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Definitionen und Motive in der Science-Fiction


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374 Antworten in diesem Thema

#151 simifilm

simifilm

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Geschrieben 23 August 2009 - 18:34

Ich möchte hier noch ganz kurz eine grundlegende Frage anreissen - nämlich, was man unter einem Genre versteht. Man kann Genre als ein mehr oder weniger festes Set von Konventionen verstehen, auf das spätere Text dann auch verweisen, auf eine Tradition, ein Set von Standards, das die Leserschaft kennt. Die meisten werden wohl mehr oder weniger das unter 'Genre' verstehen. Das "Problem" an diesem Verständnis von Genre ist, dass man die konkreten Genres nur schwer fassen kann, da sie stark von der jeweiligen Rezipientengruppe abhängen. In diesem Verständnis sind Genres historisch und kulturell stark wandelbar, und wirklich sinnvoll untersuchen kann man nur relativ kleine, historisch miteinander verbundene Texte - etwa Pulp-SF der 30er Jahre, oder Invasionsfilme der 50er.In den allermeisten Fällen wird SF aber weiter gefasst, werden damit Texte und Filme bezeichnet, die zu unterschiedlichen Zeiten an ganz unterschiedlichen Orten entstanden sind. Dann sprechen wir nicht mehr von der gleichen Art Genre, wie ich es vorhin ausgeführt habe. Dann sprechen wir von einem grundlegenden Typs fiktionaler Welten, der nur begrenzt historisch und durch die Rezeption bestimmt wird. Ich selbst bezeichne diese Art von "Supergenre" als Modus. Und für diesen Modus gilt auch meine vorhin angeführte Definition.

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#152 Mycroft

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Geschrieben 23 August 2009 - 19:08

Ich würde SF auch über Formalien definieren: Es kommen Dinge vor, die es (noch)nicht gibt, die aber als (natur)wissenschaftlich-technisch möglich dargestellt werden. (Ob es diese Möglichkeit tatsächlich gibt, ist für mich hingegen kein Kriterium.)Ein umfassender Überwachungsstaat wird in 1984 als technisch möglich beschrieben, die Gehirnwäsche durch Neusprech ist eine wissenschaftliche Theorie.Das ist nicht so bahnbrechend, aber ein Krimi, bei dem es nur um eine vorgetäuschte Entführung geht, wäre ja auch ein Krimi, oder?Dass es eine Grauzone gibt, will ich nicht bestreiten, aber das wären für mich eher die Sachen, wo die Wissenschaftlichkeit des Hintergrundes nicht klar wird."Magie" oder "Psikräfte".
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#153 proxi

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Geschrieben 23 August 2009 - 22:58

@ lomax

Was die formale Zugehörigkeit von 1984 zum Genre betrifft ... Wenn ich bei so einer Genrefrage Simi nur vollumfänglich zustimmen kann, ohne irgendwo die Möglichkeit zu sehen, eine andere Meinung zu pflegen - dann muss es wohl wirklich so sein, dass hier derzeit nur Lehrbuchwissen ohne großen Spielraum für akademischen Dissens gewälzt wird

Und wenn dies mit einer Abqualifizierung des Kontraparts einhergeht, dann denkt man irgendwann ´ach, laß´ ihn doch´ und hat auch keine Lust auf Substazielles. Das ist so ´ne Holzhammermethode vom Katheder herab. Kennt man zur Genüge, auch aus Gesellschaften, die 1984 noch real existierten...

Bearbeitet von proxi, 23 August 2009 - 23:02.


#154 proxi

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Geschrieben 24 August 2009 - 00:09

Weil dies die "Vorfrage" für die viel interresante Hauptfrage ist:Weshalb gibt es in der "Literatur" Kreise für das "Ambitionierte, Klassische, Erhabene", kurz gesagt: für all das, was Literatur ausmacht und dies in doch recht klarer Abgrenzung zu dem Gros des Massengebrauchs UND in der SF nicht?Ich habe noch keinen Kreis gefunden, der sich den Werken verpflichtet fühlt (wobei das Aufspüren solcher Werke ja schon eine Sysiphosarbeit sein dürfte), die sowohl vom literarischen, als auch als SF Maßstäbe setzten.Das ist doch im höchsten Maße merkwürdig, oder?

#155 simifilm

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Geschrieben 24 August 2009 - 06:29

Weil dies die "Vorfrage" für die viel interresante Hauptfrage ist: Weshalb gibt es in der "Literatur" Kreise für das "Ambitionierte, Klassische, Erhabene", kurz gesagt: für all das, was Literatur ausmacht und dies in doch recht klarer Abgrenzung zu dem Gros des Massengebrauchs UND in der SF nicht? Ich habe noch keinen Kreis gefunden, der sich den Werken verpflichtet fühlt (wobei das Aufspüren solcher Werke ja schon eine Sysiphosarbeit sein dürfte), die sowohl vom literarischen, als auch als SF Maßstäbe setzten. Das ist doch im höchsten Maße merkwürdig, oder?

Ich wollte zuerst mal wieder mit einer Polemik antworten, aber irgendwie wird das langweilig. Wenn Du über konkrete Werke reden willst, die Du für interessant oder literarisch hochstehend hältst, dann starte einen entsprechenden Thread und erklär, was Dich an dem jeweiligen Buch interessiert. Der Pauschalansatz "90% der SF ist, 99% der SF-Leser sind doof, ich bin der Einzige, der das Licht sieht" wird kaum zu einer interessanten Diskussion führen. Und die Frage der Wertung oder des Geschmacks mit der der Definition zu verbinden, führt zu gar nichts.

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#156 molosovsky

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Geschrieben 24 August 2009 - 07:18

MoinMoin.

Eine Grabbelkiste Meinungsrülpser meinerseits.

(Oans) »1984« nicht der SF zuzusprechen ist zwar möglich, lässt sich sogar begründen, ist in meinen Augen aber ein Knieschuss.

(Zwoa) Denn: Was ist ein Genre? Ich mag diesen zusammenfassenden Satz aus der »Einführung in die Genretheorie«: Genres sind nicht einfach Eigenschaften von Texten, sondern vermittelnde Rahmen
zwischen Texten, Machern und Interpreten.


Was Simi oben schreibt, wie Genre oftmals verstanden wird, zeigt in Richtung Weg in die Hölle, also zu beknackten Verwendungen des Genrebegriffs. †” Ich bin nicht ganz sicher, ob ich die Unrterscheidung zwischen ›Genre‹ und ›Modus‹ wirklich für glücklich halte.

(Droa) Finde ich es gar nicht blöd, mal zu fragen, warum es keine Schnittmenge aus SF-Lesern und Hochliteratur-Lesern gibt. (1) Denk ich, dass es sie gibt. (2) Denke ich sogar, dass sie hie und da anhand von Publikationen zu erkennen ist †” Tipp für proxi: Mach ein »Pandora«-Abo und bestelle die bisherigen drei nach. (Hinweis: ich bin kein Mitarbeiter bei »Pandora«, und mit den Machern weder verwandt noch verschwägert.)

Grüße
Alex / molo

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#157 simifilm

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Geschrieben 24 August 2009 - 07:27

Was Simi oben schreibt, wie Genre oftmals verstanden wird, zeigt in Richtung Weg in die Hölle, also zu beknackten Verwendungen des Genrebegriffs. †” Ich bin nicht ganz sicher, ob ich die Unrterscheidung zwischen ›Genre‹ und ›Modus‹ wirklich für glücklich halte.

Pass auf, was Du sagst. Es gibt aktenkundige Aussagen von Dir, in denen Du dieser Unterscheidung zustimmst! :rolleyes:

Dein Zitat weist ja genau in die Richtung, die ich im ersten Absatz beschrieben habe: Genre als primär pragmatische Einheit. Dagegen ist grundsätzlich nichts zu sagen, ausser dass sie sich ab einer gewissen Grösse nicht mehr sinnvoll handhaben lässt. Wie schon gesagt: Mit diesem pragmatischen Genrebegriff kannst Du kleinere, historische Erscheinungen wie etwa die Scientific Romances der Jahrhundertwende oder die Pulp-SF der 30er Jahre gut fassen. Wenn Du aber die "SF in ihrer Gesamheit", also von Frankenstein über Wells, Asimov und Vonnegut bis Douglas Adams und noch einiges mehr fassen willst, kommst Du da nicht sehr weit, weil kein brauchbarer historisch-pragmatischer Kontext mehr gegeben ist.

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#158 molosovsky

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Geschrieben 24 August 2009 - 07:56

Pass auf, was Du sagst. Es gibt aktenkundige Aussagen von Dir, in denen Du dieser Unterscheidung zustimmst!

Mag sein. Verzeih. Meine Denkbewegungen haben nun mal kaum Ordentliches an sich, sind also eher wie junge Katzen/Hunden, die ihrem eigenen Schweif nachjagen, und weniger wie Webervögel oder Biber, die etwas konstruieren. Grüße Alex / molo

Bearbeitet von molosovsky, 24 August 2009 - 07:57.

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#159 simifilm

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Geschrieben 24 August 2009 - 08:03

Mag sein. Verzeih. Meine Denkbewegungen haben nun mal kaum Ordentliches an sich, sind also eher wie junge Katzen/Hunden, die ihrem eigenen Schweif nachjagen, und weniger wie Webervögel oder Biber, die etwas konstruieren.

Und was passt Dir denn nicht an der Unterscheidung, wenn Du Deinem Schweif nachrennst?

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#160 molosovsky

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Geschrieben 24 August 2009 - 08:51

Meine Skepsis, genauer: eine derzeitige Skepsis rührt von meinem Gähren zu Genre-Fragen. Ich finde thematische Genre derzeit problematisch. Denn ›SF‹, ›Krimi‹, ›Fantasy‹ usw sagt nichts aus über die Komplexität, die Höhe/Tiefe eines entsprechenden Genre-Stoffes.Herkömmliche Genre-Betrachtung und Praxis ist da halt unfair: Nur wegen einiger m.E. oberflächlicher Eigenschaften (Setting, Requisiten, Kostüme, Fundus für Plausibilisierungs-Strategien) befindet sich (i) platteste Krach-Peng-SF mit 1-halbdimensionalen Figuren und primitiver Sprache im gleichen Topf wie (ii) anspruchsvolle Ideen-SF mit lebensechteren/komplexen Figuren und vielschichtigerer Sprache.Zur Ergänzung: Nicht übersehen, dass ›Hochliteratur‹ auch nur ein Genre-Label, ein Vermarktungsargument ist. Und Milieus grenzen sich halt gerne mit Begriffen voneinander ab, was aber wenig mit (wikrlicher) literarischer Qualität zu tun hat.Wegen Modus/Genre:Was habe ich denn da zugestimmt?Ist es vielleicht auch sinnvoll, SF schlicht als ein Genre des Modus Phantastik zu verstehen?GrüßeAlex / molo

Bearbeitet von molosovsky, 24 August 2009 - 08:51.

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#161 Oliver

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Geschrieben 24 August 2009 - 09:04

Weil dies die "Vorfrage" für die viel interresante Hauptfrage ist: Weshalb gibt es in der "Literatur" Kreise für das "Ambitionierte, Klassische, Erhabene", kurz gesagt: für all das, was Literatur ausmacht und dies in doch recht klarer Abgrenzung zu dem Gros des Massengebrauchs UND in der SF nicht?

Vielleicht ist das einfach eine Zeitfrage. Goethe und Schiller haben sich nachgewiesen nie selbst als 'Klassiker' bezeichnet. Andererseits entstand die SF zu deren Zeiten, wenn ich an Shelleys "Last Man" und "Frankenstein" denke. Ferner gibt es sehr wohl auch in der SF lose Zirkel, die sich vielleicht auch selbst nicht so benennen, die für ambitionierte und erhabene SF zu haben sind. Wobei, das stimmt schon, das ist dann in der Regel nicht ganz so dünkelhaft, wie wenn es um hochliterarische Kreise geht.
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#162 simifilm

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Geschrieben 24 August 2009 - 09:08

Meine Skepsis, genauer: eine derzeitige Skepsis rührt von meinem Gähren zu Genre-Fragen. Ich finde thematische Genre derzeit problematisch. Denn ›SF‹, ›Krimi‹, ›Fantasy‹ usw sagt nichts aus über die Komplexität, die Höhe/Tiefe eines entsprechenden Genre-Stoffes.

Thematisch ist es auch nicht, sondern primär formal. Und über die "Komplexität, die Höhe/Tiefe" kann eine Genredefinition eigentlich generell wenig aussagen. Dann kommst Du vielleicht zur Einsicht, dass Dich Definitionsfragen nicht interessieren, das ist nun aber wirklich Geschmackssache

Herkömmliche Genre-Betrachtung und Praxis ist da halt unfair: Nur wegen einiger m.E. oberflächlicher Eigenschaften (Setting, Requisiten, Kostüme, Fundus für Plausibilisierungs-Strategien) befindet sich (i) platteste Krach-Peng-SF mit 1-halbdimensionalen Figuren und primitiver Sprache im gleichen Topf wie (ii) anspruchsvolle Ideen-SF mit lebensechteren/komplexen Figuren und vielschichtigerer Sprache.

Einmal mehr: Man sollte nicht den Fehler machen, eine Genredefinition/-beschreibung mit einer Wertung zu verknüpfen. Es gibt gute und schlechte Kuchen, und nicht alle mögen die gleichen Kuchen, das ändert an der Frage, was ein Kuchen eigentlich ist, wenig.

Wegen Modus/Genre: Was habe ich denn da zugestimmt? Ist es vielleicht auch sinnvoll, SF schlicht als ein Genre des Modus Phantastik zu verstehen?

So viel ich im Kopf habe, hat Dir damals, bei der Lektüre meines Buches, die Unterscheidung eingeleuchtet. Die Unterscheidung Modus/Genre ist wie folgt: Ein Genre ist eben eine mehr oder weniger historisch fassbare Einheit, das heisst ein Konzept, für das es irgendwie, irgenwo ein Genrebewusstsein gibt, auf das eine Gruppe referiert. Diese Gruppe kann klein sein (im Extremfall nur ein Mensch), und es liegt hier auch in der Natur der Sache, dass diese Art von Genre nicht stabil ist, sondern nach Kontext variiert. Ein fiktionaler Modus in meinem Verständnis beschreibt die Ontologie fiktionaler Welten und deren Präsentation. Für die SF heisst das: der Modus enthält Elemente, die es in der empirischen Welt nicht gibt, die aber mittels einer technizistischen Ästhetik als (pseudo-)realistisch dargestellt werden. Damit steht die SF im Gegensatz zur Fantasy (Elemente, die es nicht gibt, die nicht pseudo-realistisch, sondern wunderbar dargestellt werden) und zu "realistischer Fiktion" (enthält Elemente, die es gibt). Dabei gibt es natürlich keine starren Grenzen zwischen den Modi, sondern alle möglichen Zwischenbereiche. Was ist der Vorteil dieser Unterscheidung? Wir können auch dann von SF sprechen, wenn es SF noch gar nicht gibt. Als eigenständiges Genre mit diesem oder ähnlichen Namen taucht SF ja je nach Version um die Jahrhundertwende in England, oder in den 1920er Jahren in den USA auf. Alles, was vorher oder daneben erscheint, kann, wenn man einem pragmatischen Ansatz folgt, nicht SF nennen, weil es damals nicht so genannt wurde und in den allermeisten Fällen auch nicht damit in Verbindung steht. Der Modus dagegen ist eine bewusst ahistorische, heuristische Kategorie (nicht völlig ahistorisch, da der Modus auch ein Konzept von Wissenschaft voraussetzt). Das heisst, mit diesem Ansatz ist es eben kein Problem, SF-Elemente in Nicht-Genre-SF oder sogenannter Hochliteratur zu identifizieren.

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#163 Mycroft

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Geschrieben 24 August 2009 - 09:47

Meine Skepsis, genauer: eine derzeitige Skepsis rührt von meinem Gähren zu Genre-Fragen. Ich finde thematische Genre derzeit problematisch. Denn ›SF‹, ›Krimi‹, ›Fantasy‹ usw sagt nichts aus über die Komplexität, die Höhe/Tiefe eines entsprechenden Genre-Stoffes.
...Zur Ergänzung: Nicht übersehen, dass ›Hochliteratur‹ auch nur ein Genre-Label, ein Vermarktungsargument ist. Und Milieus grenzen sich halt gerne mit Begriffen voneinander ab, was aber wenig mit (wikrlicher) literarischer Qualität zu tun hat.

Mal ganz blöd gefragt: Das soll das "Problem" sein?
Wenn man diese Genres als Schubladen begreift, die nicht wertend gemeint sind, ist doch klar, dass in der Schublade gutes wie schlechtes liegt.

Gute SF, Krimis oder Liebesromane haben dann eben Qualitäten wie ausgefeilte Charaktere, unvorhersehbare (aber logische!) Handlung, mitreißenden Sprachstil und fehlende Klischees.
Hochliteratur ist für mich Literatur, die nicht nur ein oder zwei, sondern all diese Qualitätsmerkmale hat. Man könnte noch herein nehmen, dass sie außerdem noch gesellschaftliche Probleme der Jetztzeit behandelt.

Jetzt könnte man noch differenzieren, ob Hochliteratur-SF unbedingt besonders gute SF wäre, aber das führt zu weit. ;)
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#164 Jakob

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Geschrieben 24 August 2009 - 10:02

Gute SF, Krimis oder Liebesromane haben dann eben Qualitäten wie ausgefeilte Charaktere, unvorhersehbare (aber logische!) Handlung, mitreißenden Sprachstil und fehlende Klischees. Hochliteratur ist für mich Literatur, die nicht nur ein oder zwei, sondern all diese Qualitätsmerkmale hat. Man könnte noch herein nehmen, dass sie außerdem noch gesellschaftliche Probleme der Jetztzeit behandelt.

Wobei ich anmerken möchte, dass die wirklich interessanten Sachen sich in meinen Augen dadurch auszeichnen, dass sie diese Regeln kontrolliert und interessant verletzen. Ein Buch, dass die von dir aufgelisteten Kriterien erfüllt, wäre für mich eher "ein guter Roman", aber deshalb noch lange nicht ein herausragendes Buch. "Moby Dick" ist z.B. in der "Vollversion" nicht unbedingt als "mitreißend" zu bezeichnen (Von Arno Schmidt wollen wir mal gar nicht anfangen ...). Auch die ausgefeilten Figuren sind keine Qualität, die herausragende Bücher zwangsläufig aufweisen müssen - man schaue sich nur die eher skizzenhaften Gestalten bei Kafka an (mal ganz zu schweigen von der "logischen Handlung", die bei ihm wenn überhaupt dann üblicherweise nur im Sinne der Alptraumlogik vorliegt). Nur so am Rande.
"If the ideology you read is invisible to you, it usually means that it’s your ideology, by and large."

R. Scott Bakker

"We have failed to uphold Brannigan's Law. However I did make it with a hot alien babe. And in the end, is that not what man has dreamt of since first he looked up at the stars?" - Zapp Brannigan in Futurama

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#165 Lucardus

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Geschrieben 24 August 2009 - 10:54

Hochliteratur ist für mich Literatur, die nicht nur ein oder zwei, sondern all diese Qualitätsmerkmale hat. Man könnte noch herein nehmen, dass sie außerdem noch gesellschaftliche Probleme der Jetztzeit behandelt.

Wenn Du das die "Jetztzeit" rauslässt, würde ich da eher zustimmen. Abgesehen davon, warte ich immer noch darauf, dass proxi ein Werk vorstellt, dass er persönlich als seine Definition von guter SF ansieht oder das seiner Idealvorstellung zumindest nahekommt. Aber offensichtlich kann er das nicht oder er will es nicht. Ich bin vielleicht zu dumm und hänge hilflos in der Luft ohne ein Beispiel (das ich dann wahrscheinlich nicht mal kenne), bin aber, wie einige andere sicherlich auch, gerne bereit mich erleuchten zu lassen. Nur dann muss es auf meiner Ebene erfolgen. Ich brauche was zum Anfassen; der ätherische Traum von der Hoch-SF macht mich nicht satt.

Bearbeitet von Lucardus, 24 August 2009 - 10:55.

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#166 Jakob

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Geschrieben 24 August 2009 - 11:01

Meine Beispiele für die vielbechworene "Hoch-SF" wären:Samuel R. Delany, "Dhalgren"Stanislaw Lem, "Solaris"Alfred Bester, "The Stars My Destination"... so auf die Schnelle.Und dann gibt's auch noch die "wichtigen" Bücher und Geschichten, die vielleicht weniger "perfekt" sind, historisch aber dennoch bedeutend, wegen ihrer Themen oder weil sie stilistisch bahnbrechen sind - z.B. H.G. Wells "Time Machine" und "The Island of Dr. Moreau", Lovecrafts "The Color out of Space", LeGuins "The Dispossessed", Moorcocks "Behold the Man", Hal Duncans "Vellum" und "Ink" ...
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#167 Lucardus

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Geschrieben 24 August 2009 - 11:52

Meine Beispiele für die vielbechworene "Hoch-SF" wären: Samuel R. Delany, "Dhalgren" Stanislaw Lem, "Solaris" Alfred Bester, "The Stars My Destination"

Den Delany hab ich nicht gelesen, von ihm kenne ich nur "Nova". Das hat mir ehrlich gesagt nicht so sehr zugesagt. Von Lem ist mir nur "Der Unbesiegbare" im Gedächnis geblieben, ich glaube, damals (so vor 20 Jahren) war mir "Solaris" zu öde. Von Bester war ich durch einen Artikel in Pandora mal angefixt, habe mir aber noch nichts gekauft. Mal schauen.

Und dann gibt's auch noch die "wichtigen" Bücher und Geschichten, die vielleicht weniger "perfekt" sind, historisch aber dennoch bedeutend, wegen ihrer Themen oder weil sie stilistisch bahnbrechen sind - z.B. H.G. Wells "Time Machine" und "The Island of Dr. Moreau", Lovecrafts "The Color out of Space", LeGuins "The Dispossessed", Moorcocks "Behold the Man", Hal Duncans "Vellum" und "Ink" ...

Na wenigstens da habe ich fast alles Treffer und eigentlich auch alle selbst für "gut" befunden, abgesehen von "Ink"; bei dem ich noch auf das Erscheinen der Riffelierung warte. ;) Das sind aber jetzt nicht wirklich Überraschungen oder mir völlig unbekannte Werke. Ich warte jetzt noch auf den Überhammer von proxi.
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#168 Mycroft

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Geschrieben 24 August 2009 - 12:57

Wenn Du das die "Jetztzeit" rauslässt, würde ich da eher zustimmen.
...

Ok, "Jetztzeit" mit Gänsefüßchen, die Zeit, in der der Roman geschrieben wurde.
Oder die wirklich zeitlosen Probleme. (Männer und Frauen, Gott und die Welt, Geld oder Glück, etc. ...)

Dass die genialen Meisterwerke die Regeln brechen dürfen, stimmt schon, aber ich würde "Hochliteratur" schon etwas weiter fassen als das.
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#169 simifilm

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Geschrieben 24 August 2009 - 13:02

Am Ende ist der Versuch zu definieren, was "Hochliteratur" ist, gleich unergiebig wie das Definieren von Kunst. Ganz allgemein - und bewusst flockig - formuliert, würde ich sagen, dass sich "Hochliteratur" dadurch auszeichnet, dass die über das bloss Erzählte hinausweist. Dass da also mehr mitschwingt - ästhetisch, inhaltlich, emotional - als "bloss eine Geschichte", dass ein "Mehrwert" anfällt, der mehr beinhaltet als nur den Plot. Das ist nun ziemlich allgemein und nicht besonders praktisch für den konkreten Gebrauch, aber mal so auf die Schnelle †¦

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#170 Morn

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Geschrieben 24 August 2009 - 13:08

Weshalb gibt es in der "Literatur" Kreise für das "Ambitionierte, Klassische, Erhabene", kurz gesagt: für all das, was Literatur ausmacht und dies in doch recht klarer Abgrenzung zu dem Gros des Massengebrauchs UND in der SF nicht?
Ich habe noch keinen Kreis gefunden, der sich den Werken verpflichtet fühlt (wobei das Aufspüren solcher Werke ja schon eine Sysiphosarbeit sein dürfte), die sowohl vom literarischen, als auch als SF Maßstäbe setzten.
Das ist doch im höchsten Maße merkwürdig, oder?

Was muss ein Wek haben, damit es literarische Maßstäbe setzt? Und was, um in der SF Maßstäbe zu setzen? proxi, könntest Du Beispiele nennen, die Deiner Meinung nach literarische Maßstäbe setzen und welche die als SF Maßstäbe setzen?

Die erste Frage scheint mir auf die Unterscheidung von E- und U-Literatur hinauszulaufen. Kann U-Literatur nicht auch ambitioniert sein? Eine Idee erhaben, auch wenn die Umsetzung nach literarischen Maßstäben nicht gelungen sein mag? Ist U-Literatur nicht auch Kunst?

#171 Guido Seifert

Guido Seifert

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Geschrieben 24 August 2009 - 13:26

Ist U-Literatur nicht auch Kunst?

Ich würde sie eher als Kunsthandwerk bezeichnen. Auch dazu bedarf es eines Talents oder besonderer Voraussetzungen. Ein Goldschmied mit Wurstfingern hat es ungleich schwerer als seine feingliedrigen Kollegen. Im Grunde gilt es, eine Hohlform zu füllen. Die formale und sprachliche Eigenständigkeit ist nicht nötig, sondern sogar unerwünscht.

#172 Lomax

Lomax

    Illuminaut

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Geschrieben 24 August 2009 - 13:26

..., dann denkt man irgendwann ´ach, laß´ ihn doch´ und hat auch keine Lust auf Substazielles. Das ist so ´ne Holzhammermethode vom Katheder herab. Kennt man zur Genüge, auch aus Gesellschaften, die 1984 noch real existierten...

Hm, da sehe ich keinen Anlass, auf 1984 zurückzugehen. Das dürfte auch heute noch Alltag in jedem wissenschaftlichen Diskurs sein, weil man sonst beispielsweise in der Literaturwissenschaft jede literarische Kaffekränzchen-Theorie zum n-ten Mal ernsthaft durchdiskutieren müsste. Ich denke also, eine solche Haltung ist eher die akademische Notbremse zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit.

Weil dies die "Vorfrage" für die viel interresante Hauptfrage ist:
Weshalb gibt es in der "Literatur" Kreise für das "Ambitionierte, Klassische, Erhabene", kurz gesagt: für all das, was Literatur ausmacht

Da kommt dann schon mal die erste sehr fragwürdige These: Gleichsetzung von Literatur mit "Klassisch und Erhaben". Darin würde ich viel eher den Zeitgeist einzelner literarischer Epochen sehen als das Wesen der Literatur an sich. Selbst Hochliteratur misst sich nicht am "Erhabenen". Mal sucht Literatur nach dem Reinen und Höheren, mal blickt sie nach innen und sucht nach "dem Gefühl", dem "Grund". Solche Phasen kommen und gehen. Ich habe nicht das Gefühl, dass auch nur derzeit gerade ein "Klassizismus" als dominante literarische Strömung beobachtet werden kann ...

... und dies in doch recht klarer Abgrenzung zu dem Gros des Massengebrauchs UND in der SF nicht?
Ich habe noch keinen Kreis gefunden, der sich den Werken verpflichtet fühlt (wobei das Aufspüren solcher Werke ja schon eine Sysiphosarbeit sein dürfte), die sowohl vom literarischen, als auch als SF Maßstäbe setzten.

Und dieser diffuse "Kreis" ist dann das zweite, worüber ich bei deinem Ansatz stolpere. Was genau ist damit gemeint? Personen, die sich für etwas einsetzen? Irgendwas Instituionalisiertes? Organisierte SF- und Phantastik-Fans, die einen literarischen Anspruch pflegen, gibt es ja durchaus genug. Sie wirken in der Szene mitunter exotisch ... sind aber dem akademischen Literaturbetrieb meist trotzdem noch näher, als beispielsweise Provinzbibliothekarinnen mittleren Alters, die in VHS-Kursen die "klassische, erhabene" Literatur am Beispiel von Goethe und Schiller vermitteln.
Im angelsächsischen Raum gibt es literarische Gesellschaften, die sich dem Werk angesehener Autoren verschrieben haben und durchaus eine gewisse Breitenwirkung entfalten und Einfluss auch auf moderne Literatur nehmen ... In Deutschland ist so was nicht üblich. Eine gültige Aussage über Literatur und Literaturhaftigkeit habe ich darin noch nie gesehen, sondern einfach nur einen kulturbedingt anderen Zugang zur Literatur.
Ich denke also, diese "Kreise" und ihre Aussagekraft für konkrete Werke und Genres ist durchaus erklärungsbedürftig ... Vor allem dann, wenn damit die Aussage gestützt werden soll, dass die scharfe Abgrenzung von Hochliteratur und SF literaturwissenschaftlich objektivierbar ist und nicht bloß eine andere Ausprägung von "Fankult" und sozialen Abgrenzungsbestrebungen ist ... beispielsweise durch "Kreise, die sich Werken verpflichtet fühlen" :smokin:
"Modern Economics differs mainly from old Political Economy in having produced no Adam Smith. The old 'Political Economy' made certain generalisations, and they were mostly wrong; new Economics evades generalisations, and seems to lack the intellectual power to make them." (H.G. Wells: Modern Utopia)

#173 Mycroft

Mycroft

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Geschrieben 24 August 2009 - 13:27

Am Ende ist der Versuch zu definieren, was "Hochliteratur" ist, gleich unergiebig wie das Definieren von Kunst. †¦

Dann die Diskussion aber zu Ende. :smokin: Ich finde schon, dass es Qualitätsmerkmale gibt (die vllt. nicht derartig objektiv sind wie SI-Einheiten, aber immerhin), die man an Literatur anlegen kann, und ein literarisches Werk, dass davon sehr viele (ja, auch das ist schwammig) hat, ist eben Hoch-Literatur. Man kann sich über Details streiten, oder darüber, was genial falsch oder bloß schlecht ist, aber es ist schon ein engeres Feld als der Kunstbegriff an sich.
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#174 simifilm

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Geschrieben 24 August 2009 - 13:36

Ich finde schon, dass es Qualitätsmerkmale gibt (die vllt. nicht derartig objektiv sind wie SI-Einheiten, aber immerhin), die man an Literatur anlegen kann, und ein literarisches Werk, dass davon sehr viele (ja, auch das ist schwammig) hat, ist eben Hoch-Literatur.

Ja, nein. Ich würde nicht sagen, dass Hochliteratur grundsätzlich eine qualitative Auszeichnung ist. Oder dass - übertragen auf Filme - Arthouse-Filme grundsätzlich besser sind als Unterhaltungsfilme. Wirklich gut gemachte Unterhaltungsfilme - also vollendetes Handwerk - liebe ich heiss und innig und würde ich einem mittelmässig gemachten, aber intellektuell und künstlerisch ambitiöseren "Kunstfilm" jeder Zeit vorziehen. Am meisten interessieren mich aber ohnehin Regisseure, die sich an der Grenze bewegen, die also mit den Mustern des Unterhaltungskinos arbeiten, diese aber brechen, weiterführen, transzendieren etc. Also Leute wie die Coens, Wilder (in seinen besten Filmen), Kubrick, Jarmusch oder Godard (in seiner frühen Phase) oder teilweise auch Fassbinder. Bei der Literatur ist es ein bisschen anders. Mittlerweile habe ich eine echte Abneigung gegen schlecht geschriebene Literatur entwickelt und ziehe etwas stilistisch Schönes, das inhaltlich vielleicht nicht so viel hergibt, einem schlecht geschriebenen Reisser vor.

Bearbeitet von simifilm, 24 August 2009 - 13:38.

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#175 Jakob

Jakob

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Geschrieben 24 August 2009 - 13:39

Eigentlich wäre jetzt ein Exkurs über den bürgerlichen Kunstbegriff fällig. Ist Kunst das, was sich vom Markt freimacht oder freizumachen versucht und nur den Anforderungen des Materials und der Wahrhaftigkeit gerecht zu werden versucht (daran aber in der bürgerlichen Gesellschaft zwangsläufig auch immer scheitert)? Das wäre ja nicht der einzige mögliche Kunstbegriff, lange waren Kunsthandwerk und Kunst ja in keiner Weise getrennt. Die großen Meister waren Auftragsarbeiter.Für mich ist der wichtigste Maßstab für Kunst eigentlich eine gewisse ästhetische Radikalität, also eine Treue zu dem, was sich aus den inneren Prinzipien des Werks entwickelt und was so oft nicht absehbar ist. Eine Freiheit, sich dem Kunstwerk zu überlassen, anstatt für Zielgruppen zu produzieren. Die kann dann aber von außen nur am jeweils einzelnen Werk diskutiert werden, und selbst da nur schwer. Schließlich hat auch die ästhetische Radikalität ihre Zielgruppen am Markt.Das ist also ein sehr idealistischer und zugleich provisorischer Begriff von Kunst, und auf lange Sicht würde ich es eher mit William Morris und Adorno halten und mir eine Abschaffung der Kunst/Handwerk-Trennung wünschen, die daraus resultiert, dass man jede Tätigkeit mit Hingabe ans Material und mit Wahrhaftigkeit erfüllen kann und es dafür keine eigene, vorgeblich (und praktisch sowieso nicht) vom Markt emanzipierte "Sphäre" braucht. Das dürfte aber im Kapitalismus schwer sein, und deshalb ist die "Freiheit der Kunst" einstweilen ein nicht zu verachtendes Gut, bei allem Dünkel, den man sich damit einhandeln kann.
"If the ideology you read is invisible to you, it usually means that it’s your ideology, by and large."

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"We have failed to uphold Brannigan's Law. However I did make it with a hot alien babe. And in the end, is that not what man has dreamt of since first he looked up at the stars?" - Zapp Brannigan in Futurama

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#176 simifilm

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Geschrieben 24 August 2009 - 13:42

Das ist also ein sehr idealistischer und zugleich provisorischer Begriff von Kunst, und auf lange Sicht würde ich es eher mit William Morris und Adorno halten und mir eine Abschaffung der Kunst/Handwerk-Trennung wünschen, die daraus resultiert, dass man jede Tätigkeit mit Hingabe ans Material und mit Wahrhaftigkeit erfüllen kann und es dafür keine eigene, vorgeblich (und praktisch sowieso nicht) vom Markt emanzipierte "Sphäre" braucht. Das dürfte aber im Kapitalismus schwer sein, und deshalb ist die "Freiheit der Kunst" einstweilen ein nicht zu verachtendes Gut, bei allem Dünkel, den man sich damit einhandeln kann.

Dieses Ideal dürfte auch im Sozialismus - zumindest im real existierenden und gewesen - schwierig zu realisieren sei. Auch Morris erreicht den Zustand nur durch einen langen Schlaf seiner Hauptfigur. :smokin:

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#177 Jakob

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Geschrieben 24 August 2009 - 13:43

Dieses Ideal dürfte auch im Sozialismus - zumindest im real existierenden und gewesen - schwierig zu realisieren sei. Auch Morris erreicht den Zustand nur durch einen langen Schlaf seiner Hauptfigur. :smokin:

Ja, in den Sozialismus setze ich da auch wenig Hoffnungen. Und in Morris Zukunfts-London möchte ich aus rein geschmacklicher Hinsicht auch nicht aufwachen - aber der Gedanke an sich ist gut, finde ich ... zumindest in Bezug auf die Aufhebung der Kunst/Arbeit/Handwerk-Trennung.
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#178 proxi

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Geschrieben 24 August 2009 - 13:49

Was muss ein Wek haben, damit es literarische Maßstäbe setzt? Und was, um in der SF Maßstäbe zu setzen? proxi, könntest Du Beispiele nennen, die Deiner Meinung nach literarische Maßstäbe setzen und welche die als SF Maßstäbe setzen?

Oh, da bin ich die falsche Adresse.
Ich kann fast immer begründen, weshalb ich ein SF-Werk als SF für mißlungen halte, bin in der Umkehrung aber nur gefühlsmäßig fähig, Gelungenes als solches zu erkennen.
SF, die mich nicht intellektuell beleidigt (gar inovativ ist) und zumindest als "ordentliche Schreibe" (was so schlecht ja nicht ist, ein Kehlmann war mit seiner "Vermessung..." ja überauß erfolgreich) durchgehen kann, gibt es einiges. Meine Favoriten:
Capek: Das Absolutum, Kampf mit den Molchen
Stapeldon: Die ersten und die letzten Menschen
S. Lem: Die Stimme des Herrn (für mich DER SF-Roman), Lokaltermin
und die beiden Kurzgeschichten "Golem VIX", "Neue Kosmonogie", sowie den ersten der Dialoge aus gleichnamigem Buch.

Nur um Mißverständnissen vorzubeugen: dies sind die Texte, die ich für von der Idee ergiebig und als Literatur brauchbar halte UND die mir auch noch gefallen. Deshalb fehlt Huxleys "Schöne neue Welt" (ist natürlich wissenschaftlicher Humbug, aber das Buch ist ja auch mehr, als nur SF).

Als "nur" Unterhaltung finde ich auch "Vaterland", den "Schwarm" und "Die Summe aller Furcht" nicht übel.

Die erste Frage scheint mir auf die Unterscheidung von E- und U-Literatur hinauszulaufen. Kann U-Literatur nicht auch ambitioniert sein?

Naja, das kann ja Simfilm sicher besser erläutern, aber diese Unterscheidung ist eigentlich sinnfrei. Es geht hier mehr um die Tiefe eines Textes (Subtext) und die sprachliche Kunstfertigkeit.
Mit dem gleichen Recht könnte man Biersorten in U und E einteilen...
Und wo steht geschrieben, daß E nicht unterhalten darf :smokin: ?

#179 Guido Seifert

Guido Seifert

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Geschrieben 24 August 2009 - 13:49

Ich würde nicht sagen, dass Hochliteratur grundsätzlich eine qualitative Auszeichnung ist.

Warum würdest Du das nicht sagen?

#180 simifilm

simifilm

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Geschrieben 24 August 2009 - 14:03

Warum würdest Du das nicht sagen?

Eigentlich erkläre ich das ja im Rest des Posts, das Du gerade zitiert hast. Oder ist daran etwas unklar?

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