriptseiten schreiben, um eine sehr unwahrscheinliche Chance auf dem Buchmarkt zu haben. Und irgendwann verflüchtigt sich das "Science" und es bleibt nur noch "Fiction". Fiction sind aber auch alle anderen Genres. Ein Kriminalroman ist Ficition. Reine Belletristik ist Ficition ... eine nicht existente Geschichte, die erst durch den Autor lebendig wird.Liege falsch in der Annahme das sich das Genre schon längst gewandelt hat, aber die Leser irgendwie nicht mehr mitkommen oder mitkommen wollen?Von der Warte aus gesehen, ist die klassische SF nicht erst seit heute im Niedergang. Als die Computerrevolution unseren Planeten "heimsuchte", hinkten da schon die Autoren hinterher. (Ein ganz anderes Thema: noch vor zwanzig Jahren war es "leichter" auf bestehenden Elementen der Wissenschaft eine Fiction aufzubauen, heute werden wir jeden Tag mit Daten aus diesem Bereich regelrecht überflutet. Wer hat da eigentlich noch den Überblick?).Lg, Sarah

#86 yiyippeeyippeeyay

yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 15 April 2005 - 23:59

Hi sarah may, bitte entschuldige dich nicht - ich fand deine Einwände interessant. Ich sehe es vom Inhalt des Geschriebenen ähnlich wie du - es sollen ALLE Elemente der Literatur in der SF erlaubt sein. (Oder invers geht's auch: Alle SF-ELemente sollen in den Mainstream dürfen.) Wenn das den SF-Fans nicht gefällt, wäre es schön wenn man es trotzdem machen könnte wie es einem gefällt. Wenn man als SF-Schreiber davon leben will, ist es natürlich schwieriger. Es wird allgemein weniger gelesen (nicht nur SF) - das hatte ja Pixelprimat auch schon angedeutet. Und: Wie kann man Verlage überzeugen mutiger zu werden?

Mir fällt als Publishing-Laie noch der Weg übers Internet ein, so wie das ja "um die Ecke" hier bei uns das Corona-Magazin macht. Man müsste sich noch einfachere Wege überlegen wie das dann für die Autoren auch ein paar $ abwirft...

Vielleicht trennen wir hier nicht oft genug Qualität des Geschriebenen und Verkaufszahlen, und wie sehr Ersteres auf Letzteres abgestimmt wird. Mir fallen einige SF-Legenden ein (z.B. Cordwainer Smith), die ein recht gestörtes Verhältnis zu ihrer Leserschaft hatten, und sich trotzdem (manchmal etwas verzögert) gut verkauften.

@Diboo: Du schreibst...

es mag objektiv gar keinen "Niedergang" geben.

Wollen wir das mal fest nageln, dass wir hier im Thread nicht wirklich objektiv argumentieren können, da wir so gut wie keine FAKTEN zur Hand haben auf deren Basis sich ein "Niedergang" feststellen ließe? Insofern möchte ich dir auch nahe legen, dass ich gerne hören möchte, was andere im Forum zu der weitergehenden (recht interpretationsbreiten) Frage zu sagen haben, ohne dass du ihnen immer die unschärferen Aussagen/Idiome ihrer Beiträge um die Ohren schlägst. Hier werden eben SUBJEKTIVE Meinungen geäußert (auch wenn das nicht immer so klingt) und m.E. muss niemand sich dafür entschuldigen. Ich wehre mich außerdem dagegen, dass hier jeder im Thread (außer dir?) immer mit jedem Anderem in allen Punkten übereinstimmen will; ich klettere aus diesem von dir aufgekochten Eintopf heraus, indem ich dir hiermit höflichst widerspreche... http://www.scifinet....tyle_emoticons/default/biggrin.png

/KB

Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.

Da ergriff eins der kleinsten das Wort:

"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,

dann wünschen wir einfach mit Willen

die Wünsche-Erfüllung fort!"

Sie befolgten den Rat und von Stund an war

wieder spannend das Leben und heiter.

Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr

und vielleicht gar ein wenig gescheiter.

(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)


#87 Helmuth W. Mommers

Helmuth W. Mommers

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Geschrieben 16 April 2005 - 08:52

Und irgendwann verflüchtigt sich das "Science" und es bleibt nur noch "Fiction".  Fiction sind aber auch alle anderen Genres. Ein Kriminalroman ist Ficition.  Reine Belletristik ist Ficition ... eine nicht existente Geschichte, die erst durch den Autor lebendig wird. ...Von der Warte aus gesehen, ist die klassische SF nicht erst seit heute im Niedergang.

Das "Science" geht auf die ganz frühen Anfänge zurück. Man hätte besser den Begriff "Speculative" wählen sollen, denn sehr rasch war die SF nur noch am Rande wissenschaftliche Extrapolation, jedenfalls bezogen auf die "hard sciences". Bereits in den 40ern, also nur eine Dekade nach Etablierungs des Begriffs "SF" wurde das Genre von gesellschaftspolitischen Aspekten durchdrungen und wandelte sich rasant hin zur Fiction, nicht anders als wir sie heute kennen. Nur das Kind, einmal so getauft, behielt seinen Namen. Das hat aber mit "Niedergang" nichts zu tun.

#88 Diboo

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Geschrieben 16 April 2005 - 10:05

@Diboo: Du schreibst...

es mag objektiv gar keinen "Niedergang" geben.

Wollen wir das mal fest nageln, dass wir hier im Thread nicht wirklich objektiv argumentieren können, da wir so gut wie keine FAKTEN zur Hand haben auf deren Basis sich ein "Niedergang" feststellen ließe? Insofern möchte ich dir auch nahe legen, dass ich gerne hören möchte, was andere im Forum zu der weitergehenden (recht interpretationsbreiten) Frage zu sagen haben, ohne dass du ihnen immer die unschärferen Aussagen/Idiome ihrer Beiträge um die Ohren schlägst. Hier werden eben SUBJEKTIVE Meinungen geäußert (auch wenn das nicht immer so klingt) und m.E. muss niemand sich dafür entschuldigen. Ich wehre mich außerdem dagegen, dass hier jeder im Thread (außer dir?) immer mit jedem Anderem in allen Punkten übereinstimmen will; ich klettere aus diesem von dir aufgekochten Eintopf heraus, indem ich dir hiermit höflichst widerspreche... http://www.scifinet....tyle_emoticons/default/biggrin.png

Das heißt, Du willst über den Pudding reden, ohne auch nur zu versuchen, ihn an die Wand zu nageln. Nun, viel Spaß, aber mir ist das zu beliebig.

"Alles, was es wert ist, getan zu werden, ist es auch wert, für Geld getan zu werden."
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#89 ANUBIS

ANUBIS

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Geschrieben 16 April 2005 - 11:07

Problematischer wird es möglicherweise beim Thema Sex

Ich sag nur Delany...was wurde der verbal verprügelt http://www.scifinet....tyle_emoticons/default/laugh.png Greetz
" Der erste Trank aus dem Becher der Naturwissenschaften macht atheistisch; aber auf dem Grund des Bechers wartet Gott "

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Geschrieben 16 April 2005 - 11:21

Problematischer wird es möglicherweise beim Thema Sex

Ich sag nur Delany...was wurde der verbal verprügelt http://www.scifinet....tyle_emoticons/default/laugh.png Greetz

Oder Philip Jose Farmer für "Die Verkörperung des Bösen" und "Außer Atem"; Kommentar von einem Verleger: "Oh, Sie schreiben neuerdings Pornographie?"(Im Vorwort von Theodore Sturgeon zu "Fleisch").


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