„Ich würde dir gerne helfen“, sagte der Coparr. Cantal wusste, dass er einer der Piloten des Schiffes war. Es hatte auch gehört, dass der Coparr speziell bei den Flügen durch die Wurmlöcher eingesetzt wurde, weil er diese Belastung besser als menschliche Piloten zu ertragen schien. Er wollte allerdings nicht ewig an Bord bleiben. Der Coparr bezeichnete sich als „Suchenden“, und wenn er davon sprach, spannten sich die schweren Hautlappen, die sonst sein gesamtes Gesicht verdeckten, straff an. Nur dann waren seine Augen, das platt gedrückte Riechorgan und die lippenlose Mundöffnung zu erkennen. Die übrige Zeit wirkte er, als verberge er sich hinter einer Maske. Wonach er forschte, verriet er Cantal allerdings nicht.
Dennoch genoss Cantal seine Gesellschaft. Es mochte die Art und Weise, wie der Coparr sich mitteilte. Die vielen Gesten, die seine Worte untermalten, hatten das Lonon ermuntert, es ihm gleichzutun. Und tatsächlich reagierte der andere darauf. Zwar war es Cantal nicht möglich, die Gestik des Coparrs zu kopieren - das scheiterte allein daran, dass es an beiden Händen nur jeweils drei Finger und einen Daumen hatte, während der Coparr vor allem Rechts- und Linksdaumen nutzte, um sich mitzuteilen -, aber dennoch funktionierte die Verständigung auf einer einfachen Basis, auch durch die Gitterstäbe hindurch.
Neben dem Schmerz, der seine Gedanken betäubte und seinen Körper lähmte, fühlte Cantal in den letzten Tagen vor allem eines: Heimweh. Es wusste nicht, wie es darauf gekommen war, doch die Idee hatte sich in seinem Kopf festgesetzt. Wenn es ihm wieder besser gehen sollte, dann musste es auf seine Heimatwelt zurückkehren, von der es vor so langer Zeit verschleppt worden war. Andernfalls, so fühlte das Lonon, würde es bald sterben.
Es machte die entsprechenden Zeichen. Der Coparr verstand.
„Nach Hause?“, fragte er und fuhr sich mit dem Linksdaumen seiner rechten Hand über den mittleren Kinnhöcker, den Rechtsdaumen spreizte er im Neunzig-Grad-Winkel ab. Damit drückte er seine Ratlosigkeit aus. Cantal fühlte Enttäuschung. Wie sollte es dem Coparr nur mitteilen, wie wichtig - lebenswichtig - dieser Wunsch war?
Das Lonon erinnerte sich nur bruchstückhaft an den Tag, als es aus der heimischen Gemeinschaft gerissen worden war. Die Jäger waren Menschen gewesen. Sie verkauften Cantal an Vertigo, bei dem es bis heute lebte. Als Artist, aber auch, wie es jetzt wusste, als Lieferant der begehrten Droge.
„Ich werde sterben“, sagte Cantal, aber natürlich verstand der Coparr die gefiepten Worte nicht. Es wiederholte sie mit einer unmissverständlichen Geste.
Der Coparr führte daraufhin mit beiden Daumen kreisende Bewegungen aus. Offenkundig war er entsetzt. Er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass es so schlimm um Cantal stand. Das Lonon gab sich keine Mühe, die Behauptung zu relativieren. Zwar musste sein Gefühl nicht der Wahrheit entsprechen. Doch eine bloße Vermutung würde den Coparr wohl kaum zur Hilfe motivieren. Das war nicht ganz ehrlich, aber Cantal sah keine Alternative.
Der Coparr wirkte unschlüssig.
Cantal riskierte etwas, das es noch niemals zuvor außerhalb der Manege getan hatte. Es öffnete seinen Geist und schickte dem Coparr die Bilder, an die es sich erinnerte. Die Heimat, der Sternenhimmel dort, seine Artgenossen, die Jäger.
Erst schien der Coparr die Botschaft abwehren zu wollen. Cantal spürte eine Blockade. Doch dann gab er nach. Was von ihm zurückkam, war allerdings merkwürdig verschwommen. Das Lonon sah etwas, konnte die diffusen Bilder jedoch nicht deuten. Lange bevor es zu viel wurde, brach es den Kontakt ab.
„Erstaunlich“, sagte der Coparr. Mehrere seiner Finger vollführten einen wilden Wirbel auf den drei Kinnhöckern. Er freute sich. „Damit lässt sich vielleicht etwas anfangen. Ich werde versuchen, dir zu helfen.“
Er ging, ließ Cantal allein, aber mit einer vagen Hoffnung zurück.
Der Schmerz wallte in Cantal auf. Die Träne, die es produzierte, war nach dem kurzen Kontakt nur klein. Es dachte an Vertigo, katapultierte die Träne zornig aus dem Auge und ließ sie zu Boden fallen. Das Lonon trat solange mit dem Fuß darauf, bis nichts mehr davon übrig war, außer einem winzig kleinen Fleck, der garantiert niemandem auffallen würde.
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