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Phantastik-Begriff


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445 Antworten in diesem Thema

#391 molosovsky

molosovsky

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Geschrieben 19 Februar 2008 - 15:21

@pirandot:Da muss ich jetzt Simi beispringen.Man kann durchaus einen Film (oder sonstiges Werk) bereits beim ersten Verköstigen auch mit analytischem Sezierblick gucken.Ich selber flackere praktisch immer zwischen einem Blick für das Erzählte (= was) und die Erzählung (= wie) hin- und her.@pogo:Dir stimme ich auch zu, wenn Du sagst, dass es zuweilen vergnüglich ist, die ›Un-eigentlichkeit‹ einer Fiktion zu akzeptieren. Ich will nicht sagen, dass ich das ganz besonders schätze und entsprechend gutwillig verzeihe, wenn mir das zugemutet oder unterbreitet wird. Aber wenn es ein Werk schafft, mich angenehm zu verwirren, ist†™s auch schön.Ich denke, alle Zuschauer können Beispiele nennen, wo für sie die von Simi angesprochenen Erztählstrategien fuktioniert haben. †” Die bereits genannten Beispiele (»Bad Monkeys«, »Sixth Sense«, Donnie Darko«) fand ich alle vergnüglich.Bei »The Prestige« und »Fight Club« (jeweils dem Film) und »Twelve Monkeys« hat mich die Auflösung z.B. beim ersten Mal kalt erwischt und völlig überrascht. Aber ich fühlte mich nicht betrogen, sondern hatte meinen Spaß damit, (als Depp dazustehen und) verblüfft zu werden. GrüßeAlex / molo

Bearbeitet von molosovsky, 19 Februar 2008 - 15:21.

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#392 simifilm

simifilm

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Geschrieben 19 Februar 2008 - 15:38

Wenn Du einen Film bereits sezierst, während wenn Du ihn zum ersten mal siehst, dürftest Du wahrlich nur wenige Filme wirklich genießen können.

Ein weit verbreiterter Irrtum ... - Jeder Zuschauer analysiert den Film, den er sieht. Jeder Zuschauer stellt anhand des Gesehenen Hypothesen auf, macht Überlegungen, wie sich das, was er sieht, entwickeln wird. Wäre das nicht so, wäre ein Clou gar nicht möglich, denn der Clou baut ja gerade darauf auf, dass Du mit Deinen Vermutungen in die Irre geführt wurdest (auch Spannung und Humor wäre nur sehr begrenzt möglich, wenn man als Zuschauer nicht dauernd Hypothesen aufstellen würde). - Ein völlig naives Filmsehen gibt es nicht. Du gehst immer von früheren Filmerfahrungen auf, die Du einbeziehst. Jemand, der viele Horrorfilme gesehen hat, schaut sich einen Horrorfilm gezwungenermassen anders an als jemand, der noch nie einen Film gesehen hat. Genau gleich bei einem Film wie "Sixth Sense". Wenn Dir vorher alle sagen "Pass auf, da kommt dann ein Superclou" wirst Du den Film anders sehen, als wenn Du keine Ahnung hast, was da kommt. - Es ist ja schwierig, zu messen, wer einen Film mehr geniesst, aber glaub mir: obwohl ich wahrscheinlich ziemlich viel aktiv analysiere, wenn ich einen Film sehe, bin ich dennoch drei Tage lang glücklich, nachdem ich einen wirklich guten Film gesehen habe. Insofern habe ich keine Bedenken, dass ich Filme zu wenig geniesse.

Hinweise findet man in der Regel immer, alleine schon deshalb, weil die meisten Regisseure sich nur ungerne den Vorwurf gefallen lassen, dass sie die Auflösung wie ein Kaninchen aus dem Hut gezaubert hätten.

Die Frage ist, ob es Hinweise sind, die man beim ersten Schauen tatsächlich auch als solche wahrnehmen kann. Wie gesagt: Ich glaube, dass die wenigsten unvorbereiteten Zuschauer bei "Sixth Sense" in der Lage sind, die richtige Vermutung anzustellen. Und das hängt nicht mit deren mangelnder Intelligenz zusammen, sondern einfach damit, dass der Film diese Hinweise so verteilt, dass sie nicht resp. erst beim zweiten Schauen wahrgenommen werden. Und das finde ich persönlich nicht sehr interessant.

Bearbeitet von simifilm, 19 Februar 2008 - 15:40.

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#393 pirandot

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Geschrieben 19 Februar 2008 - 15:43

Bei »The Prestige« und »Fight Club« (jeweils dem Film) und »Twelve Monkeys« hat mich die Auflösung z.B. beim ersten Mal kalt erwischt und völlig überrascht.

Auch bei »Fight Club« gab es Hinweise auf die Lösung: Marla war grundsätzlich immer nur mit einem der »beiden« Hauptakteure zu sehen. Die Schizophrenie des »Helden« hätte man daraus ableiten können, nur nicht die Art seines Attentats. David Fincher hat übrigens weitere hervorragende Filme mit überraschendem Ende gedreht, nämlich "Sieben" und "The Game" †¦
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#394 simifilm

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Geschrieben 19 Februar 2008 - 15:44

Auch bei »Fight Club« gab es Hinweise auf die Lösung: Marla war grundsätzlich immer nur mit einem der »beiden« Hauptakteure zu sehen. Die Schizophrenie des »Helden« hätte man daraus ableiten können, nur nicht die Art seines Attentats. David Fincher hat übrigens weitere hervorragende Filme mit überraschendem Ende gedreht, nämlich "Sieben" und "The Game" †¦

Das Ende von "The Game" fand ich nun wirklich absehbar.

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#395 pirandot

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Geschrieben 19 Februar 2008 - 15:48

Das Ende von "The Game" fand ich nun wirklich absehbar.

Dass das Spiel so weit getrieben wird, dass Michael Douglas am Ende vom Dach des Hochhauses hüpft? :thumb: Wenn Du so etwas voraussehen kannst, solltest Du vielleicht anfangen, selbst Filmdrehbücher zu schreiben †¦ :)

Bearbeitet von pirandot, 19 Februar 2008 - 15:50.

An schlechten Tagen, wenn es regnet, glaubst du, du hättest Magengeschwüre. Nur an schönen Tagen, wenn die Sonne scheint, da denkst du, du hättest Krebs. (Die MAD-Fibel des Lebens)
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#396 simifilm

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Geschrieben 19 Februar 2008 - 15:52

Dass das Spiel so weit getrieben wird, dass Michael Douglas am Ende vom Dach des Hochhauses hüpft? :thumb:

Dass und dass er den Sprung überleben würde. Natürlich wusste ich nicht von Anfang an, wie das enden wird, aber ab dem Moment, als er in Mexiko - oder wo immer es auch ist -, wieder zu sich kommt, war klar, dass die ANDEREN ihn nicht töten wollen, sonst hätten sie es längst getan. Deshalb war mir klar, dass da auf dem Dach keine Bösewichte kommen würden. Und da der Film ja so obersmart immer die Erwartungen unterlaufen will, habe ich auch damit gerechnet, dass er den Selbstmord überlebt.

Wenn Du so etwas voraussehen kannst, solltest Du vielleicht selbst anfangen, Filmdrehbücher zu schreiben †¦ :)

Dein Wunsch sei mir Befehl. Mein erstes Drehbuch macht momentan die Tour durch die Fördergremien. EDIT: Meine Freundin ist übrigens viel besser als ich im "Film voraussehen". Die weiss meistens ne ganze Weile vor mir, was da geschehen wird.

Bearbeitet von simifilm, 19 Februar 2008 - 15:54.

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#397 molosovsky

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Geschrieben 19 Februar 2008 - 15:53

Sowohl bei »The Game« als auch »Se7en« hab ich etwa in der Mitte, mit Beginn des ›3. Aktes‹ gewußt wie der Hase rennt (nicht en detail, aber ich war mir klar über die große Finte, bzw. die Art der Gesetzte des jeweiligen Weltenbaus).EDITergänz: Und bei »Zodiac« wiederum war ich beim erstenmal baff, wie unspektakulär der Film ausklingt. Da hat sich der Fincher wohl gedacht: »Immer auf Clou setzten ist auf die Dauer auch fad. Ich erzähl lieber mal gemächlich über die Besessenheit von Code-Knackern anhand eines historischen Serienmörderfalls.«Die Sache mit dem ›Schlußspiel‹ von Handlungsauflösungen vergleiche ich ja gern mit Schach. Desto mehr Geschichten und (Genre-)Konventionen man kennt, umso taktischer kann man als Zuschauer klug vorausahnen, welche Züge dem Erzähler noch zur Verfügung stehen. Ich bin da seit jeher mit zu großem Analytisieren beim Gucken geschlagen und grad deshalb kann ich je nach Befinden umschalten, um mal das Wie mal das Was zu genießen (oder das Zusammenspiel von beidem).GrüßeAlex / molo

Bearbeitet von molosovsky, 19 Februar 2008 - 15:58.

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#398 Pogopuschel

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Geschrieben 19 Februar 2008 - 15:54

Wusstest Du vorher, dass der Film einen Clou haben wird zum Schluss?

Das weiß ich nicht mehr. Vermutlich aber, ja. Das Ende ist übrigens aus einem Zombiefilm aus den 80er Jahren geklaut. Dort kommt ein Dorfsheriff eine Zombieverschwörung auf die Spur, nur um dann festzustellen, dass er selber einer ist. Den Titel weiß ich nicht mehr. Das Ende von "Die üblichen Verdächtigen" hat wohl kaum einer erahnt. Und trotzdem finde ich es genial. Dadurch kann man den Film beim zweiten Mal, aus einer ganz anderen Perspektive betrachten.

#399 Pogopuschel

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Geschrieben 19 Februar 2008 - 15:57

Dass und dass er den Sprung überleben würde. Natürlich wusste ich nicht von Anfang an, wie das enden wird, aber ab dem Moment, als er in Mexiko - oder wo immer es auch ist -, wieder zu sich kommt, war klar, dass die ANDEREN ihn nicht töten wollen, sonst hätten sie es längst getan. Deshalb war mir klar, dass da auf dem Dach keine Bösewichte kommen würden. Und da der Film ja so obersmart immer die Erwartungen unterlaufen will, habe ich auch damit gerechnet, dass er den Selbstmord überlebt. Dein Wunsch sei mir Befehl. Mein erstes Drehbuch macht momentan die Tour durch die Fördergremien. EDIT: Meine Freundin ist übrigens viel besser als ich im "Film voraussehen". Die weiss meistens ne ganze Weile vor mir, was da geschehen wird.

Schlimm ist es, wenn ein solches "Medium" sein Vision mitten im Film dem ganzen Kino mitteilt. Das kann einem ganz schön den Spaß verderben. Ich sage nur: "Hah. Ich wette er IST sein Vater."

#400 Gast_Jorge_*

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Geschrieben 19 Februar 2008 - 15:58

Das Ende ist übrigens aus einem Zombiefilm aus den 80er Jahren geklaut. Dort kommt ein Dorfsheriff eine Zombieverschwörung auf die Spur, nur um dann festzustellen, dass er selber einer ist. Den Titel weiß ich nicht mehr.

"Tot und begraben"(Dead and Buried)

#401 simifilm

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Geschrieben 19 Februar 2008 - 15:58

Das weiß ich nicht mehr. Vermutlich aber, ja. Das Ende ist übrigens aus einem Zombiefilm aus den 80er Jahren geklaut. Dort kommt ein Dorfsheriff eine Zombieverschwörung auf die Spur, nur um dann festzustellen, dass er selber einer ist. Den Titel weiß ich nicht mehr.

Eben, wie ich gesagt habe: Bei einem Film wie "Sixth Sense" ist es sehr entscheidend, was man im Voraus weiss. Ich wusste, dass es ein "Clou-Film" ist, entsprechend habe ich versucht, dem Clou auf die Spur zu kommen. Wenn Du aber nicht weisst, dass es ein "Clou-Film" ist, werden Deinen Vermutungen auch nicht in diese Richtung gehen.

Das Ende von "Die üblichen Verdächtigen" hat wohl kaum einer erahnt. Und trotzdem finde ich es genial. Dadurch kann man den Film beim zweiten Mal, aus einer ganz anderen Perspektive betrachten.

Du wirst lachen, auch dieser Film hat mich nicht sonderlich überrascht. Auch hier hatte ich Vorwissen, denn ich habe den Film ein ganzes Stück nach dem Kinostart gesehen. Ich wusste also auch hier, dass es einen Clou gibt. Aber abgesehen davon war mir schnell klar, dass Verbal lügt. Wenn eine Figur in einem Krimi dauernd sagt, dass sie dumm und unwichtig ist, kannst Du davon ausgehen, dass das die intelligenteste Figur des Films ist. Ganz abgesehen davon ist Verbal ja - trotz seines ständigen Beharrens, dass er dumm ist - der, der den Raub einfädelt ...

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#402 simifilm

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Geschrieben 19 Februar 2008 - 16:00

Schlimm ist es, wenn ein solches "Medium" sein Vision mitten im Film dem ganzen Kino mitteilt. Das kann einem ganz schön den Spaß verderben. Ich sage nur: "Hah. Ich wette er IST sein Vater."

Überhaupt nicht. Ein guter Film muss auch dann funktionieren, wenn ich alles über die Handlung weiss. Ich habe schon genug Film gesehen, bei denen ich im Voraus ganz viel über die Handlung wusste. Wenn der Film gut ist, tut das dem Genuss überhaupt keinen Abbruch.

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#403 Pogopuschel

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Geschrieben 19 Februar 2008 - 16:07

Wenn man sich selber mit dem Filmemachen oder dem Drehbuchschreiben (bzw. auch dem Geschichtenschreiben) beschäftig - was ich erst seit einigen Monaten tue - sieht man sich die Filme natürlich anders an, als das "normale Publikum". Da hinterfragt man viel mehr die Funktionen der einzelnen Figuren. Und wenn man mit gängigen Drehbuchschemata vertraut ist, kommt man auch oft drauf. Das ist wie bei Star Trek, hat der Nebendarsteller etwas gesagt, weiß man es ist sein Todesurteil. Sagt in einer Krimiserie eine scheinbar unwichtige Person etwas, weiß man vielleicht, aha für Sprechrollen bekommt man mehr gezahlt, also ist es wohl doch eine wichige Figur. Meist der Täter.Beim Erstsehen versuche ich so etwas abzuschalten, um mir nicht den Spaß zu verderben.

#404 pirandot

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Geschrieben 19 Februar 2008 - 16:10

Ich sage nur: "Hah. Ich wette er IST sein Vater."

Dabei dürfte es um Star Wars gehen †¦ :thumb: Wenn Du Michael Mittermaier kennst, müsstet Du wissen, zu welchem Film die folgende »Vision« gehört: »Nimm die nicht, die hat Krebs!«
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#405 Pogopuschel

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Geschrieben 19 Februar 2008 - 16:17

Dabei dürfte es um Star Wars gehen †¦ :) Wenn Du Michael Mittermaier kennst, müsstet Du wissen, zu welchem Film die folgende »Vision« gehört: »Nimm die nicht, die hat Krebs!«

"Love Story". Der Film heißt halt "Auf der Flucht" und nicht "Geschnappt nach fünf Minuten". :thumb:

#406 simifilm

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Geschrieben 19 Februar 2008 - 16:32

Wenn man sich selber mit dem Filmemachen oder dem Drehbuchschreiben (bzw. auch dem Geschichtenschreiben) beschäftig - was ich erst seit einigen Monaten tue - sieht man sich die Filme natürlich anders an, als das "normale Publikum". Da hinterfragt man viel mehr die Funktionen der einzelnen Figuren. Und wenn man mit gängigen Drehbuchschemata vertraut ist, kommt man auch oft drauf. Das ist wie bei Star Trek, hat der Nebendarsteller etwas gesagt, weiß man es ist sein Todesurteil. Sagt in einer Krimiserie eine scheinbar unwichtige Person etwas, weiß man vielleicht, aha für Sprechrollen bekommt man mehr gezahlt, also ist es wohl doch eine wichige Figur. Meist der Täter. Beim Erstsehen versuche ich so etwas abzuschalten, um mir nicht den Spaß zu verderben.

Ich weiss, ich wiederhole mich, aber mit Spass verderben hat das für mich überhaupt nicht zu tun. Es kann im Gegenteil ein grosser Genuss sein einen Film zu sehen und dabei zu merken, wie gekonnt er gebaut ist. Und man sollte das "normale" Publikum nicht unterschätzen. Um solche Dinge wie das mit dem Nebendarsteller in "Star Trek" zu merken, muss man nun wirklich kein Filmprofi sein.

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#407 molosovsky

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Geschrieben 03 Mrz 2008 - 16:24

Da bin ich wieder.

Also, zurück zum eigentlichen Thema, der Umkreisung und (vielleicht langsamen Klärung) des Begriffs »Phantastik«.

Heut habe ich einen Blog-Eintrag von John Clute gefunden, den er im September 2007 geposted hat und der auf einem Vortrag beim Kongress »Cultural Landscapes/Fiction Without Borders« in Prag basiert.

»Fantastika in the World Storm«.
Vielleicht las ich den zu vertüdelt, also korrigiert mich wenn meine Lesart fehlgeht, dass Clute sich hier durchaus als Maximal-Phantast zeigt. Immerhin versucht er sich hier an einem Grund-Schema des phantastischen Erzählens, wie dieses mit der Globalisierungsgeschichte seit ca. 1750 zusammenhängt, und wie das alles zurückgespiegelt ein Licht auf ›unsere‹ Lage in der heutigen Welt wirft.

Ich werd bei Gelegenheit ein bischen Zusammenfassungs-Notizen des Beitrages von Clute hier in Bälde einstellen. Aber wenn das jemand von auch machen will, oder schon loskommentieren will, bitte, haltet Euch nicht zurück.

Grüße
Alex / molo

Bearbeitet von molosovsky, 03 Mrz 2008 - 16:25.

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Geschrieben 03 Mrz 2008 - 16:37

Da bin ich wieder.

Also, zurück zum eigentlichen Thema, der Umkreisung und (vielleicht langsamen Klärung) des Begriffs »Phantastik«.

Heut habe ich einen Blog-Eintrag von John Clute gefunden, den er im September 2007 geposted hat und der auf einem Vortrag beim Kongress »Cultural Landscapes/Fiction Without Borders« in Prag basiert.

»Fantastika in the World Storm«.
Vielleicht las ich den zu vertüdelt, also korrigiert mich wenn meine Lesart fehlgeht, dass Clute sich hier durchaus als Maximal-Phantast zeigt. Immerhin versucht er sich hier an einem Grund-Schema des phantastischen Erzählens, wie dieses mit der Globalisierungsgeschichte seit ca. 1750 zusammenhängt, und wie das alles zurückgespiegelt ein Licht auf ›unsere‹ Lage in der heutigen Welt wirft.

Da ich eigentlich auf Arbeit bin, habe ich den Beginn nur überflogen, aber soweit ich das sehe, ist Clute durchaus kein Maximalphantast (obwohl ich ja eigentlich nach wie vor nicht recht weiss, was Du damit genau meinst). Was Clute zu Beginn schreibt, ist, dass es bis ca. ins 18. Jhdt. gar keine Unterscheidung von realistisch/unrealistisch (oder phantastisch oder wunderbar) gab, und dass die Etablierung einer "realistischen" Schreibweise zu einer phantastischen Gegenreaktion führten, beispielsweise in Gestalt der Gothic Novel oder der Romantik.

Beide Behauptungen würde ich sofort unterstützen, beides ist aber auch nicht neu. Das entspricht auch ziemlich genau dem, was ich in den historischen Kapiteln meines Buchs schreibe, und ich beanspruche für diese Passagen überhaupt keine Originalität - in anderen Worten: das ist eigentlich allgemein akzeptierter Stand der Forschung.

Falls ich da was Entscheidendes überlesen habe, beschwert Euch bitte.

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Geschrieben 03 Mrz 2008 - 17:29

@Simi:
Minimalphantastisch = Phanstatik ist grenze des Unentschiedenen / Unentscheidbaren zwischen Wundersam und Unheimlich.

Maximalphantastisch = Phantastik sind alle Geschichten in denen Wundersames (oder auch: Unmögliches, Irrationales, Spekulatives usw) als möglich, wirklich postuliert werden.


Ansonsten kann ich nur sagen, dass Clute in der zweiten Hälfte interessant wird. Ich hab aber auch viel zu tun und kann mich wohl erst im Lauf der Woche inniger dem Text widmen.

Ach ja: noch mehr Lesestoff zum Thema, und, soweit ich ihn überflogen habe, noch viel fizzeliger und (womöglich) geschickter ist Hal Duncans Auseinandersetzung mit dem Thema in seinem Blog:

» Narrative Grammars«
Er weist auf eine ganze Reihe Unstimmigkeiten von Clutes Ansatz hin und versucht eine genauere Autopsie der Angelegenheit.


Grüße
Alex / molo

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Geschrieben 03 Mrz 2008 - 18:03

@Simi: Minimalphantastisch = Phanstatik ist grenze des Unentschiedenen / Unentscheidbaren zwischen Wundersam und Unheimlich. Maximalphantastisch = Phantastik sind alle Geschichten in denen Wundersames (oder auch: Unmögliches, Irrationales, Spekulatives usw) als möglich, wirklich postuliert werden.

Ah, das ist Maximalphantastik Sinne Dursts, ich dachte, da geht's um Deine experimentelle Totalphantastik. Die Unterscheidung zwischen Maximal- und Minimalphantastik ist im Englischen so gar nicht wirklich möglich, da es den Begriff 'Phantastik' so nicht gibt, resp. hier wird's noch komplizierter, weil 'fantastic' und 'fantasy' je nach Autor wieder ganz verschiedene oder auch gleiche Dinge sein können. Clutes 'Fantastika' ist durchaus maximalphantastisch, aber nicht ganz zufällig muss er dafür einen neuen Begriff einführen.

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Geschrieben 03 Mrz 2008 - 18:21

Hal Duncan wiederholt in seinem oben verlinkten Essay, was ich von meinen englischen Lektüren auch schon wusste: dass (nicht einheitlich und nicht überall) der (Erzähl-)Modus im englischsprachigen fantasy‹ (= Phantastik) und das (Markt-)Genre Fantasy‹ (= Fantasy) genannt wird. Daher auch die oftmals auftretenden Verwirrungen.

Mit einer Erstlektüre von Duncans Essay bin ich durch. Sehr interessant. Kommt meiner Haltung derweil am nächsten (sag ich mal so auf die Schnelle), u.a. auch deshalb, weil Duncan solche Felder wie Thriller/Noir und Mystery/Abenteuer beachtet, und sich auch dafür interessiert, was Horror, Fantasy, SF typischerweise jeweils mit ›dem Seltsamen‹ anstellen.

Grüße
Alex / molo

Bearbeitet von molosovsky, 03 Mrz 2008 - 18:22.

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#412 simifilm

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Geschrieben 03 Mrz 2008 - 18:24

Hal Duncan wiederholt in seinem oben verlinkten Essay, was ich von meinen englischen Lektüren auch schon wusste: dass (nicht einheitlich und nicht überall) der (Erzähl-)Modus im englischsprachigen fantasy‹ (= Phantastik) und das (Markt-)Genre Fantasy‹ (= Fantasy) genannt wird.

Werde mir das später mal ansehen, aber so auf die Schnelle vor dem Essen möchte ich nur sagen, dass ich mich nicht erinnern kann, dieser Unterscheidung je begegnet zu sein ... Im Allgemeinen läuft die Unterscheidung eher, dass man das Genre "Heroic Fantasy" oder dergleichen nennt.

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#413 molosovsky

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Geschrieben 03 Mrz 2008 - 18:34

Leider richtig, Simi.Auch Clute summiert unter ›Fantasy‹ lauter Zeugs und Merkmale, die ich enger als ›Heroic Romance‹ oder ›High Fantasy‹ oder ›Epic Fantasy‹ usw betiteln würde.Aber Duncan bügelt dem Clute da ein, zwei solchartigen Falten aus (wie z.B. dass die Ausgangslage der Fantasy von einem Verlustgefühl der Weltganzheit geprägt ist. Genau anders rum ists meistens: ein idyllisches Weltganzheitsgefühl steht am Beginn der allermeisten Fantasy).GrüßeAlex / molo

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#414 Theophagos

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Geschrieben 03 Mrz 2008 - 18:43

Bitte nicht so rasch durch die Texte rauschen - ich bin doch eine Leseschnecke.Zum Clute-Text; was ist denn eigentlich sein Punkt?Theophagos
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#415 molosovsky

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Geschrieben 03 Mrz 2008 - 19:03

Soweit ich ihn zu verstehen glaube, kommt Clute wieder mit der Unterscheidung zwischen dem apollinischen Einteilen, Erhellen und Kontrollieren der Welt, und dem dadurch zur Gegenreaktion gereizten dionysischen Aufbrechen, im Dunklen rumorenden Verdrängten und Auftand des Rausches.Was das apollinische Kontrollieren angeht, gibt ›der Westen‹ seit 400 die erste Stimme vor (wir leben ja grad in einer Zeit, in der dieses kippt, oder zumindest zu kippen scheint †¦ wer weiß).Die Phantastik ist die seitdem (und in diesem Zeitraum) resultierende Gegenstimme. Spätestens seit der technische und gesellschaftliche Fortschritt die Zeit schneller als wir nachkommen können beschleunigt hat, und seitdem der Raum kleiner wurde, zeigt sich auch, dass die phantastischen Modi dem gegenwärtigen unüberschaubaren ›Weltensturm‹ der Gegenwart von allen erzählerischen Modi am gerechtesten zu werden vermag.Wichtig ist dabei auch für Clute auch das Wechselspiel zwischen Erkenntnis/Wissen und Vergessen/Verdrängung (Amnesie), grad angesichts der monstösen Seiten der Neuzeit. Er sagt es sehr schön, dass die rationale Beherrschung uns einereits den Schrebergarten bescherte, aber genau die selbe Kraft des Planes und Einteilens zu den Arbeits- und Vernichtungs-Lagern führte. †” Wie Borges greift Clute auch besonders das Thema des (bösen) Zwillings und des Doppelgängers heraus, um auf dieses Wechselspiel Aufklärung (dominant) und Phantastik (gegenspielend) hinzuweisen.Es fehlt eigentlich nicht viel um Clutes Fantastik wieder gleichzusetzten mit ›Romantik‹ (dem Stil-, nicht dem Epochenbegriff). Tatsächlich läßt sich die Frühromantik ja knapp verstehen als Kontrastimme zur Restauration des Wiener Kongresses.S†™war war nun ganz grob ausm Ärmel geschüttelt.GrüßeAlex / molo

Bearbeitet von molosovsky, 03 Mrz 2008 - 19:09.

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#416 Theophagos

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Geschrieben 04 Mrz 2008 - 00:47

Um ehrlich zu sein kann ich mit dem Text nicht viel anfangen:
Der erste Teil ist ja die Apollo/Dionysos Teilung ab 1750. Scheint mir nicht besonders originell zu sein (immerhin ist der Text von September 2007). Und das hier:

Fantastika consists of that wide range of fictional works whose contents are understood to be fantastic.

scheint mir irgendwie tautologisch zu sein.

Der zweite Teil schematisiert dann Fantasy/SF/Horror. Das scheint mir einerseits zu eng - kann man wirklich alle Geschichten dieser Gruppen so schematisieren? Lucas' "Star Wars" genauso wie Carpenters "Dark Star"? Und diese Gleichsetzung am Ende:

1) is Wrongness, or Novum, or Sighting.
2) is Thinning, or Cognitive Estrangement, or Thickening.
3) is Recognition, or Conceptual Breaktrhough, or Revel.
4) is Return, or Topia, or Aftermath.

Kann ich da nicht noch den Spionageroman mit dazu nehmen? 1)Das Phantom klaut Atombombe; 2)Beisser setzt Bond zu; 3)Bond spürt das Phantom auf; 4)Bond hat Sex mit dem Bond-Girl. Oder den Western? 1)Der Rancher beansprucht das Wasser für seine Rinder; 2)Ein Farmer wird getötet, die anderen eingeschüchtert; 3)der weiße Hut knallt den schwarzen Hut ab; 4)Die blonde Farmerstochter & der weiße Hut kommen zusammen. Lassen sich nach diesem Schema nicht irrsinnig viele Geschichten schematisieren? Was ist durch dieses Schema gewonnen?

Der dritte Teil ist dann die Amnesie-Sache; das ist mir besonders dunkel. Meint er wirklich, dass es die Aufgabe der Fantastika sei, an die Shoa et al. zu erinnern? Dass sie es gar besser kann als ein mimetisches Buch über die Shoa?

Insgesamt verschafft der Text mir zunächst mal keine Klarheit.

Theophagos
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#417 simifilm

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Geschrieben 04 Mrz 2008 - 11:29

Kann ich da nicht noch den Spionageroman mit dazu nehmen? 1)Das Phantom klaut Atombombe; 2)Beisser setzt Bond zu; 3)Bond spürt das Phantom auf; 4)Bond hat Sex mit dem Bond-Girl. Oder den Western? 1)Der Rancher beansprucht das Wasser für seine Rinder; 2)Ein Farmer wird getötet, die anderen eingeschüchtert; 3)der weiße Hut knallt den schwarzen Hut ab; 4)Die blonde Farmerstochter & der weiße Hut kommen zusammen. Lassen sich nach diesem Schema nicht irrsinnig viele Geschichten schematisieren? Was ist durch dieses Schema gewonnen?

Die süsse Verführungskraft des Strukturalismus. :rofl1: Das Problem bei solchen Schemata ist tatsächlich, dass sie schnell so allgemein werden, dass sie kaum noch was aussagen. Wenn ich es recht verstehe, geht es Clute darum, dass die drei Formen Horror/Fantasy/SF zwar eine strukturelle Ähnlichkeit haben, das aber jedes strukturelle Element je Gattung spezifisch ausgeprägt ist. Oder so ähnlich.

Der dritte Teil ist dann die Amnesie-Sache; das ist mir besonders dunkel. Meint er wirklich, dass es die Aufgabe der Fantastika sei, an die Shoa et al. zu erinnern? Dass sie es gar besser kann als ein mimetisches Buch über die Shoa?

Da wurde es für mich auch etwas düster ...

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#418 molosovsky

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Geschrieben 04 Mrz 2008 - 11:33

Hi Theophagos.

Vorweg: ich stimme Deiner Kritik an Clute zu, dass sein Schema nicht exklusiv nur auf Phantastik bezogen sinnvoll ist. Deine Beispiele der Spionage- und Western-Folie passen genauso gut.

Nun eine lockere Stegreifüberstzung der Zusammenfassung von Clute, die er Eingangs seines Vortrages gibt.

Teil 1 stellt die These auf, dass sich die Phantastik als eine notwendige, zwingende Form des globalen Geschichtenerzählens seit 1750 beschreiben läßt. †” Der Verweis auf den große Rahmen ›Geschichtenerzählen‹ (›necessary form of planetary fiction‹) dünkt mir valide.

Teil 2 soll nun die erzählerische Grammtik der drei Hauptformen der Phantastik †” SF, Fantasy, Horror †” bechreiben, und dass diese Schablone etwas offenlegt von den (allgemeinen) Problemen des Geschichtenerzählens, wenn wir uns eine bessere Welt vorstellen, und (schwieriger) in einer Welt leben wollen.

Teil 3 geht dann genauer auf die Beziehung zwischen Welt und Geschichten(erzählen) ein. Clute hält Horror für die relevanteste Form in der gegenwärtigen Welt (2007), da Horror von unserem Wiederstand gegen die Wahrheit erzählt, ein Wiederstand der solange dauert, bis wir nackt in der Welt dastehen. Dann ist die Geschichte zu ende.

Einen (noch zu schreibenden 4 Teil) deutet Clute dann mit zwei Fragen zum Thema Fiktion und Landschaft/Örtlichkeit an:
1 †” Wie kann ein aufrichtiger Geschichtenerzähler von Landschaften/Orten erzählen an denen man verweilen kann (im Sinne von heimisch werden, wie ich interpretiere). Clute postuliert, dass sich ja nur mit schlechte Welten würdige Geschichten erzählen lassen. (Wo nix passiert, keine Krisen auftreten, lässt sich nix erzählen, oder eben nur langweiliges erzählen. †” NEBENBEI: Bezeichnenderweise gibt es durchaus Tendenzen einer ›Ästhetik des Nix-ist-los‹, der meditativen Plot-Losigkeit, die aber, wenn ich an Autoren wie Handke, Bernhard, Yoshimoto denke, mehr eine Spezialität der realistischen Modi ist.)
2 †” Clute fragt, wer aus der Runde seiner Zuhörer, der beständige, tragfähige Welten ersinnen/schaffen will, sich noch um Geschichten(erzählen) kümmert, da Geschichten ja niemals von solchen beständigen Welten berichten.



In Teil 1 umschlendert er wiegesagt den Gegensatz zwischen Apoll und Dionysus, zwischen einerseits dem Beherrschen der Welt (siehe Aufklärung und zivilisatorischer Fortschrift a la ›Westlicher Weg‹ seit ca. 400 Jahren), und dem, was dabei als Verdrängtes, Beherrschtes und Zurückwallendes gegen diese Kontrolle aufbegehrt. †” Ich finde dieses Kontrast-Sicht ganz nützlich, handelt es sich dabei doch um das alte Vordergrund/Hintergrund-Dilemma, sprich: das ganze Bild der Wirklichkeit setzt sich immer zusammen aus dem klar geschauten Vordergründigen/Oberflächlichen und dem dieses umgebende, unklar geahnten Hintergründigen/Unterweltlichen. †” Auch denke ich dabei an den Gegensatz und die Barrieren, welche bei den Übergängen von Mikro- zu Meso- zu Makro-Sphären auftreten.

Als die ›Schuld des Apoll‹ fasst Clute die Verdrängungen und Verletzungen zusammen, die sich in der Figur vom Zwilling und Doppelgänger manifestieren.


In Teil 2 breitet Clute nun sein Schema aus, und kommt am Ende selbst darauf zu sprechen, dass dahinter eine ›Ur-Geschichte‹ (Willkommen beim Monomythos) steckt. Die skizzierten ersten drei morphologischen Wandlungen bezeichnen dabei die Dynamik ALLER Geschichten (frei nach Campbell {1} Aufbruch zum Abenteuer, {2} Schwellenübertritt und Prüfungen, {3} Versöhnung und Sieg), aber in der vierte Stufe ({4} Rückkehr, Ausgleich, U- oder Dys-Topia) vermögen Geschichten dann nur Orte/Landschaften anzudeuten. †” Es bleibt eine Lücke zwischen ›erzählen‹ (also dem Fiktiven) und ›leben‹ (also dem Tatsächlichen).


In Teil 3 elaboriert Clute dann anhand vor allem des Beispiels von W. G. Sebalds letztem Roman »Austerlitz« über das Wechselspiel zwischen dem Vergessen (›Amnesia‹) und dem Bereisen von Örtlichkeiten. †” Ich lese das als Ausführungen über die Probleme, die sich ergeben, wenn man sich um eine geformte, handhabbare Kontinuität bemüht.

Clute schlußfolgert, dass die derzeitige (Gegenwarts-)Problemtik genau damit zu tun hat, denn das aktive Prinzip mit dem jeder im heutigen Weltensturm angesiedelte moderne Roman zurande kommen muß, ist dieses Vergessen, und nicht etwa Wiederherstellung (›recovery‹).

Ich stimme Clute zu, dass Wiederherstellung eine Wirkung darstellt, die wir als Leser NACH dem Konsummieren von Geschichten erfahren können, die aber kaum ein tragfähiger Teil einer Geschichte sein kann (zumindest dann nicht, wenn man eben meint, dass im narrativen Modus von ›DER Welt‹ oder ›EINER Welt‹ zu fabulieren auf ›idyllische Wohlfühlmärchen‹ hinausläuft, die dem Echtweltwirklichkeits-Tohuwabohu nicht gerecht werden).

Am Ende stellt Clute als vermittelte Botschaft der großen Texte der Phantastik heraus, dass Zivilistaion einen Preis verlangt; dass die Wahrheiten die uns befreien uns keine Selbst-Versöhnung ermöglichen; dass Zivilisation ein ständiges Ringen mit unserer Sehnsucht zu vergessen ist.




Grüße
Alex / molo

Bearbeitet von molosovsky, 04 Mrz 2008 - 11:45.

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#419 Theophagos

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Geschrieben 04 Mrz 2008 - 14:32

Okay, wenn ich das richtig sehe, macht er drei Punkte, jeweils einen pro Abschnitt.

1. Warum wird Fantastika geschrieben? Damit werden die "dunklen Gelüste", die wir im hellen Sonnenschein nicht befriedigen können, aber dennoch haben, befriedigt. Und zwar in Punkto Übernatürliches.
Vielleicht habe ich etwas übersehen, aber das hört sich schrecklich banal an.

2. Wie wird Fantastika geschrieben? Da war ich ja oben schon darauf eingegangen; ich habe nach wie vor den Eindruck, als wenn er einerseits eine zu schmale Textgruppe als Grundlage verwendet und andererseits zu sehr abstrahiert.

3. Was ist die gesellschaftliche Funktion von Fantastika? Sie verarbeitet das Verdrängte.
Ich glaube hier ist das Problem der wandelbare Begriff "verdrängen", denn es gibt (mindestens) zwei Arten etwas zu verdrängen. Einmal kann ein Unbehagen aufgrund einer Sache entstehen, dann vergessen wir sie (z.B. einen Zahnarzt-Termin), andererseits kann Sache A besser als Sache B sein, dann wird A nach und nach B ersetzen (etwa DVD & VHS). Das mimetische Literatur die Shoa weniger gut als phantastische verarbeiten kann, kann ich mir nicht vorstellen. Phantastische Literatur kann natürlich Dinge, die sich nicht durchgesetzt haben, "re-animieren". Das kann die intakte Natur, der gute Feudalismus oder eine rassistische Weltsicht sein - einiges davon halte ich für egal, anderes für schädlich. Daher meine ich, dass Phantastik manchmal einen frischen Blick auf Altbekanntes bzw. Dinge, die die Gesellschaft verdrängen will, werfen kann, aber das können historische Romane auch (z.B. Feuchtwangers "Jüdischer Krieg").

Ich glaube nicht, dass der Text kompletter Unsinn/Banal ist, aber er benötigt m. E. noch einiges an Präzisierung um seine Punkte zum Tragen bringen zu können.

Alex:
Ich stimme Clute zu, dass Wiederherstellung eine Wirkung darstellt, die wir als Leser NACH dem Konsummieren von Geschichten erfahren können, die aber kaum ein tragfähiger Teil einer Geschichte sein kann (zumindest dann nicht, wenn man eben meint, dass im narrativen Modus von ›DER Welt‹ oder ›EINER Welt‹ zu fabulieren auf ›idyllische Wohlfühlmärchen‹ hinausläuft, die dem Echtweltwirklichkeits-Tohuwabohu nicht gerecht werden).

Ich stimme dem nicht zu - oder nur eingeschränkt. Clute spricht m. E. immer von Romanen - aber es gibt sehr viel mehr Textarten; Kurzgeschichten z. B. können sich durchaus 'nur' um einen unvergleichlich schönen Moment drehen oder 'bloß' ein bestaunenswertes Wunder zum Inhalt haben. Inwiefern nun Romane per se nicht nur mit dem Schönen/Wunderbaren auskommen, weiß ich nicht. Zweifellos ist es wesentlich einfacher Spannung durch Konflikt als durch Harmonie zu erzeugen - aber das steht in jedem Ratgeber für Autoren.

Theophagos

Bearbeitet von Theophagos, 04 Mrz 2008 - 14:33.

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Geschrieben 04 Mrz 2008 - 15:11

Dass Clute zu sehr in seine Schablonen pressend vereinfacht, seh ich auch so (was Simi so schön die Verführungen des Strukturalismus nannte).Aber, Theophagos, wieso Deine Lesart, dass es vor allem das ›Übernatürliche‹ ist, das sich in der Phantastik Luft macht. Das ›mehr in der Welt, als was sich klar vermessen läßt‹ deutet nicht zwangsläufig auf Übernatürliches, sondern lediglich auf Dinge, die sich eben nicht klar messen lassen (eben z.B. Inhalte der Leidenschaften).Auch hier vereinfacht Clute, ist doch das Rationale, Apollinische nicht gleich leidenschafts- und sehnsuchtsfrei. Aber beim Apollinischen werden diese Dinge vermeindlich klar ans Licht gezerrt. Und weil im Licht nicht genug Platz für alles ist, kommt aus dem Dunkel irgendwann das Kontra. Der Gegensatz zwischen rational und irrational ist dabei nur eine Ebene. Eine andere Ebene ist z.B. die zwischen vermeindlicher Gerechtigkeit, und ungerechten Machenschaften hinter den Kulissen (siehe z.B. Erblühen der europäischen Metropolen und die überseeischen Kolonien. Der Wort ›zivilisiert‹ ist da besonders markant, stellt es doch einen damaligen ›rationalen‹ Einteilungsbegriff für Entwicklungs-Qualität von Kulturen dar).Ich denke, dass Clute ›Übernatürliches‹ weniger ins Zentrum stellt, als vielmehr das Verdrängte, Unterdrücke, die aufgebehrenden, klagenden Echos zu den Aktionen der Gestaltung durch die herrschenden Mächte des ›apollinischen Aufstieges‹.GrüßeAlex / molo

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