Rezension:
Passend zur Gesamtausgabe der Werke von
Hubert Katzmarz (
Schattenspiel und
Alptraumhaft erschien auch ein Erinnerungsband seiner Freunde und Bekannten.
Thomas Franke schuf erneut eine phantastische Collage, die auch optisch an die beiden Bände der Werkausgabe anknüpft.
Das interessante an den Band ist, dass man einen kleinen Eindruck davon gewinnt, welche literarischen Kreise Hubert Katzmarz hinterließ. Eine ganze Reihe von Phantastik-Autoren nennen ihn als Wegbereiter oder Inspiration. Seine Arbeit als Verleger war zwar vielleicht selbstzerstörerisch aber auf keinen Fall umsonst. Und wenn vielleicht die Schar treuer LeserInnen klein ist, so hat doch Hubert Katzmarz dazu beigetragen, dass sie auch elf Jahre nach seinem Tod eine faszinierende Bandbreite phantastischer Geschichten vorfinden.
Die Arbeit eines guten Verlegers treibt seine Wurzeln und trägt Früchte, weit über die Existenz von Verlagen und Finanzbeamten hinaus.
In seinem Vorwort erinnert sich
Andreas Fieberg an seinen Freund Hubert Katzmarz und leitet die nachfolgenden Texte kurz ein.
So konnte Katzmarz den Text von
Christian Thielscher Ruhe sanft! selbst noch lesen. In dem sehr witzigen Kurzkrimi tauchen Katzmarz und seine Sorgen mit dem Finanzamt auf.
Auch
Michael Engel nutzt mit
Ich bin nicht Kafka auf groteske Weise eine Verbindung zu Katzmarz, der bekennender Kafka-Fan war.
Michael Siefener lässt seinen Held im Romanauszug aus
Nonnen auf einen Verleger treffen, dessen Kauzigkeit und gnadenloser Kampf um Qualität nicht ohne Grund in dieser Sammlung erscheint.
Eine amüsante Abenteuergeschichte spendiert
Monika Niehaus mit
Schreibblockade. Eine durchaus kreative Art, sich Anregungen für eine Geschichte zu beschaffen: Einfach mal raus gegen!
Der Meister selbst darf auch zu Wort kommen. Sein Roman
Ein Meisterwerk der Weltliteratur blieb leider unvollendet. Der abgedruckte Auszug offenbart das Treiben in einem typischen deutschen Literaturzirkel, wie ihn Katzmarz in Bonn besuchte. Pointiert und erschreckend wiedererkennbar geschrieben, verdeutlicht der Text, worin Katzmarz’ große Stärke bestand: Mit Wärme über die Schwächen in uns zu schreiben, stets nur einen Schritt vom lockenden Abgrund entfernt.
Ziemlich traurig ist die Geschichte über Monika Schubert.
Jörg Weigand führt uns vor Augen, dass die Toten manchmal weiter über uns wachen und Liebe unsterblich ist.
Auch Herausgeber Andreas Fieberg zückt in
Der Mann im Ei die Trauerkarte. Sein Protagonist ist das Alter Ego von Katzmarz: Bertram Kuzzath. Kein leichter Text, aber einfühlsam geschrieben.
Boris Koch steckt den Tod in einen weißen Mantel und macht ihn zu einer verlockenden Frau, die an die Tür des Schriftstellers Gregor P. Schmidt klopft. Oder ist das Leben, was er da von seiner Schwelle weist?
Ellen Norton, die Frau von Hubert Katzmarz, schildert in
Der Tag, an dem die Welt verduftete, wie es sich anfühlt, auf Gerüche allergisch zu reagieren. Sicher kann sie mehr als eine Geschichte von diesem Problem erzählen, das Hubert Katzmarz große Anstrengungen abverlangte.
Die düstere Stimmung im Gemeinschaftswerk
Rückkehr nach Mu von
Jörg Kleudgen und
Uwe Voehl passt zweifellos perfekt in einen Erinnerungsband für Katzmarz. Hier spürt man die literarischen Atem und den Respekt für die ruhige Phantastik, mit der Katzmarz tief in sein Innerstes abzutauchen pflegte. Erinnerungen und Tod sind ständige Begleiter dieser Reisen.
Der Protagonist in
Saudade des Coverkünstlers Thomas Franke sieht sich ebenfalls mit seinem Tod konfrontiert, wenn auch in einer anderen Zeit.
In
Jörg Isenbergs Gier wird ein arbeitsloser Autor an ein Pflegeheim vermittelt. Doch bald bereut er den Job …
Isenberg baut ebenfalls Bertram Kuzzath in seine Geschichte ein und macht ihn zum Opfer eines üblen Monsters. Dabei fängt er den katzmarzschen Sound mit großer Präzision ein.
Die unvollendete Geschichte von Katzmarz
Willkommen in Bleiwenheim ist Thema der Story von
Malte S. Sembten Abschied von Bleiwenheim. Katzmarz ist in seinem Zwischenreich von Bleiwenheim gefangen, da sein letztes Werk unvollendet blieb. Hier muss er auf Erlösung warten, bis sich jemand findet, sein Werk in entsprechender Qualität fortzuführen. Sembten beschreibt einen hoffnungsvollen Verlauf der deutschen Phantastik.
Zum Abschluss gibt Thomas Franke seinen Erinnerungen an Hubert Katzmarz freien Lauf und weist besonders auf dessen Zweifel an seinen Geschichten hin. Einen Zweifel, der angesichts seiner Werke glücklicherweise unbegründet ist.
Fazit:
Traurig aber in jeglicher Hinsicht phantastisch sind die in Geschichten verpackten Erinnerungen und Gedanken an Hubert Katzmarz. Es ist mehr als ein »Abschied von Bleiwenheim«. Andreas Fieberg gelang eine herzerwärmende Feier des Verlegers und Autors, der tiefe und andauernde Spuren in der deutschen Phantastik hinterließ. Die Texte in diesem Band beweisen es.
(Quelle: Der gleiche Text von mir
auf Fantasyguide)