Naomi Kritzer: Catfishing on CatNet
2015 erschien Naomi Kritzers Kurzgeschichte Cat Pictures please im Clarkesworld Magazin (und kann dort nach wie vor kostenlos online gelesen werden http://clarkesworldm.../kritzer_01_15/ ) In dieser keine 4000 Worte langen Geschichte versucht eine KI, Menschen zu helfen, die gar nicht wissen, dass sie Hilfe brauchen. Was der KI absolut unverständlich ist, für sie, die alle Daten des Menschen im Blick hat, ist das sonnenklar. Da tauchen dann bei google-Suchen schon mal Links auf, nach denen der User gar nicht gesucht hat. Und wenn das oft genug passiert und der neugierige Mensch diese Links dann anklickt, wird er auf Seiten geleitet, die er - nach Meinung der KI, und da liegt ein Problem - braucht, um sein Problem zu lösen. Oder das Naviprogramm des Handys leitet den User "reinz zufällig" an einen Ort, an den er eigentlich nicht wollte, der aber viel besser ist als sein ursprüngliches Ziel - nach Meinung der KI. Das Auswahlkriterium, um in den Genuss dieser Hilfe zu gelangen, sind Katzenbilder. Die KI ist auf diese absolut versessen, je mehr Katzenbilder gepostet werden, um so wahrscheinlicher ist es, dass die KI aufmerksam und dann tätig wird.
Diese zauberhafte, mit Hugo und Locus Award prämierten Geschichte hat Kritzer nun zu einen (Jugend)Roman erweitert, der unter anderem thematisiert, wieviel wir tagtäglich im Netz von uns preisgeben und was man damit alles machen kann. Denn es sind nicht nur wohlmeinende katzenbesessene KIs da draußen unterwegs ...
Hannu Rajaniemi und Jacob Weisman (Hg.): The New Voices of Science Fiction
Bei Tachyon Publications ist eine Reprint-Anthologie erschienen, die zahlreiche der in den letzten Jahren neu in der Kurzgeschichten-Szene aufgetauchten Autoren versammelt. Wer sich einen ersten Überblick verschaffen will, welche Stimmen, Themen und Erzählformen das Genre zur Zeit verändern, ist hier richtig. Die 20 Storys wurden 2015 - 2018 veröffentlicht, zu den Autoren gehören "Headliner" wie Sarah Pinsker, Rebecca Roanhorse, Sam J. Miller, Suzanne Palmer, Kelly Robson und Rich Larson, die auch schon diverse Preise abgeräumt haben, und auch zumindest mir eher unvertraute Namen wie Amman Sabet, Alice Sola Kim, Nino Cipri. Es fällt auf, dass mit 6 Storys fast ein Drittel aus dem Asimov's Magazin stammt, das in diesem Zeitraum bei den "großen" Awards ja kaum noch Berücksichtigung fand. Scheint, beim Entdecken neuer Autoren ist das Magazin dennoch sehr erfolgreich. Andere Quellen sind Strange Horizons, Clarkesworld, Lightspeed, Tor.Com usw.
Kameron Hurley: Meet me in the Future
Kameron Hurley gehört zu den Autorinnen, die sich nicht für glattpolierte, massentaugliche Geschichten interessieren. Ihre Erzählungen sind oft brutal, dreckig und brauchen Leser, die bereit sind, sich darauf einzulassen. Nix, was man mal eben zum Feierabend zur Entspannung liest. Allerdings erlebt man bei ihren Storys dann auch eine emotionale Wucht, mit der wenige andere aufwarten können. Leser des Locus Magazins, in der eine Kolummne von ihr erscheint, erfahren dort vieles aus dem nicht so schönen Alltag einer gesundheitlich angeschlagenen Autorin, dem Druck, dem man bei diesem (Neben)Beruf ausgesetzt ist (Hurley hat wie die meisten Autoren einen Brotberuf) und den nicht zuletzt finanziellen Herausforderungen, wenn man nicht gerade zu den Bestseller-Autoren gehört, bei dem jedes Buch ein Selbstläufer ist.
Meet me in the Future ist ihre erste Storysammlung und enthält Geschichten von 2013 bis 2018. Kameron Hurley sagt im wie üblich brutal ehrlichen Vorwort, dass sie eigentlich keine Kurzgeschichtenautorin ist. Sie mag Romane lieber, weil sie ihrer Kreativität Raum zum Atmen geben. Aber Romane schreiben kostet Zeit, die sie nicht oder viel zu selten hat. Jede verkaufte Kurzgeschichte hilft ihr, ihren dank des amerikanischen Gesundheitssytems absehbaren Tod durch das "sich nicht die lebenswichtigen Medikamente leisten können" weiter hinauszuschieben. So, there you go.
Jeff VanderMeer: Dead Astronauts
Wer die Farbattacke des Covers überstanden hat, erhält den neuesten VanderMeer. Die Geschichte spielt im Borne-Universum. Nachdem das Buch erst am 3. Dezember erscheint und Amazon auch noch keinen Blick-ins-Buch freigeschaltet hat, kann ich hier nur den Klappentext wiedergeben:
"Under the watchful eye of The Company, three characters †” Grayson, Morse and Chen †” shapeshifters, amorphous, part human, part extensions of the landscape, make their way through forces that would consume them. A blue fox, a giant fish and language stretched to the limit.
A messianic blue fox who slips through warrens of time and space on a mysterious mission. A homeless woman haunted by a demon who finds the key to all things in a strange journal. A giant leviathan of a fish, centuries old, who hides a secret, remembering a past that may not be its own. Three ragtag rebels waging an endless war for the fate of the world against an all-powerful corporation. A raving madman who wanders the desert lost in the past, haunted by his own creation: an invisible monster whose name he has forgotten and whose purpose remains hidden.
Jeff VanderMeer's Dead Astronauts presents a City with no name of its own where, in the shadow of the all-powerful Company, lives human and otherwise converge in terrifying and miraculous ways. At stake: the fate of the future, the fate of Earth - all the Earths."
Für Jeff VanderMeer gilt wahrscheinlich das gleiche wie für Kameron Hurley: VanderMeer ist nicht für jeden. Die Vorabexemplar-Leser bei Goodreads sind sich einig, das das Buch "weird" ist und nicht unbedingt einen stringenten Plot verfolgt, sondern den Leser herausfordert, aus vielen Bruchstücken Sinn zu machen, wobei dieser Sinn wohl je nach Leser ganz unterschiedlich ausfallen kann. Klingt jedenfalls spannend.