Das ist eine, sagen wir mal, etwas primitives Konzept von Literatur.
Ich würde eher sagen, es ist der empirisch verankerbare Teil von Literaturbewertung. Alles andere ist eine Frage von Geschmack, Zielgruppen, Konvention - und das, was in dem Bereich spürbar "viele Leute" als guten Stil bezeichnen würden, hat letztlich mehr mit der Medienpräsenz, den rhetorischen Fähigkeiten und der "Kulturhoheit" derjenigen zu tun, die gewisse Vorstellungen von gutem Stil teilen, als mit wahrhaft objektivierbaren Qualitäten
Ich glaube nicht, dass es allzu viele Leute gibt, die abgedroschene Metaphern, Redundanz, eintöniger Satzaufbau oder schräge Sprachbilder - um einige Dinge, die nicht notwendigerweise für Eschbach gelten - als "guten Stil" empfinden. Es mögen sich nicht alle gleich daran stören, aber ich behaupte, dass schlechter Stil durchaus nicht nur subjektiv ist.
Ich würde mal sagen, dass die Leute, die so was gut finden, in der Regel nicht über guten Stil parlieren oder sich viele Gedanken darüber machen. Dass es Leute gibt, die so was gut finden, und nicht wenige, darf wohl als hinreichend bewiesen gelten - sonst würde es nicht so viele Leser geben, die Bücher
wegen dieser Stilmerkmale kaufen, und nicht nur
trotz.
Nun, in gewisser Hinsicht werden Bücher natürlich nicht wegen "abgedroschene Metaphern, Redundanz, eintöniger Satzaufbau oder schräge Sprachbilder" gekauft - nämlich weil die, denen das gefällt, was der eine so bezeichnet, das eben nicht so ansehen. Die Metaphern, den Satzbau, die Sprachbilder im Text kannst du objektiv analysieren, Redundanzen kannst du abzählen - du hast Recht, dieser Teil der Betrachtung ist nicht nur subjektiv. Die Einordnung als abgedroschen, eintönig, schräg oder unnötig hingegen schon. Und das ist der Punkt, an dem schlechter Stil doch regelmäßig subjektiv wird.
Ich würde allenfalls einräumen, dass es tatsächlich einen "Kernbestand" von objektivierbaren Merkmalen schlechten Stils gibt. Nämlich jene analysierbaren Eigenschaften eines Textes, die so gut wie jeder kritische Leser als Mangel empfindet und die selbst bei unkritischen Leser zumindest keine messbare Bevorzugung der Texte erzielen. Das wären dann also im Wesentlichen solche Merkmale, die nach oben genanntem "primitivem Literaturverständnis" die "Kommunikation verschlechtern".
Solche Merkmale "objektiv schlechten Stils" hab ich im beruflichen Alltag oft genug gesehen, und ihr Vorkommen ist durchaus praxisrelevant. Ich würde darum auch nicht sagen, dass alles relativ oder subjektiv ist. Aber ich kann doch sagen, dass man so was weder bei einem Eschbach noch bei King finden wird. Objektiv schlechter Stil hat ein ganz anderes Kaliber.
"Modern Economics differs mainly from old Political Economy in having produced no Adam Smith. The old 'Political Economy' made certain generalisations, and they were mostly wrong; new Economics evades generalisations, and seems to lack the intellectual power to make them." (H.G. Wells: Modern Utopia)