Bearbeitet von molosovsky, 19 Februar 2008 - 15:21.
Phantastik-Begriff
#391
Geschrieben 19 Februar 2008 - 15:21
MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.
Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.
#392
Geschrieben 19 Februar 2008 - 15:38
Ein weit verbreiterter Irrtum ... - Jeder Zuschauer analysiert den Film, den er sieht. Jeder Zuschauer stellt anhand des Gesehenen Hypothesen auf, macht Überlegungen, wie sich das, was er sieht, entwickeln wird. Wäre das nicht so, wäre ein Clou gar nicht möglich, denn der Clou baut ja gerade darauf auf, dass Du mit Deinen Vermutungen in die Irre geführt wurdest (auch Spannung und Humor wäre nur sehr begrenzt möglich, wenn man als Zuschauer nicht dauernd Hypothesen aufstellen würde). - Ein völlig naives Filmsehen gibt es nicht. Du gehst immer von früheren Filmerfahrungen auf, die Du einbeziehst. Jemand, der viele Horrorfilme gesehen hat, schaut sich einen Horrorfilm gezwungenermassen anders an als jemand, der noch nie einen Film gesehen hat. Genau gleich bei einem Film wie "Sixth Sense". Wenn Dir vorher alle sagen "Pass auf, da kommt dann ein Superclou" wirst Du den Film anders sehen, als wenn Du keine Ahnung hast, was da kommt. - Es ist ja schwierig, zu messen, wer einen Film mehr geniesst, aber glaub mir: obwohl ich wahrscheinlich ziemlich viel aktiv analysiere, wenn ich einen Film sehe, bin ich dennoch drei Tage lang glücklich, nachdem ich einen wirklich guten Film gesehen habe. Insofern habe ich keine Bedenken, dass ich Filme zu wenig geniesse.Wenn Du einen Film bereits sezierst, während wenn Du ihn zum ersten mal siehst, dürftest Du wahrlich nur wenige Filme wirklich genießen können.
Die Frage ist, ob es Hinweise sind, die man beim ersten Schauen tatsächlich auch als solche wahrnehmen kann. Wie gesagt: Ich glaube, dass die wenigsten unvorbereiteten Zuschauer bei "Sixth Sense" in der Lage sind, die richtige Vermutung anzustellen. Und das hängt nicht mit deren mangelnder Intelligenz zusammen, sondern einfach damit, dass der Film diese Hinweise so verteilt, dass sie nicht resp. erst beim zweiten Schauen wahrgenommen werden. Und das finde ich persönlich nicht sehr interessant.Hinweise findet man in der Regel immer, alleine schon deshalb, weil die meisten Regisseure sich nur ungerne den Vorwurf gefallen lassen, dass sie die Auflösung wie ein Kaninchen aus dem Hut gezaubert hätten.
Bearbeitet von simifilm, 19 Februar 2008 - 15:40.
Signatures sagen nie die Wahrheit.
Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.
Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.
Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
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#393
Geschrieben 19 Februar 2008 - 15:43
Auch bei »Fight Club« gab es Hinweise auf die Lösung: Marla war grundsätzlich immer nur mit einem der »beiden« Hauptakteure zu sehen. Die Schizophrenie des »Helden« hätte man daraus ableiten können, nur nicht die Art seines Attentats. David Fincher hat übrigens weitere hervorragende Filme mit überraschendem Ende gedreht, nämlich "Sieben" und "The Game" †¦Bei »The Prestige« und »Fight Club« (jeweils dem Film) und »Twelve Monkeys« hat mich die Auflösung z.B. beim ersten Mal kalt erwischt und völlig überrascht.
You, especially, I like. Passionate, sincere†¦ †¦goofball. (Three to Tango)
#394
Geschrieben 19 Februar 2008 - 15:44
Das Ende von "The Game" fand ich nun wirklich absehbar.Auch bei »Fight Club« gab es Hinweise auf die Lösung: Marla war grundsätzlich immer nur mit einem der »beiden« Hauptakteure zu sehen. Die Schizophrenie des »Helden« hätte man daraus ableiten können, nur nicht die Art seines Attentats. David Fincher hat übrigens weitere hervorragende Filme mit überraschendem Ende gedreht, nämlich "Sieben" und "The Game" †¦
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#395
Geschrieben 19 Februar 2008 - 15:48
Dass das Spiel so weit getrieben wird, dass Michael Douglas am Ende vom Dach des Hochhauses hüpft? Wenn Du so etwas voraussehen kannst, solltest Du vielleicht anfangen, selbst Filmdrehbücher zu schreiben †¦Das Ende von "The Game" fand ich nun wirklich absehbar.
Bearbeitet von pirandot, 19 Februar 2008 - 15:50.
You, especially, I like. Passionate, sincere†¦ †¦goofball. (Three to Tango)
#396
Geschrieben 19 Februar 2008 - 15:52
Dass und dass er den Sprung überleben würde. Natürlich wusste ich nicht von Anfang an, wie das enden wird, aber ab dem Moment, als er in Mexiko - oder wo immer es auch ist -, wieder zu sich kommt, war klar, dass die ANDEREN ihn nicht töten wollen, sonst hätten sie es längst getan. Deshalb war mir klar, dass da auf dem Dach keine Bösewichte kommen würden. Und da der Film ja so obersmart immer die Erwartungen unterlaufen will, habe ich auch damit gerechnet, dass er den Selbstmord überlebt.Dass das Spiel so weit getrieben wird, dass Michael Douglas am Ende vom Dach des Hochhauses hüpft?
Dein Wunsch sei mir Befehl. Mein erstes Drehbuch macht momentan die Tour durch die Fördergremien. EDIT: Meine Freundin ist übrigens viel besser als ich im "Film voraussehen". Die weiss meistens ne ganze Weile vor mir, was da geschehen wird.Wenn Du so etwas voraussehen kannst, solltest Du vielleicht selbst anfangen, Filmdrehbücher zu schreiben †¦
Bearbeitet von simifilm, 19 Februar 2008 - 15:54.
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#397
Geschrieben 19 Februar 2008 - 15:53
Bearbeitet von molosovsky, 19 Februar 2008 - 15:58.
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Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.
#398
Geschrieben 19 Februar 2008 - 15:54
Das weiß ich nicht mehr. Vermutlich aber, ja. Das Ende ist übrigens aus einem Zombiefilm aus den 80er Jahren geklaut. Dort kommt ein Dorfsheriff eine Zombieverschwörung auf die Spur, nur um dann festzustellen, dass er selber einer ist. Den Titel weiß ich nicht mehr. Das Ende von "Die üblichen Verdächtigen" hat wohl kaum einer erahnt. Und trotzdem finde ich es genial. Dadurch kann man den Film beim zweiten Mal, aus einer ganz anderen Perspektive betrachten.Wusstest Du vorher, dass der Film einen Clou haben wird zum Schluss?
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#399
Geschrieben 19 Februar 2008 - 15:57
Schlimm ist es, wenn ein solches "Medium" sein Vision mitten im Film dem ganzen Kino mitteilt. Das kann einem ganz schön den Spaß verderben. Ich sage nur: "Hah. Ich wette er IST sein Vater."Dass und dass er den Sprung überleben würde. Natürlich wusste ich nicht von Anfang an, wie das enden wird, aber ab dem Moment, als er in Mexiko - oder wo immer es auch ist -, wieder zu sich kommt, war klar, dass die ANDEREN ihn nicht töten wollen, sonst hätten sie es längst getan. Deshalb war mir klar, dass da auf dem Dach keine Bösewichte kommen würden. Und da der Film ja so obersmart immer die Erwartungen unterlaufen will, habe ich auch damit gerechnet, dass er den Selbstmord überlebt. Dein Wunsch sei mir Befehl. Mein erstes Drehbuch macht momentan die Tour durch die Fördergremien. EDIT: Meine Freundin ist übrigens viel besser als ich im "Film voraussehen". Die weiss meistens ne ganze Weile vor mir, was da geschehen wird.
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#400 Gast_Jorge_*
Geschrieben 19 Februar 2008 - 15:58
"Tot und begraben"(Dead and Buried)Das Ende ist übrigens aus einem Zombiefilm aus den 80er Jahren geklaut. Dort kommt ein Dorfsheriff eine Zombieverschwörung auf die Spur, nur um dann festzustellen, dass er selber einer ist. Den Titel weiß ich nicht mehr.
#401
Geschrieben 19 Februar 2008 - 15:58
Eben, wie ich gesagt habe: Bei einem Film wie "Sixth Sense" ist es sehr entscheidend, was man im Voraus weiss. Ich wusste, dass es ein "Clou-Film" ist, entsprechend habe ich versucht, dem Clou auf die Spur zu kommen. Wenn Du aber nicht weisst, dass es ein "Clou-Film" ist, werden Deinen Vermutungen auch nicht in diese Richtung gehen.Das weiß ich nicht mehr. Vermutlich aber, ja. Das Ende ist übrigens aus einem Zombiefilm aus den 80er Jahren geklaut. Dort kommt ein Dorfsheriff eine Zombieverschwörung auf die Spur, nur um dann festzustellen, dass er selber einer ist. Den Titel weiß ich nicht mehr.
Du wirst lachen, auch dieser Film hat mich nicht sonderlich überrascht. Auch hier hatte ich Vorwissen, denn ich habe den Film ein ganzes Stück nach dem Kinostart gesehen. Ich wusste also auch hier, dass es einen Clou gibt. Aber abgesehen davon war mir schnell klar, dass Verbal lügt. Wenn eine Figur in einem Krimi dauernd sagt, dass sie dumm und unwichtig ist, kannst Du davon ausgehen, dass das die intelligenteste Figur des Films ist. Ganz abgesehen davon ist Verbal ja - trotz seines ständigen Beharrens, dass er dumm ist - der, der den Raub einfädelt ...Das Ende von "Die üblichen Verdächtigen" hat wohl kaum einer erahnt. Und trotzdem finde ich es genial. Dadurch kann man den Film beim zweiten Mal, aus einer ganz anderen Perspektive betrachten.
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#402
Geschrieben 19 Februar 2008 - 16:00
Überhaupt nicht. Ein guter Film muss auch dann funktionieren, wenn ich alles über die Handlung weiss. Ich habe schon genug Film gesehen, bei denen ich im Voraus ganz viel über die Handlung wusste. Wenn der Film gut ist, tut das dem Genuss überhaupt keinen Abbruch.Schlimm ist es, wenn ein solches "Medium" sein Vision mitten im Film dem ganzen Kino mitteilt. Das kann einem ganz schön den Spaß verderben. Ich sage nur: "Hah. Ich wette er IST sein Vater."
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#403
Geschrieben 19 Februar 2008 - 16:07
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#404
Geschrieben 19 Februar 2008 - 16:10
Dabei dürfte es um Star Wars gehen †¦ Wenn Du Michael Mittermaier kennst, müsstet Du wissen, zu welchem Film die folgende »Vision« gehört: »Nimm die nicht, die hat Krebs!«Ich sage nur: "Hah. Ich wette er IST sein Vater."
You, especially, I like. Passionate, sincere†¦ †¦goofball. (Three to Tango)
#405
Geschrieben 19 Februar 2008 - 16:17
"Love Story". Der Film heißt halt "Auf der Flucht" und nicht "Geschnappt nach fünf Minuten".Dabei dürfte es um Star Wars gehen †¦ Wenn Du Michael Mittermaier kennst, müsstet Du wissen, zu welchem Film die folgende »Vision« gehört: »Nimm die nicht, die hat Krebs!«
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#406
Geschrieben 19 Februar 2008 - 16:32
Ich weiss, ich wiederhole mich, aber mit Spass verderben hat das für mich überhaupt nicht zu tun. Es kann im Gegenteil ein grosser Genuss sein einen Film zu sehen und dabei zu merken, wie gekonnt er gebaut ist. Und man sollte das "normale" Publikum nicht unterschätzen. Um solche Dinge wie das mit dem Nebendarsteller in "Star Trek" zu merken, muss man nun wirklich kein Filmprofi sein.Wenn man sich selber mit dem Filmemachen oder dem Drehbuchschreiben (bzw. auch dem Geschichtenschreiben) beschäftig - was ich erst seit einigen Monaten tue - sieht man sich die Filme natürlich anders an, als das "normale Publikum". Da hinterfragt man viel mehr die Funktionen der einzelnen Figuren. Und wenn man mit gängigen Drehbuchschemata vertraut ist, kommt man auch oft drauf. Das ist wie bei Star Trek, hat der Nebendarsteller etwas gesagt, weiß man es ist sein Todesurteil. Sagt in einer Krimiserie eine scheinbar unwichtige Person etwas, weiß man vielleicht, aha für Sprechrollen bekommt man mehr gezahlt, also ist es wohl doch eine wichige Figur. Meist der Täter. Beim Erstsehen versuche ich so etwas abzuschalten, um mir nicht den Spaß zu verderben.
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#407
Geschrieben 03 Mrz 2008 - 16:24
Also, zurück zum eigentlichen Thema, der Umkreisung und (vielleicht langsamen Klärung) des Begriffs »Phantastik«.
Heut habe ich einen Blog-Eintrag von John Clute gefunden, den er im September 2007 geposted hat und der auf einem Vortrag beim Kongress »Cultural Landscapes/Fiction Without Borders« in Prag basiert.
»Fantastika in the World Storm«.
Vielleicht las ich den zu vertüdelt, also korrigiert mich wenn meine Lesart fehlgeht, dass Clute sich hier durchaus als Maximal-Phantast zeigt. Immerhin versucht er sich hier an einem Grund-Schema des phantastischen Erzählens, wie dieses mit der Globalisierungsgeschichte seit ca. 1750 zusammenhängt, und wie das alles zurückgespiegelt ein Licht auf ›unsere‹ Lage in der heutigen Welt wirft.
Ich werd bei Gelegenheit ein bischen Zusammenfassungs-Notizen des Beitrages von Clute hier in Bälde einstellen. Aber wenn das jemand von auch machen will, oder schon loskommentieren will, bitte, haltet Euch nicht zurück.
Grüße
Alex / molo
Bearbeitet von molosovsky, 03 Mrz 2008 - 16:25.
MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.
Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.
#408
Geschrieben 03 Mrz 2008 - 16:37
Da ich eigentlich auf Arbeit bin, habe ich den Beginn nur überflogen, aber soweit ich das sehe, ist Clute durchaus kein Maximalphantast (obwohl ich ja eigentlich nach wie vor nicht recht weiss, was Du damit genau meinst). Was Clute zu Beginn schreibt, ist, dass es bis ca. ins 18. Jhdt. gar keine Unterscheidung von realistisch/unrealistisch (oder phantastisch oder wunderbar) gab, und dass die Etablierung einer "realistischen" Schreibweise zu einer phantastischen Gegenreaktion führten, beispielsweise in Gestalt der Gothic Novel oder der Romantik.Da bin ich wieder.
Also, zurück zum eigentlichen Thema, der Umkreisung und (vielleicht langsamen Klärung) des Begriffs »Phantastik«.
Heut habe ich einen Blog-Eintrag von John Clute gefunden, den er im September 2007 geposted hat und der auf einem Vortrag beim Kongress »Cultural Landscapes/Fiction Without Borders« in Prag basiert.
»Fantastika in the World Storm«.
Vielleicht las ich den zu vertüdelt, also korrigiert mich wenn meine Lesart fehlgeht, dass Clute sich hier durchaus als Maximal-Phantast zeigt. Immerhin versucht er sich hier an einem Grund-Schema des phantastischen Erzählens, wie dieses mit der Globalisierungsgeschichte seit ca. 1750 zusammenhängt, und wie das alles zurückgespiegelt ein Licht auf ›unsere‹ Lage in der heutigen Welt wirft.
Beide Behauptungen würde ich sofort unterstützen, beides ist aber auch nicht neu. Das entspricht auch ziemlich genau dem, was ich in den historischen Kapiteln meines Buchs schreibe, und ich beanspruche für diese Passagen überhaupt keine Originalität - in anderen Worten: das ist eigentlich allgemein akzeptierter Stand der Forschung.
Falls ich da was Entscheidendes überlesen habe, beschwert Euch bitte.
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#409
Geschrieben 03 Mrz 2008 - 17:29
Minimalphantastisch = Phanstatik ist grenze des Unentschiedenen / Unentscheidbaren zwischen Wundersam und Unheimlich.
Maximalphantastisch = Phantastik sind alle Geschichten in denen Wundersames (oder auch: Unmögliches, Irrationales, Spekulatives usw) als möglich, wirklich postuliert werden.
Ansonsten kann ich nur sagen, dass Clute in der zweiten Hälfte interessant wird. Ich hab aber auch viel zu tun und kann mich wohl erst im Lauf der Woche inniger dem Text widmen.
Ach ja: noch mehr Lesestoff zum Thema, und, soweit ich ihn überflogen habe, noch viel fizzeliger und (womöglich) geschickter ist Hal Duncans Auseinandersetzung mit dem Thema in seinem Blog:
» Narrative Grammars«
Er weist auf eine ganze Reihe Unstimmigkeiten von Clutes Ansatz hin und versucht eine genauere Autopsie der Angelegenheit.
Grüße
Alex / molo
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#410
Geschrieben 03 Mrz 2008 - 18:03
Ah, das ist Maximalphantastik Sinne Dursts, ich dachte, da geht's um Deine experimentelle Totalphantastik. Die Unterscheidung zwischen Maximal- und Minimalphantastik ist im Englischen so gar nicht wirklich möglich, da es den Begriff 'Phantastik' so nicht gibt, resp. hier wird's noch komplizierter, weil 'fantastic' und 'fantasy' je nach Autor wieder ganz verschiedene oder auch gleiche Dinge sein können. Clutes 'Fantastika' ist durchaus maximalphantastisch, aber nicht ganz zufällig muss er dafür einen neuen Begriff einführen.@Simi: Minimalphantastisch = Phanstatik ist grenze des Unentschiedenen / Unentscheidbaren zwischen Wundersam und Unheimlich. Maximalphantastisch = Phantastik sind alle Geschichten in denen Wundersames (oder auch: Unmögliches, Irrationales, Spekulatives usw) als möglich, wirklich postuliert werden.
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#411
Geschrieben 03 Mrz 2008 - 18:21
Mit einer Erstlektüre von Duncans Essay bin ich durch. Sehr interessant. Kommt meiner Haltung derweil am nächsten (sag ich mal so auf die Schnelle), u.a. auch deshalb, weil Duncan solche Felder wie Thriller/Noir und Mystery/Abenteuer beachtet, und sich auch dafür interessiert, was Horror, Fantasy, SF typischerweise jeweils mit ›dem Seltsamen‹ anstellen.
Grüße
Alex / molo
Bearbeitet von molosovsky, 03 Mrz 2008 - 18:22.
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#412
Geschrieben 03 Mrz 2008 - 18:24
Werde mir das später mal ansehen, aber so auf die Schnelle vor dem Essen möchte ich nur sagen, dass ich mich nicht erinnern kann, dieser Unterscheidung je begegnet zu sein ... Im Allgemeinen läuft die Unterscheidung eher, dass man das Genre "Heroic Fantasy" oder dergleichen nennt.Hal Duncan wiederholt in seinem oben verlinkten Essay, was ich von meinen englischen Lektüren auch schon wusste: dass (nicht einheitlich und nicht überall) der (Erzähl-)Modus im englischsprachigen ›fantasy‹ (= Phantastik) und das (Markt-)Genre ›Fantasy‹ (= Fantasy) genannt wird.
Signatures sagen nie die Wahrheit.
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#413
Geschrieben 03 Mrz 2008 - 18:34
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Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.
#414
Geschrieben 03 Mrz 2008 - 18:43
- Dr. Karel Lamonte, Atomic Scientist (Top of the Food Chain, Can 1999)
- • (Buch) gerade am lesen:Annick Payne & Jorit Wintjes: Lords of Asia Minor. An Introduction to the Lydians
- • (Buch) als nächstes geplant:Che Guevara: Der Partisanenkrieg
-
• (Buch) Neuerwerbung: Florian Grosser: Theorien der Revolution
-
• (Film) gerade gesehen: Ghost in the Shell (USA 2017, R: Rupert Sanders)
-
• (Film) als nächstes geplant: Onibaba (J 1964, R: Kaneto Shindo)
-
• (Film) Neuerwerbung: Arrival (USA 2016, R: Denis Villeneuve)
#415
Geschrieben 03 Mrz 2008 - 19:03
Bearbeitet von molosovsky, 03 Mrz 2008 - 19:09.
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#416
Geschrieben 04 Mrz 2008 - 00:47
Der erste Teil ist ja die Apollo/Dionysos Teilung ab 1750. Scheint mir nicht besonders originell zu sein (immerhin ist der Text von September 2007). Und das hier:
scheint mir irgendwie tautologisch zu sein.Fantastika consists of that wide range of fictional works whose contents are understood to be fantastic.
Der zweite Teil schematisiert dann Fantasy/SF/Horror. Das scheint mir einerseits zu eng - kann man wirklich alle Geschichten dieser Gruppen so schematisieren? Lucas' "Star Wars" genauso wie Carpenters "Dark Star"? Und diese Gleichsetzung am Ende:
Kann ich da nicht noch den Spionageroman mit dazu nehmen? 1)Das Phantom klaut Atombombe; 2)Beisser setzt Bond zu; 3)Bond spürt das Phantom auf; 4)Bond hat Sex mit dem Bond-Girl. Oder den Western? 1)Der Rancher beansprucht das Wasser für seine Rinder; 2)Ein Farmer wird getötet, die anderen eingeschüchtert; 3)der weiße Hut knallt den schwarzen Hut ab; 4)Die blonde Farmerstochter & der weiße Hut kommen zusammen. Lassen sich nach diesem Schema nicht irrsinnig viele Geschichten schematisieren? Was ist durch dieses Schema gewonnen?1) is Wrongness, or Novum, or Sighting.
2) is Thinning, or Cognitive Estrangement, or Thickening.
3) is Recognition, or Conceptual Breaktrhough, or Revel.
4) is Return, or Topia, or Aftermath.
Der dritte Teil ist dann die Amnesie-Sache; das ist mir besonders dunkel. Meint er wirklich, dass es die Aufgabe der Fantastika sei, an die Shoa et al. zu erinnern? Dass sie es gar besser kann als ein mimetisches Buch über die Shoa?
Insgesamt verschafft der Text mir zunächst mal keine Klarheit.
Theophagos
- Dr. Karel Lamonte, Atomic Scientist (Top of the Food Chain, Can 1999)
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#417
Geschrieben 04 Mrz 2008 - 11:29
Die süsse Verführungskraft des Strukturalismus. Das Problem bei solchen Schemata ist tatsächlich, dass sie schnell so allgemein werden, dass sie kaum noch was aussagen. Wenn ich es recht verstehe, geht es Clute darum, dass die drei Formen Horror/Fantasy/SF zwar eine strukturelle Ähnlichkeit haben, das aber jedes strukturelle Element je Gattung spezifisch ausgeprägt ist. Oder so ähnlich.Kann ich da nicht noch den Spionageroman mit dazu nehmen? 1)Das Phantom klaut Atombombe; 2)Beisser setzt Bond zu; 3)Bond spürt das Phantom auf; 4)Bond hat Sex mit dem Bond-Girl. Oder den Western? 1)Der Rancher beansprucht das Wasser für seine Rinder; 2)Ein Farmer wird getötet, die anderen eingeschüchtert; 3)der weiße Hut knallt den schwarzen Hut ab; 4)Die blonde Farmerstochter & der weiße Hut kommen zusammen. Lassen sich nach diesem Schema nicht irrsinnig viele Geschichten schematisieren? Was ist durch dieses Schema gewonnen?
Da wurde es für mich auch etwas düster ...Der dritte Teil ist dann die Amnesie-Sache; das ist mir besonders dunkel. Meint er wirklich, dass es die Aufgabe der Fantastika sei, an die Shoa et al. zu erinnern? Dass sie es gar besser kann als ein mimetisches Buch über die Shoa?
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#418
Geschrieben 04 Mrz 2008 - 11:33
Vorweg: ich stimme Deiner Kritik an Clute zu, dass sein Schema nicht exklusiv nur auf Phantastik bezogen sinnvoll ist. Deine Beispiele der Spionage- und Western-Folie passen genauso gut.
Nun eine lockere Stegreifüberstzung der Zusammenfassung von Clute, die er Eingangs seines Vortrages gibt.
Teil 1 stellt die These auf, dass sich die Phantastik als eine notwendige, zwingende Form des globalen Geschichtenerzählens seit 1750 beschreiben läßt. †” Der Verweis auf den große Rahmen ›Geschichtenerzählen‹ (›necessary form of planetary fiction‹) dünkt mir valide.
Teil 2 soll nun die erzählerische Grammtik der drei Hauptformen der Phantastik †” SF, Fantasy, Horror †” bechreiben, und dass diese Schablone etwas offenlegt von den (allgemeinen) Problemen des Geschichtenerzählens, wenn wir uns eine bessere Welt vorstellen, und (schwieriger) in einer Welt leben wollen.
Teil 3 geht dann genauer auf die Beziehung zwischen Welt und Geschichten(erzählen) ein. Clute hält Horror für die relevanteste Form in der gegenwärtigen Welt (2007), da Horror von unserem Wiederstand gegen die Wahrheit erzählt, ein Wiederstand der solange dauert, bis wir nackt in der Welt dastehen. Dann ist die Geschichte zu ende.
Einen (noch zu schreibenden 4 Teil) deutet Clute dann mit zwei Fragen zum Thema Fiktion und Landschaft/Örtlichkeit an:
1 †” Wie kann ein aufrichtiger Geschichtenerzähler von Landschaften/Orten erzählen an denen man verweilen kann (im Sinne von heimisch werden, wie ich interpretiere). Clute postuliert, dass sich ja nur mit schlechte Welten würdige Geschichten erzählen lassen. (Wo nix passiert, keine Krisen auftreten, lässt sich nix erzählen, oder eben nur langweiliges erzählen. †” NEBENBEI: Bezeichnenderweise gibt es durchaus Tendenzen einer ›Ästhetik des Nix-ist-los‹, der meditativen Plot-Losigkeit, die aber, wenn ich an Autoren wie Handke, Bernhard, Yoshimoto denke, mehr eine Spezialität der realistischen Modi ist.)
2 †” Clute fragt, wer aus der Runde seiner Zuhörer, der beständige, tragfähige Welten ersinnen/schaffen will, sich noch um Geschichten(erzählen) kümmert, da Geschichten ja niemals von solchen beständigen Welten berichten.
In Teil 1 umschlendert er wiegesagt den Gegensatz zwischen Apoll und Dionysus, zwischen einerseits dem Beherrschen der Welt (siehe Aufklärung und zivilisatorischer Fortschrift a la ›Westlicher Weg‹ seit ca. 400 Jahren), und dem, was dabei als Verdrängtes, Beherrschtes und Zurückwallendes gegen diese Kontrolle aufbegehrt. †” Ich finde dieses Kontrast-Sicht ganz nützlich, handelt es sich dabei doch um das alte Vordergrund/Hintergrund-Dilemma, sprich: das ganze Bild der Wirklichkeit setzt sich immer zusammen aus dem klar geschauten Vordergründigen/Oberflächlichen und dem dieses umgebende, unklar geahnten Hintergründigen/Unterweltlichen. †” Auch denke ich dabei an den Gegensatz und die Barrieren, welche bei den Übergängen von Mikro- zu Meso- zu Makro-Sphären auftreten.
Als die ›Schuld des Apoll‹ fasst Clute die Verdrängungen und Verletzungen zusammen, die sich in der Figur vom Zwilling und Doppelgänger manifestieren.
In Teil 2 breitet Clute nun sein Schema aus, und kommt am Ende selbst darauf zu sprechen, dass dahinter eine ›Ur-Geschichte‹ (Willkommen beim Monomythos) steckt. Die skizzierten ersten drei morphologischen Wandlungen bezeichnen dabei die Dynamik ALLER Geschichten (frei nach Campbell {1} Aufbruch zum Abenteuer, {2} Schwellenübertritt und Prüfungen, {3} Versöhnung und Sieg), aber in der vierte Stufe ({4} Rückkehr, Ausgleich, U- oder Dys-Topia) vermögen Geschichten dann nur Orte/Landschaften anzudeuten. †” Es bleibt eine Lücke zwischen ›erzählen‹ (also dem Fiktiven) und ›leben‹ (also dem Tatsächlichen).
In Teil 3 elaboriert Clute dann anhand vor allem des Beispiels von W. G. Sebalds letztem Roman »Austerlitz« über das Wechselspiel zwischen dem Vergessen (›Amnesia‹) und dem Bereisen von Örtlichkeiten. †” Ich lese das als Ausführungen über die Probleme, die sich ergeben, wenn man sich um eine geformte, handhabbare Kontinuität bemüht.
Clute schlußfolgert, dass die derzeitige (Gegenwarts-)Problemtik genau damit zu tun hat, denn das aktive Prinzip mit dem jeder im heutigen Weltensturm angesiedelte moderne Roman zurande kommen muß, ist dieses Vergessen, und nicht etwa Wiederherstellung (›recovery‹).
Ich stimme Clute zu, dass Wiederherstellung eine Wirkung darstellt, die wir als Leser NACH dem Konsummieren von Geschichten erfahren können, die aber kaum ein tragfähiger Teil einer Geschichte sein kann (zumindest dann nicht, wenn man eben meint, dass im narrativen Modus von ›DER Welt‹ oder ›EINER Welt‹ zu fabulieren auf ›idyllische Wohlfühlmärchen‹ hinausläuft, die dem Echtweltwirklichkeits-Tohuwabohu nicht gerecht werden).
Am Ende stellt Clute als vermittelte Botschaft der großen Texte der Phantastik heraus, dass Zivilistaion einen Preis verlangt; dass die Wahrheiten die uns befreien uns keine Selbst-Versöhnung ermöglichen; dass Zivilisation ein ständiges Ringen mit unserer Sehnsucht zu vergessen ist.
Grüße
Alex / molo
Bearbeitet von molosovsky, 04 Mrz 2008 - 11:45.
MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.
Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.
#419
Geschrieben 04 Mrz 2008 - 14:32
1. Warum wird Fantastika geschrieben? Damit werden die "dunklen Gelüste", die wir im hellen Sonnenschein nicht befriedigen können, aber dennoch haben, befriedigt. Und zwar in Punkto Übernatürliches.
Vielleicht habe ich etwas übersehen, aber das hört sich schrecklich banal an.
2. Wie wird Fantastika geschrieben? Da war ich ja oben schon darauf eingegangen; ich habe nach wie vor den Eindruck, als wenn er einerseits eine zu schmale Textgruppe als Grundlage verwendet und andererseits zu sehr abstrahiert.
3. Was ist die gesellschaftliche Funktion von Fantastika? Sie verarbeitet das Verdrängte.
Ich glaube hier ist das Problem der wandelbare Begriff "verdrängen", denn es gibt (mindestens) zwei Arten etwas zu verdrängen. Einmal kann ein Unbehagen aufgrund einer Sache entstehen, dann vergessen wir sie (z.B. einen Zahnarzt-Termin), andererseits kann Sache A besser als Sache B sein, dann wird A nach und nach B ersetzen (etwa DVD & VHS). Das mimetische Literatur die Shoa weniger gut als phantastische verarbeiten kann, kann ich mir nicht vorstellen. Phantastische Literatur kann natürlich Dinge, die sich nicht durchgesetzt haben, "re-animieren". Das kann die intakte Natur, der gute Feudalismus oder eine rassistische Weltsicht sein - einiges davon halte ich für egal, anderes für schädlich. Daher meine ich, dass Phantastik manchmal einen frischen Blick auf Altbekanntes bzw. Dinge, die die Gesellschaft verdrängen will, werfen kann, aber das können historische Romane auch (z.B. Feuchtwangers "Jüdischer Krieg").
Ich glaube nicht, dass der Text kompletter Unsinn/Banal ist, aber er benötigt m. E. noch einiges an Präzisierung um seine Punkte zum Tragen bringen zu können.
Ich stimme dem nicht zu - oder nur eingeschränkt. Clute spricht m. E. immer von Romanen - aber es gibt sehr viel mehr Textarten; Kurzgeschichten z. B. können sich durchaus 'nur' um einen unvergleichlich schönen Moment drehen oder 'bloß' ein bestaunenswertes Wunder zum Inhalt haben. Inwiefern nun Romane per se nicht nur mit dem Schönen/Wunderbaren auskommen, weiß ich nicht. Zweifellos ist es wesentlich einfacher Spannung durch Konflikt als durch Harmonie zu erzeugen - aber das steht in jedem Ratgeber für Autoren.Alex:
Ich stimme Clute zu, dass Wiederherstellung eine Wirkung darstellt, die wir als Leser NACH dem Konsummieren von Geschichten erfahren können, die aber kaum ein tragfähiger Teil einer Geschichte sein kann (zumindest dann nicht, wenn man eben meint, dass im narrativen Modus von ›DER Welt‹ oder ›EINER Welt‹ zu fabulieren auf ›idyllische Wohlfühlmärchen‹ hinausläuft, die dem Echtweltwirklichkeits-Tohuwabohu nicht gerecht werden).
Theophagos
Bearbeitet von Theophagos, 04 Mrz 2008 - 14:33.
- Dr. Karel Lamonte, Atomic Scientist (Top of the Food Chain, Can 1999)
- • (Buch) gerade am lesen:Annick Payne & Jorit Wintjes: Lords of Asia Minor. An Introduction to the Lydians
- • (Buch) als nächstes geplant:Che Guevara: Der Partisanenkrieg
-
• (Buch) Neuerwerbung: Florian Grosser: Theorien der Revolution
-
• (Film) gerade gesehen: Ghost in the Shell (USA 2017, R: Rupert Sanders)
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• (Film) als nächstes geplant: Onibaba (J 1964, R: Kaneto Shindo)
-
• (Film) Neuerwerbung: Arrival (USA 2016, R: Denis Villeneuve)
#420
Geschrieben 04 Mrz 2008 - 15:11
MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.
Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.
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