So! Habe jetzt heute auch mit dem Band angefangen.
Jonathan Strahan: Introduction
An diesem Vorwort haben mir gleich mehrere Dinge gut gefallen. Zunächst einmal wurde ich daran erinnert, dass Jonathan Strahan in Australien lebt (...)
Für die Allgemeinheit interessanter ist sicherlich Strahans Hinweis auf die zunehmende Internationalisierung der SF-Szene. Der englischsprachige SF-Markt ist demnach nicht mehr ausschließlich von US-Amerikanern und Briten (oder auch Australiern) dominiert, die wichtigen Geschichten kommen aus der halben Welt - die „ganze Welt“ ist es nicht, die haben wir wohl erst, wenn auch mal ein deutscher Autor in einer Best-of-Jahresanthologie auftaucht
Mir hat das Vorwort auch sehr gefallen. Das Strahan in Australien lebt, ist mir schon sehr präsent,weil ich ihm regelmäßig auf FB und Twitter folge (Du bist bei beiden nicht am Start, oder, Armin?), da kommt das häufiger vor und er jammert (verständlicher Weise) gerne darüber, dass Con-Anreisen für ihn so weit sind.
Das mit der Internationalisierung ist in der Tat wohl einer der wichtigsten Trends der letzten Jahre. Weiß gar nicht, was hier der Auslöser war, dass das jetzt "dran" ist. Dahinter steckt sicherlich auch ein wenig die gerade im angloamerikanischen Sprachraum im Moment sehr angesagte linke Modewelle der Diversity, was gelegentlich auch zu kräftigem Übereifer führt, insgesamt ist dieser Trend aber extrem sympathisch, weil er für mich persönlich zwei enorme Vorteile hat: Dies sorgt nach meiner Beobachtung tatsächlich für frischere Perspektiven und Inhalte, und vor allem: Für mich ist es ein schönes Gefühl, wenn nur noch der Großteil der nicht-angloamerikanischen Phantastikwelt an mir vorbei geht und nicht mehr ALLES, so wie früher. Wenn der Autor früher kein Amerikaner oder Brite war, galt doch fast immer: Hic sunt dracones. Jetzt sprechen die Drachen zumindest nicht mehr nur Englisch! Und wir brauchen keinen Ian McDonald mehr, der Romane in Indien, Brasilien und der Türkei spielen lässt.
Natürlich gab es vorher auch mal Randphänome aus dem Nichtenglischen Bereich, auch bei uns auf dem deutschen Markt, dort gab es dann aber andere perspektivische Verengungen. So guckten die roten Schnösel von Suhrkamp & co. natürlich aus ideologischen Gründen nur in den osteuropäischen Raum (inkl. DDR *g*). Auf Fernost, Indien, Südamerika o.a. wären die doch nie gekommen. Und der Rest waren Einzelphänomene wie der Russe Sergej Lukianeko. Jaja, ich weiß auch, liebe Verlagverantwortliche: Übersetzer für Koreanisch, Urdu & co. wachsen nicht auf den Bäumen.
Was es halt immer braucht, ist ein mehrsprachig begabter Türöffner. Das gilt natürlich auch für Deinen Wunsch nach der ersten ursprünglich deutschsprachigen Veröffentlichung in einer dieser Jahresbest-Anthos. Die Vermittlungsarbeit von Menschen wie Ken Liu kann gar nicht hoch genug geschätzt werden. Freuen wir uns auf mehr, auch wenn mich das Modewort nervt, Diversity.
Auf zu den Geschichten jetzt:
Lauren Beukes: Slipping (Twelve Tomorrows)
Hier kann ich mich meinen Vorrednern nur anschließen und an Strahans Stelle hätte ich so einen Text auch an den Anfang des Romans gepackt: Bockstarke Geschichte. Die Geschichte einer Athletin namens Pearl, die viele Organe ihres Körpers durch künstliche Teile ersetzt hat und die als Südafrikanerin an Wettspielen (war das nun ne Olympiade?) in Karachi teilnimmt. Gar nicht mal so originell oder spannend, aber durch eine tolle Kombination aus Wortwahl und Timing sehr pointiert und gekonnt geschrieben. Fand ich sehr anregend bis berührend ("The train won.."), den Text. Die Autorin muss ich mir mal merken. Konnte mich bei einer Note nicht entscheiden, deshalb habe ich es feige gelassen mit einer Zwischenstufe: Note 1-2.
Wie Markus will ich mich auch überraschen lassen, welche Story von wem als nächstes dran kommt. Weiß aber diesmal schon, dass als nächstes Herr Bacigalupi dran ist. Darauf freue ich mich schon jetzt..
Bearbeitet von Oliver, 25 Juni 2015 - 21:15.